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Sächsische Volkszeitung : 15.07.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-07-15
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192107157
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210715
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210715
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-07
- Tag 1921-07-15
-
Monat
1921-07
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 15.07.1921
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Freitag» den 1b. Juli 1VL1 «»qsifch, «-lr»»«tt»ng Rr. 1S1. Seite » Wersen von der ensluch n Regelung die Bemühun en r«r Auf» dedunq der Sanktionen sortge etzi Die Regerung ve> sichert auch, daß ii« sich von kriner an e«» Seite in ein andere« Fatuwasier in dem« aut die Erkenntnis von der Notwendigkeit der Aushebung der Sanktionen leiten lassen wird. Di« Gejongenen von Avignon Jrinkiurt a. M., 15 Jnli. Gestern sind drei deutsche Kriegsgefangene in Mannheim c ingetroffen ES handelt sich um die Geiangenen Menge, Sckreinat und Edler t. Sie wurden von einer fimimischen Begleitmannschaft über die Rhrin- bincke neb,a1t. i!>vei von ihnen waren wegen Broidiebilahl» und eines Fluchtversuchs, der dritte wegen Beschaffung einer friesischen Uniform und Fluctnversnch« >ow e Beleidigung eine« französischen Offiziers -u je drei Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Sie haben die Sira e s tzt verbüßt. Die Zahl der in Frankreich noch zuriickgevaltenen Deutschen beträgt 16/ Einiae von ihnen sehen in lurzer s'.eit ihrer Entlassung rntgegei,. Biele haben jedoch, wenn nicht eine Begnadigung er'olgt. noch längere Strafen avzuiiyen Der deutsche Gefangene Haussen wird seine Strafe erst im Jahre 1947 verbüßt haben. Der d utiche Gefangene Reuter bar lebenslängliche Zuchthausstrafe. Der Ge fangene Swoboda, der ebemollls zu lebenslänglicher Zuchthausstrafe verurteilt tvar, ist nach D.uischland entkommen. Die Behandlung der Gefangenen w rd als erträglich bezeichnet. Japanische« Beschlaqnahmever-icht? Berlin, 14. Juli. Nach zuverlässigen Nachrichten hat die japanische Negierung beschlossen, von dem unter ihrer Kontrolle sichenden den,scheu Eigentumsrechten einen beträchtlichen Teil freizu st eilen und den Erlös für die übrigen Rechte nach geschehener Berwerlung den Berechtigten zu erstatten. 4!>l>0 » Dcuti'he aus Oberschlesien nusaewandert sEgener Drahtberrcht der .Sachs. VolkSzeitg.") Berlin, lü. Juli. Die von unten ichteter Sette mltgetellt wird haben seit der Eröffnung de« Eisenbahnverkehr« bi« setzt über «Nl>oo -Lerlonen Oberschlesien verlassen, die von dort tn da« inner« Deutschland obgewandert sind. Keine Berkehrslperre in vberschlesten Benthe«, 14. Juli. Wie von zuständiger Stelle von der Interalliierten Konnnission und der Eiienbahndireltion Kattolvitz u, tgete lt wird, sind die tn den letzten Tagen stand g auftretenden Gerüchte von einer am lü. d. M. cintreiendrn Eisenbabnver» kehrssperre unbegründet. Eine derartige Maßnahme ist nicht beabsichtigt Im übrigen ist in Bruthen alle» ruhig. Die Wachen sind vermindert worden. Di« Polen svrdern Abzug der Engländer Berlin, 14. Juli. Blättermeldungen au» Bruthen zufolge nehmen die polnischen Terrorakte im oberschlestschen Jndnstriebrzirk, bt sonders in den Landgemeinden, immer größeren Umfang an. In Biömarkhütte wurden ehemalige Mitglieder de« deutschen Selbstschutzes mißhandelt und verschleppt. Die Polen, dir einen Bormarich der Engländer nuS den Städten auf da« Land befürchten, veriuchen, einen Generalstreik zu inszenieren mit der Forderung aus Abzug