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Nr. LÄO — 0. Jahrgang Donnerstag den v. Juni L01O Erscheint tSgllch oach«. mit KuSnnhme der Eo,m- und Festtage. AttSaabe MU .Die Zeit in Wort und Bild' diertelslihrlich- L,IV x. In Dresden durch Bolen 2,10 In gauj d^cei ' Deutschland Hau» 2.52 «»Saab«»., Ohne illu'Irlerte Beilage dierlelj 1,80^1 I, Dresden d. Boten S,10 In ganz Deutschland frei Hau» ».»» - «inzel-Nr. I« «,. - Zeitung-pretSI. Nr. «858. Unabhängiges Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit Inserate werden die kgeshallene Petitze.le oder deren Baum mit 15 Rellameu mit 50 -I die Zelle berechnet, de! Licdcrdolungen entsprechenden Nabatt Buchdruikerei, Redaktion und tOeschäftKstelle! Dresden, Pillnitzer Ltratze 1.1. — Ferniprecher I5K« gürRückgabe unverlangt. Schriftstücke keine Berbindlichketl RedaltionS. «prechstunde: ll—12 Uhr. OIs dsstsn ^vfvi8Lsiuri§8-6onboN8 Vi l^sunct 15 unkt 20 Pfennigs, unsntdsvrlloti sutz 8slssn unrt /ltisflüxsri, srNswsn 81s dsl: ^ek'Ülig 8e ^OckZtk-oIi, D^5cleli dllsctsblsesri In sllsn SdsctdbsIIsn. Ill I» « L 8 v « Ai Vokler'«'rövk1vrpvi>8i«i»»1. 8elinorr«tr«üv «t. ^ll-rvQonimivrL. Horrlieksr L'vnnis. «rLisklioks Vorteils. MM" Lrsto L.ekrkrLtt« tllr Sprocken. VVlssensckailen. Musik. Male» ri8^v. 4 diatlonaUedrerinaen i. II. Ssinxvssll. u. iriUisl. ^.UK- diläunx. Voi-LU^I. Xorpsrpüoxo; Lüäor. Llxeaes perienkeim aut Vei-Lesköke: Pokler-Naus, Lossedauäe. nako um ^Vnläs. -^nsickts- prospetcto ä. Vonstekerla. — VorstskvrLn: I'rLuIsin pokler. Feier des 200jährigenJubiläums der kath. Gemeinde zu Leipzig und des 60jährigen Priesterjubiläums des hochwürdigen Herrn Prälaten Joseph Juhr. Die weltliche Feier. „Nun lasset die Herzen sich schwingen empor, der Freude öffnet Tür und Tor!" Diese schöne Aufforderung, mit welcher sich der Festprolog in seinen Eingangsworten an die illustre Festversammlung richtete, sollte ihre vollste Verwirklichung finden. Freude, tiefe, innere, herzliche Freude war der Grund ton der Feststimmung, die in den packenden Momenten sich zum Hellen Jubel, zur lohenden Begeisterung steigerte. Und hätte man eine geeignetere Stätte für die hehr? Doppel-Jubelfeier der katholischen Gemeinde am Sonntag finden können, als den herrlichen Festsaal des Zentral- theaters, der im Schmucke einer stimmungsvollen Deko ration prangte. Auf der Bühne hatten die Büsten Sr. Heiligkeit Papst Pius X., des deutschen Kaisers Wilhelm II. und des Königs Friedrich August von Sachsen unter einem Hain von Lorbeer Aufstellung gefunden. Von den Galerien neigten sich die Fahnen der vollzählig vertretenen Leipziger katholischen Vereine und Körperschaften hernieder. Ein farbenfreudiges, prächtiges Bild! — Und nun die Jubelgemeinde — im Jugendglanze — ein Gleichnis der mit dem wachsenden Alter sich stetig ausbreitenden, zum herrlichen Baume sich entfaltenden Kirche. Tort, wo der leuchtende Tisch der farbentragenden Studentenverbindung „Burgundia" nach der Ehrentafel hinzeigt, sitzt auf schön umkränztem Ehrenstuhle der Jubel- pricster, der hochwllrdige Herr Prälat Juhr, der drei Gene rationen heranwachsen, der ans der Höhe des Alters die Jubelgemeinde sich verjüngen sah. An der Ehrentafel haben der hochwürdigste Hcrr.Bischof Tr. A. Schaefer, Prälat Konsistorialpräses Plewka, Se. Erlaucht Graf Schönburg-Glauchau, Baron Schönberg auf Thammenhain, die zahlreich erschienene Geistlichkeit, die Kirchen- und Schulvorstände u. a. m. Platz genommen. Der weite Festsaal und die geräumigen Galerien sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Freude und Feststimmung überall! Hatte das rührige Festkomitee, das sich aus der Elite der katholischen Vereine Leipzigs gebildet, alles aufs sorg fältigste und bis ins kleinste zum Feste vorbereitet, so daß ein gediegener Verlauf der