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Aus Stadt und Land. —* In Helbigs Etablissement, Lheaterplatz, sindet vom 12. bis 16.November eine internationale Katzeu- ausstellnng statt. Sie wird von den beiden Haupt vereinen Miinäien und Dresden veranstaltet. * Sonnabend nachmittag um 5 Ubr wird aus der Wilsdruffer Straße 25 ein neues großes Automateu-Restau rant eröffnet. Der Inhaber des Etablissements ist Herr O. Stamm ans Leipzig. Wehlen. Dienstag und Mittwoch wiitete im Elbtale ein heftiger Stnrm, der den ganzen Frachtschinahrtsverkebr talabwärts ins Stocken brachte. Meißen. Ter hiesige besoldete Stadtrat Zieger, früher langjähriger Gemeindevorstand in Cossebaude, ist znm Ge meindevorstand in Velten bei Berlin gewählt worden und wird sein Amt voraussichtlich am 1. Januar 1905 antreten. Freibrrg. Das hiesige Landgericht verurteilte die 17- jährige Brandstiftern, Glöß aus Heidelberg, rvelche das Friedmannsche Gut in Heidersdorf anzündete, zu 6 Jahren Gefängnis. Bei dem Brande erlitt die Mutter des Guts besitzers derartige Brandwunden, daß sie au den Fol gen starb. Freiberg. Die organisierten Arbeiter des „Bürger lichen Brauhauses" sind in den Ansstand getreten, weil ein Bierfahrer wegen mehrfachen Znspätkominens entlassen worden war. Leipzig. Großes Aufsehen macht hier die Affäre des Dr. med. Kann aus der Menckestraße in Leipzig-Gohlis. Gegen denselben ist die Untersuchung eingeleitet worden, weil er an einer Patientin gelegentlich einer Konsulta tion ein Sittlichkeitsdelikt begangen haben soll. Dr. Kann ist allgemein bekannt und hat eine ausgedehnte Präzis. Leipzig. Ter bisherige stellvertetende Handelsrichter bei den Kammern für Handelssachen im Landgerichte Leip zig, Kaufmann Wntbenow, ist bis Ende 1900 zum Handels- rictzter bei diesen Kammern ernannt worden. Chemnitz. Ter vorgestrige Sturm hat den Herbst jahrmarkt gewaltsam beendet, indem er eine große Zahl von Zelten demolierte. Der Schaden ist für alle Budenbe sitzer bedeutend. Zwickau. Ter siebenjährige Sohn des Fuhrwerksbc- sitzers Hagen wurde vom Fuhrwerk seines Vaters überfah ren und getötet. Hohenstein Ernstthal. Der hiesige Spediteur August H. ist am Veranlassung der Staatsanwaltschaft Zwickau unter der Beschuldigung verhaftet worden, mehrere Sitt lichkeitsdelikte begangen zu haben. Annabcrg. Aus dem Schlachthose gerieten zwei Flei- sct>ergesellen in Streit, wobei einer von ihnen dem anderen die Nase abbiß. Auerbach. Die Allgemeine Elektrizitätsgesellschaft hat eine nochmalige Umfrage über den eventuellen Bedarf an Licht und Lttast in Auerbach und der umliegenden Orte ver anstaltet. Plauen. Mit den Finanzen der Stadt steht es nicht zum Beste». Es sckxint. als ob eine Erhöhung des Kommu- nalstetternmems sich notwendig machen dürfte. Besonders erfreulich ist das allerdings nicht, denn die Zu Mage betra geu jetzt schon 80 Prozent des Normalsatzes. Die Steuer last der Stadt wächst aber fortgesetzt und für das nächste Jahr sind unter anderem für Anleihezinsen 100 000 bis 120 000 Mark mehr auszngeben. Aussig. Am Dienstag wurde hier die von der Amts- anwaltschaft in Pirna und dem Amtsgericht in Freiberg gesuchte und steckbrieflich verfolgte Theresia Haase verhaktet. Vereinsnachrichten. 8 Drrsden. lMartinnsverein.) Am Sonntag, den 10. d. M., 1-.8 Uhr morgens vereinigen sich die Mitglie der in der Neustädter Kapelle zur gemeinschaftlichen Kam munion. 