der Engländer. General Höser in Koburg «Eigener Drahtbrricht der .Sachs. VolkSzeitg.") Halle, lü. Juli. Der Führer de« deut'chm Selbstschutzes tn Oberichiesien, G eneral Höfer, ist vergangene Nacht nach koburg zurückgekehrt. Ter n«ue deutsche Gesandte in Polen lEigener Drahtbericht der „Sächs. VolkSzeitg") Warschau, 18 Jul'. Der neu crnavnle beiiische Gesandte In Polen Hans Freiherr van Schön trifft heut- zu? Ueb-rnahme der BmtSgcichüst-' in Warschau ein. Schön war früher Mitglied der Bayerischen Gesandtschaft ln 9 eterSburg und in Berlin und zu ctzt Ge>andtschaft»rat bei der Deutschen Gesandtschaft tn Wien. Der btthertge deutsch« Geschäftsträger tn Warschau Legalton«rat van Dtrlien. der während der krüstchen Zeit der Spannung tn Oberschlesien die Interessen de« Deutschen Reiches mit Umsicht »er« tie'en hat, verläßt Warschau Ende d. M., um zunächst einen längeren Urlaub anzutreten. Di« Antwort«« der Mächt« Wash'ngton, 14. Juli. Die Antworten der englischen und italie'ficken Negierung ouf die Einladung zur Konferenz sind hier ringctroffen. Tic ilalien sche Regierung hat die E uladung ange nommen. Die cnolilche Antwort wird noch v röffentlicht. E» siebt aber narb Len Erllönin en Lloyd Grvrgcs tm Unterhaus« außer Zwcticl, daß sie zustimmend lauten wird. Die japgnische Reg erung hat noch nickt geantwortet. Nouyort!, 14. Juli. Der japanische Vertreter der »New Uoik Time»" teilt mit, die japanische Regierung habe di« Einladung zur Kom'eienz angenommen. Zur Frage d«r Abriiftnng (Eigener Drahtbertcht der „Sächs. BolkSzettg.") Rom, 1k. Juli. In einer Besprechung der Abrüsiungr- konsirenz >n der Zeiuiig Pacie erilärt General Boncivenga, die Unsicher! eit der eiiropäuchen Wege und die KrtegSgeiabr seien dadurch entstände^ weil stark« Staate» »erkrüpvclt, «ud schwach« unnatürlich «ergrißert worde» stnd. Pole» vnd -rieche»laad bildete» die Gefahr einer »eue» Satastrophe. US«»» Oderschlefic« a» Polen talle, so sei »in baldiger stue« sicher. Auch msiff« »a» di« Verträge revidieren »nd da» Gleichgewicht bastelte». La»« könne «an »»« der Ent- waffming rede». Weitere Verschieb««- der Alltt-rte«fo«ferenz London, 14. Juli. Die .Morning Post" meldet, dt« eng lische Regierung habe der französischen mitgeteilt, daß sie eine Verschiebung der Zusammenkunft de« Ober sten Rates bi« nach der am 21. Just erfolgten Beendigung oer Reichskonferenz wünsche, nachdem di« Sachverständigen in Oberschlesien die Vorbereitungen zu Ende geführt hätten. Mit Rücksicht auf die kurze Frist, die auf dies« Weis« den Sachver ständigen gewährt würde, hat die englische Regierung di« fran zösische ersucht, di« Krage einer «rneuten Erwägung zu unterziehen. , Die Botsch«ft Harding, Pari«, 14. Inst. .Chicago Tribüne" meldet ans Wastünaton. die Botschaft, die Harding in dieser Woche an de» Kouareß lickten werde, w,rdc keine Erk'änina de« Freden» mit Deutschland und Oestcrre ch noch iraendeine A, künd!g»ng i'b-r die Po 1"k"geaen» über dem Versailler Ve trag enthalten. Geoen Ende der Woche iedoch erwarte man einen Schritt, der sie amerilaintci en Beziehungen zu Deutschland näher defineren solle. Aiiarmlickiich seien diese Be» »ieiunaen geradezu chaotisch und entbehrten jeder grundsätzlichen Ein heit für den Verkehr der beiden Länder. Dt« titsche Friedenskonferenz (Eigener Drahtberrcht der .Sachs. VolkSzeitg.") London, lü. Juli. D e i iich« Friedcn«so»screi,z ist gestern in der Amtswohnung Lloyd Gc» ge durch eine persönliche A»?