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Sächsische Volkszeitung : 22.04.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-04-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192304228
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19230422
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19230422
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-04
- Tag 1923-04-22
-
Monat
1923-04
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 22.04.1923
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Sonntag, 22. April 1923. Nr. VS, Seite ü Sachsens Wallfahrtsorte 2. Die Kreuzkirche zu Dresden. Von Pfarrer Go erlich in Räckelwltz. Einer der ersten und bedeutendsten Wallfahrtsorte Sach sens*) war Dresden, wo es sogar drei hauptsächliche Gnaden stätten gab. Die eine habe ich schon beschrieben, nämlich Unsere Liebe Frau am Queckbrunnen. Die zweite ist schnell beschrieben, weil wenig von ihr (mir wenigstens bisher) bekannt ist. Es ist die alte, bis ins 11. Jahrhundert hinaufreichende Ma« r ienktrche, an deren Stelle am 26. August 1726 der Grund stein gelegt worden ist zur jetzigen „Frauenkirche", die in etwas der Petersklrche zn Rom ähnelt. In der ursprünglichen Liebfrauenktrche gab es nämlich rin sehr verehrtes Marien bild aus Wachs, jedensalls wohl wars eine Figur, das durch die unzähligen Wunder, tvelche da geschahen, das Volk in Hellen Scharen herbeizog lGräste, Der Sagenschab des Königreichs Sach se», 18V5, S. 76 in Nr. 97). Uebrigens, fast immer, wo ma» ans die Bezeichnung „Frauenkirche", „yrauengaisen" u. d. ni. stöstt, kann man sicher sein, daß das aus dem Mittelalter ein Ueberbleibsel der Benennung zu Ehren U. L. F- ist. Dir Reformation hat auch daran gerüttelt und nur den Ausdruck „Frauen-" übrig und bestehen gelassen. Tie dritte, größere, ja, eigentlich bedeutendste Gnadenstätte Dresdens war die Krenztirche, welche in doppelter Hinsicht zu recht so benannt wurde. Der erste Grund ist folgender. Der nachmalige Markgraf von Meißen, Heinrich der Erlauchte s122I—88), der berühmte Minnesänger, von dem Preusker im 3. Bändchen seiner „Vaterländischen Vorzeit" (1814, S. SO f.) einige Probe» bietet, hatte, erst 16 Jahre alt am 1., Mai 1334 die noch jüngere Prinzessin Konstantin von Oesterreich, Tochter des Herzogs Leopold VIl. von Oesterreich, geheiratet. Sic brachte eine kostbare Mitgabe ihrem Gemahl mit, nämlich ein Stück des hl. Kreuzes Christi, das sie ihm bei ihrer Vermählung überreicht. Der ließ nun gleich, und zwar, wie es scheint, 123t—36 die Kreuzkapelle zu einer Kirche ausbaue» (Machatschek a. a D. 189), kn welcher diese heilige Reliquie aufbewahrt ward. Dem hl. Kreuze zu Ehren erhielt dies Gotteshaus den Namen „Kreuz kirche". Als ein Werkzeug vieler Wunder, wundersamer Er hörungen wurde es von allen angerufe» und allgemein ver ehrt (Thron, terrae MiSn. bei Menckau II 324). Der zweite Grund der Benennung der „Kreuzkirche" ist dieser: Die Elbe war im Jahre 1299 mächtig angeschwollen und aus den Ufern getreten. Da kam auf den reißenden Fluten ein Kreuz angeschwommen. Das blieb in Dresden an einer Stelle im Schlamme aufrecht stecken und stehen, als ob es jemand regelrecht da ausgestellt hätte. Natürlich erregte das allgemei nes Aussehen. In feierlicher Prozession si'chte man es auf und übertrug es voll Jubel in die Kreuzkirche, wo man es neben der heiligen Krenzpartikel anbrachte. In noch «rböhterem Maße Pilgerte nun das Volk zn dieser Krcnzkirche. Sie ward nun erst recht zur Wallfahrtskirche, deren Glanz und Zugkraft Rom noch vermehrte durch Ablaßerteilungen (Ziller, Denkwürdig!, aus d. Reform.