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Nr. 3563. Kommunionbildchen für Knaben und Mäd- chen. Gebetbuchbildchen in Chromolithographie. 10 Dar- stellungen. Format 85 X 46 Millimeter. 6. mit gezacktem Rand, 100 Stück 2 Mark: 2,40 Kronen; 2,50 Franken. O. mit gezacktem Rand, Feingoldschnitt und Leinwand- Imitation-Prägung. 100 Stück 4,40 Mark; 5,30 Kronen; 5,50 Franken. — Zwölf bekannte, beliebte Darstellungen, welche alle das heiligste Sakrament des Altares zum Gegen stand haben und gerade als Gedenkbildchen an die erste hl. Kommunion besonders gut verwertet sind. 5prachecke des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins. Eine sprachliche Modekrankhrit nennt O. Sarrazin in der Zeitschrift des Deutschen Sprachvereins die immer mehr einreißende Sucht, Straßen, Plätze usw. mit vielfach zu sammengesetzten Namen zu bezeichnen. Statt der ein fachen Arndtstraße findet man Ernst-Moritz-Arndt-Straße. statt eines Franzplatzes den Kaiser-Franz-Grenadier-Platz und so fort. Früher dachte man darüber anders und — verständiger. Man bezeichnete Straßen und Plätze einfach und schlicht mit einem Namen, wie es für den Verkehr, für Handel und Wandel, für möglichste Kürze bei Woh nungsangaben, bei Briefaufschriften, nicht zuletzt auch zur Kostenersparnis bei Draht- und Kabelmitteilungen am vor teilhaftesten ist. So prägte man in Berlin zum Beispiel die Friedrichstraße, unbesorgt darum, daß sie ihren Namen zu Ehren König Friedrichs l. von Preußen erhielt, und die dortige Franzstraße würde man heute sicher mit „stra ßenkundiger Genauigkeit" als „Kaiser-Franz-Joscph-von- Oesterreich-Straße" bezeichnen, denn von ihm führt sie den Namen. Und diese Modekrankheit wird auch auf alles an dere übertragen, was irgendwie erinnerungsbedürftig scheint: Krankenhäuser („Rudolf-Virchow-Krankenhaus"), Schulen, Kirck-en, Denkmäler, ja Linden, Eichen und Tannen — alles erhält seinen langgezogenen „Gedächtnis namen". Die schönsten Blüten treibt diese Verewigungs sucht in den Namen von Stiftungen, wobei die liebe Eitel keit — männliche wie weibliche — ihre verführerische Nolle spielt. „Ferdinand-Günter-Stiftnng" ist noch zahm, ob wohl „Günterstiftnng" vollauf genügte, weil die Stiftungs- urkunde ja alles Nähere enthält. Größere Sicherheit für die Zukunft bietet schon die „Tr.-phil.-Hcrniann-Schulze- Stiftung". Und eine wahrhaft wohltuende Gründlichkeit des Geschichtsforschers, zugleich das glücklichste Ehevcrhält- uis der wohltätigen Gatten spiegelt sich in der „Professor- Friedrich-Eberhard-und- Rose - Elisabeth - Neugebauer - Stif tung". Tie Palme aber auf dem Gebiete urkundlicher Jn- schriftknnst gebührt der Stadt Schöneberg. Sie hat vor Jahren in ihren Anlagen ein Gedenkbäumchen gepflanzt, dessen Name auf einer Marmortafel verewigt ist und in zierlicher Kürze also lautet: „Gencral-Fcldmarschall-Prinz- Fricdrich-Karl-Von-Preußen-Eiche!" Man sollte auch beim Prägen von Straßen- und anderen Namen endlich die so viel berufene zeitgemäße Forderung befolgen, „das Schreib werk zu vermindern und zur alten Einfachheit und — Sparsamkeit zurückzukehren", alle derartigen Wörter-Un- getüme aber sobald wie möglich in kurze, schlichte Namen zurücktaufen. Theater und Alufit. > DreSde«. Konzerte. Arrangement« und SiatrittSkartev F. Nie«. Köutgl. Hof-Musikalienhandlung, Konzert.Dtrettton unt Piano-Lager (Inhaber: ft. Plötner), Seestratze 2t (Kaufhaus). Leo Erichsen, Experimevtal-Vortrag über: EplriliSmu?, Sxprr meutal-Psychologie, Fakir wunder, Gedankenlesen, Telepathie. Mittwoch (Bußtag) den 28. Februar, nachm 4 Uhr und abends 8 U:r, Palmeoganen. Karten L 3, 2, 1 Helene Staegemann-Stgwart. Volkslieder«Abend. Am Klavier: Dr. Botho Sigwart. Donnerstag den 21. Februar, abends >/,8 Uhr, Palmengarten. Sitzplätze L 4, 2>/2 Stehplätze ä l»/° Julia Cnlp, Lieder-Sbend. Am Klavier: Elich I. Wolfs. Freitag den 25. Februar, abends Vr8 Uhr, vereinshau». Sitz plätze L 4, ». 2 Stehplätze L l Frieda Talönt-Brützmacher (Gesang) und Georg Talänt (Violoncello.. Konzert- Am Klavier: Karl Prctzsch. Sonnabend den 26. Februar, abends Uhr, Palmeugarlen. Sitzplätze L 4. 2'/- Stehplätze L 1'/, ^ Unter dem Schutze Ihrer König!. Hoheit der Frau Prinzessin Johann Georg: Konzert szum Besten de« Hellerhofe«. Mitwirkende: Erika Gedektnd und Christa Hansmann (Gesang). Dettmar Dressil (Violine). Karl Kurz-Stolzenberg (Gesang), Fevx Schweighofer (Deklamation», Percy Sherwoob (Kiavier). Sonn abend den !6. Februar, abends */,8 Uhr, Vereinshau«. Sitzplätze ä 4. 3. 2 g«. Stehplätze L l Kartenverkauf und SbonuementSanmeldung bei F. Nie«, Scestraße 2l (KausbauS) und Ad. Brauer <K. Plötner) Neustad!, Hruptstraße 2. — Kartenverkauf von S—1, 8—6 Uhr. Au- der Geschäftswelt. Das altbekannte und beliebte Tanzlehr-Jnstitut von Direktor Henker und Frau. Dresden-A, Maernistr. 1, beginnt seinen diesjährigen Extra-Kursus nur für ältere Damen und Herren am 3. März >/,9 Uhr abends. Da die Lehrwctse wenig anstrengend und der Unterricht ungeniert ist. können sich selbst noch Bejahrte daran beteiligen. Juristischer St«tgeber. Auskünfte über juristische Ansraaen werden unseren Abonnenten an Lte'er Steve erteilt, sink bitten wir, der Anfrage so Ps. tn Briefmarken zur Deckung d.i tzorloauSlage» betzutegcn—Fürdie Auskünfte überncbmen wir ketncBeraniworliiug V. I»., Dresden. „Wie wird das Einkommen an« einer Dienstwohnung bei der Einkommensteuer berechnet nach dem preußisch,-n Einkommensteuergesetz?* — DaS Einkommen aus Dienst wohnungen ist nach dem ortsüblichen Mietswerte, jedoch nicht Höger als mit fünfzehn vom Hundert des baren Gehalis des Berechtigten in Ansatz zu bringen. Hi. Bautzen. .Zur berechtigten Führung des Adels- titrlS genügt doch die Adoption durch einen Adeligen?" — Die Adoption allein genügt nicht, zur berechtigten Führung müsten Sie vielmehr noch die Genehmigung des Landesherrn nachjnchen. Pr»»«kteudSrie. DrrSde«, 21. Februar. Vrodukteuprelse in DreSder. Prelle in Mark. Wetter Schön. Stimmung: Geschästslos. Wetzen, brauner, neuer (74—78 kx) 218-226, russischer rct 240-252 Kansas 24g-252. Roggen, sächsischer alter ,70—73 dp) neuer 157—163. russischer 18Z—186. Gerste, pro 1006 lc^ netto: sächsisch- 152-167. schlesische 164-170, poser.er 150-174. büdm. 17g—lS4, Futtergerste 135—142. Hafer, pro 1000 leg sächs. 16l b:s t67. beregneter 113—155, schles. u. poseuer 161 — 167, russischer I5l-157. Mais, Cinquantine —,—,—, alter 178—187, Laplota, gelber 161—163, Rundmais, gelber 159—163. Erosen pro lOLOKs- netto 180—190. Wicken pro 100 netto sächsische 170—185. Buchweizen, iniänd. und fremder 190—105 Leinsaat, feine 325 bis 33ö, miltl. 