Feier zu erwarten stand, so sind doch die gehegten Erwartungen bei weitem übertroffen worden. Eröffnet »vard die Feier mit dem kraftvollen „Halle- luja" aus dem „Messias" von Händel, das von den ver einigten Kirclienchören der katholischen Gemeinden Leipzigs unter Mitwirkung des Curthschen Orchesters unter der be währten Leitung des Herrn Organisten Dr. H. Löbmann zunr wirkungsvollen Vortrag kam. Hierauf begrüßte Herr Pfarrer Haselberger als Vertreter des Ehrenpräsiden, des schwer erkrankten Herrn Superior Mons. H. S ch mitt m ann , die Festversamm lung und brachte zunächst der Jubelgemeinde und dem hoch- würdigen Herrn Jubilar die herzlichsten Glück- und Segens- Wünsche dar. Mit einem Gefühle der Wehmut bringt er zur Kenntnis, daß sich Vertreter autoritativer Kreise unserer Stadt auf Grund von Mißverständnissen und falschen Auffassungen, die sich aus der Veröffentlichung der päpstlichen Enzyklika bedauerlicherweise ergeben, es für angczeigt gehalten haben, der Feier der Jubelgemeinde fern zu bleiben. Die Gemeinde wird das zu tragen wissen. Sie gedenkt des Beispieles der ersten Christen, denen ähn liches widerfahren und die trotzdem treu standen zu ihren Behörden und nicht aufhörten, für sie zu beten. Wie wir Katholiken dem ehrwürdigen Oberhaupte unserer Kirche, so sind wir auch in Liebe unserem allverehrten Kaiser und dem geliebten Landesvater ergeben. Mit einem dreifachen Hoch auf diese obersten Gewalten schließt Redner seine treffliche Ansprache. Der hochwllrdige Herr Superior und Pfarrer Mons. H. Schmittmann hatte ein Schreiben eingesandt, welches lautet' „Bonn, den 4. Juni 1910. An die aus Anlaß des 200jährigen Jubiläums versammelte katholische Gemeinde in Leipzig. Der zum 200jährigen Jubiläum versammelten katho- lischen Gemeinde mit allen ihren Vereinen und Anstalten sende ich meine Glückwünsche, die um so inniger sind, als 32 Jahre und eine 20jährige Pfarrertätigkeit mich so fest mit ihr verknüpfen. Möge der Geist wahrer Gottesfurcht, der Treue gegen die Kirche und echte Nächstenliebe auch in Zukunft dort in besonderer Weise walten. Mein Gebet und meine Liebe sollen bleiben bis zum Ende für dis Trinitatis- Muttergemeinde wie auch für deren neugegründeten Tochter institute, die für alle Zeiten im Geiste der christlichen Liebe miteinander verbunden bleiben mögen. In diesem Geiste und mit Gottes Hilfe wird dann auch in Zukunft die Entwickelung derselben eine glückliche sein wie in der Vergangenheit. Alle meine Wünsche fasse ich zusammen in das Wort: Gelobt sei Jesus Christus! Hubert Schmittmann." In aufrichtiger Freude und schmerzbewegt beschließ! die Versammlung, ein Danktelegramm an den hochw. Herrn Superior Schmittman abzusenden. Das Telegramm an Se. Majestät den König Fried rich August lautet: „Am heutigen Tage, an dem die katholische Gemeinde zu Leipzig ihr 200jähriges Jubiläum und das 60jährige Priesterjubiläum ihres ehemaligen Pfarrers, des hochw. Herrn Prälaten I. Juhr, feiert, geloben die Katholiken Leipzigs Ew. Majestät aufs neue, daß sie dieselbe Treue, die sie ihrer Religion bekennen, für alle Zeiten auch Fürst und Vaterland halten wollen. Haselberger, Pfarrer." In einem eingegangenen Huldignngsschreiben versichert Se. Majestät der König die katholische Gemeinde seines landesväterlichen Wohlwollens und beglückwünscht sie. Auch Se. Königliche Hoheit Prinz Johann Georg und Ihre Königliche Hoheit Prinzessin Mathilde hatten Glückwünsche gesandt. Ferner gingen Begrüßungen und Telegramme ein vom hochw. katholischen geistlichen Konsistorium zu Bautzen, Oberbürgermeister Dr. Dittrich, Bürgermeister Roth, Schuldirektor Dr. Grollmuß, Justiz- rat Dr. Porsch, Hofrat Roß, Militärpfarrcr Dr. Kaiser. Pfarrer Anreden, Pfarrer Zentner, Pfarer Schewtschik, von der katholischen Gemeinde Greiz, dem