8 Dresden. «Marti n u s v e r e i n.) Das am 01. Oktober in Helbigs Etablissement slattgefnndene 7. Stil tnngsfesl war von zirka 200 lieben werten Grmeindemil gliedern besucht: ein Zeichen, daß dem Verein allseitig reges Interesse entgegengebracht wird. Mit kurzen Worten gab der erste Vorsitzende, Herr Arthur Timmroth. seiner Freude über den äußerst zahlreichen Besuch und der Erwartung Ausdruck, das; der Verein aus diesem Feste den besten Er folg haben möchte. Dank der Bemühungen des Vergnii gnngsleiters Herrn Smets war das Programm des Fest abends ein reichhaltiges und genußreiches. Herr Lehrer Flesch führte mit gutem Gelingen die zwei Violinstücke Adagio ans Sonate 0 von Bach und Fantasie von Periot — aus, deren Begleitung Herr Organist Walde bereitwilligst übernommen hatte. Letzterem sei hierdurch noch bestens ge dankt. Das von Herr» Borst vorgetragene: „O Jugend, wie bist du so schön" fand freundliche Ausnahme und das von Fräulein Rother mit Herrn Smets ansgcführte Zlvie gespräch ward nicht minder vom Beifall der Zuhörer be lohnt. Zu Beginn des zweiten Teiles erfreute »ns Fräu lein Szymkowiat mit einem Klaviervortrag, wonach meh rere humoristische Aussührnngen, vorgetragen von den Her ren Tischendorf, Schmidt und Smets, folgten. Mit stür mischem Applaus wurden insbesondere die Darbietungen des Herrn Tischendorf bedacht, und sein köstlicher Humor trugen nicht minder zur Belebung des Abends bei. wie auch die anderen Herren durch heiteres, gefälliges Spiel sich die Sympathien des Publikums erwarben. Ei», animierter Ball beschloß das 7. Stiftungsfest und hielt die Anwesenden noch lange in fröhlichster Stimmung beisammen. Das Fest nahm in jeder Weise einen schönen Verlaus und reihte sich sonach den vorhergegangenen Stiftungsfesten an. Möge dieses Fest zur Stärkung und Hebung des Vereins beitra gen und ausmuntern zu neuem Wirten und Schaffen. 8 Leipzig. Umständehalber muß die Bezirksver- sammlung deSVolksvereins für daskatho- lische Deutschland. Bezirk Süd II. auf Dienstag, den 29. November, abends */„9 Uhr. verlegt worden. Selbige sindet im „Eiskeller" in Leipzig Connewitz statt. Nedner ist Herr Tr. theol. Nentschka, der über „Konfessio- »elle oder Simnltanichule" sprechen wird. Um recht zahl reiches Erscheinen auch aus den anderen Bezirken bittet dringend der Obmann Hünerseld. — Die große Ver sammlung findet am 10. Dezember im „Zentraltheater" statt. Vermischtes. V G r o ß e s N e i II IN achen im Reichstag. Man schreibt uns aus Berlin: Die nahende Wiederauf nahme der Reichstagsarbeiten kündigt sich auch durch das große Reinmacheii im Reichstagsgebäude an: aber das ge schieht auf eine An und Weise, die das Entzücken einer seden Hanssran erregen muß. Die Treppensäle und Sitzungszimmer ünd nämlich reichlich mit Teppichen belegt und es in leine .Kleinigkeit, diese zu reinigen, zumal sich im Laufe des Falnes stets sehr viel Staub in denselben ob lagen. Früher mußte man diese riesig großen Teppiche entfernen und tüchtig ansklopsen. wobei sich ein Staub ent wickelte. der im höchsten Grade gesundheitsschädlich ist. In diesem Fahre geschieht es zum zweiten Male durch den Vaeuum Reinignngsavparat ans eine höchst bequeme Weise, ebenso nei non jeder Staubentwickelung. Die Entstäubung geschieht völlig geräuschlos. Der Apparat steht unten im Lichthose des Reichstages und riesige Schläuche führen in das Gebäude, wo eben die Treppenläuser gereinigt werden. Hier ist nun rin Mann aus der Treppe und setzt den Appa rat an, der die Form eines breite» Mundstückes hat. Mit Sanglnst wird nun der Staub ans den Teppichen geholt und durch die Schläuche hinunter geleitet und in dem Filter des Apparates gesammelt. Mehr als ein Zentner Staub wird so aus den Teppichen herausgeholt. Tie Entstäubung ist eine völlige: der Teppich sieht wieder wie neu ans, so daß man jeden Tritt aus demselben sieht. Dabei vollzieht sich die Arbeit sehr rasch. Ei» Entfernen der Teppiche ist nicht mehr nötig. Aus dieselbe Weise werden Polstermöbel, Gar dinen, Portieren usw. im ganzen Reichstagsgebäude vom Staub befreit. Die Gesellschaft, welche die Reinigung