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Das Warenhaus als billige Bezugsquelle. Die wichtigste Frage zur Veiirtciliing des Verhältnisses zwischen Warenhaus und Detailhandel ist die: Kann das Warenhaus unter allen Umständen billiger verkaufen als der kleine und mittlere Detaillist? Man wird zur Beant wortung dieser Frage die gesamte Organisation und Technik des Detailhandels und Warenhauses vor allem berücksich tigen müssen. Aber auch die Liesernngsmethoden über haupt: die Fabrikanten und Grossisten kommen dabei in Betracht. Interessantes Material gerade über diesen Punkt bringt eine Studie über die Entwicklung der Warenhäuser von Dr. Käthe Lur. (Jena 1010, Gustav Fischer. 208 S.) Die Darstellungen der Studie beziehen sich auf fol gende Artikel: Porzellan, Gemüsekonserven, Bücl)er und Markenartikel, alles Gegenstände, in denen die Waren häuser ziemlich große Umsätze zu verzeichnen haben. Die in Deutschland hergestellten Porzellangebranchsgeschirre weisen große Qualitätsunterschiede auf. So fabriziert Thüringen im allgemeinen geringeres Porzellan als Bayern. Aber auch bei der einzelnen Fabrik fällt bei jedem Brande die Ware verschieden aus. Die Ware wird daher sortiert. Man unterscheidet erste bis vierte Wahl, und zwar stellt die erste bis dritte Wahl die reguläre Ware dar, der Rest den Ausschuß. Der bessere Ausschuß wird wieder bezeichnet als vierte Wahl oder Ausschuß im engeren Sinne, das andere bildet den Bruch. In den Verkehr gelangt das Porzellan entweder als weiße oder als dekorierte, bemalte Ware. Brnchporzellan verkauften die Fabrikanten in der Regel früher an Grossisten, die es an die kleinen Händler Weitergaben. Da kam ein Warenhausbesitzer ans die Idee, diese Brnchware direkt von den Fabriken waggonweise zu beziehen. Ta er nur auf die Deckung seiner Unkosten be dacht war, konnte er seine Preise wesentlich niedriger hal ten als seine Konkurrenz. Diese Praktiken, die auch von anderen Warenhäusern übernommen wurden, führten zur Gründung der Vereinigung deutscher Porzellanfabriken, die Minimalpreise festsetzten, die nicht unterboten werden dürfen, und des'Verbandes deutscher Porzellan-, Steingnt- nnd Glaswarenhändler, die mit der Fabrikantenvcreinignng zusammenarbeitete. Durch diese Maßnahmen wurden die Warenhäuser getroffen. Der Produzent soll ihnen beim Bezug von Hunderttausend genau die gleichen Bedingungen stellen wie dem kleinsten Händler. Ein Warenhaus nach dem anderen verpflichtete sich auch dem Fabrikantenverband gegenüber, die vorgeschriebenen Detailpreise zu beachten. Demnach können die Warenhäuser Porzellan nur dann billiger verkaufen als die übrigen Porzellanhändler, wenn sie minderwertigere Qualitäten liefern oder auf den Ver dienst verzichten, wenigstens gilt das für ordentliche Ware. Nur in Bruchwaren sind sie wegen ihres großen Bedarfes noch günstiger gestellt. Hier haben die Warenhäuser den ganzen Umsatz an sich gerissen. Es läßt sich heute schon eine Arbeitsteilung dahingehend feststellen, daß die Waren häuser sich auf den Verkauf der billigsten Porzellanwaren werfen, die anderen Porzellangeschäfte den Verkauf besserer Qualitäten pflegen. Eine bekannte Uebung der Waren häuser ist durch Uebermalen — sie haben zum Teil eigene Malerwerkstätten — die Fehlerhaftigkeit des Geschirrs dem Publikum zu verdecken. Für die Konservierung kommen hauptsächlich in Betracht: Spargel, Erbsen und Bohnen. Der Ernte- ausfall bringt natürlich für die Fabrikanten ein gewisses Risiko mit sich. Um dieses zu vermindern, hat sich die Ge wohnheit herausgebildet, daß die Fabrikanten einen Teil ihrer Waren schon vor der Ernte verkaufen. Ein weiterer Grund für ein solches Vorgehen liegt darin, daß ein großer Teil der Fabrikanten nicht über genügendes Betriebskapital verfügt. Es muß verkauft werden, um Geld zur Weiter- proouktion zu bekommen. Diese Verhältnisse nutzen die Warenhäuser aus. Die Warenhäuser haben einen