-Gesch. v. Dresden, Meißen, 1827, S. 8 und Sachsens Kirchengalerie 1. Liefer. 18 S. 70). Mit der Zeit ist daS 1299 angeschwvmmene Kreuz von den vielen Lichtern, die man davor ihm zu Ehren als Ovfer brennen ließ, schwarz geworden, so daß es als „Der schwarze Herrgott" bekannt war (Gräße, Sagen S. 94) und als solcher 1V24 verspottet wurde. Am 3l. Mat 1523 hat bekanntlich der Papst Hadrian VI. de» Bischof Benno von Meißen (1066-1106) heilig gesprochen. Das veranlaßte Luther zn seiner Schmähschrift „Wider den neuen Ab« got und alten Teufel, der zu Meißen soll erhoben werden". Tie Reliquien des hl. Benno in Meißen sollten' nämlich am 16. Juni 1524 feierlichst in einem Marmorsarg auf einen prachtvollen Altar übertragen werden und zur allgemeinen Verehrung der Gläubigen ausgeseht werden. Luthers Geifer steckte andere an. Im Jahre 1539 erschien in Knittelversen die „Wahrhaftige neue Zeitung von dem Abgott zn Meißen und seinem Nachbarn, „dem schwarzen Herrgott" zu Dresden", von Günther Straus. Da mit war das Kruzifix in der Dresdner Kreuzkirche gemeint. (Gesch. der Bischöfe des Hochstistes Meißen, von Eduard Machatschek (gest. 29. 3. 1893), S. 917, Gräße, a. a. O. S. 78 Nr. 97 und Galerie der Sächsischen Fürstinnen, quellenmäßig dargestellt von Franz Otto Stichert, Leipzig, Verlag Carl Fr. Fleischer, 1857, S. 45.) Zur Ehre Gottes und des hl. Benno und zu unserem Nutzen und Frommen sei es auch erwähnt, daß, als der Bischof Withego I. im Jahre 1274 die Gebeine des hl. Benno aus der zur linken Hand des Presbyterium» besindlichrn Gruft des Meiß ner Domes heben ließ, um sie unter einer in der Mitte der Tomkirche errichteten Grabstätte feierlich beizusehen, man des hl Benno Ucberreste mit Wein wusch. Das gläubige Volk riß sich um diesen Wein, bei dessen Gebrauch viele Wunder an Kranken und Brcsthasten geschahen, die der Bischof selbst eigenhändig verzeichnet« (Machatschek a. a. O. S- 216). Zu welcher Bedeutung die Dresdner Wallfahrtsstätten her- angewachsen waren, kann man daraus schlußfolgern, daß selbst im Konversationslexikon von Brockhaus. 1894, 14, Artikel „Dres den", S. 5l8, zu lesen ist, daß Dresden „seit 1234 rin wirklicher Wallfahrtsort war (durch die Kreuzkirche)". — Auch die Wenden pilgerte» viel dorthin (Wobrazy zehrkwinskich stawtznow katolSkich Eerbow, Bautzen, Vertag St Cyrill u. Methodiusverein, 1920, S. 31). Ein jähes Ende machte all dem Luthers Glanbens- neucrung im Jahre 1539. Der Herzog Heinrich (1539—41) ließ die 27 Altäre (Machatschek a. a. O S. 699) und Heiligtümer auch in der Kreuzkirche zertrümmern und stellte an den Pfarrer Tr. Peter Eisenberg das Ansinnen. Luthers Neuerung «inzusühren. Eisenberg blieb jedoch dem katholischen Glauben treu und mußte deshalb sein Amt ausgeben. Er ging nach Bautzen und nahm das Gnadenkrenz mit, um es nicht in die Hände der Ab trünnigen sallen zu lassen. Hinter dem Hochaltar dcS Domes zu Bautzen wurde es auf einem großen, kunstvollen Altar an gebracht. Vielleicht auf dem von Leisentritt errichteten Kreuz altar (Machatschek 794). Von da ist eS leider in den KriegS- unrnhen späterer Zeiten verloren gegangen und gänzlich ver schollen (Wobrazy S. 73). Auch kulturell hatte Dresden Vorteile durch die Kreuz kirche. In den Jahren 1260—70 bekam Dresden die erste steinerne Elbbrücke (Machatschek a. a. v. G. 215). Aus dem ersten Brückenpfeiler derselben, der jetzt verschüttet ist und der vor der AnSmündung der Brühlschen Treppenterrasse lag. war rin« dem Schutzpatron der Pilger und