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Inhalt nach dahin ging: ..Ich bin ein Gegner der agrarischen Zölle" und daran knüpfte sich eine lange Serie von Artikeln in der ..Chemnitzer Zeitung". Das sei geradezu eine Der- höhnung aller derjenigen, die mit ihm über diese Frage po- lemisiert haben, also auch der ganzen Fraktion. Es sei schwer, sich in den geschraubten Seelenzustand SchippelS hineinzuversetzen: er kann sich nur denken: Schippe! sei all- mählich Agrarschutzzöllner geworden. Redner wendet sich dann gegen den Antrag, die Fraktion aufzufordern, in Zu kunft sämtliche Forderungen für Kolonialzwecke abzulehnen. Vornehme Gründe der Humanität sprechen dagegen. Der Antrag, die Fraktion solle künftig für alle sozialpolitischen Gesetze stimmen, die den Arbeitern Vorteil brächten, sei schon deshalb nicht diskutabel, weil die Fraktion sich unmöglich an derartige schematische Vorschriften binden könne. Dr. Michels-Marburg tadelt auf das schärfste die Haltung der Fraktion in der Hererofrage. Die Berufung auf Gründe der Humanität und die Nolwendigkeit, Menschenleben zu schützen, sei völlig hinfällig. Redner könne auch der Aeuße- rung Bebels nicht beitretcn, daß auch die Sozialdemokraten dis auf den letzten Blutstropfen dafür eintreten würden, das; nicht ein Fetzen deutschen Landes von Deutschland losgerissen werde. Deutschland umfasse nicht bloß deutsches, sondern auch französisches, polnisches, dänisches Gebiet und die Kon sequenz der Aeutzerung Bebels würde sein, daß beispiels weise im Falle eines Polenaufstandes die Sozialdemokratie auch für die Beibehaltung der polnischen Gebiete bis zum letzten Blutstropfen eintreten müsse, die lediglich aus dyna stischen Gründen zu Deutschland gekommen seien. Ter Vor sitzende Tietz teilt mit, daß der Antrag betreffend Ablehnung aller Kolonialforderungen zurückgezogen sei. Rollwage-Augsburg begriindet einen Antrag der Augs burger Parteigenossen, die Fraktion aufzufordern, auf die Einbringung eines Gesetzentwurfes zu dringen, welcher der Zivilehe den logischen Abschluß des Zivilbegräbnisses folgen lasse. Die Beseitigung dieser Lücke liege im Interesse des Kulturfortschritts. Es müsse dem Mißstande ein Ende ge macht werden, daß ein Freigeist oder ein Selbstmörder wie ein tierischer Kadaver ohne Sang und Klang verscharrt wer den könne, oder daß die Kirche in gewissen Fällen ihren Bei stand bei der Dotenbestattung verweigere. Körsten-Ehemnitz tadelt die ablehnende Haltung der Fraktion gegenüber so zialpolitischen Vorlagen, speziell gegenüber den Kaufmanns gerichten. Man sei nun einmal darauf angewiesen, eine Po litik der mittleren Linie zu treiben. Wenn wir den Bauern nur mit der Forderung des Achtstundentags und anderen radikale» Forderungen kommen wollten, so würden wir mit unserer Politik bald pleite machen. Glücklicherweise sei j a d a s K a u f m a n n s g e r i ch t s g e s c tz ange nommen worden (Unruhe), ich bin überzeugt, wenn das Gesetz gefallen wäre, so würden uns die Handlungsge hilfen mit Recht die schwersten Vorwürfe machen (Unruhe). Abgeordneter Bebel verteidigt die Taktik der Fraktion im Reichstage. Damit schließt die Diskussion über die Tätig keit der Fraktion. In der Abstimmung wird ein Antrag an genommen, welcher die Fraktion beauftragt, dahin zu wirken, daß den Landarbeitern und dem Gesinde das.Koalitionsrecht gewährt werde. Abgelehnt wird der Antrag betreffend Zivilbegräbnis und betreffend Abänderung der Eidesformel durch Streichung der Worte „bei Gott dem Allmächtigen und dem Allwissenden" und „so wahr mir Gott helfe". Zinn Fall Schippet hat Bebel folgende Resolution ein gebracht: „Der Parteitag mißbilligt auf das schärfste die Unklarheit und Zwcidentijch'it, mir welcher der Genosse Schippe! seit langem in Wort >mb Schrift sich gegenüber