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«r. I«» - »«- Iah»««"« SjMschePolksM D-nner-rag den SO. Juli IUI» ^ sluAnakrme der Sonn-und ^n. ^ d ^ vieriei.-ihrNch L'",chL..d^. H°u- 'n 0',^ «»«gab» « °h>>' V« In" an» DeMKftland stet L7LM'-'rrWLv^. - L.n».,.Nr, ,« 1- ^rkrisekend und ladend! 0i'eLlo--6is-°0i'ops l/^ pkund IZ k*k. üerlmx L kockslroli, vresöeii. dlleclerls^o» in sllen Ltscltteilen. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserat« werden die »aelpaltene Petttzeile vder deren Rnuw mit Iki 4, Reklamen mit kt» -1 die Zeile berechnet, bei Wlederiioiungen rntlprcchendcn Rabatt, Bnckideiickrret, Sirdakiton and weschäslSstellei Tre-deu, Ptliuitzer Strafte 4!t. - Fernsprecher Für Rückgabe uiiveriana». Schriftstücke keine >verdt»dtick-Ie«» RedattionS'Sprechiiundc: l l bis I!t Uhr. der Persien vor dem Zusammenbruche Die jungpersische Revolution hat den «.1 Könige seines Thrones beraubt. Zwar wurde die Tiinastie nicht abgesetzt, aber das Land Türkei mit einer für seinen wurde gerade so wie die Kulturzustand völlig un vassenden Verfassung beglückt, Gerade diese Umwandlung des Absolutismus in eine angebliche Parlainentsherrsiaf hat für beide Länder schwere Gefahren ini^efolgc gchal . Die Türkei hat unter der Herrschaft der ^nngtnrken be lang noch nicht einen ruhigen Tag gehabt, sie lvcnigstens vor einem bewahrt z» sein: vor dci -lnltcil, g durch die Mächte. Einmal deshalb, weil sie eine e»b sprccix-nd große militärische Macht zur Verfügung hat und ferner, weil die Aufteilung eine zu starke Eifersucht er Mächte untereinander auslösen könnte. Dieses Schicksal scheint aber dem unglnckliwen Persien wirklich drohen zu ivollen. Wieder herrscht im ganzen Lande Anarchie und seit Wochen finden fast täglich Straßen- kämpfe statt. Teheran ist znm Teil in den Händen der Aufständischen. Die Bauern verlassen ihre Dorier und alle. Arbeit ruht. Noch kritischer wird die Lage durch den tim- stand dah sich der Bruder des abgesctzten Sclvch zum Könige ausrilfen lies;, wodurch der Bürgerkrieg neue Nahrung fand In einer ähnlich traurigen Lage hat suh das Land bereits im Herbste des Vorjahres befunden, zu welcher Zeit in England und R»s;la»d bereits mit dem Plane ninge- gangen wurde. Persien einfach aufzuteilen. Es wäre auch dazu gekommen, wenn nicht Herr v. Kidcrlcn-Wächter plötz lich auf dem Plane erschiene» wäre und die Absicht vereitelt hätte Aber deshalb ist der Plan der Aufteilung doch nicht unter den Tisch gefallen. Nach wie vor befindet sich das Land unter der Fuchtel ungeduldiger (Gläubiger, die sich unter der Maske von Rettern in den Zeiten der Bedrängnis hcrangedrängt haben und die auch Wohl willkommen ge heimen wurden, die man aber heute nicht mehr loS werden kann. Ihnen wäre die unerwartete Erholung Persiens so ungelegen wie möglich, und so suchen sie mit den erdenk lichsten Mitteln wieder ein neues Ehaos anzustisten. um daraus für sich Vorteile zu ergattern. Vielleicht wäre in Persien alles schon längst erträglicher geworden, wenn nicht Rußland im Norden und England im Süden alles ausgc- boten hätten, um die unsicheren Zustände weiter andaucri'. zu lassen. Durch ein volles Jahrhundert hindurch waren diese beiden Mächte die erbittersten Nebenbuhler in Mittel asien und Persien das Feld, auf dem sie einander die hef tigsten diplomatischen Schlachten lieferten. Eines schöne» Tages kamen sie jedoch miteinander überein, die alte Gegnerschaft zn begraben und den Zankapfel einfach zu teilen. Angeblich ivurde das Uebereinsonimen getroffen, um dem Weltfrieden zu nützen. Tie Koste» hierfür sollten aber die Türkei und Persien bezahlen — Rußland sollte zu diesem Zwecke nichts anderes tun, als im Norden Unruhen stiften, neue Revolutionen anzetteln, durch welche die Sicherheit der Fremden bedroht würde und so den Verkehr schädigen und den Handel ruinieren. England brauchte