Wallfahrer, dem hl. AlextuS (gest. 17. Juli 417), geweihte Kapelle, die rechts vom damaligen Brückcntore lag (Machatschek S. 237). Nach einer aus dem Be ginn des 14. Jahrhunderts stammenden Urkunde stand mit dieser Elbbrückc auch die Bruderschaft des hl. Fronleichnams (csr. M—M. 500) zu DreSven, welche die älteste dieser Stadt ist, in Verbindung. Es schenkte nämlich ein Dresdner Bürger, Na mens Günther Wolf, znm Nutzen seines SeelenheileS sein Erbgut in Klein-Ostra zur Erhaltung dieser nachher dem hl. Fronleichnam geweihten Brückenkavell«, damit darin für ewige Zeiten Gottesdienst gehalten würde. Letzteren besorgte damals der markgräfltche Hokaplan Hermann von Etsenberg; er blieb jedoch in kirchliche» Dingen dem Dresdner Pleben Albert untergeben (Patronatsrecht über die Kreuzkirche M—M. 243), der ihn dafür den Tisch verabreichte. Dafür aber mußt« der Hoskaplan die in der AlexiuSkapell« dargebrachte» Opfergaten dem Pfarrer abliefern, während die am St. Johannes- und Pfingstfest« von den Pilgern niedergelegten Spenden für die Unterhaltung der Brücke bestimmt sein sollten. (Hasche, Ilrkundenbuch Nr. 40, S. 65. Machatschek S. 234.) Damals zog rS mächtig, wen» irgendwo ein Ablaß, und wenn auch nur von 40 Tagen verliehen, und zu gewinnen war. Nun ward 1319 allen, welche di« Dresdner Kreuzkirch» besuchten, beim Abendläuten 3 Ave Maria beteten oder zum Brückenbau bei- -) Unter Sachsen ist de, Bereich de» heutigen Freistaat«» .Sachsen zu verstehen.^ steuerten, «in Ablaß gewährt. (Silvia Brand in ihrem „Dresd ner Bilderbuch", 1888, Dresden, Wilh. Hossmann-Verlag, spricht S. 42 von einem päpstlichen Ablaß; Machatschek dagegen redet (S- 246) nur von einem bischöflichen.) Gewiß reichlich flössen die Gaben zur Erhaltung der fürs öffentliche Wohl so nötigen Elbbrücke. Lag es doch ganz im weitumfassenden carttativen Geiste des Mittelalters, mit Hinweis auf Gotteslohn den Bau von Brücken za fördern, die zum Schutze der Reisenden, beson ders auch der Pilger dienten. Den Ban begünstigten nun die für Geldbeiträge oder sonstige Hilfeleistungen dabei bewilligten „Brücken"-Ablässe, geschützt durch B r ü ck e n kapellen, wie z. B. die Dresdner Sankt Alexiuskapelle «ine war. Sie verleihen dem Bau eine religiöse Weihe. Ja, es bildete sich in Südfrankreich so gar ein vom Papst Klemens III. 1189 bestätigter Orden der Brückenbrüder (fratres politisier»), welcher Straßen- und Brückenanlagen und die Verpflegung der Reisenden zum Zwecke hatte (Herders Kirchliches Handlexikon, 1907, Artikel „Brücken bau"). Zu gleichem Behufe verlieh der Markgraf Friedrich der Ernste am 18. September 1324 der Elbbrücke in Dresden den JahreSzin» von einer Mühle am See (Bod. Dipl. G. R. Il X. p. 38; Machatschek «. a. O. S. 249). Wahrscheinlich lag diese Mühle am See zu Poppitz am See, wo in der Mitte des 15. Jahrhunderts eine dritte caritative Pflegeanstalt von der Bruderschaft wohltätiger Bürger ans An regung des Dresdner Pfarrers Joh. Terenbach gestiftet wor den toar. Sie war für wandernde Pilger bestimmt und gewährte Herberge und Verpflegung für eine Nacht, hatte eine dem hl. Jakobus (zu Coinpostclla) gewidmete Kapelle mit einem Aitare und erhielt die Bestätigung des Kurfürsten Friedrich des Sanftmütigen am 14 März 1459 (Bod. Dipl. S R. II. V. p. 218). Die Dresdner Gchühenbruderschast scheint nach einer Andeutung (Bod. Dipl. S- R. II. V. S. 271) auch den Stiftern dieses Hospitals gehört zn haben (Machatschek S 463). Eine ähnliche, also zweite caritative Anstalt war das Gesttst der „Snndersiechen" bei Dresden, linier „Sunde»" oder „Sonder stechen" verstand man abgesonderte Sieche, weil diese Ihres Aus satzes oder einer anderen ansteckenden Krankheit wegen von den übrigen kranken Pilgern getrennt untergebracht wurden (Macha tschek 259). Dieses Gestist nun ist im Jahre 1334 erwähnt in einer Urkunde, die «inen Vergleich des Pfarrers Heinrich von Leubnitz mit dem Abte von Zelle enthält. Es war ebenfalls für pestkranke und aussätzige Pilger, und hatte sich nach und nach ans den Beiträgen wohltuender Bürger heransgebildet (Machatschek S- 259). Die erste (älteste) Wohltätigkeitsanstalt Dresdens war das Maternihospital. U. L. F. am Queckbrunne», die Liebfrauen« und die Kreuz kirche ivaren also, wie oben gesagt worden, Dresdens Haupt- wallfahrtsorte. Außer ihnen gabs noch einige, z. B dis schon erwähnte Sankt Alexiuskapelle. Noch nicht ausgezählt wor den ist die Bartholoinäuskapelle. Dieselbe stand neben dem Snn- dersiechenstist und war schon Jahrzehnte vor Errichtung die'eS letzteren Krankenhauses abgetragen worden (ebenda). In dieser Vartholomäuskapelle ließ sich der Weihbischof Nicolaus, Bischof von Konstanza am Schwarzen Meer, 1381—91 (Schöttgen, opus- cnla min. p. 290, Ebro», v. Dresden S. 272), ans fol genden Gründen zur ewigen Ruhe beisetzen. Bei dieser Kapelle, die auf dem Freiberger Platze stand (Gräße, S. 84), befand sich ein Hospital für alte Weiber, ge nannt zum Hl. Geist oder Hl. Bartholomäus (neben dem Findel haus). In dem dazu gehörigen Garten war ein Quell, der die Gicht heilen konnte. Bloß durch den Gebrauch dieses Wassers soll der genannte Weihbischos Nikolaus Plate, früher Abt zu Zinua bei Jüterbogk, den vollkommenen Gebrauch seiner Glieder wiedererlangt haben. Daher ließ er sich daselbst zur Ruhe nie der, weihte, als Stellvertreter des Magdeburger Metropoliten, 1376 die Kirche und den Altar zu Baruth, sowie 1385 einen Altar im Augustiuerkloster zu Stargard in Pommern (Machatschek 260). Er starb 1391 ln diesem Bartholomänskrankenhanse und ließ sich hier begraben (Gräße, Sagen 84). Eine Abbildung seines Grabmale» sindet man in Schöttqens Schrift De Nicolo Episcopo Constantienst, Dresdae sepulti (Machatschek 260). Bet dieser Gelegenheit sei auch der bei dieser Kreuzkirche frühzeitig errichteten Kulturanstalt, der Krenzschnle. rühmend Er wähnung getan. In einer Arbeit über „Die Schulen Sachsens im Mittelalter" wird später, so Gott will, aussührlicher die Rede sein. Andere, gleichsam „Nebenheiligtümrr" zu Dresden waren die sogenannten „Martersäulen" Heute noch kennt und trijst man in Bayern und Tirol an Wegen ein „Marterl", d. h. einen Bildstock mit der Darstellung aus dem Leiden Jesu oder der schmerzhaften Muttergottes. Solche „Martersäulen", die beim Volke damals hoch in Ehren standen, gabs zu Dresden vor 'Jahr hunderten aus der großen Brücke zwei, eine bei der Liebsraueulirche beim noch 1855 bestehenden schwarzen Tore, sowie drei ans dem sogenannten Sande an der Stolpner Straße. Letztere stellten den Heiland und die zwei Schächer dar, und zu ihnen sollte, von der Kreuzkirche aus gerechnet, der Weg so weit sein, als es vom Richthause des Pilatus nach Golgatha war (Gräße S. 80). Schließlich sei noch erwähnt, daß bis 1316 das Sankt Klarakloster zu Seußelitz das Patronatsrrcht hatte und ansübte. Am 5. September 1316 ging es ans den Bischof von Meißen, damals Withego II. (1312-42), über (Machatschek 243). Diese Kreuzkirche ist wiederholt vollständig niedergebrannt, zuletzt am 16. Februar 1897. Ihr Neubau ist am 9. September 1900 wieder eingetvciht worden. Seit dem Dreifaltigleitsseste am 