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e zu Nr. 279 der „Sächsischen Volkszeitung" Allgemeiner deutscher Wohnungskongreß. »Man hat schon gesagt, der Mensch sei das. was er esse; jedenfalls richtiger ist. zu sagen, er sei das, was ihn seine Wohnung werden lasse." Mit diesen Worten kenn zeichnet treffend in seinem Buche „Zur Sozial- und Gewerbe politik der Gegenwart" der bekannte Berliner National ökonom Prof. Gustav Schmoller die hohe Bedeutung der Wohnung für die wirtschaftliche, geistige und sittliche Ent wickelung der Menschen. Die Wohnungsfrage ist in: Laufe der Zeit zu einer der brennendsten sozialen Fragen geworden; um so erfreulicher ist es daher, daß dieselbe in letzter Zeit mehr und mehr aus dem Stadium theoretischer Erörterungen in das der Praktischen Maßnahmen getreten ist. Die Tätigkeit der Landes-Versicherungsanstalten. die Entwickelung der Baugenossenschaften, das Eingreifen der Gemeinden auf dem Gebiete der Wohnungsfrage nehmen ständig zu. Auf dem Wege der Gesetzgebung ist Hessen in bemerkenswerter Weise vorangegangen, und in Preußen steht nunmehr die Einbringung des seit Jahren verheißenen Wohnungsgesetzes dicht bevor. Selbst die so schwierige städtische Bodenfrage ist durch Maßregeln, wie die Steuer nach dem gemeinen Werte, das Erbbaurecht, die lex Adickes u. a. m. allmählich in den Kreis praktischer Behandlung und Lösung gerückt worden. Um die Wohnungsreform einen kräftigen Ruck nach vor- wärts zu bringen, dieselbe allmählich auf die der Größe ihrer Aufgabe allein entsprechende Höhe eines großen organischen Gesamtvorgehens aller zuständigen Stellen, von Reich, Einzel staaten, Gemeinden, Selbsthilfe rc. zu heben, soll im Herbst n. I. ein Allgemeiner deutscher Wohnungskongreß stattfinden. Auf demselben sollen sich möglichst die gesamten Anhänger und Freunde der Wohnnngsreform in ganz Deutschland zusammenfinden, um durch den Mund einer großen Ver sammlung als ihres Organes gemeinsam zu gewissen wichtigen, schwebenden Fragen: Preußisches Wohnungsgesetz. Neichstätigkeit in der Wohnungsreform, Bodenfrage rc. Stellung zu nehmen und auf die Entwickelung der Dinge einzuwirken. Auf dem Kongreß sollen nicht nur all' die Kreise und Organisationen, die sich direkt mit der Woh nungsfrage beschäftigen, vertreten sein, sondern auch Ver treter all' der verwandten und an der Herbeiführung einer kräftigen Wohnungs- und Ansiedlnngsreform so stark in teressierten Bestrebungen, wie derjenigen für Abstinenz oder für Mäßigkeit, für Volksbildung, für Sittlichkeit, für Volks wohl, für Charitas rc. rc. sind auf dem Kongreß will kommen. Von katholischer Seite werden demgemäß, wie wie hören, sich u. a. an dem Kongreß beteiligen: der Volksverein für das katholische Deutschland, der Verband katholischer Industrieller und Arbeiterfreunde „Arbeiterwohl", der Charitas-Verband und der Verband katholischer Arbeiter vereine Westdeutschlands. — Anfragen rc. bezüglich des Kongresses sind zu richten an die Geschäftsstelle des Vereins Reichs-Wohnungsgesetz zu Frankfurt am Main, Vrönner- straße 14. Volksvereirr für das kath. Deutschland. § Radeberg. Donnerstag, den 3. Dezember, hielt der Katholische Volksverein im Rasserschen Vereinssaale seine letzte diesjährige Versammlung ab. War es doch den regen Bemühungen unseres Obmannes, Herrn Lehrer G. Banda, wieder einmal gelungen, den bei uns Radebergern in gutem Andenken stehenden Herrn Kaplan Müller aus Dresden für einen Vortrag zu gewinnen. Nach Begrüßung der Versammlung durch Herrn Lehrer G. Banda sprach der Herr Kaplan über den Kölner Katholikentag. Redner