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Erscheint täglich uachm. mit Ausnahme der Sann»». Festtage. «ezug-preiSr Vierteljahr!. 1 Mk. 8« Pf. (ohne Bestellgeld). Post-Bestellnummer 8888. Bet auherdeutschen Postanstalten laut Zeitungs-Preisliste. Einzelnummer 18 Pfennige. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit vucdHruclrrkU. HeilalMon mul SercbSMrteller Dresden, Pillnitzer Straße 43. * Inserate werden die S gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 18 Pf» berechnet, bei Wiederholung bedeutender Rabatt. Redaktions-Sprechstunde: 11—1 Uhr. Fernsprecher: Amt l. Nr. 1366. Nr. 283. Sonntag, den 13. Dezember 1903. Lu-,-. 2. Jahrgang. Gute Bücher und Zeitungen sind das edelste und wertvollste Weihnachtsgeschenk und gewiß auch das beliebteste, weil sie dauernd nützen. Es ist aber selbstverständlich, daß Katholiken doch nicht kathslikenfeindliche Druckwerke bezahlen und einander schenken sollen. Sie sollen sich die Beschaffung ausschließlich christlicher Lektüre zur Ehrenpflicht machen. Besonders für die Katholiken Sachsens, deren Glauben ringsum von Gefahren umgeben ist, gilt dieser Satz. Um ihnen eine Aufklärungs- und Verteidigungs waffe in die Hand zu geben, wurde die „Zächsische VMsreltung" gegründet. Wir danken unseren Gesinnnngsgenossen für ihre bisherige Preßförderung durch Abonnement. In sertion und Korrespondenz, und bitten, auch in Zukunft speziell unseres Organs als eines unabhängigen katholi schen, deutschen und Patriotischen Blattes allerorts eingedenk zu sein, es durch mündliche Empfehlung und Zusendung von Adressen für Probenummern zu fördern. Die „Sächsische Volksztg." wirkt und nützt durch wahrheitsgemäße Aufklärung, Fortbildung und Benachrichtigungen auf allen Gebieten des geistigen und wirtschaftlichen Tageslebens ihrem Leserkreise gewiß in bedeutendem Grade und ist die wirk samste Waffe gegen Trug und Ausbeutung. Ein Abonne ment (Preis vierteljährlich nur 1,SO Mk. ohne Zu- stellung) für Angehörige und Bekannte auf die „Sächsische Bolkszeitung" würde für die Betreffenden gewiß eines der segensvollsten und angenehmsten Weih nachtsgeschenke sein und an den freundlichen Geber die damit Bedachten dauernd erinnern. Die „Sächsische Volkszeitung" für die Katholiken, diese aber auch für ihre Presse! Der Reichskanzler nnd der „Diktator". Der Vertreter der gegenwärtigen Gesellschaftsordnung und der verkörperte Zukunftsstaatsgedauke haben sich am Donnerstage im Reichstage gemessen und es herrscht nirgends Zweifel darüber, daß letzterer den kürzeren gezogen hat. Graf Bülow hatte die Lacher auf seiner Seite und damit schon recht viel gewonnen. Dieser Frontangriff des Reichskanzlers war zu erwarten und Bebel hat zudem diesen förmlich provoziert, indem er in seiner Kritik der ; deutschen auswärtigen Politik seiner anerkannten Bered- ! samkeit alle Zügel schießen ließ und namentlich gegen Ruß land in einer Art und Weise auftrat, für die man inner- halb des Reichstages das Wort „zügellos" hat, im Volke drückt man sich anders und deutlicher aus. Die Vorkomm nisse auf dem Dresdener Parteitage aber zwangen den Grafen Bülow förmlich zu einer Abrechnung, die aller dings mit grausamer Ironie, aber bitterer Wahrheit durchgeführt wurde. Bebel selbst mußte unter dem Ein druck stehen, daß seine Rede vollständig verknallt war; er hatte hier seinen Meister gefunden. Wie unangenehm muß es ihm gewesen sein, daß gerade Bernstein gegen ! ihn ansgespielt worden ist; armer Bernstein, welches Schicksal droht Dir noch in der sozialdemokratischen Fraktion. Die Berliner Presse anerkennt fast einmütig, daß Bebel und die Sozialdemokratie schlimm abgefahren seien; erst wird der Sieg durch Dresden verekelt und nun beim ersten parlamentarischen Auftreten dieses Pech! So hat es sich der „Vorwärts" nicht gedacht, als er von dem „Wort der 3 Millionen" schrieb. Diese Abfuhr hatte er nicht er wartete Heute ist er schon viel