großen Bedarf an Konserven. So soll der Umsatz eines Berliner Warenhauses au Gemüsekonserven sich auf eine halbe Million Mark pro Jahr beziffern. Sie suchen beim Fabri kanten möglichst viel herauszuschlagen, verstehen seine schlechte finanzielle Lage auszunutzeu. So soll es möglich sein, da die Warenhäuser bar bezahlen, daß sie Konserven von guter Qualität 20 bis -10 Prozent unter dein Einkaufs werte erhalten. Während, um den Verkauf rentabel zu ge stalten,-mindestens 20 Prozent Aufschlag zu dem Einkaufs preis notwendig wären, begnügt sich das Warenhaus ge wöhnlich mit einem geringeren Zuschlag und geht nie über 20 Prozent hinaus. Oesters werden die Sachen sogar zum Einkaufspreis abgegeben. So bringen die erzielten Umsätze an Gemüsekonserven dem Warenhause keinen Gewinn. Die Gemüsekonserven werden im Warenhaus hauptsächlich als Lockartikel benutzt. Die Folge dieser Zustände ist, daß z. B. bei Schnittbohnen weder Produzent noch Händler etwas verdienen. Im B >! ch Handel setzt der Verleger den Verkaufs preis auch für den Detailhandel fest. Um die Anerkennung des Ladenpreises hatte der deutsche Börsenverein, die Organisation der Verleger, mit den Warenhäusern einen jahrelangen schweren Kampf zu bestehen, der aber mit dem Siege des Börsenvereins endigte. Dis Warenhäuser wur den gezwungen, die Verkaufsbedingungen des Börsenver eins anzunehmen und die festgesetzten Ladenpreise einzu halten. Ein billigerer Verkauf wie den anderen Buch händlern ist dem Warenhanse nur möglich, wenn es sich uni Schriften handelt, die vom Verleger erworben sind — ge wöhnlich minderwertige Bücher — oder um antiguarische Sachen. Im gewöhnlichen Verkaufe kann das Warenhaus nicht billiger sein als der Buchhändler. Aehnlich liegen die Dinge bei den Marken artikeln. Das sind Waren mit einer patentamtlich ein getragenen Schutzmarke, die unter dem Gesetze zum Schutze der Warenbezeichnungen stehen. Die Fabrikanten, die im Verbände der Fabrikanten von Markenartikeln zusammen geschlossen sind, haben auch die Detailverkaufspreise festge setzt. Zu den Markenartikeln gehören z. B. Maggis Suppen würfel, Kathreiners Malzkaffee. Die Warenhäuser hielten sich vielfach nicht an die festgesetzten Preise, sondern ver kauften billiger. Durch überaus scharfe Bestimmungen hat aber der Verband der Markenfabrikanten es verstanden, die meisten Warenhäuser zur Anerkennung seiner Tetailver- kaufspreise zu zwingen. Die Markenartikel können nur mehr dann als Lockartikel der Warenhäuser dienen, wenn cs den Warenhäusern gelingt auf Umwegen, durch die Hand Dritter, Waren zu beziehen. Also auch hier kann das Warenhaus nicht billiger verkaufen. Für de» Konsumenten, speziell für unsere Hausfrauen sind diese Dinge ungemein interessant. Sie sind geeignet, gar manche schiefe Anschauungen über die „Billigkeit" der Warenhäuser zu beseitigen. Ziehe man daraus auch die richtigen Konseauenzen! Kirche und Unterricht. Ic Ter katholische Lrhrcrverband der Nheinprovinz hat seine Mitglieder zu seiner diesjährigen Generalversamm lung in die jüngste Großstadt Preußens H a in born ge rufen. Tie Delegierten hatten sich in großer Zahl zu der am Montag stattfindenden ersten Mitgliederversammlung eiiigefunden. Ter Verbandsvorsitzcnde Rektor Quadflieg- Aachen hieß die Versammelten willkommen. Sodann er stattete der Schriftführer Schneiders den Verwaltungsbe- richt. Tie Zahl der Ortsvereine ist auf 12 t, die der Mit glieder auf rund 5600 gestiegen. Die Kommissionen des Verbandes förderten in zahlreichen Sitzungen ihre beson deren Ausgaben. In bevorzugtem Maße betätigten sich die Fürsorgekommission für das Wohl der Witwen, die Kom mission für Jugendschriften und die Kommission für Rechts schutz. Das Vermögen des Verbandes beläuft sicb auf nahe zu 150 000 Mark, der Zuwachs des verflossenen Jahres be trägt 2l 000 Mark. Tie Entlastung wird einstimmig er teilt. Nach einer Pause sprach Herr Poßmann-Köln über die