wünschte lebhaft, daß sich der Volksverein immer mehr ausdehne, auf daß alle katholischen Männer im deutschen Vaterlande demselben angehören und in ihm lernen, den katholischen Glauben rückhaltlos und offen zu vertreten. Heute, wo der Geist des Umsturzes so große Erfolge zu verzeichnen hat, ist es nötig, daß die katholischen Männer sich der Gefahr bewußt werden und Schulter an Schulter zusammenstehen zur Erhaltung und Rettung der ewigen Glaubenssätze. Möge deshalb auch hier der Volksverein sich immer mehr ausbreiten und seine segensreiche Arbeit immer kräftiger entfalten. Das walte Gott! Für die Lauen und Säumigen aber, die noch unserm Vereine fern stehen, möge der Vortragsabend ein Weckruf sein, sich der guten Sache anzuschließen. Bautzen. Am 6. d. Mts. hielt der „Volksverein für das kath. Deutschland" eine Versammlung ab, bei welcher Herr Kaplan Müller ans Dresden einen Vortrag über die Katholikenversammlung in Köln hielt. Besonders erwähnte er den Augustinusverein — für die katholische Presse — in dem mit lebhaftem Interesse die Entwickelung der „Sächs. Volkszeitung" beobachtet wird. Weiter hob Redner die Hauptversammlung des „Volksvereins" hervor und gab ein Bild über dessen erfolgreiche Tätigkeit. Möchte das In teresse für die Ziele des Volksvereins immer größer werden zur Stütze von Thron und Altar, zum Schutze der christ lichen Weltordnung. Herr Domschuldirektor Nowack zog ans den Ausführungen entsprechende Schlüsse für unsere hiesigen Verhältnisse, wünschte den Beitritt aller katho lischen Männer und sprach dem von hier scheidenden Ge schäftsführer Sekretär Tannner herzlichen Dank für seine treue eifrige Arbeit zum Segen des Vereins aus. Ferner wies er hin auf das hohe Interesse, welches der hl. Vater Papst Pins X., Se. Majestät der Kaiser Wilhelm, sowie unser geliebter König Georg den Bestrebungen des Volks- Vereins entgegenbriugen, und brachte ein „Hoch" auf diese höchsten Träger geistlicher und weltlicher Autorität ans. Herr Kaplan Müller feierte nun den hl. Nicolaus, als einen wahrhaft sozialen Bischof und Vater aller Armen, Witwen und Waisen, indem er zugleich an dessen Namens träger, den jetzigen Pfarrer zu unserer lieben Frau hier, Herrn N. Sauer erinnerte, welcher den Volksverein hegen und Pflegen werde. ck. Vermischtes. V Berlin. Die Klage eines Hotelwirts gegen die Erben eines im Hotel an Herzschlag verstorbenen Gastes auf Ersatz des infolge Desinfizierung, Nentapezierung und Reinigung, sowie zehntägigen Nichtgebrauchs des Sterbe zimmers entstandenen Schadens ist kürzlich vom Preußischen Kammergericht abgewiesen worden. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen des Urteils teilt Seufferts Archiv im 11. Heft folgendes mit: „Die Desinfektion und Nentapezierung des Zimmers oder die Reinigung des Teppichs usw. war keine vom sanitären Standpunkt ge botene Maßregel. Gemeinhin werden solche Maßregeln nur dann angewendet, wenn der Verstorbene mit einer an steckenden Krankheit behaftet gewesen war, oder wenn er wenigstens ein längeres Krankenlager dnrchznmachen gehabt hätte. Der Kläger kann deshalb die Unkosten, die seine Maßregeln verursacht haben, nicht den Beklagten anfbürden. Daß aber das Hotelzimmer, in dem ein Gast verstarb, nicht alsbald nach Fortschaffnng der Leiche weiter vermietet wird, kann recht wohl als ein angemessener und allgemein be folgter Brauch angesehen werden. Indessen ist schon zu bezweifeln, daß das Sterbezimmer für zehn Tage als un vermietet gelten muß und die Weitervermietung regelmäßig für so lange Zeit unterbleibt. Allein ob