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vezügS-»et-, A»Sgab« I mit illustt. BeUage vierteljährlich it-88 In Dresden und ganz Deutschland frei Haut ü.ittt — AuSaab« S vierteljährlich »,S8 >^. In Dresden und ganz Deutschland frei Haus » Ott — Dle Sächsische volkSzottung erscheint an allen Wochentagen nachmittags. — Sprechstunde der Redaktion: II bis 1» Uhr vormittag». Anzeigen, «»nähme von MeichästSanzctge» bis IN Uhr. von stamilienan-eigen di» I I Uhr dorm. — PrciS slir dt» Petit-EpaUzellc 4U z, im Neklameteil 1 .V. FnmMcn-Anjeigen 30 z. —Fiir undeutlich geschriebene, sowie durch Fern» sprcchcr ausgcgebcne ilnzcigen liinncn wir die Lecanlwoniich.'eit für die Richligleit des LextcS nicht übernehmen. Unterm KMljähriqen. Noseustock An der Tomapsis in Hildesheim rankt er empor. Unter seinem Zeichen tagte in diesen Tagen der Ver band der katholischen kaufmännischen Vereinigungen Deutschlands. Wer die Ver- bandlnngen verfolgt, wer vor allem die Rede des tüchtigen Verbandsvorsitzenken Tr. Tewes, Mitglied der preußi schen Landesversammlung, liest, wird sofort Len Eindruck erhalten, daß diese Tagung eine weit über die Vcrbands- kreise hinausragende Bedeutung hat. Sie ist pro g r a m >- ina tisch für Las ganze katholische Deutsch land. Denn sie trägt den Zeitverhältnissen in vollen! Maße Rechnung, ohne auch nur einen Stein aus unseren Prinzipien zu lösen. Die Rede des Abg. Dr. Teüves wirkt wie eine Erlösung. Wie der tausendjährige Nosenstock strebt sie nach oben. Auch in seinen Entschließungen bringt der Verband Katholizismus und Erwerbsleben in richtigen Einklang. Viel Pessimismus macht sich gerade jetzt wieder sehr stark bemerkbar. Auch in katholischen Kreisen. Von man chen Selten aucl) in unserem Lager wird er niit Bewußt sein propagiert zu Zwecken, über die vielleicht einmal später gesprochen werden muß, die aber schon heute zu durch sichtig sind, als daß sie nicht auf den ersten Blick zu erkennen ivären. Zum Pessimismus ist an sich gewiß allerlei Ver anlassung vorhanden. Der Weg, den uns der Sozialismus zeigt und lveist, führt dem Abgrund zu. Diese Auffassung hat erfreulicherweise auch der Verband kath. kaufm. Ver einigungen besonders betont. Er hat aber ebenso erfreu licherweise auch darüber keinen Zweifel gelassen, daß der ,Kapitalismus den Sozialismus erzeugt hat. Das darf nie mals vergessen werden. Der Weg zum Glück aber, besser ge sagt zur Befreiung von den Fesseln, welche die Gegenwart uns auferlegt, kann nicht durch einen lähmenden Pessimis mus zum Ziele führen. Es muß ein gesunder Optimismus Platz greifen, »nenn wir aus all dem Unglück heraus wollen. Hier kann der Katholizismus geradezu bahnbrechend wer ken/ wenn alle Katholiken allerwärts ihre Pflicht und Schuldigkeit tun. Ter vor einigen Wochen verstorbene, be rühmte Neckstslehrer Josef Köhler hat 1914 im „Dag" (Nr. lllj geschrieben: „Wer immer den Katholizismus versteht, der muß anerkennen, daß in ihm eine Kultu r - kraft ersten Ranges liegt." Dieser Tatsack-e müssen wir uns weit mehr als bisher und vor allem im jetzigen Zeitpunkte bewußt werden. Tewes hat niit vollem Recht die Mobilmachung aller unserer wirtschaftlichen und geisti gen Kräfte als das große Gebot der Stunde bezeichnet. Er hat dann weiter betont, daß Christentum und Ka pitalismus in einem unlösbaren Wider- ipruch stehen, daß aber auch Christentum und Sozialismus unvereinbar sind. Was er for dert, ist christliche Wirtschaftspolitik. Der Solidari- tütsgedanke im Eigentumsrecht wurde als ausschlag gebend genannt. In einer Entschließung fordert die Hauptversammlung des K. K. V. „alle katholischen Kauf- leute und Angestellten zum Zusammenschluß