1. Juni 1593 ist sie in den Händen der Protestanten (Handbuch der Kiritzen- Statistik für das Königreich Sachsen, Dresden, 1917, S. 80). Drakonische Christenversolgungen in Rußland Daß die Kirche in Rußland, sowohl di« schiSmatische als die katholisch«, seit 1918 fast beständig unter der Räteregierung zu leiden hatte, wird den meisten bekannt sein. Anfangs mehr als Anhänger de» Zarentum» oder als Kapitalisten behandelt, wurden die Geistlichen bald mehr und mehr offen au» religiösen Beweggründen verfolgt. DaS Dekret betr. Trennung von Staat und Kirche vom Januar 1918 erklärte nicht nur das Kirchenq.it als Staatseigentum, sondern verbot auch jede religiöse Be« iätianna in der Leffentlichkeit durch Kultalte irgendwelcher Art. g. B. Sxegutrn oder Prozessionen. Al» di« Kommissare de- gannen. da» Kirchengut an sich zu reißen, sowie auch die kirch lichen Gefäße zu beschlagnahmen oder gar mit Gewalt au» den Kirchen, selbst auö -den Tabernakeln zu stehlen und zu rauben, setzte sich natürlich di« Geistlichkeit zur Wehr. Da die Geist lichen auch sonstwie den bolschewistischen Gewalthaber» nicht zu Willen sein wollten, z. B. bei der Einsegung vo» Ehen solcher Leute, bi« nur von der weltlichen Behörde aus irgendwelchen Gründen di« Ehescheidung erlangt hatten, begann man, sie von den Pfarreien zu vertreiben einzukerkern oder einfach zu er schießen. Zuverlässige Angaben schätzen die Zahl der Er- schossenen auf 2090 darunter 20 Bischöfe. Welch entsetzliche Grausamkeiten kerbet begangen wurden und wie viele in len Kerkern monate. und jahrhclang schinachten mußten, läßt sich nicht beschreiben. Manch« schätzen die Verluste der katholischen Geistlichen auf 90 Prozent. Von einem SeminarknrS z. B. der 1V18 geweiht wurde, sind nur noch zwei am Leben. Systematisch wurde in Schriften und Broschüren, in BolkSreden und Vo» lesungen der Haß -egen die Religion im Volke ausgcsät. lind während di« bolschewistische Presse ihre antireligiöse» Ideen In» Volk brachte, verbot ma» alle irgendwie christlich gerichteten Zeitungen auch Schriften. Noch im Dekret von, Januar 1918 hatte man jedem Gcwissen»sreiheit feierlich ^gesichert; aber schon bald herrschte nur noch intoleranter Gewissenszwang. AuS der Trennung von Kirche und Staat war bald eine Verfolgung der Kirche durch den Staat geworden Anfang 1922 war die Entwicklung soweit gediehen, das; man unter dem Vonvand, den, Hungcrelend des Volkes steuern zu, müssen, die kirchlichen Wertgegenstände, vor allein Gold- und Silbersachen beschlagnahmen konnte. Den OrtSräteu wurde durch Erlas; des ZentralinspeklionsrateS vom 16. Februar die Befugnis erteilt, zu entscheiden, wa» für die Feier de O'wtt.'S- diensteS entbehrlich sei. — Noch einschneidender war ein Erlas; vom 3. Jan. 1922, der jegliche» Religionsnnterrichr an stünd liche unter 18 Jahren, mit schwerer Kerkersirafe vo» Mindestens 6 Monaten bestrasle. Diese Maßnahme wurde damit v . lüdet, daß die Jugend außerstande sei. sich über religiöse D-.-!- ein Urteil zu bilden. Ein anderes Dekret lautet: „Alic-, Er ziehern, Lehrern und dem technischen Personal in allen Cc- ziehung»- und llnterrickitsanstalten, Schulen und Waisenhäusern ist mitzuteilen, daß derjenige, der sich unterfängt, Kindern reli giöse Gedanken vorzaileaen, über kirchliche Feste mit ihnen na reden oder sie gar zur Kirche zu führen, nicht nur seine Um ^ enthoben, sondern auch mit schwerer Hast bestraf! wird." Ci begann eine scharfe Uebcrwachimg der Lehrer und Erzieher. Kinder sollen wegen BetenS ins Gefängnis gekommen sein. <!