kleinlauter nnd spritzt Gift gegen den „Geistkanzler", der sein Arsenal von Waffen gegen die Sozialdemokratie nur bei Eugen Nichrer entlehnt habe. Richter und Graf Bülow werden dann noch in einem Athemzug verdonnert, letzterem noch „Komödianten- j Pathos" vorgeworfen. Aber sonst ist daS sozialdemokratische ' Blatt sehr ruhig und in seinen Ausführungen nichtssagend. Das „Verl. Tagcbl." spricht von dem „großen Ein druck" der Rede des Reichskanzlers. Dasselbe gibt damit die Aufnahme richtig wieder. Was dem Grafen Bülow sehr zu statten kam, war seine Ruhe und Eleganz, mit der er die wuchtigsten Angriffe vorbrachte. „Reden Sie von allem, nur nicht von Freiheit!" und eine Handbewegung, die ausdrücken wollte: „Schwamm drüber!" begleitete diese wahren Worte an die Sozialdemokraten. Eins haben wir an der Rede des Reichskanzlers anS- zusetzen; sie enthielt fast gar nichts über die Maßnahmen des BnndesratS zu den vielen Fragen, die der Abgeordnete Schädler aufgerollt hatte. Das hat eben Bebel die Aut- wort wider Willen recht erleichtert. Die Handelsverträge wurden mit keinem Worte erwähnt; von der Einführung der Arbeitskammern hörte man nicht eine Silbe. Jesuiten gesetz und Toleranzantrag erfuhren dasselbe Schicksal. Nach der Positiven Seite hin ist die Ausbeute der Bülowschen Rede eine recht dürftige; wir hoffen, daß andere Vertreter des Bundesrates diese klaffende Lücke ansfüllen werden. Mit den bloßen Späßen gegen die Sozialdemokratie ist dem deutschen Volke nicht gedient; es erwartet Positive Arbeit vom neuen Reichstage und den verbündeten Negie rungen. Der Kern des Deutschtums. In den verschiedensten Lesarten wird von Zeit zu Zeit die niemals bewiesene Behauptung ausgestellt, daß den Katholiken der „Kern des deutschen Wesens fehlt", wie sich der „Leipziger General-Anzeiger" in Nr. 285 so sinnig ausdrückt. Weil sich das Blatt auch den Anschein gibt, als wolle es den Beweis hierfür erbringen, so lohnt es sich der Mühe, auf den Gedankengang näher einzugehen. Das Blatt sagt, „wahres und echtes Deutschtum ver trägt sich nicht mit dem ultramontanen Wesen". Um aber keinen Zweifel anfkommen zu lassen, was unter ultramon tanem Wesen zu verstehen sei, heißt es: „Man sehe sich ultramontan erzogene Katholiken an, wie man will, jeden beliebigen, ob Nord- oder Süddeutschen, ob den schlichten oder den studierten Mann, ob groß oder klein, ob Mann oder Frau — wenn man die Betreffenden wirklich einmal dazu bringt, Farbe zu bekennen, so wird sich regelmäßig, ohne jegliche Ausnahme Her ausstellen. daß der Schwerpunkt ihres inneren Lebens nicht in Deutschland liegt, sondern in der Fremde. Sie bilden sich zum sehr großen Teil ein. ebenso zu denken und zu fühlen wie wir, dieselben Ideale zu haben wie wir; ja manche glauben sogar, auf wissenschaftlichem Gebiet cs mit protestantischen Geistern aufneymen zu können — es ist aber immer ein Selbstbetrug: der Kern deutschen Wesens fehlt ihnen und ist durch nichts zu ersetzen. Es soll gar nicht geleugnet werden, daß auch ultramontanc Männer Großes für Deutschland geleistet haben — sie waren dann aber nur noch dem Namen nach Katholiken, in Wahrheit war ihr Deutschtum stärker geworden als ihr ultramontaner Katholizismus." Das ist gewiß eine recht interessante Entdeckung. Wenn ein Katholik etwas Großes für Deutschland und doch anch auf wissenschaftlichem Gebiete leistet, so ist er nur noch Namenskatholik, denn das Deutschtum war stärker in ihm geworden, als der nltramontane Katholizismus. Und was ist nach Ansicht des „General-Anzeigers" das Deutschtum, das hier gesiegt haben soll: „Deutsch ist der Protestan tismus in seinem innersten Wesen." Weil Luther „den starren römischen Formelkram verworfen nnd statt dessen die tiefen, das menschliche Gemüt packenden, mit Freude nnd Seligkeit erfüllenden Wahrheiten des echten Christen tums wieder anfgedeckt, daß er dem Einzelnen den freien Zugang zu seinem Gott wieder