auf, weil nur durch das Zusammenwirken aller Gleichgesinnten der Wiederaufbau des deutschen Wirtschaftslebens im Geiste eines christlichen Solidarismus möglich ist." Wir würden uns aufrichtig freuen, wenn all diejenigen im kaufmänni schen Leben stehenden Katholiken, die sich bisher noch nicht im K. K. V. organisiert haben, dieser Aufforderung bal digst Folge leisten würden. Wir haben auch bei uns in. Sachsen eine stattlich Anzahl katholische kaufmännische Vereinigungen, in denen zumeist reges Leben herrscht. Wenn unter dem Drucke der schweren Kriegsvcrhältnisse da und dort ein Stillstand eingetreton ist, so hat doch fast über all, soweit lvir unterrichtet sind, alsbald nach Rückkehr der Truppen vom Felde frisches Leben eingesetzt. Daß der gute alte Geist auch in unseren sächsischen Ortsgruppen sich er halten und zugleich den neuen Verhältnissen Rcchnung ge tragen hat, das ist so recht auch auf dem Gautage in Dres den am diesjährigen Himmelfahrtsfeste zum Ausdruck ge kommen. Nichtsdestoweniger muß gesagt werden, daß doch auch bei uns 'irr Sachsen es noch recht viele Kaufleute — sowohl Selbständige als auch Angestellte — gibt, die den Bestrebungen des K. K. V. entweder ganz fern stehen oder doch nickst praktisch Mitarbeiten. Ihnen gilt in erster Reihe der auf der Hildesheimer Hauptversammlung ergangene Ruf. Dieser Ruf darf keinesfalls verhallen. Wir sind da von überzeugt, daß er auch in den Reihen der sächsischen Ortsgruppen des K K. V. mit stürmischer Begeisterung aus genommen wird, und wir möchten aus eigenem Antriebe nickst verfehlen, schon heute alle noch nicht dort organisi- .ten katholischen Kaufleute auf die Notwendigkeit des An schlusses an den K. K. V. hinzuwcisen. Aber dieser Ruf nach dem Zusammenwirken aller Gleichgesinnten, um den Wiederaufbau des deutschen Wirt schaftslebens im Geiste eines christlichen SoIidariS - in u s zu ermäglick-eu, darf sich nicht nur auf die katholisckwn .Kaufleute erstrecken, er muß für das ganze katholische Deutschland gelten, er muß ein Werberuf werden, der vor keinem katholischen Hause Halt niackien darf und der sicher überall La mit Freude aufgenommen werden wird, wo man die Zeichen der Zeit versteht. Wer je einmal in Hildesheim vor dem tausendjährigen Nosenstock gestanden hat, dem wird der Zauber dieses Augenblicks für immer unvergeßlich sein. Tie Gedanken, von denen dort die gläubige Mcnsck-enscele ersaßt wird, weisen anstvärts. Unsere Weltanschauung wurzelt i» einer säst zweitausendjährigen Kultur und ist daher wie nichts anderes befähigt, sin unseren Tagen als ein Sauerteig zu wirken. Ter Hildesheimer tausendjährige Nosenstock kann als Symbol eines gesunden Optimismus in trübster Zeit gelten, eines Optimismus, von dem die Tagung der katholischen Käufleute Deutschlands erfüllt war. Wir blicken gewiß mit vollem Ernst« in die Zukunft, aber wir wollen uns dabei von allein hemmenden Pessimismus losmachen und für die walfre Freiheit des deutschen Volkes kämpfen, für die Freiheit, deren tieferen Sinn der Dichter von Dreizchnlinden, Fr. W. Weber, so schön in die Worte gekleidet hat: „Freiheit sei der Zweck des Zwanges, Wie man eine Rebe bindet, Daß sie, statt im Staub zu kriechen, Froh sich in die Lüfte windet." lml. Nationalisierung der Wollindustrie Nicht bloß der Handel ist international, sondern nickst zuletzt infolge desselben auch die Industrie. Wie man vor dem Krieg voir einem Welthandel, von einein Weltverkehr redete, so konnte man auch von Wollindustrien spreckzen, so fern die Industrie des eigenen Landes diejenige eines an- deren mit ihren Erzeugnissen ergänzte und sich auch hier eine gewisse Arbeitsteilung entwickelte. Mit dieser einher