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Beilage zu Nr. der „Sächsischen Volkszeilung". Frankreichs Entvölkerung In einem Aufsätze der „Revue des deux mondes" tritt ein Tr. Löwental der Ansicht entgegen. das; die Ursache der Entvölkernng Frankreichs lediglich die Folge der zu gerin- i gen Kinderanzahl «Zwei Kinder-Lystem) sei. Sie bestelle /«nm großen Teile auch in der größeren Sterblichkeit, die er z. B. im Vergleich zu England nachweist. Und die Ursache dieser findet der genannte Autor in dem übermäßigen Ge- miß der Spirituosen. da nicht nur 150,000 Todesfälle in folgedessen zu verzeichnen seien, sondern auch eine halbe Million Personen darunter leide. Eine weitere Folge spiri- tnoien Gennsses bildeten ansteckende Krankheiten, die in England. Deutschland, der Schweiz usw. in der Abnahme begriffen, während in Frankreich von einer Verminderung nichts zu spüren wäre. Kinderblattern endlich, die überall > >5 NU faß verschwunden seien, »ielen m den französischen Ko lonien Tausende zum Qpfer. Im „Eclair" stand schon im Fahre 1997 ein Aufsatz, dessen letzter Satz dahin lautete, daß die zunehmende Entvölkerung, der Alkoholismus und die Immoralität den Körper der Nation zerstören würde, von welcher dann nur ihr Genie, ihre ewige Seele, die Sprache lebendig bleiben werde. Das Phrasenhafte der Schlnßwendnng liegt auf der Hand. Tie Entvölkerung Frankreich? ist aber auch von politischer Tragweite. Wenn Frankreich numerisch und Physisch nicht mehr mit den ande ren großen Nationen Schritt zu halten vermag, wenn der Ueberschnß der Geburten über die Sterblichkeit sich alljähr lich vermindert, dann hat die Politik dieses Moment deshalb ernstlich in Neckmnng zu stellen, weil sich die Politik ans die jeweilige Stärke von Heer und Flotte stützen muß. Man arbeitet freilich in Frankreich ebenso wie in den anderen Großstaalen an der Armeeverstärkung. Wenn die stete Zn nähme der Kontingente für Heer »nd Flotte aber überall sonst mit dem Steigen der nationalen Bevölkerung Hand in Hand geht, dann liegen die Verhältnisse in Frankreich insofern anders, als man stetiger Abnahme der Bevölke- rungszisfer zum Trotz die Armee dergestalt vermehrt, daß das französische Heer und Wehrgesetz das drückendste im Vergleich mit anderen Staaten geworden ist. lieber den Skrupel der Minderwertigkeit des Materials setzt man sich damit hinweg, daß in Bezug ans Intelligenz sich kein Re krut eines andern Voltes mit dem französischen vergleichen könne! Außerdem steigt trotz der zunehmenden Entvölke rung die koloniale Erpansion Frankreichs. Iacgnes Bertil- lon, Direktor des statistischen Amts in Paris, schrieb 1901: ..In Wahrheit ist Frankreich ans dem Wege, rasch eine Na tion dritten Ranges zu werden, die der Gnade der anderen Völker preisgegebe» ist. Seine wirtschaftliche Macht, seine militärische Kraft, sein geistiger Einfluß sind von einer Ge iabr bedroht, die stetig wächst." Und bei dem allen verzettelt Frankreich seine Kraft an dem trosiloien Kulturkampf, an der Ausrottung des Chri stentums. welches noch das einzige Bollwerk gegen die stei gende Unmoral ist. Aus Ttadt und Land. " Für das große B l u m ense st ans der Brühlschen Terrasse am Sonnabend den 8. September macht sich bereits das lebhafteste Interesse bemerkbar und an das Bureau des Vereins zur Förderung Dresdens und des Fremdenverkehrs sind in den letzten Tagen bereits zahlreiche Anfragen und Billettbestellnngen ergangen. Besonders empfiehlt es sich, Fesrkarten mit Souper <10 Mark) so zeitig als möglich zu bestellen, da nur knapp 1000 solcher Karten ausgegeben wer den können. Tie Taselknrteninbaber erhalten auch bei un günstiger Witterung einen geschützten Platz in den Fest- rännien des Königlichen Belvedere. Für die nicht am Souper teilnelnnenden Herrschaften «Karten zu «> Mark) sind Büfette errichtet. Von heute ab sind täglich im