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Sächsische Volkszeitung : 05.07.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-07-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192107056
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210705
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210705
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-07
- Tag 1921-07-05
-
Monat
1921-07
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 05.07.1921
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Diensiag den 6. Juli 1021 «»«Ml«, Abg. Leicht (Bahr. Vpt.) beglicht die Tendmz der Vor lage, hält aber dir bisher in Bayern bestehende Möglichkeit, vie religiöse Erziehung der Kinder vertraglich sest,ulegen, für zweckmäßiger. Weil das Gesetz in der Ausschuf,fassung diese Möglichkeiten aushebe, werde die Bayrische Bolkspartei die AuS- sckmßvorlage ablehnen. ühne weitere Debatte wird die Ausschußvorlage in zweiter und dritter Lesung gegen die -nminen der Bayrischen Bolkspartei angeno m m c n. Ter Lchriflsührer verliest hieraus noch Interpellati onen des Zentrums, der Leinvtraten und der so zialistischen Parteien, die zum Fall Jagow eingegan gen sind. Au» dem besetzten Gebiete Frankfurt a. M.. 4. Jul«. Die Franks. Ztg. meldet aus Kob'cn,: Unter Bc.eiligung des Reichskommissars für die besetzten Rhemgebielc haben in diesen Lagen in Koblenz zwischen einem lo. kalcn Mitglied der interalliierten RheinlandSkommisston und der ReichSnionopolverwaltung für Branntwein über die Wieder herstellung der deutschen Alkoholmonopolhoheit im besetzten Gebiete Verhandlungen begonnen. Die Rotweudigkeit des deutsch-englischen Handelsverkehr« London, 4. Juli. Walter Runcim an sagte In einer in Newcastle gehaltenen Rede: Wir können in England nicht reich wer- i»n dadurch, daß wir Deutschland arm bleiben lassen. Ich möchte Teulsch and wieder als Kunden unserer Produzenten sehen» und wün che manche Waren wieder von Deutschland zu kaufen- Wir wollen, daß wir bei Einkäufen nicht von irgendeiner Regierungsstelle oder durch irgendein Gesetz kontrolliert werden. All der Unsinn, der jetzt über die Reparationen gesprochen wird, wird noch lächerlicher, wenn die Regierung durch gesetzliche Bestimmungen den Verkauf deutscher Güter und Waren zu verhindern wünscht, wodurch Deutsch land allein Reparationen leisten kann. Das Communiquö des Garantie- komitees Berlin, 4. Jul«. Infolge störenter Kürzungen war die erste Miedet gäbe deS Eomnniniquös des Garantiekomitecs vom 8. Juli in vrrschikdenen Punkten irreführend und ungenau. Bei der Wichtig keit, die dieser Bekanntmachung des Komitees zukomuit, erscheint cS notwendig, deshalb ihren korrekten Wortlaut, wie eS im Pariser .Journal" vom 9. Juli wiedergegeben ist, in folgendem scstzustellen; Da« Garantiekomitee teilt mit: Im Lause ter gegenwärtig in Berlin statisindendcn Verhand lungen zwilchen dem Garantickrmitce und der deutsche» Regierung gab die letztere eine Anzahl Bedeuten und Anregungen bekannt, zu denen die Garantietommission in einer Reihe von Mittrilnnaen Stellung nahm, die sie an die deutsche Regierung richtete. Die drulsche Regierung betonte die Notwendigkeit, dem Worte Erport, das im Zahlungsplan vom 6. Mai angewandt wird, eine genaue Begriffsbestimmung zu geben. Sie mochte weiter aufmerksam aus die Ilnzulrüglichkeiien. die sich ans der Wahl der Exportziffer als Index zur Berechnung der variablen deutschen Jahreszahlungrn ergeben. Diese beiden Punkte hat das Garantukomitee, nachdem eS die deutsche Regierung veranlaßt hat, ihre Bedenken genau zu umschreiben, lediglich zur Kenntnis genom men und mitgeteilt, daß sie eS der