ging aber vor dem Krieg zugleich das Bestreben zur Nationali sierung in den einzelnen Ländern, d. h. das Bemühen, sich industriell möglichst auch wieder auf eigene Füße zu stellen. Dieser überall bemerkbare Zug zur industriellen Natio nalisierung hat duich die Kriegswirtschift allenthalben eine wesentlich Verstärkung erfahren, wo man einmal den Aus fall an fremden, namentlich auch deutsckien Waren, teilweise sehr unangenehm empfand und hier d afür aus Eigenem Ersatz zu schaffen suchte. Sodanu aber war man hier eit rigst darauf bedacht, für die im Kriege erweiterte oder neu- gegründete Kriegsindustrie nach Wegfall der Kriegsproduk tion Arbeit kür Friedenszwecko zu sckjaffen, was von selbst dann zur Ausbildung nationaler Fertiginduslrien führte. Industrie und Wissenschift dabei in engere Verbindung zu bringen und einen Weg zu befolgen, dank dem die deutsche Industrie die hohe Stufe ihrer Leistungsfähigkeit erklom men habe, war man in Frankreich wie auch in Italien, in England wie insbesondere bei den Neutralen auf das eif rigste bemüht. In Großbritannien war man vor allem auch bestrebt, während des Krieges durch Einsparung au Roh materialienverbrauch, au menschlicher Arbeitskraft und sonstigem Betriebsauswand neue Arbeitsmethoden zu er proben, um sie für die Friedenswirtschaft beizubehalten und damit die industrielle Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Aber nickst nur in Europa ist diese industrielle Kräfte Verschiebung eingetrcten, sondern auch auf dem internatio nalen Absatzmarkt, indem hier der industrielle Ausdplmungs- drang der Vereinigten Staaten, der Selbftverwaltuugskolo- nien des britischen Weltreichs und nicht zuletzt Japans die Verhältnisse im Osten vornehmlich veränderte. Gerade das letzter« wird hier dank seiner durch die für europäische Ver hältnisse ungewöhnlich langen Arbeitszeiten und günstigen Lohnverhältnisse bedingten vorteilhaften Produktionsverhält nisse noch lange eine große Rolle spielen. Zumal Japan, wie die jüngsten Wochen gezeigt haben, anscheinend nicht ge willt ist, durch Beitritt zu internationalen Abmachungen sich hinsichtlich der Dauer der Arbeitszeit und sonstiger Ar beits-Verhältnisse den in Europa üblichen Beschränkungen zu unterwerfen. Daß nach dieser Richtung hin etwa die po litische Bewegung und die Gewerkschaftsbewegung auch in Japan merkbar ausgleichend wirken würde, ist vorläufig noch wohl kaum zu erwarten. Höchstens könnten die noch wem ger entwickelte Technik und daher auch di« Qualität der Waren dem japanischen Ausdehnungsdvang gewisse Gren zen ziehen. Auf alle Fälle werden wir es auf dem Weltmarkt uiiH dem Absatz industrieller Produkte in Zukunft weniger leichß haben. Wir brauchen aber, vorausgesetzt. Laß die deut'chq Arbeitersclast nickt durctz ein eigensinniges Beharren auH Aisteitsbedingungen, die jeden Wettbewerb mit dem Ans-! land ansfchließen, uns von vornherein selbst aussckcalteii^ nicht zu verzagen. Unseren Zutritt zum Weltmarkt bahn« ten wir uns vor dem .Urieg durch unsere Qualitätsarbeit. Darin müssen wir auch in Ziitimst unsere Stärk« suchen. Wir dürfen dann mit Vertrauen auch wieder au den Welt-- markt herautreten. Denn wiederholt ist gerade aucl- von neu traler Seite in letzter Zeit daraus aufmerksam gemacht wor den, daß es sich noch zeigen müsst, ob das Ausland Deutsth-l lan'd Lauernd niit seiner heimi>cl'en Industrie gewachsen sein! wird. Selbst zugestand-eu, daß mau dort die Preist, wellte von den deutschen Fabriken aus de» Weltmärkten gestellr würden, enthalten könne, io sei noch die an.ere Frage, ab die Qualität'des gelieferten Prodnttes sich mir den eeu'.smen. Fabrikaten messen lasse. Onalitätsstbriläte