310-326. La Plata 320-330, Bombet, 335-340. Nüböl pro 100 kg mit Faß, raff.62,00. Rapskuchen (Dresdner Marken) lange 13,50 Leinkuchen, pro 100 kx; (Dresdner .Marken), I. 10,00 II. 1t.50. Malz, pro 100 kß netto ohne Sack 26,00—31,00 Weizenmehl. I. Marken, pro 100 kß netto ohne Saä (Dresd, I Marken): Kaiserauszug 37,50—38,60, Grieslerauözug 36.50 bis 8/.0.1. Semmelmehl 35,50—36,00, Bäckermundmchi 34,00—84,50 I Brieslermiindmehl 25,50—26,50, Pohlmehl 18,00—19,00. Roggea- mehl pro 100 ^ net-o ohne Sack (Dresdner Marten): Nr. ll 25,50-26,00, »r. 0/1 24.50-25.00. Nr. 1 23,50—24.00. Nr. 2 21,00-22.00, Nr. 3 17.50—18,00. Futtermehl 14.40—14,60. Weizen, kleie grobe 1l,60—12,00, seine 11,30—11,50. Roggenkleie 12,20 bis 12,40. Die sür Artikel pro 100 lc^ notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 lez. Alle andern Notierungen gelten sür Geschäfte von mindesten- 10000 lczx. Feinste Ware über Notiz Mehlpreise verstehen sich exklusive der städtischen Abgabe. * GchlAchtvtechpretse ans dem Biehhose z« Dresden am 2l Februar 1910 nach amtlicher Feststellung. Marktpreis jik «ee. gattung Aus- kleb Bezeichnung dv Ir, bebend-iSchlncht- «ewlcht Stück Mb j Ml. schien .. . IS») 218 1. «r. Sollsictschtge, auSgemüstetc HLchften EchlachiwerlcS bis zu 6 Jahren . . d. Oesterreicher dergleichen 2. Jung- fleischige. nicht auSgemüpcie, — <0-48 47-üO 76-78 83-SS 71-75 Liiere auSgemüstetc 8. MLtzlg gcnLhrie junge, — gut genährte 35-38 87-70 allere 31-34 4. Bering genLhrtc jeden Alters .... tt Bollfletlchige.auSgi'MüIlele »ulken HSch> 25-30 57-65 Kalben und «übe . . . 288 Ilcn SckilachlwertkS 2. Bollfleischlge, auLgemLjlele Kühe HSch. slen SchlschtwcrtcS bis zu 7 Jahren . S. Aelicre auSgemüstcle Kühe und wenlg aul cnlwickelle jüngere Kühe und Kalben 38-41 70-73 L«) 34-37 65—HÜ 30-33 ko—«4 4. Müßig genabrle Itühc und Kalben . . b. Bering genührle Kühe und Kalden . . 25— 55—58 48-53 Bullen.... 278 l. Br'llstcilchige höchsten SchlachtwencS . 38-4 l 68-72 SS') 2. Müßig genühric ,Lngerc und gut ge- nührle allere 34-87 84-67 8. Gering genahrie l. Feinste Mast- iBellmilchmast) und beste 30—33 «8-63 «Liber.... SKI «augkülber 5Ü-53 88 «3 2. Miniere Must, und gute Saugkälber . 46-42 76—78 3. Geringe SnngklNber iI-45 71-75 4. Aelrere gering genahrie tijrcster). . . Llbnse. . . 868 l. Mnstiammcr it-4Ü 84-86 2. Jüngere Maslhamuiel 8L-42 8I-V8 3. Aellcre Masthummel 4. Müßig genahrie Hammel und Echasc (Mürzlchake) tt a «allfletichige der ielneren Austen und ök-38 74-78 hchwetN!! . . 238') 2226 54 -5« 71-73 deren Kreuzungen tm Aster dir zu rinundelnvlerlcl Jahren b. Fetlschwemc 2. KIcilchige L6—57 '.2—53 73—74 68-78 ' Nrbrr. 3. Gering enimickclte, sowie Sauen . . . 48-51 65-68 »ander. 4. «n4la»diiche zusammen 4182 ! Duknahmepreisr über Notiz. — Geschäftsgang: Bei Ochsen. Kalben, Kühen, Eulen Kä.Kern u .d Schafen langsam, b ä Schweinen schleck». — Von dem Auttri be sind 26 Rinde» und 61 Schafe östev- r?ich sch vngariickcr Herkunft. GpielM-« der Theater rri Dresden. Alrtigl. QprrnLauö. Millwiick : isichlofien. ToauerSlaz: Nobms Ende. Anfang lljr. «vn gl- Lchanfpirltzar.-». M l',v ch Lesrlnsieu Donnerstag: Der Herr Senator. Anfang (Ihr. Residenz,dearer. Mittwoch, e mäßigte Preise, Gastspiel der .Urania", Berlin tW'.ss.nschcisili.beS Thcat r) >>hr: Von der Zugspitze zum Watzin .nn, Streifzüge du ch Ob-ibay-rn; Uhr: An> Golf von Neapel, eine FrühlingSfaint zum Gestade der Sirenen und Zyklopen. Donnerstag: Der Fürst von Marokko. Anfang Uhr. Zentral»Theater. Mittwoch: Geschloffen. Donnerstag: Die geschiedene Frau. Anfang 8 Uhr Gpirlpl«« der Theurer in Leipzig. Nene» Theater. Mittwoch: Geschloffen. Donnerstag: Elektra — Aktes Theater. Mittwoch: Geschloffen. Donnerstag: Der Graf von Luxemburg.