erschlossen hat", ist er „durch und durch ein deutscher Mann". Wenn Luther hier zitiert wird, so ist das Irreführung. Für die „Allg. Ztg." besteht das Wesen des Liberalismus anch auf religiösem Gebiete, nicht aber ans dein noch gläubigen Gebiete eines Luther. Der Katholik, der Großes für Deutschland geschaffen hat, ist mit anderen Worten ein Namenskatholik, der ungläubig ist, wie die moderne Richtung des Protestantismus. Es würde sich verlohnen, einmal die großen katholischen Deutschen Revue passieren zu lassen und ans ihren Werken zu prüfen, ob sie die christlichen Glaubensdogmen ver warfen nnd anstelle dessen die „mit Freude und Seligkeit erfüllenden Wahrheiten des echten Christentums" — des liberalen Protestantismus setzten. Es wäre dies eine PreiSanfgabe für die protestantischen modernen Theologen. Selbstverständlich wären dann die Wahrheiten des echten Christentums auch zu nennen, welche diese Männer so mit Freude und Seligkeit erfüllten und notwendig waren, um den Kern des Deutschtums zu besitzen. Welches sind denn diese Grundlehren des Christentums? Die Prote stantischen Thcologieprofessoren von derUniversität, die Bildner und Lehrer der Pastoren müssen uns darüber den Ausschluß geben. Fragen wir doch einmal den Schöpfer nnd Ton angeber des Protestantismus, Professor Harnack, was das Wesen des Christentums ist. In seinem Buche, das diesen Titel trägt, sagt er geradezu: „Nicht der Sohn, sondern der Vater gehört in das Evangelium, wie es JesnS ver- kündigt, hinein." (S. 01.) Hofprediger Stöcker faßt die Harnacksche Auffassung des Christentums in folgende Worte: „Ist I)r. Harnack in der Wahrheit, dann hat die Christen heit beinahe 10 Jahrhunderte in schweren Jrrtümern ge- lebt, die wider Gottes Majestät verstoßen, denn dieser Gelehrte leugnet die Gottheit Christi, die tatsächliche Auf erstehung. die Wunder der Schrift nnd damit das lieber- natürliche des Christentums . . . Darnach gehört Christus nicht in das Evangelium. Dieser Satz besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß wir nicht bekennen dürfen: Ich glaube an Jesum Christum! Wer Harnack folgt, kann nicht an den Erlöser glauben, sondern nur an den Vater, den er uns gelehrt hat. „Wer an mich glaubt", sagt Christus, „der hat das ewige Leben." Das gilt in dieser modernsten Theologie nicht mehr. Diese moderne Theologie hat eine andere Religion als wir." Man wird uns erwidern, daß das nur Ausnahmen sind. Wenn auf den Lehrkanzeln die Theologen also be- lehrt werden, so wird aus ihnen das, was ihr Professor ist — ein Ungläubiger. Und wenn sie die Seelsorge aus üben, so können sie das nur im gleichen Geiste, wollen sie sich nicht an der Wahrhaftigkeit versündigen nnd zu Heuchlern werden. Im Jahre 1801 erklärte der Pastor an der St. Gertrudenkirche zu Hamburg, vr.Rebattu.in einer öffentl.Ver- sammlung von zirka 2000 Personen aus allen Ständen, niemand glaube mehr an die Wunder der Bibel, auch die Pastoren nicht. Da hat der Herr den vielen gläubigen evangelischen Geistlichen entschieden Unrecht getan. Aber Männer von inniger Gläubigkeit werden immer seltener; sie gehören zur alten Schule, und der junge Nachwuchs ist von den Harnackschen Ideen befruchtet. Wo sind aber bei den Resten des Christentums, das vom apostolischen Glaubensbekenntnis übrig geblieben ist, die „tiefen, das menschliche Gemüt packenden, mit Freude und Seligkeit erfüllenden Wahrheiten des echten Christentums"? Das möge uns der Artikler der „Allg. Ztg." gütigst kurz und bündig beantworten. Oder hat den Kern des Deutschtums nur der freisinnige Christ, der das Wünschen, Meinen und Wollen der eigenen Person als seine Religion betrachtet nur in den Vordergrund stellt? Doch die „Allgem. Zeitung" spricht den Katholiken auch noch ans einem zweiten Grunde das Deutschtum ab; sie schreibt: Die wirklichen Katholiken, die so beschaffen sind, wie sie den Forderungen ihrer Kirche gemäß sein sollen, sehen ihr