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stühen wir. (Oho!) Aber lassen sie den. Toleranzantrag aus dem Spiele! (Heiterkeit.) Wir sind weit entfernt, die Verdienste des Zentrums nicht anzuerkennen. Die nationale Arbeiterschaft hat mehr Zukunft als die sozialdemokratische. Das Bürgertum hat zusammengerafft seine Agitation hat den Glauben an den Fort schritt der Sozialdemokratie zerstört. Unser Volk steht fest in nationalen Fragen. (Beifall links.) Reichskanzler Fürst Bülow: Dr. Spahn hat sich mit meiner Stellung zur Zentrumspartei beschäftigt. Ich mache kein Hehl daraus, daß ich lange und ehrlich bestrebt gewesen bin. mit dem Zentrum zu arbeiten. Eine andere Mehrheit als mit dem Zentrum fand ich nicht; mit dem Zentrum nur konnte ich die großen Gesetze schaffen, «ber von der Zentrumspartei war ich nicht abhängig. Als praktischer Staatsmann arbeitete ich mit dem Zentrum. Ich erkenne auch heute an, daß das Zentrum mitgewirst hat an den großen Gesetzen, und daß es diese zum Wähle des Ganzen gestaltet hat. Ich gehe mit jeder Partei, die die Staatsnotwendigkeiten gibt, aber am 13. Dezember 1W6 hat das Zentrum sich von den bürgerlichen Parteien gelöst. Da» Zentrum hat seine Macht nicht mit der gebotenen Rücksicht auSgeübt. Druck erzeugt Gegendruck! Im November I960 habe ich die Mißstände im Kolontalamte eiu- gestanden und zugesagt, daß Wandel etntreten solle. Ein ununter brochenes Waschen schmutziger Wäsche konnte nicht weitergehen. Da kam eö zu dem Zusammenstöße Roeren-Dernburg, der mich sehr überraschte. In meiner Anwesenheit wurde zwischen dem Kolonial- direktor und zwei Führern des Zentrums die Sache bez. Togo besprochen, ich rechnete nun darauf, daß die Sache erledigt sei. Aber Roeren ging in maßloser Weise vor. Der Kolonialdirektor handelte in meinem Einverständnis. Ich habe nicht geglaubt, daß mich das Zentrum hierfür strafen wollte bei einer solch wichtigen Frage. Eine Paarung Roeren.Singer hätte ich nicht für möglich gehalten. Das Zentrum hätte die Einigung damals haben können, es hätte nur den Antrag Ablaß annehmen dürfen. Die Regierung hat sich nicht unter das kaudinische Joch des Zentrums gebeugt, hoffentlich lut es keine Negierung. (Beifall links.) Sollte ich das Zentrum erst fragen, ob es mit der Auflösung einverstanden war? (Heiterkeit links.) Es war eine Irreführung der Wähler, von einer Gefährdung der verfassungsmäßigen Rechte zu sprechen. Wo ist das persönliche Regiment? Es ist ein Popanz, der politische Kinder schreckt. Es ist eine dreiste Unwahrheit, wenn man mir Angriffe auf die verfassungsmäßigen Rechte imputiert Das Zentruin wollte mit der Sozialdemokratie die Regierung in die Enge treiben. Die Regierung, an dessen Spitze ich stehe, braucht den Vorwurf der anlikathotischen Gesinnung sich nicht gefallen lassen. Ich verlasse nie den Standpunkt der Toleranz und der Gleichberechtigung der Konfessionen. Der Kampf richtete sich nicht gegen das Zentrum als Vertreter der katholischen Kirche. Ich habe nie das Zentrum mit der Sozialdemokratie in einem Topf geworfen, aber zu meiner Ueberraschung und zu meinem Bedauern fand ich es plötzlich im sozialdemokratischen Topfe. (Heiterkeit links.) Und doch sollte das Zentrum nie mit dieser Partei zusammengehen. Dieses Zusammen gehen war nicht nur ein politischer Fehler, sondern ein moralisches Unrecht. Das Zentrum unterstützte die Sozialdemokratie