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' Mtttwoch. den 30. Juli 1919 Feinde gelangt sei, liegt nicht die Spur eines BcweffüS vor. und sÄbst wenn es der Fall gewesen sein sollte. fi» Hat «r keirte». Schaden angerrchket, sonst hatte nicht noch am 30. August eine indirekte Befragung von seitens Englands durch den Vatikan an die deutsche Regierung erfolgttr Nn» nen. di« lediglich infolge des Verschuldens unserer amtlichen Stellen zu keinem Abschluß gelangen konnte. In der Ausschutzfitznng vom 28. September hat der damalige Reichskanzler erklärt, wir kannten unbesorgt sein, die Verbündeten würden von unserer WeDlng zur belgischen Frage Kenntnis erholtem Zentrum, Sozialdemokraten urid Volkspartei waren daher der Auffassung, sie brauchten jetzt nicht auf Erklärungen zu drängen. Der Abgeordnete Rießer sagt, ich mußte wissen, daß in der Frisdensantwort vom 24. kerne Erklärung über Belgien enthalten war. Die ses Antwortschreiben ist mir gar nicht be» kanntgeworden. Michaelis hat ja erklärt, Enzbergs sollte es nicht erfahren. (Zuruf des Abg. Traub.) Sie passen wieder nicht auf. Herr Abgeordneter Traub. (Heiter keit.) Mein« Abreise nach München erfolgte erst nach dieser Debatte im Kanptausschuß. (Zwischenruf des Abg. Traub.) Bei Ihnen. Herr Traub, ist Hopfen und Malz verloren. (Präsident Fehrenbach: Ich bitte, doch nicht auf jeden Zuruf zu antworten.) Ich bitte um Entschul digung, aber bei solcher Schwerfälligkeit eines Abgeordneten muß man doch etwas sagen. (Präsident Fehrenbach: Don dieser Schwerfälligkeit kurieren Sie sie in- der nächsten Viertelstunde' auch nicht- Stürmische Heiterkeit.) Meine ilkede im Hauptausschuß war auf der Grundlage aufgebaut, daß eine restlose Aussprache über Belgien mit den Verbiin- delen erfolgen würde. " " > - ... In der Unterredung zwischen mir und dem Vertreter der Obersten Heeresleitung suchten wir nach einem Ausweg in der Angelegenheit Longwy und Briey. Jagow hatte schon 1916 und 1916 mit Frankreich Fühlung genom men, ohne daß man bei dem Wirtschaftsbedürfnis durch ein langfristiges Abkommen mit Frankreich befriedigt werden -konnte, wonach eine Belieferung von Koks und Minette er folgen sollte. Auch die Friedensresolution des Reichstages ist nicht so aufzufassen, daß kein« Grenzlinie verrückt »verden darf. Ich bedauere noch heute, daß wir nicht "Ä'nen sichern Erzbezug von Frankreich bekommen. Tie Be strebungen, dieses reiche Erzgebiet an Deutschland zu brin gen, waren doch offenes Geheimnis. Sie machen aber eine euudo eeldbre aus einer Unterredung, in der die verschie denen Möglichkeiten ausgesprochen sind. Man braucht ja gar nicht an Annexionen zu denken. Herr Rießer bekämpft den Staatsgerichtshof, hat aber die VoMge selbst gar nicht genau durchgelesen. Er meint, der parlamentarische Ausschuß wird Kläger und Richter in einer Person sein. Der Ausschuß soll aber gar kein richterliches Urteil abgeben, sondern nur staatsanwalt- schriftliche Funktionen ausüben. Es wird also kein Partei gericht geschaffen. Herr Rießer will einen Ausschuß von namhaften Historikern haben; diese können aber kein richter liches Urteil abgeben. Noch heute sind die Historiker sich noch nicht klar darüber, ob ber Dreißigjährige Krieg von den Katholiken oder Protestanten angefangen ist. Auch über die Ursachen dieses Weltkrieges wird die Geschichtswissenschaft sehr verschiedener Auffassung sein. Die Geschichtswissen schaft ist ausgesprockMe Gcsinnungswissenschaft. Ich bin nicht so naiv, von der Voraussetzungslosigkeit der Wissen schaft zu sprechen. Der Jurist ist noch immer