der Frage der Lebensmülel- zölle verhalten und dadurch linieren Feinden Material gegen die Partei geliefert Hai. Wenn schließlich der Genosse Schippel. durch die Fraktion zu klarer Stellungnahme gedrängt, erklärte, daß er Gegner der Agrarzölle sei und in der Zolltarisrrage die Stellung der Partei teile, so war es um so unbegreiflicher und unverzeih licher, daß er seit Jahren seinen ganzen Scharfsinn und sein ganzes Können aufbot, um zu beweisen, daß vom agrarischen Standpunkt aus die Forderung der Agrarzölle gerechtfertigt sei, eine Aufgabe, die wahrlich nicht diejenige eines Sozialdemokraten sein kann. — Der Parteitag mißbilligt aber auch entschieden den häßlichen und hochfahreuden To», in dem der Genosse Schippel die Polemik gegen die Partei und Parteigenossen fübrle, rin Ver fahren, das sich um so weniger rechtfertigt, als er seinen Stand punkt in der Agrarfrage von Grund ans gewechselt hat." Außerdem liegen Anträge aus Berlin, Essen und Ham burg vor, der Parteitag möge eventuell den Ausschluß Schippels aus der Partei herbeifnhren. Hoch-Hanau: Das Vertrauensvotum, das Schippel sich von seinem Wahlkreis hat ansstellen lassen, imponiert mir absolut nicht: ein Ver trauensvotum kann der, der es haben will, immer haben. (Beifall und Widerspruch.) Hierauf wird die Weiterberatnng auf Mittwoch vertagt. D e K rrfessis ^Verhältnisse im D nt^chen Ncich. Das gelehrte statistische Werk von H. A. .Krosc, 8. ,l.. ist mehrmals in der „Sächs. Polksztg." genannt worden. Jedem, der ei» wenig Sinn für Statistik und Interesse an der konfessionellen Ziisainmensetznng der Bevölkerung Deutschlands hat, kann dieses Werkchen recht angelegentlich zur Lektüre empfohlen werden. Das Resultat der Untersuchungen des sclion durch seine diesbezüglichen Aufsätze in den „Laacher Stimmen" bekann ten Ie'uitenpaters ist allerdings für den Katholiken durch aus kein erfreuliches. Doch macht die fleißige Arbeit Kroses wenigstens den berufenen Kreisen ganz klar, wo der Hebel zur Besserung angesctzt werden muß. Sie zeigt des weiteren, wie unberechtigt eS ist. von einer bösen „Mischehenpraris" der katholischen .Kirche zu sprechen. Der Verfasser schildert in den ersten beiden Teilen des Büchleins den gegenwärtigen Stand der Konfessionen. Viele und reichhaltige, gewissenhaft ausgcführte Tabellen tragen zur leichteren Orientierung bei, eine dem Werke beigegebene, nach kleineren amtlichen Bezirken gegliederte Karte gibt eine gut Uebersicht. Der zweite Teil des Werkes enthält die nnmcrischc Entwickelung der Konfessionen im Laufe des 19. Jahrhunderts. Im dritten Teile endlich werden die Ur- sackfen der konfessionellen Verschiebungen besprochen. Gerade dieser dritte Teil könnte manchem vielerlei Stoff zu interessanten Referaten in Vereinen geben. Die Wunden, an denen wir Katholiken leiden, werden ja nun doch einmal nicht geheilt, wenn wir sie vor uns und anderen ängstlich verhüllen. ES wäre nun wünschenswert, daß einer käme und die in ' dieser Konfessionsstatistik Deutschlands dargelegten Tat- i sachen und angeregten Fragen in noch größerer Ausführlich- § keit gerade für das Königreich Sachsen ganz genau behan- delte. Mancher unserer Leser würde sein „blaues Wunder" sehen. Aber auch schon das. waS besagtes Büchlein über das Königreich Sachsen anführt, ist unerfreulich genug. Ter kirchliche Verwaltungsbezirk der protestantischen Landeskirche Sachsens zählt nach Krose 3 959175 Seelen; die beiden sächsischen Diözesen hingegen werden auf 205 339 Katholiken berechnet. Von denen, welche im Deutschen Reich das Wendische als ihre Muttersprache angegeben, sind 58 2-19 protestantisch. 