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Beilage zur Sächsischen Bolkszeitung Nr 140 I Montag, de» 23. Zuui 1919 abends I 18» Jahrg. Elternrechte - Elternpflichten Eltern, wahret Eure Rechte! Eltern, erfüllet Eure Pflichten! . Eltern, was ist Euch das Liebste? Das sind doch wohl Eure Kinder. Ihr seid bereit, für ihr Wohlergehen die größten Opfer zu bringen. Keine Mühe, keine Anstrengung ist Euch zu groß, um die Lage Eurer Kinder zu verbessern. > Ihr seid der festen Ueberzeugimg, und ganz mit Recht, daß Ihr das erste Anrecht auf die Liebe, den Gehorsam und die Hilfe der Kinder habt. So sagt es Euch die Stimnw der Natur. So sagt es Euch Euer Herz. Ihr seid bereit, auch Eure Pflicht den Kindern gegenüber in vollstem Maße zu erfüllen. Der sozialistische Staat, >vie ihn die Sozialisten sich denken und einzurichten hoffen, sagt anders. Er bestreitet Euch Euer Recht auf die Kinder, er nimmt selbst für sich das erste Anrecht auf die Kinder in Anspruch! Die Kinder sollen den Eltern konfis ziert werden, so sagte Wyneken, noch vor kurzer Zeit Vertrauensmann des preußischen Kultusministers! Was sagt Ihr dazu? Der Staat will über das Schicksal Eurer- Kinider entscheiden. Er will das Recht haben, zu bestimme^, wie die Kinder erzogen und unterrickstet werden. Jhk sollt kein Recht dazu haben, den späteren Lebens beruf Eurer Kinder mitzubestimmen, Ihr, die Ihr durch den langjährigen Umgang mit Euren Kindern am besten ihre Charaktereigenschaften, ihre Neigungen, ihre Fähigkei ten zu beurteilen in der Lage seid! Das Kind gehört dem Staate, so lautet die Grundlehre des Sozialismus. So hat es Bebel in seinem Buche „Die Frau" näher dargelegt. So handeln die jetzigen Machthaber im Deutschen Reiche und in den Einzelstaaten. DieSchule soll nicht mehr konfessionelle Schule sein, sondern Simultanschule, so ivollen es die Sozialisten. Die katholischen Eltern sind seit jeher für die konfessim nelle Erziehung ihrer Kinder eingetreten. In der S ch u lesoll kein N e! i g i o n s u n t e r- richt mehr gegeben werden, so will es die So- zialdemokratie. Die gläubigen Eltern legen den größten Wert darauf, ihre Kinder religiös zu erziehen. In der Schule soll nicht mehr gebeter werden! , Christliche Eltern! Ist es nicht ein Herzensbedürfnis für Euch, Euren Kindern schon in frühester Jugend fromme Gek-ete einzuüben und sie zum täglichen Derricksten derse!- den anzuhalten? Freiheit will die Staatsregierung den Bürgern, biin- gen. Darum hat sie bestimmt: Keiner soll mehr gezwungen sein, -ein Kind in einen Religionsunterricht zu schicken, den er für sein Kind nicht wünscht. Eltern, die aus der Kirche ausgetreten sind, sollen beantragen können, daß ihre Kinder vom Religionsunterrichte befreit werden. Diesen? Anträge muß auch nach unserer Ansicht stattgegeben werden. Gewiß. Wenn Eltern nicht haben ivollen, daß ihre Kinder in Gottesfurcht und Religiosität erzogen werden: gut, das müssen sie mit ihrem Gewissen abmachen! Ihre Kinder mögen dann vom Religionsunterricht befreit werden. Der Lehrer, der selbst nicht mehr daran glaubt, was er im Religionsunterrichte vortragen soll, der soll, so be stimmt die Regierung weiter, auf seinen Antrag von de> Durch schwere Not . . . Originalroman von Anni Hruschka. (48. Fortsetzung.) Vier Tage waren verflossen. Tante Fifi war am Abend vorher knall und fall abgereist, da es, wie sie behauptete, in Grviditsch „umgehe". Jede Nacht, wenn sie kaum z» Bett gegangen, 'begann in ihrer Stube ein Heer von Klopfgeistern sie zu belästigen. In einem alten Schrank zu Häupteii ihres Bettes.fing es an. Dann hörte sie es bald da, bald dort in Ecken, unter Möbelstücken: klapperndes Rauschen und Klopfen ohne Ende. Und es kam vor: zuweilen stürzte sich ein ganzer Schwarm boshafter Geister auf fo ein einsames Schloß und belästigte die Bewohner. Sie. als Spiritisten, wußte das genau. In Berlin war es