>prache zwilchen Lloyd G or^e u d de Aalera eröffner woiden. Die Aus sprache betraf die Grundlagen, auf tunen sich tie Vc>hondlui'gen dewe en sollien. Man plaubt, daß t urch-diese Aussprache der Weg sür eine Kon erenz gefunden ist. Be! du Ankunft de Baleras tn Lowingstreet wurden ihm von der Menge lebhafte Ovationen Lar- g, bracht. ao« sentrn»n»j«g«nd Sachsen»! Gvscheint in Massen zur Ersten Aachsentagnng ttIlllIlllI>IIlII>ll>NIIIIIlIIIIIll!IIIIIIN>I>IIlII>III»II„IIIIIIIlIIlII»l»IIi»IIlIIMllllIlIll»IM»»ttI!lU am kommenden Sonntag in Dresden iMWWSi» Der Vertrag von Rapallo (Eigener Drahtbericht der „Sächs. BolkSzettg") Rom, 15 Juli. Der gestrige Minlnerrat beschloß die Ver handlungen mit Jugoslawien über den Vertrag von Rapollo in freundschaftlichem Geiste aber mit Entschlossenheit sestzusetzen, ohne tn lebenswichtigen Fragen künftig nachzugeben. Neunter Kiiegsbeschuldigtenprozetz Leipzig, 14. Juli Zu Beginn der Verhandlung teilt der Oberreichsauwalt mit, daß die Beweisanträge der Verteidigung, die Nachweisen sollte», daß auch auf feindlicher Seite Verstöße gegen das Völ kerrecht vorgekommen seien, vom Gerichtshof als unerheblich abgelehnt worden seien. Trotzdem habe die Verteidigung die be treffenden Zeugen geladen, wodurch der Gerichtshof In eine ge wisse Zwangslage versetzt sei, da er die Beweiserhebung jetzt nicht ablehnen könne. Es sei demgegenüber aber das Recht der Anklage, Gegenbeweise vorzunehmen, und eS müsse deshalb die Frage erörtert werden, ob eine Vertagung des Prozesse» ange bracht sei. Der Oberreichsanwalt wurde nach dein Verlaufe der heutigen Sitzung sich klarlegen müssen, ob er nicht zu diesem Schritte schreiten müsse. Präsident Dr. Schmidt macht di« Verteidigung lehnt es trotzdem ab, die gestellten BewelSanträge derartigen Anträge» einer Vertagung nicht umgehen lasse. Di« Verteidigung lehnt «S trotzdem ab, di« gestellten BeweiSnaträge zurückzuziehen. ES folgt nun auf Antrag d«S Oberreichsanwalts vie nochmalige Vernehmung de» zweiten Ossiziers de- Lazarett schiffes Shapman. Dieser sagt au», daß die erwähnten Mann schaften in Khakiuniform die BedienungSmannschasten gewesen seien, die an Bord Uebungen abgehalten hätten. Diese Leute wären alle durch das rote Kreuz am Aermel gekennzeichnet ge wesen. ES seien nie auf dem Lazarettschiff bewaffnete Mann schaften transportiert worden. Nach längerer Beratung teilt der Verteidiger Dr. Zwehl mit« daß die Verteidigung auf weiter« Beweiserhebungen in Bezug auf Mißbrauch der feindlichen Lazarettschiffe und Unmensch, liche* Behandlung verzichte. Jedoch müsse er auf die Aussagen des Admirals von Trotha und de« Landgerichtsdirektors Dr. Töpfer Wert legen, womit sich der OberreichSanwalt einverstan- den erklärt. LandgerichtSdirektor Töpfer war tm Kriege Oberkrtegs- gertchtsrat bei der Marine und hat sich damals über die Auf fassung mit den Kreisen de» Seeoffizierskorps genau unterrich- tet. ES sei Ueberzeugung aller Offiziere gewesen, daß sie durch die Befehle, die ihnen erteilt worden seien, gedeckt seien, und daß sie, sollten sie tn Gefangenschaft geraten, nicht als Ver- brech er angesehen werden dürsten. Die Offiziere seien sich nie bewußt gewesen, daß sie eine straf, bare Handlung begingen. Admiral von Trotha tritt ebenfalls dafür ein, daß nur uneigennützige Motive und Lieb, sür» Vaterland die Offiziere zu diesen Handlungen bewogen Hube. Der Sachverständige Kapitän Saalwächter gibt an, daß das Lazarettschiff zwar nicht al» verdächtig zu bezeichnen ge wesen sei, da eS nicht im Zick-Zack-KurS gefahren sei. ES sei aber gerade im Jahre 1918 besannt geworden, daß durch den geraden Kurs nur die Harmlosigkeit vorgetäuscht werden sollte. Der Sachverständige habe selbst bemerkt, daß die Engländer