> — Den Pfarrern und Geistlichen wurde befohlen, ihre Predigte», die sie vor oder nach dem Gottesdienst halten wollen, im Kon zept den Ortskommissaren, meist Jude», zur Prüfling vor zulegen. Und daS alles waren nicht nur Akte der Willkür der ein zelnen Kommissare. Der im Sommer 1922 herauSgegebeii« Strafkodex, der als Norm für alle Sinzelentschcidungen dienen soll, billigt diese Strafen, ja versckHrst noch zu,n Teil. So be legt er mit Zwangsarbeit von mindestens 6 Monaten das Er. heben von Gebühre» für kirchliche und religiöse Amtöverrick»« tungen. Demnach könnte daö Annehmen eines Meßstipendinm» schwer bestraft werden! Die gleiche Straf- trifft jeden, der e,.a kirchliches Schriftstück, z. B. Taufvescheinignng oder Ehekontrakt, ausstellt und mit dem AmtSsicgel versieh! Man kan» sich denken, daß bei solchen, Vorgehen dev Sowjetregiernng jegliche Seelsorge außerordentlich erschwert ist. Und daS schlimmste ist noch, daß der Straflodcx nur Mindest- strafeu festsetzt, es also dem „guten" Willen der Lrtsbelwrde überläßt, die Strafe nach eignem Ermessen nach oben abzn- runden. Man fragt sich da unwillkürlich: Wie sind denn solch« Erlasse bei einem doch im Gvund der Seele tiesreligiösen Volt« möglich? Die größte Schuld trägt wieder die alte schisinatisch« Kirche. Da sie als StaatLkirche alle Erlasse der Negierung »ach Möglichkeit zu rechtfertigen suchte, verlor die Geistlichkeit beim Volke gewaltig an Achtung. Ter Mangel an Bildung und zum Teil an sittlicher Lebensfnhrung kam hinzu, »m den Geistlichen der Geringscl-ätzung de» Volkes preiszugeben. Mit dem Znjam. menbruch dcS Zarismus brach darum auch die russische scbiSma. tische EtnalSkirche zusammen. Und wie man daS alte T> siem verfolgt, verfolgt ma» auch die alte Kirche, die dein Volke schon lange nicht mehr das geboten balle, wak es suchte. Henke ist di« alte Staatskirche in verschiedene Sekten zerfallen. Ein Büchos mit seinem Anhang ist offen zu den Bolschewisten übero-e-nio n In der Ukraine hat sich ein gewöhnlicher Plieiter Bischoisrecble angemaßt und bildet das Haupt der sogenannten ,.!eo.ndgen Kirche". Die Regierung ist eifrig bemüht, gefügige Wert;, n.ge ans die vakanten Bischofssitze z» bringen. DaS Volk w'l! -m allgemeine» von diesen aufgedrängten Bischöfen nicbis w'icken. und so entsteht überall ein Wirrwarr sondersgleickien Die ernster Gerichteten schauen mit Sehnsucht bin »ach der katholi schen Kirche. Diese bat zwar auch viele Verluste erlitien — so sind z. B. in Petersburg von 60 000-—70 000 Katholiken nur noch 15 000 übrig, — aber am großen und ganzen ist sie doch ihren Idealen lreu geblieben und bat nur wenige Mitgii'd-'r durch Abfall zu den bolschewistischen Gewallbcrrichern verloien. In der katholischen Kirche Ruß'andS herrscht auch trotz mannig facher Bedrängnis ei» rcgcS religiöses Leben. Tie Zeiten der ersten Christenheit sind dort miedergckoinmcii. Bekenntnisir,'!!. mais; täglich ans Verlust von Hab und Gut. Leib und Leben ge faßt sein. So schließen sich denn dieicnigen enger zusammen die solchen Bekcniiermut wirklich entkalke». Ihre Zahl wächst ständig. Man spricht von mehreren Tausend Konvertiten, die allein -m letzten Jahr anS der schiSmalischen zur katholischen Knch- üver- getreten sind. Mutige Jünglinge erklären sich bereit, in den wenigen Abendstunden, die ihnen im bolschewistischen Sockten, bleiben, sich auf die HI. Priestern»ibe vorznbereiten. Es ist zn Holsen, daß diele religiösen Strömungen mit der Zeit wachse» und bald so stark werden, daß ihnen gegenüber die bolschewistische Ne gierung ihre klar erkennbaren antireligiösen