das eine ode* das andere zutrifft, kann überhaupt dahingestellt bleiben weil es hier an jedem Verpflichtungsgrunde für die Erben des Verstorbenen fehlt. Zunächst hat er keinen vertrags widrigen Gebrauch vom Zimmer gemacht. Daß er darin starb, war die Folge eines seiner Willensmacht entrückten Vorganges, der ihn daher auch nicht haftbar machen kann, ebensowenig wie der Mieter etwa einzustehen hätte, falls ein dritter, um den Mieter zu töten, die Mietwohnung durch das dazu angewandte Mittel beschädigt hätte. Dem gemäß muß der Hotelwirt die Gefahr, die für ihn damit verbunden ist, daß ein Gast während des Aufenthaltes im Hotelzimmer, also während eines an sich statthaften Ge brauchs der Mietsache, vom Tode ereilt wird, selbst tragen. Nach Lage der Sache kann daher auch die Auffassung nicht Platz greifen, als habe der Verstorbene einen übermäßigen Gebrauch von der Mietsache gemacht. Ebensowenig läßt sich die Haftpflicht der Beklagten ans einer Eigenart des zwischen Hotelwirt und Gast bestehenden Mietvertrages herleiten. Insbesondere wohnt diesem Vertrage nicht die stillschweigende Klausel inne, daß der Gast für allen Schaden anfkommen will, falls er im Hotel versterben sollte." Bttchertisch. Verleumdungen der katholischen Kirche. Thatsachen nicht Worte. Von P. Johannes Polifka, 0.8r-.R. 284 Seiten. Preis 1.80 Mk. Thatsachen werden hier gegen die Verleumdungen der katholischen Kirche ins Feld geführt. — Denn in unseren Tagen kann man hören und lesen: Die katholische Kirche sei eine Feindin der Bil dung, der Wissenschaft, der Freiheit, des Fortschrittes, des Volkes! oder in weniger feinen Kreisen: die katholische Kirche verdumme das Volk! Hunderte beugen sich vor diesen Schlagwörtern! Die Halbwisser, die Halbdenker, die Unsicheren, die Haßerfüllten sollten dieses Buch zur Hand nehmen, es wird ihnen gute Dienste leisten. Die Geistlichkeit und namentlich Vereinsredner werden in dem Buche reichlichen Stoff für Vorträge finden. Der „Deutsche Hinisfchatz" bringt in seinem Weihnachtshefte ein sehr schönes blattgroßes Bild des Heiligen Vaters Papst Pius X., der sich, wie ivir einer redaktionellen Notiz entnehmen, eigens für den „Deutschen Hausschuh" photographieren ließ. Sicher be reitet die Zeitschrift ihren zahlreichen Lesern mit diesem Bilde eine besondere Freude. Dem Charakter eines Wcihnachtsfestes ent sprechend, enthält das 3. Heft außer einer hübschen Weihnachts- erzühlung: Lax nodisoum, von K. Klcebcck-Coesfeld und einem längeren Gedichte: Der Messias, von I. A. Hencenius, ein drei stimmiges prächtiges Weihnachtslied, komponiert von Jos. Renner, das sehr melodiös und leicht singbar ist. Unter den Illustrationen ragt besonders das Originalbild? Der Messias von dem berühmten Redcmptoristenbruder Ür. Max Schmalzl hervor. Uebrigens ver dient die Ausstattung des ganzen Heftes alle Anerkennung. Herders KonversationS-Lexikon. Dritte Auflage. Reich illustriert durch Textabbildungen, Tafeln und Karten. 160 Hefte zu je 50 Pf. oder 8 Bände geb. in Halbfranz zu je Mk. 12.50. Monatlich er scheinen zwei bis drei Hefte. Freiburq, Herdersche Verlagshand lung. Soeben ist erschienen: Heft 45: Exponent bis Faustsage, mit den Tafeln „Hubert und Jan van Eyck" und „Fahrrad" (l8 Ab bildungen), sowie der Textbeilage „Fabrik" und 38 Abbildungen im Text. Kirchlicher Wochenkalender. St. ZZenrwlUrche zu Weißen: Dienstag, Mariä Empfängnis, früh 6 Uhr hl. Messe, 9 Uhr Hochamt, nachm. '^3 Uhr Segensandacht. Kapelle Leipzig-Linden«»» (kath. Bürgerschule, Friedrich August- Straße): Dienstag, Mariä Empfängnis, 6 Uhr hl. Messe, darauf Gelegenheit zur hl. Beichte. 