in zwölf Kreisen. Und doch reißt diese Partei alles herunter. Ich miß billige die Haltung der Kötner Jungliberalen. Das Zmtrum sollie mit dem guten Beispiel vorangehen, wenn es gilt gegen die Sozial demokratie vorzugeden. Ich spreche von dieser Stelle aus den Katholiken und besonders den Bischöfen den Dank aus, die dem ewigen Leitstern folgten. Ich werde von meinem Rechte Ge brauch machen, in Mahlzeiten zu reden und ich werde es künftig noch mehr tun. (Widerspruch rechts.) Die Regierung läßt sich das Maul nicht verbinden. Dem Flottenverein stehen wir ganz unab hängig gegenüber. Was die Briefe angcht, die dem General Keim gestohlen worden sind, so habe ich zu sagen: Der Flottenverein hat mir seine Unterstützung angeboten. Die Negierung ist berechtigt, im Wahlkampfe amtliches Material zu gebrauchen. Ob General Keim immer da« richtige getroffen hat, brauche ich nicht zu ent scheiden. Aber derselbe hat sich in den Dienst einer guten Sache gestellt. Ich habe den persönlichen Kampf nie geliebt. Die Sozial demokratie hat bier gesündigt, das Zentrum aber hat auch gefehlt. Wer hat gesiegt? Nicht die Parteien, die eins,itig vorgingen, das deutsche Volk hat gesiegt. Die Mehrheit zwischen Normann und Kämpf ist nicht homogen, aber das Zentrum tst auch keine einheit liche Partei; es würde alle Pläzze in diesem Hause füllen, wenn das konfessionelle Band fortfällt. Von der neuen Mehrheit erwarten wir positive Arbeit ich werde dieser Mehrheit Rechnung tragen. An der seitherigen Wirtschaftspolitik halte ich fest, aber über Wünsche der Linken läßt sich reden, ich denke an ein Reichsvereinsgesetz, an Ersparnisse beim Heer, an Börsengcsetzreform, an Fortschritt der Sozialpolitik usw. Eine fruchtbare und zielbewußte Politik kann mit der neuen Mehrheit getrieben werden. Das Vertrauen muß wachsen zum Wöhle des Volkes. (Beifall.) Da« Ha»S vertagt die Weiterberatung auf Dienstag 1 Uhr. Schluß '/I! Uhr. Politische Rundschau. Dresden, den 20. Februar 1W7. — Prinz Eitel Friedrich ist zum Ehrenritter des Johanniterordens ernannt worden. — Das NcichötasiSpräsidium wurde am Sonntag mittag vom Kaiser empfangen. Wie der „Verl. Lokal- Anzeiger" meldet, klang ans den Worten des Kaisers die freudige Genugtuung über den Sieg des nationalen Ge dankens bei den Wahlen durch. Er kam auch auf das allgemeine Wahlrecht zu spreche», und gelangte zu dem Schluff, „das; dies so vielfach angefeindete Wahlrecht sich durchaus bewüh'.t habe". „Mit besonderer Lebhaftigkeit beschäftigte sich der Monarch mit dem Ausfall der Wahlen im Königreich Sachsen. Er sprach über sie in dem Siizne der Telegramme, die er und Se. Majestät der Köllig von Sachsen voller Genugtuung über das endgültige sächsische Wahlergebnis miteinander anögetauscht hatten. Aber sogleich nach der Hauptwahl, so erzählte der Kaiser, habe er mit dem König, nl« dieser zum 27. Januar nach Berlin gekommen war. über die Wahlen in Sachsen sich ausgesprochen, und da sei es ihm interessant gewesen, zu bemerken, wie gut sich der König über die Persönlichkeiten der Abgeordneten, bez. der Kandidaten unterrichtet gezeigt habe. Eins sei jedenfalls festgestellt und festznhalten als das lehrreiche Ergebnis der letzten Wahlen, daß der An prall der Sozialdemokratie zerschelle, sobald die bürger lichen Parteien sich zusammenichlteffen. Bezüglich des Zen trums liest der Ka.ser durchblickeu, das; ihm