ReparatioiiSkommission über mitteln werde, der allein eine etwaige in Aussicht genommene Interpretation und Modifikation zustehe, da die in Frage stehenden Bestimmungen von ihr ausgegangen seien. Die deutsche Regierung hat auf die Unzuträglichkeiten hinge- tviesen die ihrer Zollpolitik aus der Tatsache entstehen könnte», daß die Iollertrügnisse für die Sicherstellung der Zahlungen in Anspruch genommen werden. Bezüglich dieses Punktes hat das Garantiekomitee die Mittel ange geben, dnrch welcbe die von der deutschen Regierung befürchteten Unzuträglichkeiten vermieden werden können, ohne daß dabei die Inanspruchnahme des Zollerlrage« für die Sicherstellung der Zah lungen aufgegeben werde. Die deutsche Regierung hat gleicher Weise denWegfall der Erhebung der 26prozentigen Export abgabe verlangt. Das Garantiekomitee hat sich ausdrücklich daS Recht Vorbehalten, die Erhebung dieser Abgabe zu fordern, um die für dw Zahlung notwendigen Devisen zu erlangen, Wenn die anderen Mittel zur Beschaffung der Devisen nicht genügen. In ihren Vor- schlägcn wies die deutsche Regierung eine Anzahl von Finanz'Mllen nach, die bestimmt seien, teils als Ersatz deS Zolleitrages und der Exportabgabe zu diene», teils die für die jährlichen Zahlungen notwendigen Summen zu liefern. Unter Vorbehalt dessen, was im vorausgehendcn bezüglich des Zollerirage« und der Exportabgabe gesagt ist, hat das Garantiekomitee die Vorschläge der deutschen Regierung zur Kenntnis genommen nnd hat angegeben, wir es sich die Anpassung dieser Finanzguellen im Hinblick ans den normalen Gang der Sicherstellung der Zahlungen denkt. Bei dieser Gelegen heit hat das Garantiekomitee dir deutsche Regierung darauf hin gewiesen, daß das ganze Gleichgewicht ve» Zahlungtsystems auf einer gewissen Stabilität der Mark beruht und daß diese Stabilität nur erreicht werden kann, wenn vorher durch notwendige Reformen das deutsche Budget ins Gleichgewicht gebracht worden ist. Endlich hat das Garantiekomitee im einzelnen die Maßnahmen auseinander« Nr. 152, Sei, -«seht, dt« ^ fü, notwendig htlst. n» sich»«« de« Richtigkeit der Zahlen z« tlbrr»»«a«n. dt« sich au» d«n R.echnungSau»wris«n und au» der Etattfttk ««« d«n llhport nnd ttb«r die Steueretnkünfte, dt« für di« Gtchrrfirllung in Anspruch genommen w«rden, ergeben. Dt« deutsch« Regierung tft gegenwärtig mit de» Prüfung der th« übera«b«ntn Noten beschäftigt und die Unterhandlungen zwischen ihr und dem Garantiekomitee werden teil» in Pari», teil» tn Berlin fortgesetzt werden. Was da» am 1. Mat 1V22 abgelaufene Repa- rattonSjahr betrifft, so wird unter der Vorau»setzung. daß die ge hegten Erwartungen sich erfüllen und die deutschen Zahlen richtig sind, der größte Teil der von Deutschland zu leistenden Zahlungen durch die bereit» geleistete Zahlung von 1 Milliarde Golvmark, die kachlieferungen und den Ertrag der englischen Reparation», btll gedeckt werden, so daß die noch von Deutschland in fremden Devisen zu leistende Summe vermutlich S00 Millionen Goidmark nicht überschreiten wird. Zum Frledensschlutz Amerikas mit Deutschland Washington, 2. Juli. Der Abstimmung über die Vermitt- luiigsresolutivn Porter-Knox ging eins lebhafte Debatte voraus. Senator Brandeges (Rep.) sprach in Beantwortung einer An frage die Meinung aus, die Verabschiedung der Resolution werde die Zurücknahme der amerikanischen Truppen aus Deutschland zur Folge haben. Senator Mohellar (Dem.) bat um Auskunft darüber, ob es nicht die Absicht der Republikaner sei, auf die Resolution den Friedensvertrag mit Deutschland folgen zu lassen, worauf Bran deges erwiderte, diese Absicht bestehe nicht. Ter Handelsver trag und die Annahme der Resolution