9 Uhr Hauptgottesdienst mit Predigt. Abends >/z8 Uhr Marienandacht mit hl. Segen. Getreide- und Produktenpreise zu Bautzen an» 5. Dez. 1903. An» Markte: 2722 Sack. Weizen, weiß, auf dem Markte 15,88 bis 16,00 Mk., an der Börse 15,75-16,00 Mk., Weizen, gelb, Markt 15,00—15,30. Börse 15.00-15,45, Roggen, ne»,. Markt, 12,30 bis 12,50, Börse 12,50-12,65, Gerste, Markt 12,30-12,58, Börse 14.00 bis 14,20, Hafer, neu, Markt 12,00-12,20, Börse 12,00-12,20, Erbsen 20—22, Wicken 16—18, Hirse 24—32, Grütze 32—34. Kartoffeln 4.00 bis 5.00 Mk., je 100 kg, Butter, 1 kg 2,60—2,70, Weizenmehl, 50 kg 9-17, Roggenmehl. 50 kg 7,25-12.50, Heu, 50 kg 2,20-2,50, Stroh, 600 kg 14—16, Ferkel, 738 St. ä St. 6—17, Weizenkleie 4,75, Roggenkleie 5,25, Weizen-Futtergrics 5,50, Roggengries 6 Mk.. je 50 kg. Hohes Ziel. Original-Erzählung von W. Dora. (k^ Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) So sprach Reinhold lange und Jsabella horchte ihm ganz stille zn. Man hatte sie nie gelehrt, der Religion eine Stelle in ihrem Leben einzuräumen und staunend sah sie zu dem Mann empor, der eine neue, ungeahnte Welt des Geistes vor ihr eröffnete. — Ein Sonnenstrahl fiel in den Diamant und weckte funkensprühendes Licht. Von diesem Tag an traf es sich häufiger, daß um die Zeit, die Jsabella in der Bibliothek verbrachte, auch Reinhold sich dort einfand und wenn das Mädchen dann den jungen Gelehrten mit dieser oder jener Frage, die ihre Lektüre anregte, in Anspruch nahm, so war er stets zn den eingehendsten Erörterungen bereit. Er war auf allen Ge bieten des Wissen's zu Hause; er sprach so ruhig, so klar und verständlich und Jsabella lauschte stets, seltsam angeregt, seinen Worten und fühlte sich immer mächtiger gefesselt von dem Manne, den sie mit so hochmütigem Vorurteil empfangen hatte. Ihre große Seele fühlte sich sympathisch angesprochen von dem hohen Fluge seines Geistes, aber sie kannte die Quelle nicht, aus der er seinen geistigen Reich tum schöpfte, die Fundamente nicht, auf denen er sein ganzes Leben aufgebaut. Halb unbewußt gab sie sich dem Zauber seiner Nähe hin und bald fehlte ihr etwas, wenn er nicht bei Tisch war, der Salon schien ihr leer, wenn er nicht darin weilte, ein Vergnügen langweilte sie, wenn er nicht daran Teil nahm. Sie las die Bücher, die er für sie aussuchte und deren Verständnis er ihr durch seine Erklärungen ermöglichte, und allmählig war es zu einer Art von stillschweigendem lieber- einkommen geworden, daß sie um eine bestimmte Stunde in der Bibliothek zusammentrafen. Da ereignete sich eines Abends ein kleiner Vorfall, der Plötzlich wieder den ganzen Stolz ihres Herzens wachrief und beinahe die schöne Eintracht ihres Zusammenlebens gestört hätte. ES waren ziemlich zahlreiche Gäste, worunter auch Prinz Egon, in Heimbach und man hatte, wie gewöhnlich an schönen Abenden, den Abendthee auf der Terrasse getrunken. Auch Neinhold war heute bei der Gesellschaft. Er stand halbverdeckt von den Blätterranken, die aus einer riesigen Sgndsteinvase niederhingen, an das Geländer der Terrasse gelehnt und betrachtete Jsabella, die nicht weit davon in heiterster Laune sich mit ein Paar Herren unter- hielt. Da plötzlich, als hätte sie seinen Blick gefühlt, wandte sie sich nach ihm zurück und sagte: „Ich möchte doch wissen, was Sie eben dachten, Dr. Schönberg, als ihre Augen so strenge auf mir ruhten?" „Das werde ich mich wohl hüten, Ihnen zu sagen, Gräfin," erwiderte er scherzend, „Gedanken sind zollfrei." „Nein, nein." rief sie in der ihr eigenen, ungestümen Weise. „Sie