dann nichts besseres als Vorwand zu Klagen nnd zu Drohungen. Nu» ist der günstige Augenblick zur Entfaltung dieser Pläne wiedergekonunen. Und die Beute, die sich die beiden Mächte erhoffen, wäre keine geringe; es sind schon um weit mindere Sachen Kriege geführt worden, Eine Be völkerung von 10 Millionen Einwohnern haust in Persien nnd 1015 000 Ouadratkilonieter mißt das Land, das eine Reihe großer Städte für den asiatischen .Handel »nd den Transithandel „ach Europa birgt. Teheran, das über 200 000 Einwohner hat, Täbris mit 200 000, Ijpnhan. Meschled, Kerman, Reicht nnd SchiraS sind nur einige der wichtigsten. Ein verhältnismäßig großes Telegraphennetz spannt sich über das Land, dessen Ausfuhr zirka 80 Millionen Mark beträgt. Im Innern des Landes gibt es Eisenbahnen. Die Häfen Buschehr, Luiged und Bender Albus haben sowohl ii» Auslauf wie im Einlauf Schiffe mit einer Gejawt- sunime von fast einer Million Tonnen. ES ist also nur be greiflich. daß England nnd Rußland ihre begehrlichen Hände nach dem Reiche des jungen Schah ansstrecken, das noch nicht hinreichend volkswirtschaftlich auSgebeutet ist. In Persien dürften die beiden Mächte diesmal keinen besonderen Widerstand iinden, da das Heer durch die fort währenden Unruhen »nd Revolutionen undiszipliniert und desorganisiert ist. Auch die Türkei wird diesmal keine besondere Rolle spielen können, denn sie ist dnrcb die vielen Aufstände entkräftet. Wieder bleibt nur Deutschland übrig, das sich den ErobernngSgelüsten entgegenstellen kann. Da durch zieht die persische Frage weitere kreise, die auch den Dreibund berühren. Denn das bedrohte Land wird sich j»> kritischen Augenblicke unter die Fittiche des deutichen Adlers flüchten, der es notgedrungen beschützen muß. Lehrreiche Zahlen. Da die Agitationsarbeit für dic christliche» »nd natio nalen Gewerkschaften leider viel zu wünschen übrig läßt, wir aber anderseits sehen, wie sich die Gegner der Gewerk- schaftsorganisation mit Erfolg annehmen, so empfiehlt eS sich gewiß, einige interessante und lehrreiche Zahlen aus dem kürzlich erschienenen vierten Berichte des internationalen Sekretariates der gewerkschaftlichen Landrszentralen für datz Jahr 1010 zum besten zu geben. Dem internationalen Sekretariate sind dem Berichte zufolge 20 Landeszentrnlen angeschlossen, welche im Ja! re 1000 einen Gesamtniitglieder- stand von 0 582 10!; gewen häßlich organisierten Arbeitern vertraten. Werden die 220 202 Gewerkschaftsmitglieder von Australien »nd die 2! 157 in Argentinien zugerechnet, so ergibt sich eine Mitgli derzahl von 08-152-12, die man angesichts des seither ge, aß gemachten Fortschrittes ans 10 Millionen abrunden l »n. Also 10 Millionen sozia listisch organisierte Personen weisen die roten Gewerk- schaste» der bekanntesten Länder ans. lieber 2 Millionen davon habe» Tentschlaad und England, über eine Million die Vereinigte» Staaten Nordamerikas, dann folgen Frankreich, Italien, Oeswrreich, Schweden, Niederlande Belgien, Dänemark, Schweiz, Ungarn, Norwegen, Spanien, Finnland, Bulgarien, Bosnien, Serbien, Kroatien, Von Interesse sind auch die Einnahme» und Ausgaben dieser Organisationen. Hierüber liegen ans 15 Ländern Aus weise vor. Die Einnahmen betragen 122,2 Millionen Mark, die Ausgaben >17,0, während die Kassenbestände 182,0 Millionen anfwiesen. Für Arbeitslosenunterstützung wur den 22, an Unterstützungen überhaupt 57,7, für Streiks und Aussperrungen in 1-1 Ländern 20,0 Millionen Mark aus- gegeben. Es wäre aus dem stattlichen Buche noch eine Menge anzusühren, doch genügt Vorstehendes, nn, deutlich zu zeigen, daß die GewerkschastSorganisation die stärkste und modernste Richtung der Arbeiterbewegung ist, eine Rich tung, der unbedingt die Zukunft gehört. Wenn das inter nationale Sekretariat einen Mitgliederstnnd von 10 Millio nen ausweisen kann, dann ist für uns ein Fingerzeig