obengenannten Bn rean am Hanptbahnhose von nachmittags 5 Uhr an einige H'wren des Festkomitees zur Ausknnftserteilnng anwewnd. " D > e V o r st a dtPl a u e n muß, da das Planen- sche Elektrizitätswerk demnächst seinen Betrieb einstellt, an die Dresdner elektrische Zentrale angeschlossen werde». Zn diesem Zwecke werden gegenwärtig in die Fußwege der Münchner und Chemnitzer Straße Kabelröhren eingelegt. Wenn diese Arbeit beendet sein wird, werden hoffentlich auch bald die häßlichen starken Holzmasten ans den Straßen Plauens fallen, die bisher die Qberleitnngsdräbte trugen. -" Eine erstaunlich tiefe Einsicht in soziale und Wirt schaftspolitische Tinge bat das D r e s d n e r G e w e r t s ch astS k arteIl bekundet, das 52 Gewerkschaften ans dem Arbeiterttande umfaßt und etwa 29 000 Mitglieder zäblt. 'Es nahm eine Resolution gegen die Umsatzsteuer an, die als ein offen zutage liegender Versuch bezeichnet wird, den natürlichen Gang der modernen sozialen Entwickelung zu hemme» und die Eristenz der größeren Verkanfsgeschäste und Genossenschaften zn unterbinden. Was wird heute nicht alles mit der natürlichen Entwickelung entschuldigt! Warum verichencbt inan bloß den Fuchs ans dem Gänse stall? Wird dadurch nicht die natürliche Entwickelung der Dinge gehemmt? Warum schüttelt man die Maikäfer von de» Bäumen, wenn sie Blätter und Blüten abfressen? Ist das nicht auch ein Eingriff in den natürlichen Klang der Tinge? Warum »vollen die Sozialdemokraten nicht dul den, daß die Arbeitgeber die Löhne immer weiter herunter drücken und die Arbeitszeit verlängern? Ist das nicht auch eii» natürliches Recht der Großen und Starten? Also der Kleingewerbetreibende muß sich von seinem Großton kurrenten »villenlos vernichten und enterben lassen, ohne zn mucksen» das nennen die klugen Herren „die natürliche so ziale Entwickelung!" Sozial heißt aber Mitgefühl baben mit jedem Volksgenossen und jeden schützen in seinen Rech ten und in »einer Ehre: nicht aber, kalt lächelnd znsehen, »nenn er bedrückt »nd beraubt wird. Das Recht der schau» lose»» Ausräubung seiner Mitmenschen ist ein Grundsatz des gewissenlosen. wirtschaftlici»en Liberalismus, des Feindes aller wahrhaft sozialen Idee». Tie Arbeiter unter sozial demokratischer Führung sind aber ohne es zn wissen zu stumpfsinnigen Nachbetern liberaler Gedankenlosigkeiten geworden. Die Sozialdemotraten behaupten zwar in der Theorie, sie wollten den kleine» Man»» und sein Eigentum schützen, in der Praris aber laufen sie mit den großwnche- , rischen Warenhäusern, den Börsenschwindlern und anderen ! Groß-Spitzbuben. * Für die diesjäbrigen Korpsmanöver des zwölften Armeekorps sind unter anderen folgende Bestimmungen ge troffen worden: Vom 20 .bis 2-1. September früh nimmt das Generalkommando Quartier im erlöster Marienstern. Am 2-1. September findet Korpsmanöver gegen markierten Feind statt. Fübrer des markierten Feindes ist der .ckommandenr der l. .Kavalleriebrigade Nr. 29, General major Freiherr von Milkau. Vom 22. znm 29. September wird allgemein biwakiert, nur die berittenen Waffe»» «ein schließlich Maschinengewehrabteiln>>g Nr. 12) werden, so »veit es die taktische» Verhältnisse gestatten, in Notguartie- ren nntergebracht. Vom 29. zum 21. September werden enge Quartiere bezogen. Manöverprooiantämter werden errichtet in Bautzen, Neschwitz, .Kanienz und Königsbrück. De»» »nährend der .Korpsmanöver entstehenden Bedarf an Brot und Fleisch decken die in Bautzen und Käme»».; errich teten Feldbäckereien und Feldschlächtereien. Um bei der an- baltenden Türre die Gemeinden so viel als möglich zn ent lasten, wird die Furage »nährend der diesjährigen Manöver ausschließlich bei Marschguartieren ans Magazinen geliefert. Auch beabsichtigt das Generalkonlniando in wasser armen Qrten des Manöverbezirkes abessinische Brunnen aufznstellen, die nach Deckung des Wasserbedarfs