katholischen Männer- vcrein Gera, den Herren Seminarobcrlehrern vom katho lischen Seminar zu Bautzen und anderen einzelnen Per sonen. Von den abgesandten Telegrammen bringen wir zur Kenntnis das Telegramm an den Heiligen Vater Papst Pius X.; es lautet: „Am heutigen Tage, einem doppelten Festtage für unsere Gemeinde — denn wir feiern sowohl das 200jährige Jubiläum unserer Pfarrei wie auch das 60jährige Priester jubiläum uiiseres ehemaligen Pfarrers Jos. Juhr, Prälaten durch Eure Huld, der im Schnee seiner hohen Jahre dennoch mit glühender Begeisterung in unserer Mitte weilt — an diesem Doppelfeste geloben wir Katholiken Leipzigs dem Lenker und Leiter der gesamten Kirche auch für kommende Zeiten treu Eurem Banner zu folgen und erflehen für uns wie insbesondere für unseren abwesenden, schwerkranken Pfarrer Mons. Schmittmann Euern apostolischen Segen. Haselberger, Pfarrer." An Herrn Direktor Dr. Grollmuß in Radibor bei Bautzen wurde telegraphiert: „Die Jubelversammlung erwidert herzlich den freund lichen Festgruß und dankt für jahrelange, segensreiche Arbeit in Schule und Gemeinde und erhofft frohes Wieder sehen. Haselbergcr, Pfarrer." Nach dem Vortrage des bereits erwähnten, vom Herrn Schuldirektor Dr. Taute verfaßten trefflichen Prologes richtete der Herr Neichsgerichtsrat Schaffeld eine herz liche Ansprache an die Versammlung, worin er die Feier im Hinblick auf den Jubilar, die Jubelgemeinde und den Bischof als ein dreifaches Alters- und Freudenfest bezeichnet. Seine Glückwünsche an die Gefeierten läßt er in das Ge löbnis der Liebe und Treue gegen den hochwürdigsten Herrn Bischof ausklingen, dem er gleich dem Jubelpriester ein hohes Alter und dazu Gottes reichsten Segen wünscht Herr Privatdozent Dr. Phil. I. Strieder ergreift hierauf das Wort zu seiner hochinteressanten Festrede über die geschichtliche Entwickelung der Leipziger katholischen Gemeinde. Mit historischer Präzision und logischer Schärfe meistert er den spröden Stoff und weiß die Hörer dafür zu erwärmen und zu begeistern. Er wirft einen Blick auf die äußere Entwickelung der Gemeinde und zeigt, wie sie im Nahmen der Jahrhunderte und Jahrzehnte nach der Refor mation von kümmerlichen Anfängen zu kraftvollen Lebens- äußernngcn emporwachsend dem Historiker sich darbietct. Tie politischen Ereignisse in der Geschichte Sachsens geben die Folie zur Darstellung der etappenweisen Entwickelung des inneren Lebens der Gemeinde. Besonders spannend sind seine Ausführungen über die Tätigkeit der Jubel- gemeinde als Kirchen- und Schulgemeinde. Ein weihe- voller Akt des Dankes ist die Anerkennung der Tätigkeit jener unvergeßlichen und verdienstvollen Männer aus den Lebenskreisen der Kirchen- und Schulgemeinde, deren Namen für die Gesamtheit Sein oder Nichtsein bedeuten. Dazu gehört nicht zum geringsten der Name unseres hoch verehrten Herrn Superiors und Pfarrers Mons. Schmitt mann, dessen Abwesenheit wie ein breiter Schatten auf unsere Feier fällt. Seine konziliante Natur, seine Liebe zur Natur und Kunst, sein kluger und geschäftskundiger Sinn sichern ihm ein bleibendes Andenken in unserer Gemeinde. Möge ihm Gott recht bald Gesundheit und Kraft zurück- geben. Schon dieser kleine Ausschnitt aus der großzügig angelegten Festrede, die ja im Wortlaute zur Veröffent lichung kommen soll, läßt Bedeutung und Wert derselben erkennen, wie ja auch der stürmische Applaus den Festredner hat erkennen lassen, daß die Feststimmung tatsächlich ihren Höhepunkt erreicht hatte. Unterdessen ist der Herr Oberschulrat Professor Dr« Müller erschienen, dem von der Versammlung ein Herz* licher Empfang bereitet wird. Er spricht seinen Dank hier für ans und wünscht, jenes Wortes gedenkend, das er in einem italienischen Kloster auf einem Steine gelesen, „daß der Fels nicht auf meine Kindlein