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Sächsische Volkszeitung : 25.10.1923
- Erscheinungsdatum
- 1923-10-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192310255
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19231025
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19231025
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1923
-
Monat
1923-10
- Tag 1923-10-25
-
Monat
1923-10
-
Jahr
1923
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 25.10.1923
- Autor
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'Donnerstag, den LS. Oktober 1923. -Nr. LOS, Leite g allein auf welche Art es daö «rme Tier zuwege brachte, den furchtbare» arktischen Winter zu übersiehe», wo meterhoher Schnee alle Vegetation bedeckt und wilde arktische Orkane über das Ei land hinwegfegen, ist unerklärlich. Als die beiden CrusoeS mif der Insel eintrafen und Frei tag entdeckten, bedurfte es längere Zeit, um das fast in den Ur zustand der Wildheit zurückgekehrte Pferd wieder zuin Haustier n machen. Das Ehepaar baute sich eine Hütte und richtete, wie rüher erwähnt, die Pelzfarm ein. Das Pferd wurde in erster Linie dazu verwendet, um auf einem Schlitten an verschiedenen Punkten der Insel- das Futter für die Füchse abzuladen und das Dristholz zu der Siedlung zu bringen, das an verschiedenen Punkten der Küste angeschwemmt wurde. Die Blaufüchse, die von den Robinsons gezüchtet werden und dxren Felle sie schließ lich verkaufen, befinden sich auf der Insel in völliger Freiheit, da diese Tiere bekanntlich in der Gefangenschaft nicht gedeihen. Sie sind ungemein scheu, gewöhnen sich niemals an den Men. schen und verharren ihm gegenüber stets in der Defensive. Das Weibchen eines Blaufuchses tötet, wie die ErusoeS wiederholt beobachteten, in Augenblicken der Furcht und Angst ihre Jungen ohne Bedenken sofort, ehe sie sie in Gefangenschaft geraten läßt. IleberdieS würde die nervöse Unruhe d?r Gefangenschaft der Blaufüchse auf die Qualität des Felles eine überaus üble Rück wirkung ausüben. Auf der Insel fühlen sich die Füchse in voller Freiheit und durchstreifen die Gegend nach allen Richtungen ohne jede Sorge. In dieser Gemütsstimmung vermehren sich die Tiere in erstaunlichem Maße und der Pelz gewinnt unter diesen Voraussetzungen besondere Fülle und Feinheit. Wie der neue Ro binson einem zufälligen Besucher der Insel milteilte, besteht die Tätigkeit des Fuchsfarmers hauptsächlich darin, für di? tägliche frische Nahrung der Füchse auf den hierfür eingerichteten zahl reichen Stationen der Insel vorzusorgen und sie regelmäßig an Ort und Stelle zu bringen. Dies ist hauptsächlich während des Winters erforderlich. Die Füchse bekommen etwas Gemüse und eine Portion von Kaninchenfleisch und frisches Seehundefleisch, wenn das letztere erhältlich ist. Die Jagd auf die Sexhunde, die zur Ernährung der Füchse erforderlich sind, muß mit besonderer Vorsicht geübt werden, so zwar, daß die Seehunde nur durch den Kops geschossen werden, da sie nur bei Kopfschüssen durch die Strömung ans Land ge trieben werden, während sie bei anderen als Kopfschuss?» in die Tiefe sinken und verloren gehen. Im Sommer lassen die Füchse die Nahrung in den Futterkrippen und versorgen sich selbst mit der für sie erforderlichen Nahrung. Sie graben längs der Kü- slenluüe Fischeier aus, fangen di? kleine» Fische, die sich zu weit ans Ufer wagen, rauben aus den Vogelnestern auf den Klippen die Eier usw- Alljährlich kommt ein Pclzhandler auf die