die Verschieden heit zwischen der regieiungssrenndlichen Haltung des Episkopates und der der Zentrumspartei nicht entgangen sei. Ans diese Verschiedenheit stützte der Monarch die Hoff nung, aus eine künftige ersprieffliche Politik des Zentrums. Die weltpolitische Lage berührte der Kaiser ebenfalls. Er zeichnete in groffen Umrissen die Konstellation der Mächte, wie sie nach den Ereignisse» im fernen Osten und durch diese sich ergeben habe. Das Fazit seiner Betrachtungen zog er in einem für die Ei Haltung des Friedens höchst günstigen Sinne. Auch die Entwicklung unserer Kolonien wurde von ilnn erörtert.'' — Diese Mitteilungen deS „Berl. Lok.-AnzeigerS" sind recht farblos. Ganz besonders unln stimmt sind die Aenffenmgen dev Kaisers über das Zentrum. Man muff nach diesen annehmen, der Kaiser erwarte von einer Spaltung des Zentrums eine ersprieff- liche Politik. Wenn der M«narch einen Blick auf die Ver gangenheit des Zentrums wirft, so wild er wohl bereits in ihr ein ersprießliches Arbeiten für deS Reiche» und de» Volke» Wohl erblicken. Offenbar hält der Monarch die 50 Mitgl. u. 5 Hosp., zus. 01 20 „ u. 3 „ " 23 C. „ 0 10 „ „ 10 104 u. 1 ^ „ 105 20 „ 20 50 „ u. 5 „ „ 55 10 u. 4 „ „ 14 7 „ „ 7 43 „ „ 43 10 „ „ 10 Mitwirkung deS Zentrums zu einer ersprießlichen Politik nötig. Das mag dem Reichskanzler und seiner Mehrheit unangenehm sein, die ja ohne Zentrum auskommen möchten. Hoffentlich gilt das allgemeine Wahlrecht nicht nur dann als bewährt, wenn die Sozialdemokraten trotz desselben unterliegen. Jedenfalls ist den Scharfmachern der Boden zu den Quertreibereien gegen das Wahlrecht genommen. Folgende Bemerkung der «Germania" unterschreiben wir: „Daß übrigens die Niederlage der Sozialdemokratie, nicht zuletzt auch in Sachsen, dem Umstande zu verdanken ist, daß der kuror protoickantiau» von allen Seilen aus gerufen wurde, scheint niemand dem Kaiser dargelegt zu haben. Bei seinem aufrichtigen Bestreben, den Katholiken in gleicher Weise wie den Protestanten gerecht zu werden, würde dann seine Freude über das Wahlergebnis wohl nicht ganz ungemischt gewesen sein." — Stärke der Fraktionen. Der am 22. Februar ab geschlossene Fraktionsbericht ergibt folgendes Bild: Konservative Neichspartei Neformpartei (Antis.) 0 Wirtschaft!. Vereinig. Ist Zentrum Polen Nationalliberalen Freis. Vereinigung Freis. Vollspactei Sozialdemokraten Fraktionslos Unter den „Wilden" befinden sich 5 Elsässer (Delsor, Preuß, Neklin, Wetterlo und Wiltberger) 3 Lothringer (G'ägoire, Labroise, de Wendet), ferner der Neichotagsprästdent und Erbprinz von Hohenlohe. Naumann ist der Freisinnigen Vereinigung als Mitglied beiaetreten. Dem Zeiitrnmsabgeordnctcn Gröber ist der Titel und Rang eines Landgerichtsdirektors verliehen worden. Seine Mandate sind hiermit nicht erloschen. Diese seltsame „Beförderung" »ins; Aussehen erregen, weil man dem hoch- verdienten Juristen nicht die Stelle selbst verlieh, sondern nur „Titel und Rang". Aber die Verehrung des katholischen Volkes ist dem „Uebergegangeneii" nin w sicherer. — Tie Komödie von dein Diebstahl im Flottenverein ist jetzt zu Ende, denn General Keim erklärt selbst, das; ihm nichts entwendet worden ist. Man lese nur folgenden Brief desselben ansnierksam durch: „Berlin >V. 30, den 23. Febr. 1007. Elffholzstiaffe 3. — An das Königliche Generalkom mando des dritten Armeekorps, Berlin. Wie daS Königliche