58-14 katholisch. Diese katholischen Wenden wohnen meist im Königreich Sachsen, außerdem in Wittichcnau. Auf je 100 Seelen der ortsanwesenden Bevölkerung kamen am 1. Dezember 1900 im Königreich Sachsen 4,72 Prozent, und zwar: in der KrerSqnuptmannschaft Bautzen 10,25 Prozent. Chemnitz 2,92 . Dresden 0,14 „ Leipzig 3,33 » -« Zwickau 3,S7 » Das Königreich Sachsen ist also ein unbestrittenermaßen überwiegend protestantisches Land. Die Katholiken bilden nur in der Kreishauptmannschaft Bautzen eine einigermaßen beträchtliche Minorität, ein Zehntel der Bevölkerung. Am schwächsten ist die katholische Bevölkerung in der Kreishaupt mannschaft Chemnitz. Es findet sich in den vier Kreishaupt- mannschaften Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau auch keine einzige Amtshanptmannsckiaft, welche weniger als 90 Prozent Protestanten zählt. Abgesehen von der Stadt Dres den und den Amtshauptmannsckzaften Dresden-Altstadt und Dresden-Neustadt geht überhaupt kein Bezirk unter 95 Pro zent Protestanten herab. Einzig die Lausitzer Amtshaupt- »iannscl)asten Bautzen, Kamenz und Zittau haben 10,2 bis 10,2 Prozent Katholiken. Eine stetige Zunahme der Katho liken ist in den größeren Städten und Industriezentren wahrzunehmen. Hinsichtlich der sächsischen NcichStagswahlkreise bringt Krose folgende Zahlen: r-evoNe- rimn üv.r- ki» vl prulesl. k.itt,. 3»t>1 der f. v. I!en- lrum al>- «read.S» I. Ziiicni 125 020 105 755 13 515 2. Lübau 110 556 103 000 7 307 417 3. Baurzen Kamen,; .... !40!«3N 133 300 15 354 1742 4. Dresden r. E 203 412 250 534 10 025 303 5. Dresden l. E 223 021 l 03 300 23 302 720 0. AmiShailvim. Dresden A.- Dippoldiswalde . . . 275 735 257 701 10 330 279 7. Meißen-Großenhain . . . NH 501 >40 303 0 411 124 3. Pirna 153 177 143 713 0 040 HO 9. Freiberg 125 237 122 070 2 100 31 >0. Döbeln 132 041 120 055 2 731 — 11. Oi'cha!; Grimma . . . 127 330 124 7- 3 2 00, — 12. 2,ndl Leipzig 101 333 175 113 0 370 252 13. Aiiilshanpnii. Leipzig . . 421 740 404 041 14 «103 315 i4. Borna > 24 751 >21 044 2 702 — 15. Miilmeida Rurgstädi . . 104 377 >50 002 4 340 >6. Cnenun!; 270 374 201 405 12 275 133 17. Meoram Glauchau . . . 145 343 143 033 2 >75 30 >8. Zwickau ....... 213 ,32 200 043 7 570 133 1!>. Srolberg - Löpintz - Schnee- borg Hartenstein . . . 104 032 153 047 3 025 43 20. Saydä-Marienberg . . . 21. Annaberg-Schwarzcuberg . 120 302 124 355 I 472 — 133 230 >32 41 7 4 033 — 22. Kirchbcrg Auerbach . . . 174 221 100 000 3 410 — 23. Plauen 105 457 130 032 7 011 54 Diese Tabelle bedarf kaum einer näheren Erläuterung. Tie vierte Rubrik, „Zahl der für das Zentrum 1903 abge gebenen Stimmen", findet sich bei Krose nicht. Ihre An gaben beruhen auf der amtlichen Feststellung der Wahl- resnllate. Wenngleich auch diese Angaben nicht ganz vollständig sind, da iliancl-erorts die für Dr. Porsch abge gebenen Stimmen unter die „Zersplitterten" gerechnet sein dürften, so erscheint doch der Unterschied zwischen der Angabe und der tatsächlichen Stimmenzahl nicht gar zu bedeutend. Für manche Bezirke müßte sich auch ganz gewiß fiir ein an deres Mal die Stimmenzahl noch um ein beträchtliches er höhen lassen. Allerdings darf auch nicht ans dem Auge ver loren werden, daß in einigen Bezirken ein nicht unbedeuten der Prozentsatz der Katholiken Nicht-Reichsangehörige umfaßt. Politische Rmrbschan. Deutschland. — Tic Beisetzung des Fürsten Bismarck in Friedrichs ruh erfolgte am 21. d. M. um 1 Uhr nachmittags. Pastor Lahusen hielt die Trauerrede, welcher Offenbarung St. Jo hannis 1-1, Vers 13 zu gründe gelegt war. (Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben, von nun an. Ja, der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Arbeit, denn ihre Werke fol- gen ilnien nach.) Er wies in seiner Rede auf das tragische Geschick hin, daß die beiden Söhne des Altreichskanzlers so früh dahingegangen seien. Er pries den Fürsten als hin- gebenden Gatten und Vater. Das Leben des Entschlafenen habe aber weit über den