viele Schiffe so bemalt hatten, daß man sie sehr leicht mit Lazarett« chissen verwechseln konnte. Die Torpedierung de» Lazarcttschis. es sei tn einem Gebiete erfolgt, in dem Lazarettschisse lberhaupt nicht verwendet werden dnrften. Aus einem Unterseeboot hätten sehr häufig Entscheidungen innerhalb weniger Sekunden getroffen werden müssen, so daß ruhige Lr- Wägungen nicht angestrllt werden konnten. TS gelangen dann die Aussagen der Angeklagten, di« st« bet «tner früheren Zeugen- Vernehmung gemacht haben, zur Verlesung, au» welchen hervor- geht, daß sich beide keiner strasbaren Handlung bewußt waren. England« a»»w«1ch«nd« V«tn»ort ,«» F,ag« de» Leipzig,, Pr«,esse Park«, 1>. Just, wie Vava« an» London meldet, fragte ein Abgeordneter tm Unterhaus« den Staatssekretär de» Uu«wärligtn, ob «r setzt tn der Log« sei. de« Sause «ttzuteUen, ob dt« französisch, Regierung ihr« Vertreter an» Leipzig »egen twr Urteil« gegen d« Kriegsverbrecher abbrrufen Hab«. HarmSworth antwortete, daß Lit französische Regierung tatsächlich diesen Beschluß gefaßt habe. Der Abgeordnete fragt« weiter: Liegt r» tn der Absicht der britischen Regierung, sich diesem Vorgehen anzuschtteßen und darauf zu be stehen daß die Kriegsverbrecher vor einem alliierten Gericht« ab- geurteilt werden? HarmSwotth sagt«, daß «r auf dies« Frag« nicht antworten könne, bevor «r Weisungen Hab«. Abreis« Poll«», (Eigener Drahtberrcht de, »Sächs. VolkSzeitg.') Leipzig, 1v. Just GencralstaatSanwalt Pollock wohnte oer gestrigen Verhandlung tm Reichsgericht nicht bei, da er bereits nach London zurückgrkehrt ist. Er hat schon bet seiner Ankunft tn Leipzig geäußert, daß er dem Prozeß nur während der ersten Lage bei« wohnen werde, da er tn London die Erledigung wichtiger dienstlicher Aufgaten nicht länger htnauSschieben kann. Pollock machte auch vor seiner Abreise dem SenatSpräsidenten De. Schmidt eine dies bezügliche Mitteilung. Di« übrig« englische Delegation bleibt », Leipzig. Die neutral« Presse zu Schiffer« Red« (Eigener Drahtbericht der „Sächs. VolkSzeitg") Rotterdam, 1k. Juli. Die Rede des JustizininisterS Schiüec hat in der gesamten neutralen Presse einen vortrefflichen Eindruck hinterlassen. Seins Anspielung auf den Dreysusprozetz sei gut gewählt. Nachrichten aus Sachsen rimtansch der autze« Kurs geletzten Einkommensteuermarken zu 28 Mark Der ReichSposiminister hat die Oberpostdlrektionen angewiesen, nachträglichen Anträgen auf Umtausch nicht verwendeter echnr St.uermarken zu 25 Mark noch bis Ende Jutt 1921 zu entspreche». Nach diesem Ze tpunkt findet ein Umtausch weder durch die y.o>t- bshörden noch durch die Fmanzbehörden statt. — Die sächsische Vergnügungssteuer. Im Namen bc« sächsischen Gewerbekammern berichtete die Borortskammcr Lei» sächsischen Wirtschaftsministerium, daß der vorliegende Eiitwms von Bestimmungen über die Vergnügungssteuer n, den davmi betroffenen Kreisen schwere Bedenken auslöse. Di, ganze Steuergesetzgebung, insbesondere die Erhöhung der Brausteucr, Branntweinsteuer, Zigarren- und Zigarettensteuer, die Einfüh rung der Schankgewerbesteuer, Erhöhung der Schankkonzession-, fteuer, die Umsatzsteuer, Vergnügungssteuer usw. habe schon jetzt die Aufgabe vieler Schankwirtschaften, die nicht mehr besteh:,, können, zur Folge gehabt. Etwaige Vorteile für den Staat ans der Steuerregelung würden durch die nachteiligen Folgen mcüi nur aufgehoben, sondern sie würden der ganzen Volkswirtschaft -um Nachteil gereichen. Zu den einzelnen Bestimmungen bei Entwurfs wurden verschiedene Abänderungen vorgeschlageu, bst namentlich auf eine erträglicher« Bemessung der