Geiieraloberkonnnando ans der Anlage erseheil wolle, habe ich wegen fortgesetzter Perlenmderischer Beleidigung seitens des „Bahr. Eonr.", München, und der „Germania", Berlin, im Zusammenhänge mit mir entwendeten Privatbriefen, ivelche in den genannten Zeitungen veröffentlicht werden, Strafantrag bei dem znständigeii Gericht gestellt. Trotzdem möchte ich ans grund deS tz 2 der Allerhöchsten Verordnungen über die Ehrengerichte, welcher besagt, das; Offiziere zum Schlitz ihrer eigenen Ehre an ein Ehrengericht appellieren können, hiermit den Antrag ans Einleitung deS ehrenge- richtliciseii Versah--e»S stellen. Ich stelle hierzn sämtliche Konzeple der in der Wahlangelegenheit von mir geschrie bene» Briefe sowohl die private» als auch die in meiner Eigeuschrst als Mitglied des Präsidiums deS deutschen Flot- tenvereiiis gewechselten zur Verfügung, also auch diejeni gen, welche der „Bahr. Eonr." bis jetzt »och nicht veröffent licht hat. Mit vorzüglicher Hocl-achi>i»g habe ich die Ehre zu sein gez. .Keim, Generalmajor." - Dieser Brief des Ge neralmajors Kein, enthält einen groffen Widerspruch; er spricht eingangs von „entwendeten Briefen", am Schlüsse aber sagt er, das; er „sämtliche Konzepte" seiner Wahlbriese dein Ehrengericht unterbreite. Dann kann ihm aber doch nichts entwendet sein, wenn er alle Konzepte noch hat. Hier liegt ein großer Widerspruch vor, den wir nicht lösen können, wenn wir nicht das gesamte „Gerede" über den Diebstahl als eine Komödie nnsehen. Es scheint uns auch so zn sein. Da legt sich die Frage nahe: Hat man nicht die ganze Dieb- slahlskomödie ersniiden, »in die Aufmerksamkeit von dem Inhalt der Briese obznlenke»? Jedensalls wird der Staats anwalt bei seinen ineiteren Nachforschungen sich diesen Brief genau ansehen müssen; wenn General Keim noch sämtlicl-e Briese hat, kann ihm doch keiner entwendet worden sein. Von den Arbcitr» des Zciitrumö gibt unS folgende Stelle ans eine»! Briese eines geschätzten Abgeordneten ein klares Bild: „„Die Zentrnmssraktion hat schon tüchtig ge arbeitet; sie hielt bis Sonntag nicht weniger als acht Frak- lionssitziliigen und zehn Vorslandssitziingen ab; daneben tagte» noch die Ausschüsse für die Anträge nebst den Redak tionskommissionen. Also Arbeit in Hülle und Fülle. In den sitziingssreie» Tagen begann diese nm l(1 Uhr früh und dauerte wiederholt bis Ist Uhr abends. Unsere „Jungen" baden sich schon sehr eifrig an der Arbeit beteiligt und zei gen überhaupt eine Arbeitslust, die höchst erfreulich ist und für die Zukunft das beste erwarten läßt. Tie Amvesenheits- gelder haben also für einen guten Ersatz gesorgt. Die seit herige Arbeit der Fraktion hat sich zunächst ans Formation erstreckt; der alte Vorstand ist wiedergewählt worden. Eine Neuerung ist, das; jedes Mitglied monatlich 5, Mark Frak tionsbeitrag zahlen iniiff; daS Geld ist sehr notwendig, mn mit der Zeit einen Sekretär für dir Fraktion freistellen zn können, wie es znm Beispiel die Sozialdemokraten schon längst haben. Tann ging es an die Initiativanträge, die innerhglb zehn Tagen fertiggestellt werden müssen, um als gleichberechtigt zn gelten. Hier gab es min eine Menge Arbeit, aber es ist gute Arbeit geworden. Zunächst wurden große Anträge für Landwirtsckxift, Handwerk, Kanfmaiiiis- stand, Arbeiterstand, M'anitenstand und Privatbeamte ge stellt; dann folgten solche für Bergarbeiter, Bauarbeiter