ater enthalten viel Arbeit, weniger Malenah üe bringen wieder Geld ins Land und fördern unseren wirt'chnllicben G.'lrnid»ngs< Prozeß. Vorläufig aber hängt es z» einem guten sicil von Lew deutschen Arbeiterschaft ah, welche Stellung die deut'che Fm duftrie unter den Weltindustrien demnächst einnehmen wird, und ob unsere Fertigindusirie bald wieder an das Auslands-c gesckstst denken kann. Sie kann es nickt allein ans 'ich, sondern unsere Schwerindustrie muß durch die Ausfuhr von Erzen, Kohle un'd Kali ihr den Weg mit Halmen helfen. Zur deutschen Arbeiterschaft aber sprechen Auslands-ummern „Wenn in eurem Lande nickt bald Ordnung und Arbeit zur Herrschaft gelangen, dann verlieren eure F-wunde die Geduld und die Hoffnung, daß ihr euch wieder erbost» könnt, und damit verliert ihr auch den Boden des mmdels, den Kredit. Man will sich mit einem Volke nickt einlasien, dessen Arbeiter durch ihre Unbotmäßigkeil jedes Beliefern anssckialten." — Ist zu viel gesagt, wenn wir immer wieder betonen: Deutschlands Schicksal ist in die Zsgnd iciuer Ar beiterschaft gelegt? Ihre Einsicht oder ihr Unvellland brin gen Gesundung oder Untergang. Die Forderungen des BerLandeff Versailles, 0^ September. In der Debatte über die: Ratifizierung des Friedensvertrages erklärte Fiu-anzmiaisler Klotz, die Bedeutung des Friedensvertrages bernke ans dem Artikel 23t, der nicht nur die moralischen, wildern »ch die finanzielle Verantwortlichkeit Deutschlands stsistellt. Im Artikel 232 jedoch scu sestgestellt, daß Dentfchlaud nicht in Lee L-aae sei, all den Schaden und all die Verlach.' wieder gutzumackeu, für die es verantwortlich fei. Am l. De zember 1913 habe Lloyd George in Bristol in einer Rede erklärt, Deutschland müsse bis zur äußersten Grenze der Möglichkeit z a h l e ». Diesem Zieie hätten die französischen Unterhändler zngestiebt. Der Mi nister erklärte, die gesamten Kriegskosten aller am .urieae be teiligten Mächte erreichten die Summe von 1 0 00 M i! - liarden. Auf Frankreich entfiele» 115 Milliarden, auf England und seine Kolonie» 130, auf Amerika IIP ruf Ruß land 91, auf Italien 53, aus Belgien, Rumänien und Ser bien 12, auf Deutschland 232, auf Oesstrreich-Uiw am 100 und auf die Türkei und Bulgarien 19 Milliarden. In diese Ziffern seien weder die Mililärpensionen noch die Wieder gutmachungen einbegriffen, die der Friedeusvertrag fest setzte. Auf 070 Milliarden Feauk beliefen sich also die .Kriegslosten der ^Gegner Deutschlands. Wenn man diese Summe unter gleichen Umstände» auf eine Periode von 50 Jahren bei 5 Prozent Zinsen, die Deutschland zu zahlen hätte, 1 9 0 1 PF', lliarde u. Berechne mau aber dis Summe unter gleichen Umständen auf eine Periode von 100 Jähren, so komme mau zu dem Ergebnis von 3550 Milliarden. Rechne mau die tzut'clädigungcu und die zu zahlenden Pensionen hinzu, dann ergebe sich die Summe von 4500 Milliarden. Das sei natürlich eine unbezahlbare Summe und deshalb habe die srouzösische Regierung vor allem Weit daraiff gelegt, die Wiedergutmachung aller Sckiäden au Gütern und Menschen zu verlangen. Tie Zahl aber babe man naht sesiistellen tonnen, denn inan wisse gar nickst, in welcher sivirtschastlichen Page sich Deutschland in einigen Fahren blonden werde. Die Frage der Priorität der französischen Schuld sei noch nicht geregelt, doch sickjerc; der Vertrag Frankreich Kohle und gewisse Rohmaterialien. In einem Zeitraum von zwei Jahren werde Frankreich einen noch zu bestimmenden Anteil von der Summe von 20 Milliarden Go.'dinark erhalten, einen weiteren noch zu be stimmenden Anteil an Scbatzscheinen im Werte von 10 Mil liarden Goldmark und einen dritten noch zu bestimmenden N«H >»»>