würde» den Frieden mit sich bringen. Neuyork, 2. Juli. Präsident Harding Unterzeichnete die Resolution über die Wiederherstellung des Fricdenszustandes mit Deutschland und Teutschösterreich. London, 4. Juli. Die heute anläßlich deS amerika nischen Nationalfestes veröffentlichte amerikanische Sondernummer der „Times" bringt einen Beitrag deS Präsidenten Harding, worin es heißt: Bei der Ent wicklung der Zivilisation und der stetig zunehmenden Verbrei tung deS RechiSgedankenS als Grundlage der Freiheit spielten die beiden Englisch sprechenden Völker eine Rolle von unermeß licher Wichtigkeit. Die glänzenden Erfolge in der Vergangen heit sollen und müssen eine Ermahnung zur Fortsetzung der Anstrengungen bilden. Das gemeinsame Wirken für das Gute kann indessen nur dann zu voller Geltung kommen, wenn eine gemeinsame Verständigung vorhanden ist, und zwar nicht nur für naiionale Hoffnungen und Ideen, sondern für nationale Propaganda und Schwierigkeiten. Infolgedessen, so heißt eS weiter, seien derartige Veröffent lichungen, worin amerikanische Fragen von hervorragenden Männern deS englische» Volkes dargclegt würden, zu begrüßen, da sie daS gegenseitige Verständnis förderten. Neue Ausschreitungen der Polen Kottewitz, 4. Juli. In Lanrahütte, Friedenshntte und Godnllahütte haben sich neuerdings die Insurgenten schwere Mißhandlungen an Beamten zuschulden kommen lassen. An den Hüttenbcamten Chlubek in der Lanrahütte trat ein Ar beiter mit dem Ersuchen heran, in den Betrieb einzutreten. Er konnte aber wegen Arbeitsmangels .nicht angenommen wer-, den Darauf kehrte der Mann mit 26 Insurgenten zurück und holte Chlubek mit etwa 20 anderen Beamten aus dem Werk hrrans, die sämtlich mit Gummiknüppeln in schwer ster Weise mißhandelt wurden. Drei Beamte mußten in daS Lazarett gebracht werden, die übrigen flüchteten nach Kat- towitz. Auch der größte Teil der höheren Jndustriebeamten in Friedenshntte und Godnllahütte mußte vor Mißhandlungen der Insurgenten flüchten. Der Reiseverkehr nach Oberschlesien Kattowitz, 4. Juli. Tie Eisenbahndirektion teilt mit! Der Zugverkehr ist am 2. Juli früh wieder ausgenommen worden. Die Züge kamen ungefährdet durch und waren durchweg stark in Anspruch genommen. Es ist zu erwarten, daß die große Reise, lust noch mehrere Tage anhält. Als Ausweis gilt eine Legitimationskarte. Sobald die Räumung des Ge- kictcS von Kattowitz erfolgt ist setzt auch der Zugverkehr von hier aus sofort ein. Die zurzeit in Obergleiwih weilende Betriebs leitung kehrt dann nach Kattowitz zurück. Die Zentralleitung lügt dann wieder in den Händen der Cisenbahndirektion Kafto- 'witz. Wie seitens der Eisenbahndirektion Kattowitz mitgeteilt wird, ist das gesamte Personal dahin verständigt worden, sich am Montag zur Wiederaufnahme des Dienstes bereit zu halten, da Aussicht vorhanden ist, den Verkehr bereits am Montag in vollem Umfange aufznnehmc». I» der verflossenen Nacht wie derholten sich in gewissen Zeitcktzschnitten die wilden Schieße reien ans dem Belagerungsringe. Es blieb lediglich bei Gewehr feuer. Der aus Posen gebürtige Leiter der überschlesischen Schmalspurbahn, Beszinski, ist nnier Mitnahme bereitgestell- ter Lohngelder abgcreist. Da infolgedessen die Lohaauszahlnng nicht stattfinden konnte, haben die Angestellten der Schmalspur bahn in Roßberg die Arbeit niedergelegt. In mehreren Orten des Kreises Kattowitz berrscht stacker Mangel an Brcnmeb!. Auf die Karte wird vielfach nur die Hälfte der früheren Mehlmenge ausgegeben. Ein Brot kostet 40 M. Neue französische Anschuldiftitn neu Paris, 4. Juli. „Petit Journal" berichtet anS S me- wice, daß die Räumung Obeescklesiens sowohl von dentsci ,, als auch von polnischer Seite ohne Zwischenfall vor n > gehe und man darauf rechnen dürfe, daß am Dienstag den v Juli das ganze Ausrnhrgcbiet in Len Händen der J»ternl>ne> n Kommission sein wird. Es müsse aber bemerkt werden daß Lft deutsche Abstimmungs-Polizei, die während des polnischen Am standes verdreifacht worden sei, jetzt eine gleiche Armee dantt ll-, die in der sogenannten deutschen Zone verbleibt. Die Sffun- tion wird dadurch sehr kompliziert, daß die Interalliierte Koni, Mission die. deutsche Polizei in der deutschen Zone weiter ver wendet, es aber ablehnt, polnische Polizei in der polnischen Jm,!- zu verwenden, so daß die letztere schutzlos- ist. Die DenißMn stände» auch ini Begriff, bolschewistische Unruhen im Industriegebiet vorznbereiten. Man meldet bereits seit einer Woche die Ankunft von Kommunisten aus Breslau nnd Berlin, die mit der monarchistischen Schutzvereinignng in Verbindung ständen. In Kattowitz habe die Interalliierte Kommisfto» eine Versammlung überrascht, an der Mitglieder der Kommu nisten nnd der Orgesch rcilgcnommen hätten. Das engUsch—japanische Bündnis London, 2. Juii. Mit Rücksicht aul die einander p'els.nh wideripreckenden Meldungen betreffend die Erneuerung des Bündnisses mit Java» veröffentlicht Nciiicr eff e Mitteilung, in der eS heißt: Die im vorigen Juli an de» Völkerbund ge'andie Note wurde von den suristffchen Beratern der Krone als eine Knudi- auna de» Bündnisvertrages angesehen. Danach würde affo ine Vertrag in diesem Monat erlöschc». Vor zwei Taren hat ab>r ftc höchste juristische Beamte der Krone, der Lordkanzler, die frühe c» Urteile umgestoßen und entschieden, daß die Note an den Völker bund keine Kündigung hcS Vertrages bedeute, welche Ansicht übrigen» Lord Cnrzon ebenso wie die japanische Rechnung von Anfang an verlreten hatten. Japan ist von der veränderst» Auffassung Großbritanniens verständigt. Ta der Vertrau, selbst, wen» er am 19. Juli gikündiat werden sollte, cmtomatffch ein Jahr wciterlaustn würde, wird der Vorschlag wegen Verlängerung de; Vertrages um drei Monate nicht Weiler erörtert. Eine Konferenz zue Schaffung einer „umfassenden Internat'onale- Berli", 4. Juli. Ans dem Parteitage der englischen Arbeiter- Partei in Brighton war eine Resolution einstimmig angenommen worden, daß an alle sozialistischen Organisationen der Welt Eiu- ladungen zu e uer Konscrenz abgeschickt werden, ans der eine um fassende Jutcriiationale geschaffen werden soll. Laut „Vorwärts" erklärte daS Exekutivkomitee der 2. Internationale mit dem Inhalt der Entschließung sich einverstanden. Es billigte Weiler, daß auch eine Einladung der Zentrale der Wiener Internationalen ArbcitSgenleinschast gesandt werde. De», Blatt zufolge ist !n Aussicht genommen, die Konferenz für Anfang Oktober nach London einznberufen. Das neue italienische Kabinett Rom» 4. Juli. Das neue Kabinett Bon^mi wird wie folgt zusammengesetzt sein: Bonomi Vorsitz und Inneres; Marchese della Toretta Auswärtiges; Gasarotto Kolonien; Zero Justiz; Rodino Krieg; Senator Schanzet Marine; Tennva Schatz; Soleri Finanzen; Senator Croce Nnlernchi; Bertini öffentliche Arbeiten; Benednra Arbeit; Rainer! befreite Gebieie; Ginffrida Post und Telegraphen; Manri Ackerbau und Industrie. Die Liste ninsaßt drei Reformisten, drei Populär!, zwei Sozialdemokraten, vier Liberaldemokraten und ein Mitglied der Rechten. Marchese della Toretta sieht außerhalb der Pcutcien und ist zurzeit Gesandter in Wien. Die amtliche Belannigabe diicne heute nachmittag erfolgen. Der Frieden mit China Peking. 