ge geben, wo wir in Zukunft unsere Kräfte reger betätige» sollen als bisher, das ist i» der christlich-nationalen Gewerk- schaftsorganisation. Politische Rrmchchau. Dresden, den IN. Juli ISN. Eine» Uriiiril Kulturkampf scheint man in Württemberg heraufbeschwören zn wolle». Tie Regierung hat nämlich Umfragen über die Aushebung kleiner Pfarreien veranstaltet, In den in Betracht kommenden Gemeinden hat man bereits inil allem Nachdruck dagegen protestiert, daß man ihnen den Seelsorger wegnehnie» will und daß man sie zwingen will, in benachbarte Gemeinden zur Er füllung ihrer religiöse» Bedürfnisse gehe» zn mästen. Auch in der Ersten .Kammer ist von katholischer Seite mit allein Nachdruck gegen eine solche Sparsamkeit vargegangen wor den. Die Regierung erklärte schließlich, daß sie ohne Zu stimmung der kirchlichen Behörden an die Anshcbnng dieser Pfarreien nicht gehen werde, Tie kirchliche Behörde wird aber damit nicht einverstanden sei», nnd darum tonnte mau das ganze Geld für die Statistik sparen. -Ei» brdentsniucr Kvlviiialprvzrsi hat sich in diesen Tagen vor der Strafkammer in Wiesbaden abgespielt. Der frühere DistriktSches Franz Rabe in Swakopmnnd war an geklagt wegen Diebstahl staatlichen Eigentums, Urkunden fälschung und Gefangenenbkfreinng. Nach eingehender Be ratung hat die Strafkammer auf kostenlosen Freispruch er kannt, auch sämtliche kosten für die Verteidigung sind der Staatskasse anserlegt worden. Der Prozeß läßt die Rechts pflege in den Kolonien in einem wahrhaft erschreckenden Lichte erscheine». Manche Parteien ans dem Prozeß llingen wie ein Roman, sind aber harte Wirklichkeit, Be sonders klar tritt der eine Mißstand hervor, daß in den Kolonien draußen der Weiße gegenüber den Maßnahmen einzelner Beamten nahezu vogelfrei ist. Abgeordneter Erz- berger hat bereits im Jahre 1008 i„, Reichstage auf die Ungeheuerlichkeiten dieses Prozesses hingetmese», aber volle drei Jahre noch schleppte sich der Prozeß hin, bis es zu diesem für die Anklage geradezu kläglichen R"sultat kam. Ei» nationalliberaler Abgeordneter bat es damals für not wendig befunden, sich auf die Seite der Anklage zu stellen und kann sich nun mit in die Lorberen teile» welche die Anklage hier erzielt hat. Ter Prozeß dürfte im Reichstage noch ein recht lebhaftes Nachspiel erfahren, denn es ist ein fach unmöglich, baß man die jetzigen Zustände auch nur noch ein Jahr länger dauern läßt. Die ganze Anklage war. wie der Staatsanwalt selbst sagte, ans afrikanischer Hitzg und kleinlichen Tratsch anfgebant. Der Richter aber, dev diese Anklage erhob, war der erste Beamte de» Dern- Ins Land der bunten Farben! Reisebrief.- von Engels» Hoch e. ^ Nachdruck verbalen.! 10. Februar. Morgens 8^ Uhr mit einem Ertradampfer an das Gcstade von Omdurman. Dort ivurde» wir von 22 uns erwartenden Eselsjungen mit ihren Grautiere» empfangen. Auf der letzteren geduldigen Rücken ging es nun im flotten Tempo durch die Straßen der Stadt bis zum Markte, dem früheren Richtplatzc des Kalifen. Hier ivurde nbgesessen und das ungewohnte Getriebe besichtigt; hier und dort wur de» auch Einkäufe gemacht; erstände» wurden Straußen federn, Sperre und sonstige Iagdtrophäen. getrocknete kro kodilbabtzs, alte Münzen und der Dinge mehr. Ohne Tra- goman (Führer und Dolmetsch) soll sich kein Europäer hier in die engen Gäßchcn wagen, er würde in dem Getriebe nnd den sich gleichschenden Gängen keinen Ausweg finden können. Eine große Gefahr für Leib und Leben eines Europäers besteht meiner Ansicht nach zu jetziger Zeit hier nicht. Hier, wo vor kann, mehr als 12 Jahre» noch die Grausamkeit herrschte, wo der mächtige Kalif mit seinen Widersachern und den gefangenen Feinden in der Regel kurzen Prozeß, ..Kopf ab" machte, herrschen jetzt verhältnismäßig geordnet- Zustande. Freilich, wer hier reinliche und gesittete Zustände nach europäischem Muster