müssen bekennen, ich will wissen, welch' schwarze Gedanken Sie in Ihrem Kopf ansbrüten. Ge stehen Sie nur schnell." „Sie würden mir zürnen, Gräfin, wenn ich Ihnen sagte, was mir eben durch den Sinn gegangen, und eine Lüge sage ich nicht, auch wenn es die Höflichkeit erforderte." „Ich will auch keine Lüge, ich will die Wahrheit, sprechen Sie doch, ich bitte dringend darum." „Nun denn, so will ich gehorchen, aber bedenken Sie, daß ich ohne Ihren bestimmten Wunsch nie gewagt hätte, es Ihnen ausznsprechen." Jsabella stieg das Blut ins Gesicht, und ihr Herz schlug heftig. Er war Plötzlich so ernst geworden — was hätte er nicht gewagt, ihr ausznsprechen? War es Freude, war es Furcht vor dem Geständnis, was sie erbeben ließ? „Während ich Sie eben betrachtete," sagte Neinhold ernst, „erfaßte mich ein namenloses Mitleid mit ihrer Seele. So jung, so reich, so schön, dachte ich, und doch so grenzen los arm — so arm an jenen Gütern, die allein Wert haben für die Mitwelt und die die goldene Brücke zur Ewigkeit bauen." Jsabella erblaßte: ihre kleinen Zähne Preßten sich einen Moment krampfhaft in ihre Lippe, ihr Auge blitzte zornig, und stolz warf sie den schönen Kopf empor — sie hatte ein anderes Geständnis erwartet. Die Welt lag huldigend zu ihren Füßen, Fürsten und Grafen bettelten um ihre Gunst,'und er — er hatte nur Mitleid für sie! Was war er denn, daß er es wagte, ihr die Bewunderung zu ver sagen. die ihr die ganze Welt so willig zollte? Ihr Stolz empörte sich bei dem Gedanken: ein Diener ihres Vaters, der wagte solche Kritik?! „Sparen Sie Ihr Mitleid, bis Sie einen passendere" Gegenstand dafür finden," rief sie hochfahrend und kalt, — „eine Gräfin von Heimbach bedarf seiner nicht." „Ich wußte ja, daß Sie mir zürnen würden", erwiderte Neinhold und schaute sie traurig an. Sie fühlte sich fast beschämt vor seinem Blick, aber ehe sie Zeit hatte, ihm zu antworten, kam Prinz Egon, zog sie in ein Gespräch und sie setzte sich mit ihm ans eine nahestehende Bank. „Wer ist der Mann, mit dem Sie eben so eifrig sprachen?" frng der Prinz, „ich muß ihm früher schon begegnet sein, die Züge sind mir so bekannt." „Ich glaube. Sie täuschen sich." sagte Jsabella und ihre Stimme bebte noch vom Zorn, der in ihr kochte, „er ist nur ein Bediensteter meines Vaters." Da trat Reinhold, der alles mit angehört hatte, rasch vor, verbeugte sich mit einem eigentümlichen Lächeln vor dem Prinzen nnd sagte: „Erlauben Sie mir, mich Ihnen vorzustellen, mein Prinz: Doktor Neinhold Schönberg." „Neinhold!" rief der Prinz und streckte ihm beide Hände entgegen, „wie war cs nur möglich, daß ich Dich nicht augenblicklich wieder erkannte?" „Zwölf Jahre sind eine lange Zeit, mein Prinz", sagte Neinhold, indem er herzlich in die ihm gebotenen Hände einschlng, „ich begreife, daß Sie in dem Manne den Knaben nicht wieder erkannten." „Sie?" rief der Prinz vorwurfsvoll, „willst Du mir die Jngendfrcundschaft kündigen mit Deinem ceremoniösen „Sie?" Jsabella wandte sich ab. Sie wollte das Wiedersehen nicht stören; vielleicht auch mochte sie die beiden Männer ihre Erregung des Zorns und der Beschämung nicht sehen lassen, die noch in ihren Zügen kämpfte. Prinz Egon schob seinen Arm in den Reinholds und zog ihn mit sich fort in den Garten hinaus, nach einem still-m Plätzchen, wo sie sich ungestört aussprechcn konnten. „Freilich, wie konnte ich auch denken. Dich hier zu finden", sagte er. „eher hätte ich Dich bei den schlitzäugigen Schönen des himmlischen Reichs gesucht, als in diesem Schlosse. Du hattest andere Pläne damals." (Fortsetzung folgt.)