8. Juli. Ein RegierungSeclaß ratifiziert daS chlnesM- deutsche Abkommen und ermächtigt daS chinesische Ministerium des Auswärtigen mit der deutschen Regierung die Ratifikations urkunden auszutauschen. Verhaftung der Japaner und Griechen in Rußland London, 4. Juli. Die Morning Post meldet aus Reval vom SV. Juni: Die Sowjetregierung ordnete die Berh aftung aller griechischen und japanischen Untertanen in Rußland an. ausgenommen dle M tglieder der kommunistischen Partei. Man ist der Ansicht, dieser Schritt der Sowjetregierung bede tte, daß sie das Bestehen des Kriegszustandes zwischen Rußland einerseits und Griechenland und Japan anderseits anerkenne. Prtnz Phftipp von Koburg ff- Koburg, 4. Juli. Hier ist im Alter von 77 Jahren Prin; Philipp von Koburg, der ältere Bruder des ehemaligen Zar.» Ferdinand von Bulgarien, gestorben. Sächsische Volkszciinng — Nr. 152 — 5. Juli 1021 Der Gänsebub Fränkischer Dorfroman von Dina Ern st berge» (Nachdruck verboten) (49. Fortsetzung.) ..Wie steht de» die Wetterfahne, Fräulein Marianne?'' unterbrach die alte Fra» die Stille, „'s is schon so spät nnd im mer noch so düster. Ich glaub, Joseph wird schlechtes Reise» Wetter haben." Marianne hatte das Fenster geöffnet und zur Wetterfahne emporgesehen. Kalte, feuchte Luft strömte durch das geöffnete Fenster herein. Fröstelnd zog sie es wieder zu. „Tie Wetterfahne steht auf Regen nnd düstere rauhe Herbst nebel ziehen das Tal entlang. Die Sonne ist umhüllt von dich ten Nebelschleiern." „'s ist Spatherbstzeitl Die sonnigen Sommertage sind fort!" „Wie welk und gelb die Blätter jetzt schon von den Bäu men fallen l" „Das iS a sicheres Zeichen, daß bald der Winter kommt." 11. Kapitel. Die Flickschustcrin hatte Recht behalten. ES war früh zeitiger als sonst Winter geworden. Schon um Allerseelen wir belten kalte, weiße Flocken hernieder und begruben unter einer dünne», weißen Decke die schreiend grelle Pracht des kleinen DorsfriedhofcS. Während alle Dorfleute trotz Schnee und Kälte hinaus an die Gräber der verstorbenen Lieben wallten, um das Fest der Token beiend zu feiern, mußte die Flickschusterin daheim i.i ihrem Zimmer »eben den, warmen Ofen sitzen. Zum ersten Male blieb sie an diesem Tage den: Grabe ihres Gatten fern. — Scbon seit Wochen fühlte sie sich nicht mehr recht wohl. Die ganzen Nächte mußte sie im Bette sitzen nnd konnte keinen Atem bekommen, und während des Tages fühlte sie sich müd und «keiid, daß sie kaum ausrecht gehen konnte. So saß sie denn den ganzen Tag in ibrem großen Lehnstuhl nnd betete oder las in der Legende. Marianne bat täcsticki, sie möchte doch den Arzt rufen lassen: sie drohte sogar, über den Krankhcitszustand Jo- scpb Mitteilung zu machen, wenn sie sich nicht für einen Arzt entschließen sollte, aber trotzdem konnte sie damit nichts weiteres bezwecken, als daß sich die alte Frau einmal nach einer ganz besonders schlechte» Nacht endlich bereit erklärte, den Bader kom men zu lassen. „Der versteht mehr, wie all die Aerzt znsamm," sagte sie, als Marianne gegen diese ärztliche Autorität protestieren wollte. .All mei Lebtag is in unser Hans kei anderer Doktor kommen, wie der Bader; eht in mei alten Tagen soll des net anders werden." Marianne wollte dnrch ihre» Widerspruch die Kranke nicht noch mehr aufregcn. Sie sah auch die völlige Zwecklosigkeit ein, dieselbe von der ttebcrzeugung abznbringcn, daß ein Arzt ihre Krankheit besser erkennt und heilen kann, wie der Bader. Schließlich halte sie auck, schon im Dorfe so viel von den Wnn- derkurc» des Baders erzählen hören, daß sie nach und nach selbst zu der Ucbcrzeugnng gelangte, das müsse ein außergewöhnlicher weiser Mann sein. Schweigend ließ sie deshalb zu, daß Peter den Bader herbciholte. Tie nahm sich aber sest vor, sobald sich der Zustand