ihr einmal ähnlich ergangen in einem .Hotel. Da konnte sie auch keine Ruhe finden und »rußte schließlich das Feld räumen. Ein berühmtes Medium hatte es ihr erklärt: Sie besaß eine besondere Anziehungs kraft für derartige Geister, weil sie so gutmütig war. Sie ivollten eben durchaus von ihr „erlöst" werden. Wie. das zu gescl-ehen l-abe, war trotz eingelrender Be fragung mittels KkopfalplwbetS leider nicht herausztiLringen geweßsn. Aber sicher war: Don Zeit zu Zeit stürzten sich die Geister förmlich aus sie, und so mußte sie, so leid es ihr tue. nun auch auf Graditsch die Flucht ergreifen. Die Graditscher lachten heimlich.dazu, und die Gräfin versuchte höflichenveise Tante Fifi zum Bleibon zu liowegen, indem sie einen Zimme.rwechsel vorschlug. Doch erklärte Tante Fifi, daß dies nicht helfen würde, nun die Geister sie einmal auf Gnrdit'ch „entdeckt" hätten. Als sie glücklich fort war. fiel Triri in einer -er tiefen Fensternischen des Speiiesaalrs Willeneck kichernd- um den Hals. „Hoch ich das nicht gut geinacht, dir? Wenn ich die „Klopfgeister" nicht hätte aufmarschieren lassen, wäre sic sicher noch zwei Wochen geblieben!" Erteilung des Neligionsunterrichles befreit werden. Gut so. Wir sind damit einverstanden. Auch das ist Sache des Gewissens. Aber rvas dem n n gläubige n V a ter, was d e n Elternrecht i st, die aus d e r K > rche ausge- sch i e d e n sind, das sollte den gläubigen El- lern gegenüber doch billig sei n! Auch diei'e haben dem Staate gegenüber nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte. Wenn der Staat sie zwingt, ihr« Kinder in die von ihm eingerichtete Schule zu schicken, so haben sie ein unbestreitbares Recht daraus, zu verlangen, laß die Schulen auch so eingerichtet werden, wie sie, die gläubigen Eltern, es nach ihren? christlichen Gewissen wün schen »nd fordern müssen. Das ist Euer Recht, und dem entsprich! Eure Pflicht, mit aller Entschiedenbcit Eure For derungen de >n Staate gegenüber geltend zu n? achen. Ihr ivollt als christliche Eltern, daß Eure Kinder i» der Schule dieselbe 'religiöse, also katholische Erziehung und Unterweisung finden, wie Ihr sie daheim Euren Kinder?, im Elternbause gebt. Ihr Ivollt deshalb, daß die Kiu. der katbolischer Elter» i » der Schule von katholischen Lehrern erzogen und- unterrichtet werden. Schule und Elternhaus müssen in der Erziehung Hand in Hand arbeiten. Deshalb sordert Ihr konfessionelle Schulen. Dagegen lehnt Ihr die S i m » l ta n sch >, I e n ab, in denen die katholischen Kinder mit Kindern anderer Bekenntnisse ziisanimenntzen, wo deshalb der Lehrer zu Euren Kindern nicht einmal von der katholischen Religion sprechen darf, wo der Lehrer Eurer Kinder vielleicht eines anderen Glaubens oder gar ungläubig ist. Wohlan, so fordert von? Staate die Beibehaltn n g der bis jetzt überall glänzend d e w ä hrten ko » fe s sio- nellen Schule! Ihr wollt den Religionsunterricht so, wie Eure Kirche ihn erteilt, Euren Kindern zuteil werden lassen: So erheb? Euro Stimmen und fordert vom Ltaate, daß der Religions unterricht nach wie vor Mittelpunkt des gesamten Unter richtes bleibe, daß er nicht zu einen? Nebenfach herabgewür digt werde, als handle es sich »n> eine gleichgültige, neben- sächliche Angelegenlreit. Ihr erhebt diese Forderung ja auch in? Interesse deS Staates selbst! Woran? ist der beklagenswerte moralische Zusammenbruch des deutschen Volkes, den? wir jetzt gegcmnberstehen. in erster Linie znrückzuführcm? Aus den Umstand, oaß nur zwar ein h o ch g e b i l d e t"e S Volk waren, aber die Charakterbild n n g vielfach ver nachlässigt haben. Kein anderer als der preußische Kul- tiisHinistcr Haenisch gibt das in einem Osterartikel 1!)18 des „Vorwärts" zu. Er sagt: „Die Arbciterbildnng. ja die ganze Bildnngsarbeit (wie sie von sozialistischer Seite be trieben worden), war sie nicht schließlich zu sehr mechanisiert und