Kreis seines Hauses hinausgereicht, es habe dem Vaterlande gehört. Die reichen Gaben, die ihm Gott verliehen habe, seinen durchdringenden Verstand, seinen vielgewandten Geist und seinen energischen Willen, sowie seine außerordentliche Arbeitskraft habe er dem Vaterland«: gewidmet als der vertrauteste Schüler, Gehilfe und Mit arbeiter seines Vaters. Nach der Einsegnung der Leiche setzte sich der Trauerzug zum Mausoleum in Bewegung. An der Spitze des Lcichenzuges schritten die Kapelle des 76. In- fanteriercgiments, die Deputation ehemaliger Angehöriger des 1. Gardedragonerregiments und Abordnungen studenti scher Korps. Zur Seite des Sarges schritten Forstbeamte. Dem Sarge folgten zunächst Graf Rantzau und der junge Fürst Otto von Bismarck, sodann Generaloberst von Hahnke, der Reichskanzler Graf von Bülow, der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Freiherr von Richthofen und daS übrige Trauergefolge. Die Feier im Mausoleum war von kurzer Dauer. Nach dem Choral sprach Pastor Lahusen das Sterbe gebet, indem er sagte, wir möchten Gott bitten, er solle uns Männer schenken, wie den Heimgegangenen, treue Diener des Vaterlandes und des Kaisers. Der Segen des Geistlichen schloß die Feier. — Es wird dem Btschsf Ve»zler al» eine Sünde gegen da« Deutschtum angerechnet, daß er für die i« Aspen- Hübel -et Spittel ansässigen zahlreichen böhmischen Arbeiter- famtlien eine eigene Seelsorge eingerichtet habe. In der Sonntagsnummer haben wir die Sachlage berichtet. Nun schreibt man uns aus Metz: Ihr Artikel hat in» Schwarze getroffen. Aber ein Punkt verdient noch angeführt zu werden Wenn man sich überhaupt entrüsten will, so ent rüste man sich über die meistens mit protestantischen Direk toren besetzten Grubenverwaltungen, welche die Leute an- nahmen, oder noch besser über die Agenten, welche die Leute aus ihrer Heimat nach Lothringen lockten. Da sie sich aber nun einmal in dem Bistum Metz niedergelaffen hatten, war es Pflicht des Bischofs, dafür zu sorgen, daß sie auch in ihrer Muttersprache beichten und Gotte» Wort hören können. In derselben Weise sorgte Bischof Benzler für die im lothringischen Industriegebiet ansässigen, nach Tausenden zählenden Italiener, indem er mehrere Missionare aus Italien berief, um die Südländer zu pastorieren. — Kapitalserhöhung der Darvrstädter Bank. Die Darmstädtcr Bank erhöht ihr Aktienkapital um 22 Millionen Mark auf 154 Millionen Mark und übernimmt die Ge schäfte des Hauses Warschauer. Die Firma Robert War schauer L Co. gehört zu den ältesten Bankhäusern. Sie wurde im Anfang des vorigen Jahrhunderts zuerst in Königsberg errichtet und besteht seit 1849 in Berlin. In haber der Firma sind gegenwärtig Geheimer Kommerzien rat Hugo Oppenheim. Otto Mendelssohu-Barrholdy und Alfred Cohn. Sie hat hauptsächlich die russischen und italienischen Papiere bei uns eingeführt. — Die aktive Schlachtflotte besieht vom 1. Oktober an im 1. und 2. Geschwader aus je 0 Linienschiffen. An der Zusammensetzung ist die Weißenburg-Klasse mit 2. die Kaiser-Klasse mit 4. die Wittelsbach-Klasse ebenfalls mit 4 und zum ersteumale auch die Braunschweig-Klasse mit 2 Vertretern („Brannschweig" und „Elsaß") beteiligt. Wenn auch die Bestimmungen des Flottengesetzes, das für jedes Geschwader 8 Schiffe vorsieht, noch nicht erfüllt sind, so ist doch schon das Ausscheiden der Küstenpanzerschisfe als ein wesentlicher Fortschritt zu begrüßen. Für die Reserve schlachtflotte und Materialreserve bleiben übrig „Kurfürst Friedrich Wilhelm", „Brandenburg", „Kaiser Barbarossa", „Schwaben", die 4 Schiffe der Sachsen-Klasse. „Oldenburg" und die 8 Küsienpanzer. Im Jahre 1920 sollen 9 Schiffs einheiten mehr auf dem Wasser schwimmen und außerdem die letzterivähnten 13 Fahrzeuge nebst der Weißenburg- Klasse ersetzt fein. — AIS