der Kranken verschlimmern sollte, umgehend Joseph davon Mitteilung zu machen. Wenige Minuten, nachdem Peter gegangen war, die ärzt liche Hilfe des Baders anzurnfen, kam er auch schon wieder zu rück; an seiner Seite ging mit wich.ig ernster Miene und eiligen Schritten der geehrte Baderdoitor. „Na, Frau Flickschnsteri», wie gchts denn? Wird doch so schlimm nicht sein, wies anSschant. Ihr seht wahrhaftig recht bedenklich anS. Na, wollen wir halt sehen, was sich dagegen machen läßt." Gönnerhaft ließ er sich auf einen Stuhl neben der Pa tientin nieder. „Nur das Schnaufen, wenn net wär; mir fehlt sonst gar nichts," erzählte ihm die Kranke, ihren Zustand erklärend. „Ihr wißt doch für alles was, Bader; gibts denn da nix dafür, daß des wieder wegging? Nur nachts, wenn ich mei Ruh davon hättl" „Na, na. so einfach ist die Sache nicht," antwortete ihr der Bader. Er sprach bei Konsultationen nie Ortsdialekt. „Bitte, wollen Sie mir Ihre Hand geben! Hm! Der Puls läßt sehr z» wünschen übrig, lind die Zunge? Nur recht weit heraus. Hm! Auch nicht zum besten. Meine liebe Frau Flickschnsteri», da hcißts abwartc» und geduldig sein. Ich hoffe, daß es mir gelingen wird, de» AnSbrnch der schweren Krankheit, die sich da im Anzüge befindet, zu verhindern. Sie leiden an Atemnot, Schlaflosigkeit, Müdigkeit usw., nicht wahr? JstS nicht so?" „Grad so isi Ich Habs ja gleich gewußt, daß Ihr meine Krankheit am besten wützt." „O je. wenn ich das auf den ersten Blick sehen sollte! Denkt nur rinmak, bei einer so langjährigen Praxis und Erfahrung! Wa§ Hobe ich schon für komplizierte Fälle zu behandeln bekom men! Ich lese eS meinen Patienten immer schon an den Augen ab, was ihnen fehlt. Bei Ihnen haben wir ganz deutlich Lungen- emph . . . emph . , . emphnsion. Jawohl, ganz genau Lun- genemphuston mit Hcrzesfektion. Dagegen nehmt Ihr dreimal täglich vier Löffel voll Pfefferminztee und die Seite reibt Ihr recht mit Fett ein, dann wirds gleich besser werden. Morgen bringe ich Euch Tropfen mit, da sollt Ihr dann einmal sehen, wie es Euch gleich leichter wird." So kam der Boder als behandelnder Arzt mehrere Tage lang früh und am Abend zum Besuche seiner Patientin in das neue Hans. Da daS Krankheitsbild trotz der Einreibungen und Tropfen hartnäckig immrr das gleiche blieb, verordncte er alle Tage etwas anderes. Zuletzt, als er gar nichts mehr wußie, vertröstete er die Flickschustcrin auf den nächsten abnehmende» Mond. „Wenn der Mond wieder abminmt, nimmt auch die Krankheit wieder ab und da werde ich dann schon Herr über sie. Jetzt beim Vollmond kann ich der Krankheit nicht recht beikvm- men, da hat sie zu viel Macht über den Menschen." Die Kranke glaubte daS aufs Wort. Sie zählte im Ka lender die Tage ab, bis der Mond wieder abnahm und ergab sich, diese Zeit geduldig abwaricnd, vertrauend in ihr Schicksal. Marianne empfand cs als eine Gewissenspflicht, Joseph nunmehr von der Krankheit seiner Mutter in Kenntnis zu setzen. Cie glaubte nicht mehr an die Wunderknren des BadcrdottorS, die man sich im Dorfe erzählte. Ohne daß die Kranke vorher eine Ahnung davon hafte, fuhr eines Ta(,eS Joseph vor dein neuen Hanse an und brachte seinen Arzt mit. Nach einer gründ lichen Untersuchung mußte der letztere es eingestehcn, daß ihm eine Heilung der Krankheit viel schwieriger erschien, wie dem Herrn Dorfbadc^c. Er faßte die Cache von etwas ernsterer Seite auf. Wo die Gelehrsamkeit des DorfbaderS spielend zu kurieren dachte, da schien die Kunst des Herrn Kollege» aus dci; Stadt zu Ende. Bedenklich schüttelte er den Kopf, als er Jo seph daS'Nesuftat seiner Untersuchung mittcilte.
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