und Weingartner. Ans politischem Gebiete sind zu nennen: Schutz der Abgeordnetenimmnnität, Reform der Strafpro- zeffordnniig, Sckiafsnng eines NeichsbereinSgesetzes usw. Daß der Toleranzantrag wieder eingebracht worden ist, war eben so selbstverständlich, wie es die Gegner ärgert. DaS Zen trum läßt sich nicht nnterkrilPen; eö liat das erste und beste Arbeitsprograinm entwickelt, eS hat für fünf Jahre hindurch für Arbeit gesorgt, indem eS aller Stände gedachte. So zeigte sich die Fraktion als eine echte und wahre Volks- Partei." — Eine Entschuldigung der konfessionellen Hetze de» Flottenvereins versllchten die „Berl. Pol. Nachr.", indem sie schreiben: „Wozu siud diese gauzeu großen Post-, Eisen bahn-, Krieger-, Kolonial-, Flottenvereine und wie sie sonst alle heißen, denn da, wenn sie in solchen Zeitläufen, wo eS sich um die heiligsten Güter der Nation l>andelt, ihre Kö nigstreue und ihre nationale (Sesinnnng, nicht offen betäti gen und mit in den Wahlkampf, Mann für Mann, eingrei- fen dürfen? An Kaisers Geburtstag in Ertrauniform zu er scheinen und ein dreimaliges Hurra anszubringen, damit ist die nationale Pflicht doch noch nicht erfüllt. Es ist die all gemeine Furcht vor den Großmäulern im Reichstage, vor den Preßmeuten sozialdemokratisckxw und Mossescher Art. die diese Vereine abschreckt. Wir haben weder mit dein Flottenverein, noch mit Herrn General Keim seit Jahren irgend eine Verbindung, aber wir fühlen uns doch gedrun gen, es einmal offen auszusprechen und gerade herauszu- sagen: diese ganze Vereinsmeierei bei uns, die sich national, königstreu und wie sonst noch nennt, ist eine Farce, tvenu sie in solchen Zeiten versagt, weil es statutenwidrig ist, sich mit Politik zu beschistigen." Eine solche „Enthüllung" ist sehr dankbar: wir ziehen auch daraus die Konsequenzen, daß cs einem Katholiken nach diesen Sätzen gar nicht mehr mög lich ist, in einem solchen Verein zu bleiben. „National" sagt man, so sagte auch Keim, aber konfessionellen .Hader streute man anS! Sollen die Katholiken sich in ihren eige- neu Vereinen beschimpfen lassen? Nein! nein! — Ein Erfolg des Zentrums. Die frühere Arbeit des Zentrums wirkt noch nach. Durch eine Verfügung des Kriegsministeriums sind die Betriebe der Heeresverwaltung, unter anderem also die Proviantämter, die Armeekonserven- fabrik, die Bekleidungsämter und die Garnison- und Lazarettverwaltung angewiesen, den bei ihnen dauernd be schäftigten Arbeitern künftighin unter Fortzahlung de« Lohnes alljährlich einen Erholungsurlaub zn bewilligen. Es war besonders der- Abg. Gröber, der ans diesen Fortschritt seit Jahren hinarbeitete. — KslouialdirektorDernbnrg beabsichtigt, seine Kolonial- reise unmittelbar nach dem etwa für Miste Mai zn er wartenden Schluff der Reich? tagssessio» cmzntrete». Er bat für sie vier Monate in Aussicht genommen und gedenkt sie auSschlieklich auf Osiafrika zn beschränken. — Das 'preußische Abgeordnetenhaus hat am Montag die neue Berggesetznovelle betreffend Mntimgsinonopol für Kohlen und Salze beraten; der Entwurf fand eine sehr ge teilte Ausnahme; er wurde an eine Koimnission verwiesen. — Der Entwurf einer mecklenburgischen Verfassung liegt iu Schwerin fertig vor. Den Widerstand der Ritter- schast will die Negierung im Notfälle durch den Buiidesrat brechen. Italien. — In der Depuliertcnkammcr erstattete die Pctilions- kommission ihren Bericht