objektiver, der sich an die Tatsachen hält. Die Regierung gibt alles Ma terial dem Ausschuß. (Zuruf rechts: Das hangt von der Bearbeitung ab!) Ich bitte mir das aus! Wenn Sie glauben, daß di« Regierung Material nu te r s ch l ä g t. s o müssen Sie das beweisen. Der Stnatsgcrichtshof läßt keinen Mann aus der damaligen Regierung schützen, auch wenn er zu Zentrum, Sozialdemo kratie und Volkspartei gehör«. Es ist eine welthistvr'sche Lüge, daß Deutschland der --ll-.'nige Urheb- des Weltkrie ges ist. eber etwas «-.nders ist cs, wenn man objektiv d.is Sümiu:i der Akten „maßt. Auch die Auffassung, die von Tr. Rießer rert.-cten wird ist nicht richtig, näml'ch, das; Teniülnanü vollkommen 'wstlnldig am Ausbruche des Welt krieges ist. Auch T e » t! chland trägt eiern Teil de» S ck ii I d. Wenn ich dar ausspreche, sag« ich nur die Wachheit. (Unruhe »echts. — Zuruf- Was sagt dei a der Eilglander und Franzo e dazu?) Ich ch; »lüge mich Mit die'er Abmehr. Wir brauchen den St-atsgerichtS- Hof aus zwei durchschlagenden Gründen. Nach dem ent- jetzensvollrn Abschluß des Weltkrieges mit seinen Opwrn und wahnsinnigen Leiden aller Bevölkerungsschichten fragt das Volk unbedingt: Ist denn in Deutschland jemand schuld an dein Kriege, an 'einer Fortsetzung und diesem Abschluß? Das Volk muß durch dieses Reinignngsbad hindurchgshen, um neue Kraft für den Aufbau zu gewinnen. Sie können keine innere Gesundung in DeutsckMnd herbeiführen, ehe nicht der Beweis klar und objektiv erbracht ist, inwieweit in Deutschland jemand schuldig ist. Diesen Berveis müssen wir als innere Genugtuung haben. Das Volk hat das Recht darauf. Der Staatsgerichtshof wird ferner dazu beitragen, oaß das unerhörte Maß von Beleidigungen, die während vier Jahre daliernd arif uns niedergcprasselt sind, nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Wir hatten einen neutralen und internationalen Gerichtshof angerufen. Wir mußten den Weg des nationalen Gerichtshofes gehen, aber auch er wird dem deutschen Volke nach außen ein gutes und nütz liches Instrument. Er wird dazu beitragen, die Achtung vor dem deutschen Namen im Auslände wiederherzustellen, nachdem objektiv festgestellt ist, >nas wahr, was unwrchr und nicht haltbar ist. Die Befürchtungen, die Veröffentlichungen würden uns im Auslande schaden, sind gegenstandslos; auch hatte niemand in der Regierung die Absicht, -Schriftstücke zu veröffentlichen, bis der erwartete Friede geschlossen sei. Haben die Minister der früheren und der jetzigen Re gierung auch nur ein Wort öffentlich über die Ereignisse vom Oktober bis November 1918 gesprochen? Selbst als wir in und nach den Wahlkämpfen von den gegnerischen «MUH. .. .... .... Äe WWterschaft gebwV -Pli. irr r«, TeneraGrerk zu ttetm. wenn sie nicht entlassen Werdern Reichswehrminister NoSike: Ich Habe nicht einen Augenblick gezweifelt daß dieser Antrag von Herrn Braß M Snkatz für agitatorische Zwecke benutzt wschßü würde. (Stürmischer Widerspruch und lärmende Zuruse-bei den Unabhängigen Sozialdemokratien: UtMchörtl Die armen Mensch«» verhungern! Ruse der ToziMmrokraten: Rrrhe t Rrchel Erneute lärmende Zurufe bei den Unabh. Sozia!