voll zieht. hat schon im vorigen Jahre vom Direktor des Reichs tages folgendes Zeugnis erhalten: „Mit dem Teppich-Nei- nigungsapparat sind im Reichstage wiederholt Versuche auch unter meiner Anwesenheit eingehend gemacht worden, wobei der umfangreiche Teppich des Plenarsitzungssaales und die großen Teppiche des Schreib und Lesesaales und namentlich auch der 90 Meter lange Kokoslänfer der Wan delhalle, sowie andere Teppiche der Hallen und verschiedene Polstermöbel in einer bisher unerreichten wirksamen Weise gereinigt sind und nicht nur die Staubteile aus den Tep pichen, sondern auch der unter den befestigten Teppichen und Läinein angesammelte Staub vollständig durch den Appa rat staubfrei aufgesogen worden, ohne die geringste Belästi- — 128 — Sie segelte, von Holdsworth beobachtet, mit flatternden Haubenbänder» über die Straße und pochte kräftig an die Haustür des Zahnarztes. Sie mußte einige Zeit auf das Oeffnen der Tür warten und als endlich die Auf wärterin erschien, überschüttete sie diese sogleich nnt Vorwürfen, daß es keine Art sei, die Leute so lange vor der Tür stehen zu lassen. Alsdann befahl sie ihr, sie bei Frau Konweg zu melden, wartete dies aber nicht erst ab, sondern diang ohne weiteres in das Wohnzimmer ein. Bald darauf erschien die junge Frau. Der Rock ihres Kleides war vorn aufgesteckt und die bis über die Ellbogen aufgestreiften Aermel zeigten die zarten, weißen, wenn auch sehr dünnen Arme." „Guten Tag, Frau Parrot. Verzeihen Sie meinen unordentlichen An zug. Ich hatte unten mit der Wäsche zu tun und wollte Sie nicht warten lassen, bis ich mich etwas manierlich gemacht hätte." „Ach. das hat ja gar nichts zu sagen, liebe Frau Konweg, unsereins kennt das ja," eutgegnete die Nachbarin, welche mitleidig das reizende Gesicht- clxm betrachtete, auf welchem jetzt, wo kein Hut es beschattete, Kummer und Sorge deutlich zu lesen waren. Ihre Anmut wurde durch den aufgesteckten Rock, der den kleinen Fuß und die feinen Knöchel sehen ließ, noch erhöht. Ihr reiches Haar war etwas in Unordnung geraten und auf ihren Wangen lag noch die Röte der anstrengenden Arbeit. „Ich komme mit einer Bestellung von meinem Mietsherrn. Er wünscht, daß Nelly mit ihm Tee trinkt, und läßt Sie bitten, es ihr zu erlauben." „Ist das derselbe Herr, der Nell» gestern einen Schilling gab?" fragte Dolly angenehm überrascht. «Ja. Frau Konweg. Er ist ein sehr netter Mensch und scheint eine außergewöhnliche Liebe für Kinder zu haben. Er hat den ganzen Tag am Fenster gestanden, um Ihr kleines Mädck>en zu sehen, ich glaube, er würde ganz traurig sein, wenn Sie ihm die Bitte abschlügen." „L gewiß, will ich sie schicken. Wird halb vier die richtige Zeit sein? Ich muß sic noch anziehcn. Bitte, bestellen Sie dem Herrn meine Empfehlung und meinen Dank für seine Güte. Wie heißt er denn eigentlich?" „Hampden." „Jedenfalls ist er ein alter Mann? Junge Männer machen sich selten etwas aus Kindern." „Wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen soll, ich habe keine Ahnung von seinem Alter. Er hat schon sehr graue Haare, und doch kommt er mir nicht wie ein richtiger alter Mann vor. Siebt man ibn aber so schwer auf seinen Stock gestützt, möchte man ihn wieder für 60 ballen. Er scheint keinen Men schen hier zu kennen und auch nichts zu tun zu haben. Wahrscheinlich lebt er von seinem Gelde: na. ich werde schon bald über alles Bescheid wissen: bis jetzt, seben Sic. w«r nur die Zeit zu kurz, denn er ist dock« erst gestern bei mir eingezogen. Aber nun will ich auch nicht länger aufhalten, liebe Frau Kon- weg. Sie haben zu tun und ich muß auch wieder nach dem Rechten seben." Bei diesen Worten empfahl sich Frau Parrot mit einem Knir, versäumte aber nicht, indem sic der Tür zufchritt, einen