Insel, dem das neue Robinson Crusoe-Paar die Felle der getöteten Blau füchse verkauft und dagegen allerlei Bedarfsartikel cintauscht. ykus aller Welt f Die Villa Malta in Nom verkauft. Fürst Bülow, der ehemalige deutsche ReichSkanzlxr, hat seine römische Villa, die Billa Malta, nunmehr sür nenn Millionen Lire verkauft. Die Villa Vöalta gehört zu den berühmtesten Gebäuden der Stadt Rom. Der von Paolo Peronese gemalte Fries, der den großen Salon schmückt, wird in den Kunstgeschichten aller Länder er wähnt. Der Garten, in dem unter Orangen, Lorbcerbüschcn und Pinien die beiden von Goethe und König Ludwig t. ton Bagern gepflanzten Palmen stehen, hat in seiner Groß artigkeit schon Goethe gepriesen. Der untere Teil der Villa ent stammt vermutlich der Zeit des Sallustius oder des Lukullus. In dem Hanse haben die Herzogin Anna Amalie von Weimar, Goethe und Herder häufig gewohnt. Ilm Goethe sammelte sich in der Billa M»lta sein ganzer KreiS: der Maler Tischbein, Angelika Kaussmann, der Bildhauer Trivpel, der Maler Nchberg usw. Am Ansang des 19. Jahrhunderts Hai Wilhelm vom Humboldt in der Villa gewohnt. Ludwig 1. von Bayern hat viele Wochen in der Villa Malta zugcbracht. Das palastartige Haus birgt Pi le Kunstgegenstände, vor allem Gemälde von Makart, Leubach usw. Die außerordentlich reichhaltige Bücherei enthält viele sel ten? Drucke. f Die „Elcvclanb" fährt wieder nach Ncnyork. Am LI. Oktober ist der etwa 10 000 Vr.-Neg.-Tonnen große Doppelschrau- beudampfer „Cleveland" zum erstenmal im gemeinschaftlichen Dienst der Haniburg-Amcrika-Linie und der United American Line (Horriman Line) von Hamburg nach Neuvork abgefertigt worden. Damit nimmt ein Schiff im Hamüurg-Neuyorkcr Ver kehr seine Fahrten wieder auf, das in Vorkriegszeiten zu den be kanntesten und beliebtesten Dampfern dieser Fahrtroute zählte. h Blaltgold. Wie groß die Dehnbarkeit des Gol de s ist, geht daraus hervor, daß man aus einem Dukaten durch Schlagen eine Fläche von 2,4 Meter im Quadrat mit Blattgold bedecken kann. Ein Quadratmeter Blattgold wiegt 2,10 bis 2,70 Gramm, wobei das spezifische Gewicht des Bruchgoldes 19,3 be trägt; eS ergibt sich also eine Dicke von 0,00011—0,00014 Milli meter; ein Quadratmeter Zigarettenpapicr wiegt hingxgen 7 bis 8 Gramm. Von echtem Blattgold gehen 72 000 Blatt auf 1 Kilo gramm und ncbinen anfcinnndergelcgt kaum eine Höhe von 4 bis S Millimeter ein. Silber läßt sich nicht zu dieser großen Fein- beit anSschlagcn; von dem dünnst?» Silber, dem sog. Nousch- stlbcr, wiegt ein Quadratmeter rund 23 Gramm bei einem spezi fischen Gewicht des Silbers von 10,5. -f Allerlei Weisheit. In Schweden ist cs nicht Sitte, daß Aerztc Rechnungen senden. Jeder Patient bezahlt dort den Arzt nach seinem Vermögen. — In jedem Pferdestall in Persien wird auch «in Schwein untergxbracht. Man hegt den Glauben, daß dieses auf die Gesundheit der Pferde einen günstigen Ein fluß ausübt. — Nachdem der Gotenkönig Alarich Nom be zwungen hatte, forderte er als Kriegsentschädigung 200 090 Pfund Pfeffer. — Es ist nicht unwahrscheinlich, daß Großbritan- nien noch im Jahre 400 v. Ehr. mit dem europäischen Festland zusammenhing. — Die durchschnittliche Tiefe der Sauddecke in den afrikanischen Wüsten ist auf 9 Meter berechnet worden. f- Eine Erdölfontäne im Kaspisch?,» Meer. Im Kaspi schen Meere entstand in der Höhe von Slpscheron. zwei Werst von der Küste entfernt, eine Insel. Auf dieser zeigte sich eine 10 Sashen hohe Naphtafontäne, die Gestein, darunter