für die Truppe auch den Genieinden zur Verfügung gestellt werden können. Mit einer großen Elitevorstellnng eröffnet der V iktoriasal o n Sonnabend den 27. August die Winter- saiio». DaS Eröffnungsprogramm weist eine große Anzahl auserlesener Künstlernovitäten ans, die sämtlich znm ersten Male in Dresden anftreten werden. Leipzig. In Wahre» war gestern ein 19 Iabre alter Postgelülfe ans Freistadt nach Unterschlagung von -100 Mark Postanweisungsgeldern flüchtig geworden. Als er abends hier ermittelt und festgenomme» wurde, hatte der leicht »innige Mensch bereits den größten Teil des Geldes vertan. Markranstädt. Eine ruchlose Tat verübte ein junger Mensch, der erst vor sechs Tagen eine längere Strafe abge büßt batte, in Wittgensdorf. Er ging von Gut zn Gut und fragte die Kinder, ob ihr Vater zu Hause »ei. Im bejahen den Falle ging er weiter. Vor dem einen Gehöft erhielt er die Antwort, der Vater sei auf dem Felde. In dieses HauS drang nun der Bursche von» Garten ans ein. Tie Frau, die tatsächlich allein zn Hause war, wurde von ilm, mit den Worten: „Geld oder Leben!" ersaßt und gewürgt. Er schleppte sie in die Hausflur, warf sie zu Boden »nd zer schlug Bierflaschen mit solcher Wucht ans ihrem Kopfe, daß die Scherben im Kopse stecken blieben. Ter verzweifelnden Fra» gelang es, einen lauten Hilferuf ausziistoßen, worauf sofort ihr Nachbar erschien. Der Bursche entwischte durch ein Stnbenfenster, nachdem er erst noch einige Kästen nach Geld durchsucht hatte. Nacheilende Radfahrer trieben ihn Fimmerherrcn im allgemeinen und von derjenigen der jüngeren im be sondere»». Durch die Dazwischentunst des HansdiencrS und die Natur seines Ans träges, wurde diesem Gespräch neue Nahrung gegeben und während Brün noivs verflossene Wirtin ihren Namen nnter die Quittung schrieb, die Brün- now mit in de»» Umschlag gelegt hatte, wehklagte die andere noch einmal des langen und breiten, daß der ihrige ihr auch gekündigt habe, er gehe, nach den Kolonie»» und zwar »»ach Tar-es-Salaai», schon an» l. Juli gehe er dorthin ab. der Herr Assessor wenn ihm nur da kein Leids geschehe! Uebrigens schien er aber eine kräftige Natur zu habe», denn die Strapazen der gestrigen Fagd habe er ertragen, ohne daß er auch nur einen Schnupfen davongetragen habe heute sei er wieder zur Jagd und zwar in der Gegend von Karthaus. „Nach KarthauS?" fragte die andere verwnndert, „so »veit? Wie tommt er denn dorthin?" „Na, er hat doch Freunde überall auch unter den» Landadel heute ist er beim Herr» von Fersen zur Jagd geladen, Fersen ans Krauthos." Der Hausknecht kehrte mit seinem Gepäck nach dem Hotel zurück und bändigte Brünnow die Quittung aus. Auf die Frage, ob die Wirtin sonst noch etwas gesagt habe, berichtete er, was er von der Unterhaltung der beiden Frauen ausgefangen batte. Brünnow tat, als höre er kann» hin, schrieb aber genau in sein Taschenbuch: „Heute ist der Assessor bei von Fersen-Krautbof zur Jagd." Dann warf er dem Hausknecht einen Taler zu und dieser ent »ernte sich. Nach dem Frühschoppen nahm Brünnow das Mittagessen in dem Gast hofe eii» und wollte dann in die Stadt, teilweise »veil er noch einige Einkäufe für die Reise besorgen, dann aber auch, »in» einen Spaziergang zu machen. Eden stand er im Begriff, das Hotel zu verlassen, als ihn» ein Knecht mit einem Briese entgegentrat. Aergerlich riß Brünnow das Couvert ab und las der Brief war von dem Pächter und erzählte ihm von dem Waldbrande, der Einäscherung des Kathens und verlangte nun Rat, was eigentlich zn tun »ein würde. Brünnow überlegte: sollte er ihm kurz schreibe»», wie er sich in diesem Falle zu Verhalten habe oder sollte er selbst hinfahren und die Sache mündlich inS Reine bringen? Er entschloß sich zum letzteren, selbst auf die Gefahr hi», mit einem spätere»» Zuge seine Reise antreten oder diese ganz und gar ver schiebe»» zu müssen. So