- demokratsn, an denen sich namentlich die Abgeordnete Frau gieß mit grotzffr Leidenschaftlichkeit beteiligt; in dem nn- geheuren Lärm bleiben aber die Zurufe im einzelnen unver- stündlich Präsident Fehrenbach: Frau Zietz, ich bitte Sie dringend, sich zu beruhigen. Frau Zietz: Herr Prä- ffdent, man läßt die armen Menschen verhungern! Präii- dent Fehrenbach: Lassen Sie mich reden, Frau Zietz. Hätte ich gewußt, was kommen würde, so hätte ich Ihrem Wunsche nicht entsprochen: ein zweitesmal werde ich mich hüten. Weiter« Erregung und Zurufe von den Bänken der 1"' bh. Sozialdemokraten.) Ich wiederhole, ich habe keinen Augenblick gezweisest, daß dies«- Aktion zu agitatorischen Zwecken ausgemcht wer- den würde. (Erneut stürmischer Widerspruch und Rufe der unabhängigen Sozialdenrokraten: Gemeinheit!) Die Her- ren dort drüben (zu den unabhängigen Sozialdemokraten), die sich jetzt so erregen, haben keine Spur von Erregung an den Tag gelegt, als ihre Freunde mit Handgranaten und Pistolen auf die Bevölkerung losgingen. (Stürmische Zurufe und fortgesetzter Lärm bei den unabhängigen Sozial- demotraten.) Noch am vorigen Montag hat »veder Fron Zietz noch irgendeiner der Unabhängigen auch nur ein Wort des Protestes geltend gemacht, als den Berliner Kranken- Häusern das elektrische Licht aibgeschnitten wurde. (Sehr richtig! b. d. Soz. Erneuter, tosender Lärm und Zurufe der unabhängigen Sozialdemokraten: Gemeinheit! Schuft!) Präsident Fehrenbach: Ich darf mir, nachdem wei tere Wortmeldungen nicht vorliegen, noch eine kurze Be merkung gestatten: Ich habe den Herrschaften, indem ich die Beratung des Antrages unterstützte, einen Gefallen getan, weil gesagt worden ist, daß es sich um Leute handelt, die vielleicht in den nächsten Tagen Hungers sterben könnten. Wenn die Beratung eine solche Erregung hervorgerufen hat, so haben die Antragsteller sich das selbst zuzuschreiben. (Lebhaft allseitige Zustimmung.) Der Antrag Braß (Un- abh.) wird- hierauf abgelehnt. Für ihn erheben sich nur die beiden sozialdemokratischen Fraktionen. Hierauf wird in die ' > - UH dritte Lesung der Verfassung » cingetreten. Reichskommissar Dr. Preuß: Die Republik ist Suche der ganzen Volksmehrheit, die zwischen rechts und der äußer- sten Linken steht. Aber gerade in den breiten Schichten, die das Verfassungswerk tragen, ist vielleicht nicht überall schon heute das volle Verständnis für die Bedeutung des Werkes vorhanden und wird nicht mit vollkommener Lebendigkeit erfaßt. Hieran tragen vielleicht gerade die führenden Schichten die Schuld und ihre aus der Gewohnheit der Ver gangenheit übernommene allzu sukzessive Ueberkritik mit der daraus entsprungenen Unsicherheit des ganzen Empfin dens. Abg. Katzen st ein (Soz.): Wenn ein Volk unter dein Druck so ungünstiger Umstände an dem Neuaufbau seiner Verfassung gehen kann, so ist das ein Beweis starker Lebens kraft. Die Mitarbeit aller Parteien ist die Ursache dafür, daß das geschaffene Werk keinen völlig einheitlichen Cha rakter trägt; namentlich in dem Teil von den Grundrechte» und Grundpflichten ist mancherlei uns entgegengesetzte Weltausfassnng enthalten. Abg. Spahn (Zentrum): Unsere politischen Zustände sind nicht das Ergebnis der historischen Entwicklung; Vergangenheit und Gegenwart sind durch die Revolution ge trennt. Ungetrennt geblieben ist das deutsche Volk; ge- blieben sind auch als Pfeiler der Verfassung das Rossemi- sche Prinzip der Volkssouveränität, das Montesquiensche Prinzip der Teilung der Gero-alten, der föderative Chan)lin des Reiches. Redner erörtert, ob der Reichstag die aus reichenden Mittel habe, um über alle Einzelfragen Aus kunft zu erlangen. Dazu sei nötig, daß, wenn, der Minister- Präsident Auskunft erteil«, er selbst so informiert sei, daß er die ganze Frage in complexo darstellen könne, Nur auf die Weise sei vollständiges Material zur Bildung eines eigenen Urteils zu erlangen. (Sehr richtig!) Für die Wiederaufnahme 8er diplomatischen Beziehungen haben wie den Wunsch, daß eine