falle", der Gemeinde ein Emporwachsen der Schuljugend unter Gottes reichstem! Gnadenschatze. In der nun folgenden Ansprache entwirft der Hertz Neichsgerichtsrat Burlage ein anschauliches Bild von dem Lebensgange, dem Denken und Wirken des hochw. Herrn Jubilars, des Herrn Prälaten Juhr. In fein sinniger Weise läßt hierbei der Herr Referent den Gedanken herauskristallisiercn, daß „Stern und Kern aller Seelsorge die persönliche Berührung mit den Gläubigen ist". Es soll hier nichts weiteres aus dem schönen Lebensbilde verraten werden, da es ebenfalls den Lesern der „Sächsischen Volks-, zeitung" in Erwartung steht. Wie in einem Brennpunkte wußte schließlich der hoch* würdigste Herr Bischof all die erhebenden Gedanken, Ent* schlüsse und Wünsche, die in dem Verlaufe der Feier zum! Ausdrucke gebracht worden, zusammenzufassen und in dem! Gedanken an die Spendung der hl. Firmung und die hohe Zahl der Firmlinge, die sich seit seinem letzten Besuche in Leipzig verdoppelt, spricht er seine große Freude über die Frömmigkeit der Jugend und die Anerkennung über die Tätigkeit ihrer Lehrer aus. Hierbei rückt er gleichzeitig die Bedeutung der konfessionellen Volksschule in das rechte Licht und schließt mit einem Hoch auf die Jubelgemeinde« Nachdem schließlich noch der Herr Jubilar Prälat Juhr selbst ein Sträußlein geistlicher Blumen gepflückt, schließt der Festleiter, Herr Pfarrer Haselberger, die so überaus glanzvoll und harmonisch verlaufene Jubel versammlung, innigst dankend der Jubelgemeinde, dem Sängerchor und seinem verdienten Leiter, dein Herrn Zeichenlehrer Mager für den Entwurf der Fest-Postkarte, der Hausverwaltung des Zentraltheaters für die unent geltliche Ueberlassung des Festsaales und allen, die fördernd ibrc Dienste zum Gelingen der Jubelfeier eingesetzt haben. Im Fortgehen hörte man mehrfach das Wort fallen: „Eine solche Feier wird uns nicht alsobald wieder beschieden sein/' Mögen die Jubeltage die Vorbedeutung eines kraftvollen Aufblühens der katholischen Gemeinde Leipzigs sein. Politische Rundschau. Dresden, den 8. Jun! 1910. — Im Beisein des KaiserpaarcS, der Kronprinzessin, der Prinzessinnen, der Minister von Moltke und Beseler und zahlreicher hoher Militärs und anderer bekannter Persönlichkeiten aus der Gelehrten-, Finanz- und Künstler- Welt, sowie verschiedener Parlamentarier wurde am 7. d. M. in der Hochschule für Musik eine Gedächtnisfeier anläßlich der hundertsten Wiederkehr des Todestages der Königin Luise veranstaltet. — Als Nachfolger Deruburgs wird allgemein der Unterstaatssekretär v. Lindcquist bezeichnet. Dernburg wird nicht, wenigstens in absehbarer Zeit nicht, ein anderes Amt annehmen, noch hat er die Absicht, wie fälschlich gerüchtweise verlautete, wieder in die Finanzwelt zurück- zukehren, um Leiter eines großen PrivatnnternebmenS zu werden. Er dürfte zunächst eine mehrmonatige Reise nach Ostasien antreten, um die dortigen Verhältnisse an Ort und Stelle zu studieren. — Im prrußischeu Abgrordueteuhause stand am DienS- tag die Erhöhung der Zivilliste zur Beratung. Die bürger lichen Parteien stellten sich im allgemeinen zustimmend zu der Vorlage. Dann kam der Sozialdemokrat Hoffmann/ der in das Harmoniekonzert der Zustimmung nicht etn- stimmte und heftig gegen die Vorlage opponierte. Der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben wies ihn zurück und begründete die Vorlage eingeyend, konnte aber außer den schon bekannten Gründen nichts neues Vorbringen. Die Vorlage wurde an die Budgetkommission verwiesen. — Das Etsenbahnanleihegesetz wurde hierauf ohne wesentliche Debatte in zweiter Lesung erledigt. Nach Erledigung der ersten Petition vertagte sich das Haus auf Mittwoch 11 Uhr. — Die EinigungSverhandlungen im deutschen Bau gewerbe. Nachdem der Kampf bereits volle sechs Wocheri