schrieb er denn einige Zeilen auf den Zettel und gab ihn dem Knecht. Nun kehrte er ins Hotel zurück, legte einen Fahrradanzng on, ließ vom Hausknecht sei»» Rad aus seinen» Zimmer schaffen, in den Qmni bnS bringen und fuhr dann zum Bahnhof. * * Joachim Gricbow hielt es am ersten Tage im Bett nicht lange aus, weil verschiedene Freunde und Nachbarn morgens, als sie ins Feld gingen, und mittags, »venu sie von dem Felde kamen, sich neugierig und teilnehmend nach seinem Befinden erkundigten. Es wurde ihn» unheimlich und zuletzt ganz un erträglich. Als die Stunde der Hauptmahlzeit gekommen war. erhob er sich deshalb von seinem Lager, kleidete sich an und aß mit guten» Appetit wäre nur der abscheuliche Husten nicht gewesen — und der Schnupfen — und der Kopfweh — aber sonst --I Gott sei Dank, er hatte ja ein reines Gewissen -- er brauchte sich ja vor niemand mehr zu fürchten —I — 79 — Ten ausgestandenen Strapazen war auch die eiserne .Konstitution des Landmanns nicht gewachsen, ein Schnupfen meldete sich mit Kopfschmerz und Fieberschauer». Sei» Knecht begegnete Griebow ans dem Hofe. Griebow sagte ihm, er habe in einen» etwas entfernten Dorfe, das in entgegengesetzter Richtung von Fintenhagen lag, etwas zn tun gehabt, sei in den Regen geraten und ausgeglitten, hingesaile» und habe dabei seine Laterne verloren. Deshalb » habe er sich auch verirrt. Sogleich legte er sich zn Bette und die Magd kochte ihm Kamillentee die .Kleider, die er i» jener Nacht angebabt, namentlich der Mantel, wollten tagelang nicht trocknen. Ein anderer lag an jenem Abend auch in seinem Bett und hatte eine Tasse Tee vor sich und das war Brünnow. Er war vor dem Wetter nach Haine gekommen, aber auch erst nach Eintritt der Tnnkelbeit und so war er »»bemerkt ins Hans, in seine Wohnung gelangt. Gegen zehn Uhr klopfte es an die Tür seines Wohnzimmers, dessen Tür nack' dem Schlastabinett hi» offen stand. Kräftig ries er „Herein" »nd seine Wirtin erschien auf der Schwelle. Wiederum entschuldigte sie sich wegen ihres Eindringens und brach dann los: „Erbarmen Sie fick». Herr Leutnant, was ist das für ein Wetter! Seien Sie froh, daß Sie heute das Zimmer getzütet baben das war schon am befrei». Denn draußen! Zuerst die fürchterliche Hitze, dann das Gewitter iw babe »nick» von oben bis »inten nmzieben müssen und denken Sie sich, Herr Leutnant, wie ich eben nach Hause komme, treff ich »inte» an der Tür den Herrn Assessor von oben ans der Jagd iit er gewesen, im Walde bat ihn das Wetter gepackt ach, mein Gott sah der aus wie aus dem Wasser gezogen! Es muß schrecklich sein im Walde bei solchem Wetter, was. Herr Leutnant?" „Ja. ick» weiß nicht, liebe Frau, ich war seit Jahren nicht zur Jagd ich bin auch nie ans der Jagd vom Wetter überrascht worden", fügte er lachend Hinz» „ich suche niir immer die schönen Tage zur Jagd aus. Aber", sagte er dann nachdenklich, „»van» mag der fortgegangen sein? Daß es heute was gab. das tonnte er sich doch denken." „Ja. wann der fortgebt! Niemand weiß es. Er ist ein komischer Herr und will, wie er sagt, seine Wirtin nicht allzuviel belästigen! Er macht sich »einen Kaffee selber »in bitt ick» Ihnen, wozu ist denn die Logisivirti» da? Und dann gellt er ganz leise die Treppe hinunter nm nicht zu stören, wie er sagt du lieber Gott", sagte sie schlau zwinkernd, „waS mag der nicht alles treiben? Diesmal hat ihn aber doch jemand gesehen. Eine von den Mädchen ist ihm aus der Treppe begegnet »nd er ist nm Uhr hinunter gegangen und in die Elektrische gestiegen." „So. so", lachte Brünnow, „na, da hat er eben lange ansgehaltenI" „Ja. und was ich noch sagen wollte", versetzte die Wirtin, „haben der Herr Leutnant sonst noch was nötig?" „Nein ich danke gute Nacht!" „Ein netter Herr, der Herr Leutnant", murmelte die Wirtin, nachdem sie nnter vielen Verbeugungen und Kniren das Zimmer verlassen hatte. Gleich