Steuersätze bim zielen. Sächsische Volkszeitung — Nr. 161 — 15. Just 1VL1 Der Gänsebub Fränkischer Dorsroman von Dtna Ernstberger (Nachdruck verboten) (57. Fortsetzung) ..Wie traut und wohnlich es hier ist," begann er, als sie schwieg. ..Es ist doch recht dumm, dieses rastlose Reisen, dies ruhelose Treiben im Strudel der Stadt, wenn man zu Haus eine liebe Gattin und ein trautes Heim sein eigen nennt. Was wissen jene armen Neichen in dem großen, steinernen Häuser meer der Städte von Frühlingssonnenschein und Vogelzwitschern vom Abendfrieden und Heimatglück. Ich lieb das Leben auf den, Lande, mein Heimatdorf und seine Bewohner mit dem schlichte», anspruchslosen, gläubig.frommen Sinn. Horch! bis hier herein hört man die Lerchen schmettern; wie würzig ist die Lust, die durch das Fenster streicht. Recht lange will ich dieses Mal die Reize der Natur genießen. Nir- gcnds ist eS ja schöner wie hier im Dorf zur LenzeSzeit, wenn rings um uns her alles knospet und treibt und duftet und weißer VInicnschnee auf jedem Baum, an allen Stränchern hängt." Joseph war ansgestanden und an das Fenster getreten. Er beugte sich weit hinaus und atmete mit tiefen Zügen die warme FrüblingSlnft ein. Mariannens Augen leuchteten. Sie mutzte sich Gewalt an tu». ihm ibren Jubel zu verbergen. Am liebsten wäre sie zu ihm getreten und hätte den Arm auf seine Schulter gelegt und gesagt: „bleibe bei mir! Nur ein wenig habe Geduld. Versuch« es. vielleicht gelingt eS mir, Dir Dein Heim lieb und angenehm zu macken. Ich will sa alles tun. habe Du nur ein klein wenig guten Willen." Mit innigem Blick umfaßte sie die stolze, schöne Männer- gesialt am Fenster drüben. Da wandte er sich ihr z»; schnell senkten sich die langen Augenlider. Ein zartes Not färbte ihre Wange»; wenn er dies wüßte! Wenn er eS ahnte, wie lieb, wie unsagbar lieb ich ihn habe, dachte sie. Aber blitzschnell dnrchfuhr es wieder ihr Gehirn: er kill ja aber doch deine Liebe nicht; er kann sie ja nicht erwidern. Fast schämte sie sich ihrer Liebe jetzt; wie Schwachheit kam eS ihr vor, daß ihr Herz sich so heiß nach der Liebe dieses Mannes sehnte. Befangen erhob sie sich von ihrem Platz, als Joseph vom Fenster zurück ihr »aber trat. „Darf ich Dir nicht schnell «inen kleinen Imbiß bringen, bevor wir hinübergehe»", frug sie, nur um schnell etwas zu sagen. Lächelnd wehrte er ab. „Später, Marianne, zuerst jetzt hinüber su dem Kranken." Gemeinsam begaben sich dann beide an das Krankenlager. Joseph fand den Zustand seine- Bruders schlimmer, al» er vermutet hatte. Schwer atmend lag der Kranke in den Kis sen Obwohl Schweißperlen aus der Stirne des Kranken stan den, knisterte im Ofen ein lustiges Feuer; eine wahre Tropen- Hitze war in der Krankenstube. Dazu war das Zimmer niemals leer von Besuche». Qualmend und schwitzend saßen Peter« Freunde an seinem Krankenlager und versuchten eS, ihn mit allen Möglichen zu unterhalten. „Laß gut sein, Peter," tröstete eben, als Joseph etntreten wollte, einer den Kranken. „Heut nacht, da kumma wir und spiele» an lustigen schwarzen Peter oder SechSundsechziger. Der Heinerle tut uns daS Bier vom Ochsen rüber holn. Ob wir dann da eS saufen oder drüben im Ochsen. Dann Haft a biSla Unterhaltung. Der Bader kummt scho a dazu, dann haben wir an Doktor a gleich bo der Hand/ Joseph zog die Türe wieder etwas zu. — Da war es Wohl an der Zeit, daß er eintraf und diesem Treiben in der Kranken stube ein Ende bereitete. Entrüstet wollte er seine Schwägerin rufen, daß sie sofort die Besucher veranlaßt«, den Kranken zu verlassen, da hörte er drinnen seinen Namen. Zögernd blieb er