über die Petitionen, den Frauen daö politische Stimmrecht zn gcwähren. Im Lauie der Verhandlung über den Bericht erklärte der Mmisterpräsidcnt Giolitti, er könne bezüglich der Frage des Frauenstimmrechts zurzeit eine bindende Erklärung nicht abgeben, sondern nur versprechen, daß er die Frage studieren wolle. Ans Antrag eines Deputierten und mit Zustimmung des Ministerpräsi denten werden die Petitionen dem Minister des Innern überwiesen. Holland. — Prinz Heinrich der Niederlande hat durch sein mutiges Eingreifen viel dazu beigetragen, daß der Wotau trotz der ungemtnderten Erregung des Meeres nochmals einen Versuch machte, an das gesunkene Schiff Berlin heranziikommen, der dann von so schönem Erfolge gekrönt war. Dadurch hat er sich viele Sympathien bei der nieder ländischen Bevölkerung errungen. Sonnabend abend 7 Uhr brachten Tausende dem Prinzen Heinrich der Niederlande vor dem Schlosse -Huldigungen dar für seine Teilnahme au den Rettungsversuchen. Man sang nationale Lieder. Beim Erscheinen der Königin und des Prinzen erschollen brausende Bravorufe. Der Prinz dankte .und brachte den tapferen Rettern ein Hurra ans. in das die Menge begeistert ein- stimmte. Sämtliche Blätter sind voll des Lobes über die Haltung des Prinzen bei der Retnmg der Schiffbrüchigen. Unter anderem übersandte der Präsident der Handels kammer von Amsterdam dem Prinzen eure Depesche, in welcher er im Namen der Handelskreise von Amsterdam seine Hochachtung zum Ausdruck bringt. Fsrankreilü Ob Lvurdcs zu schließen sei? Ein katholischer Arzt, Tr. Vincent in Lyon, hat sich die Aufgabe gestellt, die Herausforderung des Jean de Vonnefon zn verwirklich»«.'», daß die Aerzte Frankreichs ihr Gutachten abgeben sollten, ob LonrdeS Piszine geschlossen werden soll. Schon bis Oktober hatte er 7l!st Znjchristen erhalten, die sich gegen diese Maß regel richteten. Jetzt belaufen sie sich ans 235(1. In einem Buche veröffentlicht er diese Zuschriften und teilt sie in vier Kategorie», gemäß den charakteristischen Merkmalen der medizinische» Aenffernngcn. Entweder protestieren sie inr Nomen der Wahrheit und Menschlichkeit, da kein Faktum zur Schließung berechtige. Nicht ein Fall von Ansteckung sei in diesen 5(1 Jahren vorgekommen, der der Wallfahrt zur Last zn legen wäre. LonrdeS sei eine Stätte allgemeiner Wohltätigkeit. — Oder sie protestieren inr Namen der Heil- knnst und der Gesnndheitspslege; oder endlich, sie erklären sich kurzweg gegen die Schließung. Zmn Schlüsse stellt er Sätze ans, wie: 1. Niemand ist verpflichtet, an LonrdeS zu glauben. 2. Niemand ist gelxllten, nach LonrdeS zn pilgern. .3. Tie Freiheit verlangt, jedem das Neckst zu lassen, sich dort hin zn begeben, wobin es ihm verlangt, dort zn tun, nxis ihm gefällt. 4. Jeder ist Herr der eigenen Gesundheit, keiner ist gehalten, sich zu baden, jeder hat das Neckst, sich in dem Wasser zn baden, das ihm beliebt. 5. LonrdeS schließen, wäre ein großer antisozialer, antimedizinischer, antihygienisckstr Mißgriff, ein Vergehen, gegen die Kranken. ArrS Ttadt und Land. Dresden, den 20 stebruar 1»07. Tageskalender für den 27. Februar. 1V00. sieier der silbernen Hoch,eil de« deutschen «aiservaare» und Trauunq de» Prinzen Eitel ffriedrich mit der Herzogin Cbarlolte von Olden- bura. — 1908. f- Dr. Peterfen ln Leipzig, ehemaliger Senat»« Präsident am Rrtch«gericht. — 18W. f «lbrecht Salvator, Erzhe,zoz