wahres Haupt, das über sie herrscht und dem sie dienen, nicht in dem je weiligen Herrscher des Landes, sondern in dem im fernen, fremden Lande wohnenden Papst. Erst nach ihm rangiert der weltliche König oder Herzog oder Fürst, der dem Papste gerade so unter geordnet ist, wie jeder seiner Untertanen, wenn er Katholik ist. Ist er das aber nicht, wie cs in Deutschland vielfach vorkommt, dann gehorcht der echte, der strenggläubige Katholik dem weltlichen Herrn nur, soweit er es muß, soweit er durch die Landesgesctze dazu ge zwungen ist. Denn die evangelischen Landesherren, allen voran der deutsche Kaiser, sind ja nach römisch-katholischen Begriffen fluchwürdige Ketzer, denen zu gehorchen für den gläubigen Katho liken streng genommen Sünde ist. In diesen Sätzen liegt eine niederträchtige Verleum dung der Katholiken; ihre Religion wird direkt verdächtigt, daß sie staatsfeindlich sei. Auf den ersten Blick fällt die sophistische Beweisführung ans. Der Katholik gehorcht den Glaubens- und Sittengesetzen, welche das von Christus fest gesetzte Lehramt der Kirche aufstellt und dessen Oberhaupt in Nom ist. Was hat das mit der weltlichen Untertan- treue und dem Staatsgehorsam zu tun? Der Patriotismus nnd die Vaterlandsliebe sind bei echten Katholiken nicht nurnichtgeringer, sondern sogar verläßlicher,weil es ihnennoch den Sittengesetzen verboten ist, gegen den rechtmäßigen Fürsten sich zu empören und zu revoltieren. Wir wollen hier keine Parallele mit der protestantischen Untertanen- trene ziehen, wie sie die Geschichte der letzten dreihundert Jahre dartnt. Eine bedingte Staatstrene kennt der echte Katholik anch einem protestantischen Landesherrn gegenüber nicht, selbst wenn sein Gewissen unter dessen Herrschaft ge- maßregelt wird. Manche Geschichtsereignisse sprechen von der protestantischen Staatstrene anders. Kann uns die „Allgem. Zeitung" den Beweis erbringen, daß der Gehorsam gegen andersgläubige Landesherren unter Sünde verboten ist, immer vorausgesetzt das Wort des Heilandes: „Du sollst Gott mehr gehorchen als den Menschen?" Der Gehorsam aber gegen den Papst als Oberhaupt der Kirche schließt den Ge horsam gegen den Landesherrn als Oberhaupt des Staates unbedingt ein. Nach der „Allg. Ztg." geht den Katholiken offenbar nur deshalb der „Kern des Deutschtums" ab. weil sie nicht auch in religiösen Dingen den Landesherrn als ihren Papst betrachten. Der Gottessohn hat znm Leiter der Seelen seiner Anhänger nicht den römischen Kaiser, noch den römischen Landpfleger Pilatus, noch den König Herodes bestimmt, sondern ans Petrus übertrug er dieses Amt. Leider hat der Protestantismus die Sache umgekehrt und sich dem Staate ansgeliefert. Wie jammervoll lauten dem gegen über die Urteile über das verweltlichte protestantische StaatS- kirchentum, vom oberste» weltlichen Machthaber bis znm Kirchenvorstand jeder Gemeinde. Der Dichter Lcssing schon machte sich über die „Päpstchen" der deutschen Staaten lustig nnd schrieb, er möchte sie „gern wieder mit dem Papste vertauschen" lLess. W. VI. S. I l:i>. Wie ver- hängnisvoll kann es wirken, wenn die Geistlichen in Aus übung ihres Amtes vom weltlichen Szepter des Fürsten oder Königs geschnlmeistert werden! Der jeweilig regierende Landesherr ist der Papst oder t-Kimmim opm<.:o>>>l!-i, der oberste Bischof, von dem der Grundsatz gilt: v,lautem »>»>>1-01»!,. lax^. der Wille des Königs ist oberstes Gesetz. Der Hallesche Pastor Topp beklagt sich in Nr. 4 der „Deutschen Evang. Kirchenztg." über dieses nnevangelische Oberhaupt, das Luther eingerichtet hat: „Die Art. wie sich z. B. die evangelische Kirche Preußens durch die Tendenzen ihres Landesherrn hat bestimmen lassen inbezng ans ihre Entwickelung, trägt den Stempel der Untreue gegen die alleinige Autorität des himmlischen Hauptes der Kirche." (Huppert, S. 70.) Die Verwerfung des päpstlichen Primats fühlt zu einer Gewissensabhängigkeit von dem Landesherrn, welche