Werkschule. Ten Schülern fehle vielfach die Fähigkeit, das in der Schule Erlernte praktisch anznwenden. Das zu vermitteln, sollten die Werkschnlen dienen. Tie Arbeits schule sei zu begrüßen, aber nur als Zweig des Unterrichtes, nicht als Selbstzweck. Hieraus wird die Wahl der Ausschüsse und des Vorstandes vorgenoinmen. Tie aus dem Vorstande aiisscheidenden Herren Quadflieg-Aachen, Bienefeld-Tüssel- dors und GrieS-Koblenz wurden mit überwiegender Mehr heit wiedergewählt. (Lebhafter Beifall.) Am Abend fand dann im prächtig geschmückten Saale der Tonhalle eine Festversammlung statt. Eine besondere Ehrung wurde der Versammlung und damit ihren Veranstaltern zuteil durch die Anwesenheit dcS hochw. Weihbischofs Jlligens von Köln. Ter Vorntzende Rektor Quadflieg-Aachen hieß die Ver sammlung willkommen. Tie Parole des Lehrerverbandes sei: Hin zu Christus, hin zu Rom. Diesem Grundsätze werde der Verband stets treu bleiben. Den Willkommen- grüß des festgebenden Ortsvercins entbot dessen Vorsitzen der Kramer-Hamborn. Lehrer Mohnc-Aacheu feierte Dr. Lorenz Kellner als den Anwalt der christlichen Familie, der konfessionellen Schule und der katholischen Literatur. Nach einem begeistert aufgenommenen Hoch auf die höchsten Ge walten und mehreren Musikstücken übcrbringt Prälat Dr. Saackmann-Hainborn die Grüße der Geistlichkeit und der Gemeinde Hamborn. Als letzter Redner ergriff das Wort Weihbischof Jlligens-Münster: Auch ich möchte Grüße über bringen und zwar Grüße aus der Ewigkeit, Grüße unseres hochseligen Bischofs Hermann, der mich gebeten hat, zu die ser Versammlung zu gehen und ihr seine Grüße und seinen — 128 — hatte, fand er in dir einen willigen Agenten, du warst das Werkzeug des Diebstahls. Als du nach Delhi gekommen bist, hattest du ohne Zweifel noch den Verrat im Herzen, und wenn man dich durchsuchen würde, ich bin über zeugt, daß mau bei dir den Beweis für irgend eine niederträchtige Abmachung , finden würde." „Hafiz-Khan," fuhr sie fort, „du sahst nicht vorher, daß du mich hier Blicke der Begum: diese erspähte an ihm eine schreckhafte Bewegung bei ihren letzten Worten. Sie wandte sich an die Gefährten des Elenden: „Ihr alle, die er mit seiner Sache verbrüdert hat, ich fordere euch auf, sich von ihm loszusagen, bemächtigt euch seiner und durchsucht ihn!" Sie schwankten zwischen dem Gehorsam, den sie seinem Range schuldeten, und der Macht, die die Begum auf sie ausübte. Ta trat Dosnah aus ihrem Verstecke. „Ich schwöre," sagte sie, „daß dieser Mann ein Verräter ist. Gestern erst hat er mit Sir William eine Nnterednng gehabt. Durchsucht ihn und ihr werdet den Beweis dafür erhalten." Die Cipayeu befragten sich zuerst mit dem Blicke, und dann, verwundert über die Zaghaftigkeit ihres Führers, warfen sie sich auf ihn, ihn trotz seines Widerstandes überwältigend. Man fand bei ihm ein mit so feiner Schrift ge schriebenes Billett, daß er es in einem Federkiel verwahren konnte: es ent hielt genaue Aufschlüsse über die Lage des Platzes, über die Pläne der Be lagerten und bewies ein fortgesetztes Einvernehmen zwischen den Engländern und einigen Verrätern der Garnison. Dieses Billett war von hohem Werte, denn cs ermöglichte, sich gegen einen Angriff zu verteidigen, der infolge ge schickter Berechnung fast unfehlbar gelungen sein würde. „Diese Wohnung ist zu lange durch die Gegenwart des Verräters ent- weiht worden," begann die Begum wieder. „Man führe ihn hinweg und be handle ihn, wie er es verdient." — Was sich darauf ereignete, bestärkte die Vermutungen des Sanyassi über den nahen Sturz Delhis und bestätigte den Entschluß der Begum. Sie und Souradjah drängten Avremout, sie nach Zentralindien zu begleiten, wo ec ein ihm würdigeres Schlachtfeld finden sollte, aber er hatte sich verpflichtet, in dem Kampfe auszuharren, so lange die Stadt standhalten würde. Ucber- dies war es dringend nötig, die Aufschlüsse auszubeuten, die ihm eben der Zufall verschafft hatte, und man mußte Maßregeln treffen, um einen bevor stehenden Angriff zurückzuschlagcu. „Bleib also," sagte die Begum. „Wenn das Unheil eintritt, das du wohl verzögern, aber unmöglich verhindern kannst, wirst du uns in Gancü wieder treffen." 