entgeistigt worden? War sie nicht doch zu sehr einge stellt ans die Aneignung einer Fülle von Lehrsätzen, Ziffern und totem Wissensmaterial? Das Eigentliche, der Gebt selbst, kam dabei vielfach arg zu kurz. Wir gaben z» viei Stoffliches und legten zu wenig Gelvicht auf die Erzielmng. Auf die Erziehung zur sittliche??, ihre? "Pflichten »nd ihrer Verantwortung bewußten Persönlichkeit . . ." Ganz recht! Aber vermag man denn, so ist die über einstimmende Ansicht der erfahrensten Jugenderzieher, die „sittliche, ihrer Pflichten bewußte Persönlictsteit" ans ande rem Wege heranzubilden, als durch Vermittlung echt reli giöser Uebcrzeugung? — Tie Konfessionsschule und die Bei behaltung des Religionsunterrichtes ist also notwendig im eigenen Interesse des S t aa t S g a n z en, des Volkswohles, weil sie allein imstande sind, das Pflichtbewusstsein des Menschen zu bilden und zu stärken. W?r leben in einem demokratisck-en Volksstaate. An? die Stimme des Volkes soll in erster Linie gehört werden. 'Ehristlicl-e Eltern, Ihr habt als Staatsbürger ein Recht, zu verlangen, daß man auf Eure Meinung hört, daß man Euch Gerechtigkeit und Freiheit genxihre. W re machen wir denn dieses Recht gel tend? so werdet Ihr fragen. Ihr wißt, daß die Nationalversammlungen des Reicher- nnd der Bundesstaaten an der Arbeit sind, die Grundrechte der Bürger im neuen Volksstaate durch eine neue Ver fassung feslznstclleii. Dazu gehören auch die Rechte der K i r ch e »ad die Neckte, welche die Elten? gegenüber der von dem Staate geleiteten Schn I e bezüglich der religiösen Erziehung ihrer Kinder habe?? oder nicht haben sollen. Die Nationalversammlung, also die Gesansthcit der von? Volke gewählte?? Abgeordneten, hat diese Verfassung zu beschlie ßen. Katholische Eltern, hier müßt Ihr die von Euch ge wählte?? Abgeordneten unterstütze!? in ihren? .Kampfe für die tonscsjionelle Schule und gegen die Einführung der Sirirul- tanschule. Gebt Euren Willen überall in Stadt und Land kund ans öffentlichen Versammlungen. Ihr habt ein Recht daran?, gehört zu werden. Die Negierungen, in denen die Sozialdemokratie an? stärksten vertreten ist, wie in Sachsen, wollen die Ord nung und Verwaltung der Schule im einzelnen regeln durch ein neues Schulgesetz. Das bisherige Gesetz, welches oie christliche Shule sicherte, soll abgeschafft und in eine??? neuen Schulgesetze die simultanschule für alle Zeiten und inr das ganze Land festgclegt werden. Die Katholiken haben seit Jahrzehnten schwere Kämpfe geführt »in ein christliches Tchnigesetz, und nicht ganz vergebens. Unsere wichtigsten christlichen Forderungen wurden erfüllt. Ehristliche Ettern! Wehrt Euch! Wenn sich Hundert- tausende von Stimmen zugunsten der konfessionellen Schule, zugunsten der Beibehaltung des Religionsunterrichtes ent scheiden, einmütig geltend machen, dann kann das nicht ohne Wirkung bleiben. Auch in der einzelnen Gemeinde iverden Eingriffe in das Erzieh»ngsrecht der Eltern durch sozialistische Stadt verwaltungen Vorkommen. Ta gilt es für die katholischen Eltern, für die christlict)e Erziehung einzutreten. Der ein zelne ist für sich allein zu schwach. Da müssen sich die Eltern, deren Kinder eine Schule besuch», zusammenttrn. Sie wählen aus ihrer Mitte einen Elternausschuß. Der soll namens der gesamten Eltern deren Rechte der Schul- Verwaltung und der Regierung gegenüber geltend machen. Selbsthilfe muß auch auf dein Schulgeb ietr jetzt an die Stelle der früheren Vertrauensseligkeit treten. Sache der Eltern ist es jetzt, darüber zu wachen, daß Erziehung und Unterricht so eingerichtet bleiben, wie es der christlichen U c b e rz e i? g u n g gläubiger Eltern Entspricht. Der Volksverein für das katholische Deutschland, der schon bisher dem katholischen Volke so außerordentlich viel Gutes „Du . . . hast . . .?" fragte er ganz verdutzt. „Na, du glaubst doch nickst an wirkliche „Geister"!" Aber wie denn, Trirel? Wie hast du es gemacht?" „Sehr einfach: Hinter dem großen Bücherschränke z» .Häupter? des Bettes befindet sich ein alter Kamin, der früher, als im Zimmer noch der dazugehörige Qsen stand, vom Kor ridor aus geheizt wurde. In dieser Kaminössniliig lwt Bit?