VertretungdesReichesbeim H ei li g e n S t u h l in Nom erfolgt. (Beifall beim Zentr.) Die Bedeutung des Heiligen Stuhls für die Diplomatie hat sich in: Sommer 1917 in sehr bezeichnender Weise gezeigt. Sie war eine Anerkennung der neutralen Macht des Papstes. (Beifall im Zen trum.) Bei der geringen Zahl von Freunden, die wir unter den Neutralen haben, stellt sich die Einrichtung einer Ver tretung als ein Gebot der Klugheit und als eine Pflicht der Dankbarkeit dar, nachdem der Papst mit seiner lieber- zeugung und mit seinen Bemühungen während des Krieges auf unserer Seite gestanden hatte. Zum Schluß erörtert Redner das Schulkompromiß und die Frage des An gestellten- und Arbeiterrechtes. Die Religion ist das Zen trum des gesamten Menschenlebens. Religion gibt es aber nicht außer der Kirche. Deshalb kann, solange die Kirchenspaltung fortbesteht, die Schule nicht für die verschiedenen K o n f e sssi o n- s a ju-gze h ö r i g e n vereinheitlicht werden. Deshalb muß dem deut schen Volke, wenn es eine religiöse Erziehung fordert, eine Schule gewährt werden, in die es seine Kinder vertrauens voll schicken kann. ^ Abg. Haußmann (Demokr.): Die Schicksalsfrage >" der Nationalversammlung ist gewesen, ob sie selbst in der Verfassung ist, eine Verfassung abzuschließen. Die Aufgabe ist gelöst. Herr Spahn hat recht, daß alle Parteien ihr Pro- BtteMn» ii» «iner Waffit aagWriffttr «MM«» bi» nkchk «e- füre politische Auffassung beksiiupfüe, sdttder» uns HbrsSirsich ErleiL-ste. hat mim geschwiegen- und dem Vaterland Sa« Opfer gebracht. Wir hüttttr weiter geschwiegen und nur einen Derk des MaWrialS veröffentlicht, bk» rwnlfte aEer dem Staatsgerichtshof Vorbehalten. Was hat diesen w»hi- evwogrnen Pl«r Her Regierung durchkreuzt und ihr eine andere Haltung aufgezwungen? Die absolut unbegründeten Angriffe, d» von rechtsstehenden Parteien und Mitglietwrn der früheren Regierung erhoben worden sind! Dies sind offenkundige Geschichtsfälschungen, wie sie von jeher dort beliebt find. (Große Unruhe rechts.) Die Regie rung wird ihre Abiwehr in dem Angriff sehen. Das ist nicht nur ihr Recht, sondern sogar ihre Pflicht. Um so schärfer' der Angriff, desto schärfer bis Abwehr, bann werden sie sich auch nicht beklagen können, daß einzelne Menschen in Deutschland in unangenehme Situationen kommen. (Nn- ruhe.) Sie könnten ja auf die Auslieferungsliste gestellt werden I Wenn man jetzt mit Publikationen vorgeht, dann könnte einzelnen das Mißgeschick' zerstoßen, auf die Liste gesetzt zu werden. Dem tragen wir Rechnung. Ich habe neulich eine scharfe Abrechnung gehalten und eine Aeußerung des Abg. Hu genberg nach dem Stenogramm verlesen. (Zuruf des Abg. Hugenberg: Darin steht nicht das, was Sie sagen!)' Ich habe das Stenogramm verlesen, sonst habe ich keinen Namen weiter genannt. Wenn Sie den Kampf so weiterführen, könnte die Regierung gezwun- gen sein werden, es zu tun, dann tragen Sie die Vera nt- Wortung dafür. (Große Unruhe und Lachen rechts.) Wir haben den Kampf nicht ausgenommen, sondern er wurde uns aufgedrängt. Wenn Sie ihn aber haben wollen-, so werden Sie ihn, und zwar mit aller Rücksichtslosigkeit haben! Abg. Warmuth (Deutschnat. Volksp.): Ich wende mich gegen den Gesetzentwurf über den Staatsgerichtshof, weil er uns in der Schuldfrage der WM gegenüber »in eine andere Lage bringt. Abg. Haußmann (Demokr.): Meine Freunde Werder« gegen den Mißtrauensantrag stimmen. Ich halte es aber für nötig, zu betonen, daß sie sich bei dem Vertrauensantrag der Stimme enthalten werden, da sie anders ihre Meinung nicht zum Austrag bringen