— Schaufp'.elhau». Mittwoch: Ge schlossen. Donnerstag: Das Konzert. — Neues Operetten» Lbrater. lZe"tral-Lvcater-. Mittwoch: Geschlossen. Donnerstag Miß Dudclsack r - 8 - Es war Bünau förmlich zur fixen Idee geworden, daß ihn der Kon kurrent in jeder Beziehung schädigte. Kleinigkeiten im häuslichen Leben kamen hinzu, um die Nichtigkeit dieser Auffassung in seinen Augen zu be stätigen. Auch die Dienstboten trugen das ihrige dazu bei, den Riß zu er weitern. Anna, die schnippischste aller Küchenfeen, die unter Fräulein Schef- fels Oberleitung den Bünauschen Haushalt besorgte, versäumte es nie, die ungeheuerlichsten Anschuldigungen, wo irgend tunlich, gegen die Familie Türmer vorzubringen, und wenn sich auch Doktor Bünau energisch allen Dienstbotcnklatsch verbat, so sickerte doch manches Gifttröplein in seine für solche Einflüsterungen nur allzu bereite Seele. Er wollte nicht einsehen, daß dieses Vorurteil durchaus unbegründet war. Türmer war ein unendlich gutmütiger und — der Grund seiner Be liebtheit — ein durchaus wohlwollender Mann, dem sein Beruf nicht eine nur notwendige Erwerbsquelle war, sondern der auch den inneren Drang spürte, seinen Mitmenschen zu helfen. Seine Gattin war in ihrer frischen, liebenswürdigen Heiterkeit, laut allgemeiner Ansicht der Mannstedter das Ideal einer Hausfrau; sie verstand es vortrefflich, Sorglosigkeit mit Sorg- samkeit zu vereinen und ihre Söhne ohne viel Ermahnungen und Reden zu erziehen. Die Namen der Sechs hatte Türmer, der das Knappe liebte, so kurz wie möglich gewählt: Hans, Franz, Friß, Karl, Mar, nur der jüngste war Leonhard getauft, gewissermaßen als Schlußcffekt, ein Wink, den der Storch auch gewissenhaft respektiert hatte. Sie waren, wie gesagt, alle gut geratene Exemplare, äußerlich wie innerlich, nur Franz, der zweite, zeigte mancherlei Neigung zum Dumm heitenmachen. So geschah es, daß er eines Tages in Gesellschaft eines Spieß gesellen sich über Doktor Bünau lustig machte, und die Worte: „Sei mir ge- grüßt, du Berg mit dem rötlich strahlenden Gipfel!" schlugen so deutlich an das Ohr des Verspotteten, daß Bünau eine exemplarische Strafe in Gestalt einer derben Backpfeife dem kleinen Sünder auszuteilen für gut fand. Leider verschwieg der Missetäter seine Unart, nnr von der Strafe berichtete er zu Hause, um dadurch auch nicht zu einer besseren Auffassung von der Liebens würdigkeit Doktor Bünaus beizutragen. Trotzdem war es allein Albertine, Türmers alte Dienerin, deren Abneigung gegen das Bünausche Haus schier bedrohliche Ausdehnung annohm, und diese konzentrierte sich in dem Haß gegen Anna, mit der sie — mit oder ohne Grund — stets Streit hatte. Frau Doktor Türmers Beschwichtigungsversuche hatten wenig Erfolg, „aus Annas Munde ginge keine Mücke, die nicht zum Elefanten würde," behauptete die Alte erbost, und aus diesem Gesichtswinkel wurde auch die Herrschaft von ihr beurteilt. So wob die Göttin der Zwietracht zwischen beiden Häusern Faden um Faden, um ein Gewebe zu bilden, das dicht und fest wurde und den Zugang von dem einen zu dem anderen Hause versperrte. Hilda erholte sich allmählich. Sic wuchs schnell, und dadurch erschien die schlanke Gestalt noch schmächtiger. Die Wangen blieben durchsichtig