Tendenzen nicht länger mehr wird mit Gewalt verfechte» können. Inzwischen herrscht noch in den weitesten Kreisen, beson der? in der Jugend, ein sittliche? »nd religiöses Elend da? znm Himmel schreit. Nicht ninionst empfahl der Heilige Vater in Rom. in einem Dankschreiben für russische Gaben an den h! Stuhl, gerade die russische Jugend dem frommen G-beie de, Gläubigen und Priester. Wenn einmal mit Gott-? G»a>-,' eu freies Arbeiten der Priester wieder »iöglicki wird wird di-' E-üti sicher reichlich sein. K K Aus der Bühnenvolk«b,indbrw-niinii Anfang deS Monats fanden i» Franksurt a M enie Ainohl Besprechungen der Führer der Bühnenvotksbnndl'eire'nng statt, als deren Ergebnis eine nocst weitere Ansbreiinug und Answir nng der Arbeit deS'BnndeS erhofft werde» darf. So lmtie sich das Di rektorium des BVV mit einem Vorschlag zn befast'e». der die endgültige Versclnnelzzing des Vereins Deutsche Bnbn« mit dem B n h n e » v o l k S b n >, d bezrelt Tee Vece-ni-'iing der beiden gleichgerichteten Verbände dürste nun balo umande kowmen und damit ein neuer Kreis wertvoller Mitarve er de»! BVB. gewonnen »nd die großen Organisationen, .von denen der Verein Deutsche Bühne ins Leben gerufen wurde, oon seiner Ar beit ganz umnittelbar erfaßt werden. Die Veiprebnn'en des Direktoriums erstrecklen sich im übrigen ans den inneren Ausbau der Arbeit »nd brachten eine eingebende Erörterung des Prob eins der Einordnung der in den Thente, gemeinden organi-atoriscki rr faßten 300 000 Theaterbeiucher aus die geistigen Z ee der Be wegung. Ihnen dient vor allem daS Schrifttum des Bundes, dem ein ansblühender eigener Verlag des Bühneovolk-obunde-, der früliere Patmosverlag zur Verfügung steht, und die Vertriebs- stelle für dramatische Werke der Bül»>envolksb»nd-G m b. H., die eine große Anzahl wertvoller Bühnenwerke einer Dichtergenr. rakion erworben hat, die an die Stelle des Snbieltivismuö der Zeit den Ausdruck einer organischen Weltanschauung sehen will. Zn einer wichtigen Beratung vereinigten sich di? Veilreier deS Bühnenvotksdundes mit den verschiedenen Richtungen der Ju gendbewegung; es wurde hier die Frage besprochen, wie das Spiel wandernder Jugendgruppen in de» Gesamtrahmen der ge meinnützigen Theaterkultnrbrwegung hineingeordnrt werden lönne. Man sah hier Möglichkeiten zu einer Hebung des so sehr im Argen liegenden Laienspieles und zugleich z» einer Erfassung der kleinen Städte und der Dörfer mit einer Art des Theater,pieles. die wirklich auö einem künstlerischen Wollen hcrvorgegangen ist. Die Einrichtung der Jugendspielscharen des BVB., die in einigen Lai,bestellen bereits durchgesührt wurde, sott eine Zu sammensassung und systematische Pflege dieser Bestrebungen er bringen. In einer weiteren Sitzung wurde mit den Vertretern der großen Volksschauspiele, die der BVB. in seiner Arbeitsg-inein- schast deutscher Heimatspiele zusammengeschlvjjcn hat, über die Möglichkeiten gesprochen, trotz der Ungunst der Zeilen diese Unter- »ehmniige», die eine» der wichtigsten Zweige der Volkskunst bilden, aufrechtzuerhalte». Ta» Ergebnis der mehrtägigen Ver- haiidlungen wird l» den nächsten Monaten i» der Erschließung neuer Gebiete sür die gemeinnützige Theaterkulturarbelt zum Ans- druck kommen, die weitesten BolkSkrrlsen die in diesen trüben Zeiten doppelt notwendigen Stunden seelischen Ansschwunges be- reiten will. Die Förderung deS BühnenvvlkSbnnde« wird damit immer mehr zu einer der dringendsten Ausgaben de» von ihm zur Mitarbeit anfgernfenen Vollste!!».
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