glücklichste Zeit der Landwirtschaft bezeichnet Frhr. von der Goltz im zweiten, eben erschienenen Band seiner „Geschichte der deutschen Landwirtschaft" die Periode von 1850—1880. Es war die Zeit, als die Agrilultur- chemie. die Justus v. Liebig eingeleitet batte, größeren Einfluß auf den landwirtschafrlichen Betrieb anSzuübcn begann, als die landwirtschaftlichen Akademien vielfach den Universitäten angegliedert, die niederen landwirtschaftlichen Unterrichiscmstallen verbessert, als landwirtschaftliche Ver suchsstationen ins Leben gerufen wurden und Maschinen, künstliche Düngemittel. Rübenzuckerbau u. a. in Aufnahme kamen. Die Preise der Güter gingen stark in die Höhe. Der im Jahre 1849 für den Hektar 13,90 Mk. betragende Pachtzins war im Jahre 1879 auf 35,63 Mk. gestiegen. Leider nahm bald die Verschuldung wieder zu und die Arbeiterfrage kündigte sich gegen Schluß der Periode bereits drohend an, um in der nächsten Zeit zu den bedauerlichen Zuständen zu führen, unter denen die heutige Landwirt schaft seufzt. — 650000 Hefte „Wider die Pfaffenherrschaft" hat der „Vorwärts" in einem halben Jahre verbreitet und dabei 6500 Mk. verdient. So führte der Abg. Fischer auf dem Parteitage in Bremen aus. Man sieht. daS Geschäft, Sudelwerke zu verbreiten, ist noch immer sehr lohnend. Dabei wird dieses Schandwerk von einsichtsvollen Genossen selbst recht scharf kritisiert und verworfen, tut nichts; der Genosse muß es doch kaufen und die Verleum dungen gegen die Kirche, die Priester und das Papsttum glaubt er alle. — Selbsthilfe des Reichstages? Die konservative „Krcuzztg." bespricht die bevorstehenden Aufgaben des Reichstages und findet diese sehr zahlreich; sie meint des halb, daß die Dauerredner sich beschränken sollten. Ganz damit einverstanden: dann aber fügt sie bei: Von einer Reichstagssession zur anderen werden Wünsche und Hoff nungen ans Besserung der unhaltbaren parlamentarischen Zustände ausgesprochen. Wir wagen in dieser Hinsicht keine Hoffnungen mehr zu hegen. Wenn irgenwo Selbsthilfe an gebracht ist, so im Reichstage gegenüber den jetzigen Zu ständen. Bis jetzt aber scheint es nicht, als wolle der Reichs tag sich zur Selbsthilfe entschließen. Wir bedauern nur, daß die „Kreuzztg." so bescheiden auftritt und uns nicht gesagt hat, wie sie sich diese Selbsthilfe denkt. Wir würden ibr für Darlegung ihrer Gedanken sehr dankbar sein. Eine Art der Selbsthilfe hat der Abgeordnete Gröber geübt, al- er seinen Antrag auf Einführung des Fünf-Minuten-Betriebes bei Bemerkungen zur Geschäftsordnung durchsetzte. Was jetzt weiter? Auch wir sind der Ansicht, daß die Selbsthilfe des Reichstags das wichtigste Mittel ist, aber jetzt kann der Reichstag diese gar nicht ausüben. Man hat ihm Hände und Füße gebunden; erst muß er frei sein. Diese Freiheit erhält er durch Einführung von Anwesenheitsgeldern, dann verschwindet die große Zahl der Doppclmandate. die so sehr hemmend im Wege stehen; dann ist der Reichstag beschloß- fähig und die Selbsthilfe wird eintreten und sehr gut funk tionieren! Aber erst die Hände frei geben! — Wegen Beschimpfung der christlichen Kirche und der anderen mit Korporationsrcchten innerhalb des Bundesge bietes bestehenden Religionsgesellschasten bezw. wegen Bei hilfe hatten sich der Schriftsteller und Humorist Bolislaus Strzelewicz zu Pankow und der Buchdruckereibesitzer Otto Goerke in Charlottenburg vor der Strafkammer des Land- gerichts II zu verantworten. Der Angeklagte Strzelewicz hat eine „Sammlung von Liedern, Kuplets, Duetten und Soloszenen im eigenen Verlage in Pankow hcrausgegeben. Heft 6 dieser von dem Angeklagten Goerke gedruckten Sammlung enthielt ein von Strzelewicz gedichtetes Kuplet- lied „Mein Glaube", in welchem es unter anderen heißt: „Ich habe nicht den BerdummungSglauben, den irgend eine