können. Der Antrag, das Gesetz über den Staatsgerichts- Hof dem Verfassungsausschuß zu überweisen, wird angenommen mit dem Antrag Heinze, erneu keinem Paria- ment angehörigen, aus namhaften Historikern und Juristen zusamnrengesetzten Ausschuß einzusetzen. Das Haus beschließt nach einem Antrag Löbe (Soz.), die Reden der Minister und das weiter beigebrachte Material auf Kosten des Reiches im deutschen Volke zu verbreiten mit der Erweiterung, daß nach einem Antrag Arnstadt (Deutsch-nat. Volksp.) auch das Schreiben des päpstlichen Nuntius nebst Beilagen und die daraus erfolgte Antwort des Reichskanzlers Michaelis in ungekürzter Form der Ver öffentlichung beizufügen ist und mit dem weiteren Zusatz Koch (Dem.) und Gen., daß auch die Stenogramme der Verhandlungen durch. Veröffentlichung zu billigem Preis dem ganzen Volke zugänglich zu machen- sind. Die namentliche Abstimmung über das Mißtrauens votum ergibt dessen Ablehnung mit 243 gegen 53 Stimmen. Ein Antrag Dr. Cohn (Unabh.) auf namentliche Ab stimmung über das Vertrauensvotum wird nicht genügend unterstützt. Das Vertrauensvotum wird mit großer Mehr heit angenommen. Um -^3 Uhr wird die Weiterberatung auf nachmittags 6 Uhr pünktlich vertagt. Um Uhr wird die Sitzung wieder eröffnet. Präsi dent Fehrenbach: Mir ist ein Antrag Agnes und Ge nossen (Unabh. Soz.) zugegangen, den Reichswehrminister zu ersuchen, den kommandierenden General des 3. Armee- korps Münster sofort anzuweisen, die seit sechs Tagen im Hungerstreik befindlichen Schutzhaftgefangenen unver> züg-lich aus der Haft zu entlassen. Es ist mir zugesagt wor den. daß zur Begründung des Antrages höchstens fünf Mi nuten gesprochen und daß dann von seiten des Herrn Reichs- Wehrministers eine Erklärung abgegeben wird, die die Sache beenden werde. Abg. Braß (Unabh. Soz.) begründet den Antrag und bittet, ihm zuzustimmen. Reichswehrminister Noske: Dem Hause ist bekannt, welche unerhörten Zustände Wochen- und monatelang im Industriegebiet geherrscht haben. (Sehr richtig.) Ich bin seinerzeit von Rednern aller Parteien — di-e Unabhänigen natürlich ausgenommen — aufgefordert worden, mit rück sichtsloser Entschlossenheit den Versuch zu machen, die Hun derttausend«: von Menschen, die im Industriegebiet von einer Handvoll verwegener Menschen terrorisiert wurden, zu schützen. Dieser Aufforderung ist Rechnung getragen wor den, und zwar nicht ohne Erfolg. Besonders übel war die Betätigung der sogenannten Siebenerkommission. Diese Leute sind damals auf meinen Befehl festgenommen worden: als sich ein Ersatz dafür gebildet hatte, wurde weiter mit Verhaftungen vorgegangen. So sind diese Leute, die die geistigen Väter dieser Bewegung waren, mehr oder weniger lange Zeit in Haft gehalten worden. Ich hoffe, daß eine angeordnete Nachprüfung aller der Fälle von Schutzhaft, die noch vorliegen, zu dein Ergebnis führen wird, daß in mög lichst großem Umfange weitere Entlassungen stattfinden kön nen. In dem Augenblick, wo wir die Garantie haben, daß im Industriegebiet Abstand davon genommen wirb, weiter in so verbrecherischer Weise die Volkswirtschaft lahmzulogen, wie dies immer wieder versucht worden ist, würden wir in der Lage sein, von jeder Art Kampfhandlung in diesem Gebiete Abstand zu nehmen. Abg. Braß (Unabh. Soz.): Der Ausbruch von immer neuen Streiks im Ruhrgebiet ist die Folge davon, daß so vielte Verhaftungen vorgenommen wurden. (Widerspruch und Zuruf« der Sozialdemokraten: Umgekehrt!) Ich mache darauf aufmerksam, daß die Schutzhäftlinge in Essen sich schon seit sechs Tagen im Hungerstreik befinden und daß