mit Marianne einen Moment noch an der Schwelle stehen. „Der Joseph mcnst söll kumma? O Peter, sei doch ge scheit; Du bist doch net so krank. Des i« ka Wunder a, wennS Dir schlecht werd met der Teebrüh von dem Bader. Sauf a Maß Bier, dann werdS Dir gleich ganz anders werden. Leut, wie der schwitztI Da schau ner. Hanni, wie der Kerl schwitzt. Man sollt net glauben, daß soviel Schweiß ner in an Menschen stcckn könnt." „No. Narr, des iS sei Krankheit ja," unterbrach den Spre chenden Hanni. „DcS Zeug, des hat sich nsiwärt» geschlagen und knmmt etzt wieder raus. A gescheiter Kund iS er doch, der Bader. Da gehört fei was dazu, daß ma do so a Krankheit gleich errät." „Ja Brüderla, weißt, der versieht sich halt grad gut do drauf. Hast noch nix gehört von an Spezistendoktor? — Der a versteht am besten die Lungaentzündiga; der andera as Zahn- Weh und der andera as Fieber," sprach der Schmidbauer beleh rend. „Der Bader, der versteht am besten etz gerat» an zurück- gcschlagcna Schweiß. Und des iS unser Glück. Grad da dran sind die meisten Menschen krank." „Do hat wohl recht, eS des a Glück", bestätigte der Wcbcr- michel. „Hotz-Kretzl Was hat der schon für Leut von Lern Krankheit gholfen. — Wir find net schlecht dran do im Dort mit Doktor. Die alta Schusterkundl kann fürs Fieber und sinS Rotlauf helft, —" „Der Schlosser-Heiner Hilst sür Hühneraugen." „Horch, Peter", sagte der Mebermichel, sich zu dem Kum- ken neigend und ihm einen kräftigen Zug aus seiner Pfeife » daS Gesicht blaseno, „manst denn net, ma füllt die SchuslcrS- kundl holen, am End iS doch a bihla Fieber a dabei I" „Die Kundl kann ner helfn, wenn der Mond voll werd. De» dauert halt acht Täg noch", sprach Hanni, wäbrend mm, Peter heftig husten hörte. „No, dann warten wir halt noch acht Täg. Bis dorckm hat der Bader den zurückgeschlagenen Schweiß ganz nanSkuriert. Etzt aber bol a ftischa Maß, schnell Hanni; schau ner, schau mr amal, wie der Peter schwitzt! Des hilft gleich besser für dcu Turscht als wie die stinkat Teebrüh in der Röhrn." Hanni schickte sich an das Zimmer zu verlassen, um Bicr zu holen. Kräftig ritz er die Tür auf, da stand vor ihm Josepb. Im ersten Moment starrte er wortlos, mit weit aufgrrik- ftnen Augen Joseph und Marianne an, dann stürzte er mit dem Rufe: „Der Joseph, der Herr Joseph iS draußn:", in die Krmi- kenstnbe zurück. Wie elektrisiert sprangen die anderen auf von ihre» Sitzen; selbst Peter hatte sich in den Kissen aufgerichtet. Sein fieber- glühender Blick traf in freudiger Ueberraschung den Bruder. Joseph eilte an daS Krankenbett und umfaßte in zärtlichem Druck die abgezehrte Hand. Die Kur des DorfbaderL hatte ihre Schul digkeit getan; völlig entkräftet und todeSmatt fand Joseph Len Bruder wieder. Marianne hatte das Fenster geöffnet; die heiße, rauchige Luft tat selbst gesunden Lungen weh. Aengstlich sah Peter auf das offene Fenster. »DaS muß zubleiben, hat der Bader gesagt," wagte er leite «inzuwenden. „Der Bader hat hier nichts mehr zu tun," sagte Joseph in bestimmten Ton. „In wenigen Stunden ist ein geschickter Arzt an« der Stadt hier. Da war eS höchste Zeit, daß ich ankam, da» Treiben dieses Pfuschers hat ein Ende. Lleberhanpt" — er wandte fick unwillig zurück, um den verschiedenen Burschen an- zudeuten, daß e« mit dem verabredeten lustigen schwarzen Petzr siir heute abend und noch lange Zeit zu Ende sei; es fand sich aber auch nicht mehr ein einziger Besucher vor. Stillschweigend, lautlos hatten di« Bauern, einer um den anderen, die Stube ber4 lassen. . (Fortsetzung folgt.)
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