32. Die Einnahme Delhis. Avremout wußte, daß für Delhi die letzte Stunde geschlagen batte, indes wankte sein Mut nicht einen Augenblick, und alles, was zu tun menschenmög lich war, um die Katastrophe zu verschieben, er tat es. Durch sein Beispiel hingerissen, trugen die Eifxiyen noch mehrere Erfolge über die Engländer davon: aber die Tapferkeit, der es an einer tüchtigen Führung gebrach, konnte nicht siegen. Während Tosnah mit ängstlicher Sorgfalt dem verwundeten Offizier ihre Pflege angedcihen ließ, entspann sich ein fast vertrauliches Gespräch zwi schen ihm und Avremout. Willougby, der das Gefühl eines nahen Todes hatte, kaud einen großen Reiz in dem Austausche dieser vertraulichen Mit teilungen. Als armer Offizier, aber voller Illusionen war er nach Indien gekommen: ohne Murre» hatte er die Entbehrungen hingcucnnmcn, die ihm seine Armut auferlegte, er träumte von Ruhm und dieser ward ihm bcschie- den. Ein glühender Patriotismus war einer der Grundzüge seines Charak- ters: unempsindlich für seine eigenen Leiden, geriet er in Begeisterung, wenn er von dein Mute sprach, den seine Volksgenossen in diesem gewaltigen Kampfe entfalteten: seine Augen leuchte.cn vor Stolz, wenn er einen jener Kapitäne pries, ans die England mit Recht stolz sein kann, er zweifelte nicht an dem entscheidenden Erfolge. Tosnah hörte ihm mit Staunen zu, und Avremout, dessen Herz danach angetan war, alles Edle und Schöne z» bewundern, lauschte betrübt den Worten des jungen Soldaten. Da ließ sich der Schall von Schritten und Stimmen auf der Straße ver nehmen. Dosnah legte horchend ihr Ohr an die Tür. „Sie sind es, cs ist Hafiz-Khan," sagte sie erschrocken. „Fliehen Sie," sagte Willougby, „und lassen Sie mich allein, die weni gen Tage, die ich »och zu leben habe, sind gar nicht wert, daß man sic vertei digt und daß brave Leute ihr Lebe» deswegen der Gefahr anSsetzen." „Nein," sagte Avremout, „wir müssen Sie retten." Einige Möbel wurden an die Tür gerückt, um die Eindringlinge ein wenig aufznhalten, dann schritt Avremout, der den Offizier unterstützte, mit keine» Gefährten durch einen Ausgang hinaus, der ans eine entgegengesetzte Straße ging. Lange Zeit marschierten sie dahin, bis sie endlich vor einem düsteren Ge bäude ankamen, das man i» der Dunkelheit der Nacht für ei» Palais oder ein Gefängnis halten konnte. Kein Fenster bezeichnete, daß es bewohnt war. Avrenwnt, der mit de» Oertlichkeiten vertrant schien, klopfte an eine unter dem Schatten der Manlbeerfeigcnbänme verborgene Tür. Durch lange Korri dore führte ihn ein Neger, dem er einige Worte in? Ohr sagte, in ein ge räumiges Gemach, in dem eine Lampe ein zweifelhaftes Licht verbreitete. Auf einem Divan saß eine Fra»; sie war sehr alt und trug Tranerklei- der. Ihre gelbe und faltige Haut haftete an de» Kiioch-m, ihre Wange» waren eingefallen »nd Büschel von weiße» .Haaren lugte» unter ihrer Kopfbedeckung hervor, aber ihre Augen hatten einen nngcwöhnlichen Glanz und ihre Hal tung verriet, daß sie zu befehlen gewohnt war. Es war die Negentin, oder Begum von Oude, sie hatte vergebens an die Hilfe von Europa appelliert wegen der Beraubung, die Lord Dalbousie an ihrer Familie begangen und erwartete von dem Aufstande eine» Schadenersatz für diese empörende Un gerechtigkeit. Souradjah stand respektvoll an ihrer Seite: beide lauschten auf merksam den Worten eine? jener Samwssis oder indischen Mönche, die als im direkten Verkehr mit der Gottheit stehend gelten. Der Sprecher Hatto einen intelligenten Kopf und bei seinem Anblicke verstand man, daß der abergläu bische Fanatismus nicht allein daS Ansehen erklärte, dessen er sich erfreute. Um die Krone des Großmoguls. 32