- mann allerlei Putzzeug, Ofengabeln und Kohlenbehälter ver mährt, denn sie ist groß wie ein kleines Kämmerchen. Und wenn man an der RUkwand klopft, klingt es innen gerade so, als klopfe jemand in? Schrank. Ta kroch ich nun alle Abende, wenn die Stranßenvogelin zu Bett gegangen war, in das Kaminlock) und klopfte. Dnn in ihren? Zrmmer aber habe ich einen Igel einc?uartiert. Der schlief natürlich bei Tag in irgend ei nein versteckter? Winkel und rumorte nacht r- desto lauter. Und wenn er läuft, schlagen seine Stacheln immer taktmäßig auf, das klingt da??,? wie eiliges, leises Klopfen!" Willencck lachte Tränen. Aber »och jemand lachw außerhalb der Nische, der Triris Erklärung znsällig ange- hört hatte: ihr Großpapa. Es war das erstemal seit vielen Tagen, daß Triri ihn jachen hörte, und cs wur-de ihr ordentlich leicht dabei »ms .Herz. Nun konnte inan doch wieder rede,? mit ihm! Als er nun mit drohend erhobenen? Finger zu ihn cm in die Nische trat und fragte: „Aber warum hast du das ge- ran, Ntcicker? Was hat die arme Tante Fifi denn ver brochen?" da blitzten ihm Triris Augen in lustiger Kampf bereitschaft entgegen. „Was sie verbrochen bat? Meinen guter? lieben Groß papa hat sie mir mit ihren? hetzerischen Geschnatter ver tauscht, daß er im Handumdrehen ein böser, ungerechter alter Mann wurde! Und dafür habe ich ihr Rache geschworen!" Greuzack)s Miene wurde sofort ernst. „Wie darfst dn mir Ungerechtigkeit vorwerfen. Beatrix?" „Ich stell« nur eine Tatsache fest. Es ist ungerecht, einen Menschen zu venrir-fen, bloß auf den Schein hin wie di? es bei Tante Anneliese »rächtest! Es ist ungerecht, das Lebensglück eines guten zär-tlichen Sohnes zu zerstören, bloß iveil er, aber sicherlich nicht mit dem Willen, jemand dadurch wehe zu tun. einen eigenen Weg ging. Am ungerechtesten ober ist es, starrköpfig bei einer falschen Entsck-eidung zu bleiben, bloß rveil man reckst behalten will und obwohl nran inzwischen erfahren hat, daß in Wahrheit alles anders lag. als mm? an nahm' Aber daran ist eben, nur die Straußen- vogeli» schuld, die meinen Großpapa vertauschte. Wäre er noch er selbst, er würde ganz anders gelwrrdelt habenI" Grenzach war so nerblüfft über diese kühne Standrede, daß er Triri nur stumm anstarrte und keine Erwiderung fand. Erst nach einer Weile ragte er knurrig: „Quatsch! Als ob l'o'n Kieckindiewelt was verstände von solchen Dingen! Wenn du an meiner Stelle wärst . . ." „Dann würde ich ganz anders gehandelt haben, das steht fest!" „Möchte wissen wie!?" „Das will ich dir gleich sagen, Großpapa: Erstens wäre ich ganz entzückt gewesen über die Entdeckung, daß mir mein Sohn eine so liebe, brave und gute Schwiegertochter bescher? hat. Zweitens hätte ich sie sogleich in die Anne genommen und geküßt — trotz der Stranßenvogelin! Drittens hätte ick, ihr die schönste Wohnung auf Graditsch auf das reizendste eingerichtet »nd gesagt: „So, mein liebes Kind, da bleibst di? nun zu unser aller Freude und warstest auf deinen Mann und 'chrcibst ihm kein Wort vorher darüber, denn d ö roll »reine Uebcrraschung siir ihn sein, wenn er heimkomint: Daß sein Vater :hm seine liebe, junge Frau ei-tgegensührt. So hätte ich getan, Großpapa. Und wenn die Stranßenvogelin oder sonst icmant etwa die Nase darüber gerümpft hätte, hätt' ich gLdccht: Ich, der Jolxmn Grenzach au? Gradirsch, krnn in r erlauben, so zu handeln! Tenn Gottlob — nur hat niemand eures vorzuschrciben! Aber o mutig n-aist du leiaei nicht — dank der Stranßenvogelin!' Triri machte ibrcm Großvater ein"» ironische?' K»i', und zog WilliMt'ck mit sich ans der Fensterniich! w t.