allumfassenden Blick auf das dürftige Zimmer zu werfen und cs im stillen mt ihren eigenen Wolmräumen zu vergleichen. Holdsworth stand am Fenster, als sic zurückkehrtc, und sie konnte kaum das Lachen unterdrücken, so amüsierte sie sein erwartungsvolles Gesicht. — 125 — Menschen gehören mehr Farben als schwarz und weiß, und unsaubere Hände beweisen immer noch nicht, daß ein Mensch die Reinlichkeit verabscheut: selbst der beste Mensch kann einmal übelgelaunt sein. Konweg hatte auch seine weichmüligen Stunden, in denen er Tränen vergoß, sich an seine Brust schlug und sich einen Tein'el nannte, der nicht ver diente. eine so gute Frau zu haben. An seiner Liebe zu Dolly ließ sich nicht zweifeln, als er sie heiratete, und das liebreizende Antlih, welches ibn nach Sonthbonrne gezogen und ihn ver leitet hatte, feine Kundschaft zu vernachlässigen, vermochte auch heute, nach zwei Fahren noch, die besseren Gefühle, die in ihm schlummerten, und welche die Trunksucht wohl verhärtet, aber nicht gänzlich erstickt hatte, zu erwecken. Obgleich er in Hanwitch stets für einen lüderlichen Menschen gegolten batte, war es ihm bisher doch gelungen, feinen Lebensunterhalt zu verdienen, seinen Wirt zu befriedigen und sehr anständig gekleidet zu gehen. Tie Damen nannten ihn stattlich und hüb'ch. Wenn er nüchtern war, hatte er gefällige Manieren, die Sprache eines gebildeten Mannes, und in der Ausübung feines Bennes eine seltene Handfertigkeit. Zwar war es allgemein bekannt, daß er keinen Pfennig sparte und nichts erübrigt haben würde, selbst wenn er im Fahre zehntausend Pfund eingenommen hätte, an dererseits aber meinte man daß feine Praris ihm genug cintragen würde, sich Egnipage zu halten, wenn er sich derselben mit Eifer und Pflichttreue widmen und sich zu einem geordneten Lebenswandel entschließen wollte. Wie traurig erging cs aber zu jener Zeit der armen Dolly! Sie wohnte in Sonthbonrne in einem elenden Stübchen und vernichte vergeblich den Lebensunterhalt für 'ich und ihr neugeborenes .Kind durch Naben zu er werben. Der alle Pfarrer unterstützte sie. so weit es 'ein kärgliches Ein kommen erlaubte, io daß ße wenigstens ihre Miete bezahlen konnte, aber sie mußte 'ür i'ich und das Kind Nahrung und Kleidung beschaffen und das bißctx'u Arbeit, das ne 'and. wurde äußern dür'tig bezahlt. Gott weiß, wie ße es möglich machte, um in scnen Tagen durchzukommen. Herr Konweg hielt um ibre Hand an. aber iie verweigerte ibm dieselbe, denn ihr Schmerz um Holdswort war zu tie' und zu 'risch, als daß ne 'ich zu einer zweiten Heirat hätte ent'ckrließen können. Sa narb ihr einziger Freund in der Welt. Herr Newcome. Unter diesem neuen Schlage brach ibre Gesundheit zu sammen. das Elend batte den höchsten Punkt erreicht. Es seblte ibr absolut an allem und nun ern um ihres Kindes willen tat sie den Schritt, vor dem ibr grame und der sie nci' selber verbeiß: machte, ne verlobte ncb mit dem Zahnarzt und folgte ibm als sein Weib nach Hanwitch. Sie batte keine Ahnung von Konweas Charakter gehabt, sondern ge glaubt ibr Kind in einen Haken aebracb: zu haben, wo es vor Mangel und allen schweren Stürmen des Lebens geschuht ''ein wurde. Fetzt mutzte sie er kennen. daß sie sich an einen leichtsinnigen, Herz- und gewissenlosen, den: Trünke und der Trägheit ergebenen Wüming gewOelt batte. Er batte den abschüssigen Wea schon eine Zeirlang betreten, als er sic heiratete. Die vermehrten Ausgaben des vergrößerten Hausstandes führten ibn mit Riesenschritten dem Abgrund entgegen. Seine Kunden blieben einer nach dem anderen aus. Er beleidigte keinen Hauswirt dem er Geld schuldete. Sieker kündigte ibm. und Konweg zog daraus in das kleine -Haus, wo wir ibn kennen lernten und wo er das große soziale Kun''tsnick vollbrachte, das Kunst-