zu finden hofft, wird 'sich ent- tauscht fühlen. Hoffentlich wird die fernere Zeit in dieser Hinsicht weiteren Wandel schaffen. Vieles ist schon erreicht aber vieles muß noch erreicht werden. Eine Reinlichkeit' w,c zum Beispiel bei uns zu Hause, wird hier in der Wüste beim besten Willen nicht erzielt werden können Wüste ist cben Wüste, »nd der hier täglich und stündlich anfwirbelnde Staub kann nicht hinweggefegt werden, er lagert sich ans alles und jedes. Auch auf de» Bakschisch sind die Leute außer den Esels- jnngen noch nicht so geeicht wie weiter auf Norden zn i» Aeghpten In Omdurman wohnen jetzt noch ungefähr 50 0110 Eingeborene, demgegenüber zählt man kaum über 100 Europäer (vorwiegend Griechen, denn der Handel liegt vorwiegend in deren Händen). Hier war Slatin, ein Wiener, >2 Jahre Gesangener des Mahdi Mohammed Ahmed und seines Nachfolgers, des gewalttätigen Kalifen Abdullahs Taische, und zwar non 1881 bis 1800 Erst im März 1800 gelang es Slatin, zu entfliehe». Er wohnt jetzt in Khartum in einem prächti gen Palaste und bekleidet de» Posten eines Generalinspek torS der iudanesischen Truppen mit dem Titel eines Pasckxis. Auch Karl Neufeld schmachtete hier in Omdurman >2 Jahre in den Ketten des Kalifen, Er wurde befreit 1808 bei der Einnahme von Oindurman durch Lord kitchener. Beide haben den mohammedanischen Glauben während der Gefangenschaft angenommen bezw. annelpnen müssen. Nev- feld wohnt jetzt in Assuan als Mühlenbesitzei. kleidet sich als Orientale und soll sich auch in deren Gebräuchen wohl und glücklich fühlen. Wir besichtigten noch die Gefängnisse, sowie die jetzt verwahrlosten Gebäude des Mahdi, des Kalifen und die Begräbnisstätte des Mahdi. Der Leichnam des letzteren wurde von den siegreichen Engländern, weil man befürch tete, diese Stätte würde als Wallfahrtsort betrachtet wer den, ausgcgraben und verbrannt und die Asche in alle Winde verstreut. Im Hause des Kalifen sahen wir noch die bei der Zer störung von Khartum gestohlenen und hierher gebrachten und zum Bau bezw. zur Verschönerung desselben gebrauch te» Fenster, Eisenträger und Holzschwellen »sw. Ebenso wurde uns das »eben dem Baderanme gelegene Zimmer ge zeigt, in dem der Kalis sich an jedem Tage durch 21 kleiiw Mädchen massieren ließ, Denn der Kalif „war kein guter Mann", jo wurde uns von unserem Dragoman versichert. Hierneben war auch der Raum, in welchem fremde Frauen und Mädchen gefangen gehalten wnrden. „Der Kalis war cben Herrscher über Tod »nd Lebe» seiner Untertanen im ganze» Reiche." Das sagt alles und kennzeichnet die Zu stände vor 1808, Jetzt ist Omdurman der Hanptbandels- platz des ganzen Sudan, teils auch Abessiniens. Sämtlicl»« Produkte ans Kordofan und Darfnr, wie Elfenbein. Gummi »nd Straußenfedern usw, gelangen durch kam-lkarawane» nach hier. Alle Dampfschiffe und Segelbaeken des blauen nnd des Weiße» Nils entladen hier Produkte des Landes. Nun wnrden wieder unsere Grantiere bestiege» und an zerstörten Bauten (ganze Stadtteile, denn vor 1808 lebten in Omdnrnia» über 100ooo Menschen!», an dem Richtplatze mit einer Grube, in die die abgeschnittenen Köpfe der ums Leben gebrachten Menschen aeworse» wnrden, vorbei ging es wieder zn unserem Steamer, der uns in etwi einer hal ben Stunde vor unserem Hotel absetzte. Nachmittags ritten alle (außer mir, denn ich benutzte diese Stunden znm Schreiben nieines Berichtes nnd sonstiger Mitteilungen) auf Esel,, ,nr Besichtigung deS Gouverneur platzes. Ter Besuch soll lohnend und interessant gewesen sein. Besonders die Gartenanlagen müsse» an Pracht der afrikanischen Flora nichts zu wünschen übrig lassen. Im Entree wurde ein ansgestopftes Krokodil gezeigt und dabei erklärt, daß dasselbe innerhalb eines Monats einen Eng länder und 2000 Eingeborene verschlungen habe. Wieviel Eingeborene hierbei „ausgeschnitten" waren, entzieht sickj «z, j'.'M l