blaß. Sie war ein fleißiges Kind. Gewissenhaft machte sie ihre Schularbeiten, doch blieb sie schüchtern und von gedrücktem Wesen. Freundinnen hatte sie außer Wally nicht. Stets ging sie allein, als wagte sie nicht, sich ihren Schulze- fährtinnen gleichzustellen. Der kummervolle Zug in dem jungen Gesichte blieb, als wäre er da festgemeißelt. . Tie Kleine, die in einer Ecke des Zimmers gespielt hatte, kain langsam näher. Sie war blaß und unscheinbar, und Fräulein Mütze! bemerkte mit Genugtuung, daß ihr Liebling Wally bei weitem kräftiger und hübscher sei, als die Gefährtin, in deren traurigen blauen Augen stets eine gewisse Furcht samkeit zu bemerken war. Die Dame beugte sich mitleidig über die kleine Gestalt; sie war sehr un gehalten über den pflichtvergessenen Vater, der durch seine fast Menschenscheu zu nennende Abneigung gegen Geselligkeit auch dem Kinde den Jugendfroh sinn raubte. „Du siehst so blaß ans, Hildchen, fehlt dir etwas?" „Nein, Tante, nnr meine Puppe ist zerbrochen, denke dir, meine arme Puppe." — Die großen Augen wollte» sich mit Tränen füllen, aber Fräulein Sophte, die jeder Sentimentalität wie einer Krankheit zuleide ging, winkte ener gisch ab. „Das ist doch kein Unglück, Hilda, spiele lieber mit Menschen. Hier ist Wally, und von jetzt ab wirst du noch mehr Spielgefährten bekommen." Sie wandte sich an Bünau. „Ihr neuer Kollege ist im Begriffe, einzuziehen. Sie haben das jedenfalls auch beobachtet. Wie ich beim Borübergehen bemerken tonnte, hat er sechs Knaben. Da er gerade gegenüber wohnt, hätte Hilda ja bequeme Gelegenheit, sich mit den Jungen herumzntummeln." Bünau sah sie grimmig und verbissen an. Sie empfand, daß er sich heute besonders gekränkt fühlte, und sie wußte ja auch, warum. „Mein Kollege —I" Er stieß das Wort förmlich von sich, als beleidige es ihn. Fräulein Mütze! wurde kriegerisch gestimmt. „Nun, wenn Sie lieber eine andere Benennung hören: Ihr Konkurrent. Vielleicht ist die bezeich nender." — Das düstere Gesicht beschattete sich noch mehr. „Ihr Witz ist etwas scharf, Fräulein Mützcl. Doch lassen wir das. Nehmen Sie gefälligst Platz, Fräulein Scheffel sorgt wohl für Kaffee." Ueber Fräulein Sophies Stirn flog die Helle Röte des Unwillens, wäh rend sie wieder einmal konstatierte, daß sich das Greulichste ans Gottes weiter Welt in dem Begriffe „Mann" verkörperte. Aber sie schwieg über dies Thema, wußte sie doch, daß cs Bünaus Lieblingswnnsch gewesen war, das jetzt von Türmer gemietete Hans zu kaufen. Diese Enttäuschung mochte ihm den Ankommenden nicht empfehlen, um so weniger, als ihm ja naturgemäß in dem zweiten Arzte eine Beschränkung in seiner Berufstätigkeit erstand. Sie schlug jetzt ein harmloses Thema an, während die Kinder im Neben zimmer plauderten. Fräulein Scheffel trat mit flatternden Locken von Zeit zu Zeit an die offene Tür. „Sei ja recht artig, Hilda!" Eigentlich galt die Mahnung Wally, aber da sie selbst einem Kinde gegenüber sich verpflichtet fühlte, die Gesetze der Gastfreundschaft hochzuhalten, so hätte sic um keinen Preis dem kleinen Gaste Rügen erteilt. Hilda sah sie mit den großen Augen ängstlich an und nickte nur gehör- sam. Ach, sie war ja immer gehorsam. Sie gehörte zu jenen beklagenswerten .Kindern, die nie unartig sind, nie unartig sein können, da ihnen körperliche Schwäche ein Auflehnen gegen den Willen anderer unmöglich macht. »^*i »Der Konkurrent,*