Kupfererz, auSwarf. Apschero» ist die sich am weitesten ins Kaspische Meer erstreckende Halbinsel an der Küste Aserbeidschans. Mit dem Mittxlpunkt Baku, stellt sie das eigentliche Petro leum gebiet dar. Die ganze Halbinsel, wie die ihr vorge lagerten Jnselchen, sind ohne Zweifel eruptiven Ursprungs. s Der Friebensvertrag von Versailles gestohlen. „Gott sei Dank!" wird mancher auSrufen, wenn er dies liest — „er hätte uns schon längst gestohlen werden können!" Es handelt sich aber leider nur um xincn Film, dessen Gegenstand der unselige Vertrag ist. Eine Dame übergab diesen Film bei der Ankunft auf dem Schlesischen Bahnhof in Berlin einem etwa 15 Jahre alten Junge», damit er ihn nach der Straßenbahnhaltestelle trage. Der Bursche ist aber mit dem Paket verschwunden. Der Film ist 1550 Meter lang und hat einen nach irgend einem vorgeschicht lichen Dollarkurs berxchneten Wert von 87 Milliarden Mark, »nährend der richtige Versailler Vertrag bekanntlich nicht einen Pfifferling wert ist. 's- Wandernde Eisberge. „Neuyork Herald" berichtet auS Washington, daß Dr. Charles Dyelcott im Laufe seiner Veabach- tungen festgestcllt hat, dast die Wärme die Eisberge am Nord pol immer wcitxr nach Norden treibe. So hat z. B. der große Eisbxrg Selkirk sich um 260 Meter verschoben. Danach dürste, so meint das Blatt, der Nordpol in einigen tausend Jahren eine Warmbadstation (!) werden. st Aus den Händen chinesischer Banditen befreit. Zwei Mit- glieder der britischen Frauenmission in China, die am vergangenen Montag von Banditen geraubt wurdxn, sind von den chinesischen Negierungstruppen nach dreitägiger Schlacht befreit worden. Der Anführer der besiegten Banditen ist unter dein Namen »Fan der Schreckliche" bekannt. st Buchstabe» ans Getrcidcblättcns. Wenn mau heute Ge- treideblättcr daraushin untersucht, ob nicht irgendein Buchstabe darauf zu erkennen ist, so beweist das, daß trotz aller natur wissenschaftlichen Aufklärung der Aberglaube noch nicht ausge storben ist. 1914 glaubten manche Leute, auf Getrerbeblättern rin K zu erkennen, das sie als Krieg deuteten. In diesem Jahre glaubte man auf Haferblättern den Buchstaben B zu schen und deutet dies mit „Blut". Das ist natürlich Heller Unsinn, denn erstens gibt es Tausende von Wörtern, die mit V anfangen und zweitens ist die Erschein», g lediglich die Folge einer Zufälligkeit, die etwa so zu erklären ist, daß die Blätter in jugendlichem, noch wachsendem Zustande durch irgendwelche äußere Einflüsse wie Wind, Regen, Hngcl oder dergl. vorübergehend geknickt gewesen sind, Bel weiterem Wachstum der Blätter haben die bei der Knickung gequetschten Zivilgruppen mit den, umliegenden Ge webe im Wachstum nicht gleichen Schritt gehalten, was nunmehr an dem fertigen Blatt in Form der eigenartigen Eindrücke in die Erscheinung tritt. Man sicht daraus, wie tief iin Volke noch immer Spuren des Aberglaubens haften. s TaS größte Glockenspiel der Welt wird in Kürze kn der Kathedrale von Saint Paul in Minnesota zur Aufstellung gebracht werden. ES besteht ans 28 Glocken und hat mit seinem Mechanismus und allem Zubehör ein Gesamtgewicht von 7 Millionen Kilo. Das Glockenspiel ist in Tournay her gestellt worden. Tie Aufstellung wird ein belgischer Monteur ausfnhren, der sich bereits von Antwerpen nach den Vereinigten Staaten begeben hat. -f Nbeiitencrllche Verfolgung eines Mörders. Ans Chicago wird genicldet: Eine gefahrvolle und langwierige Verfolgung durch die unwirtlichen Gefilde der Polar gegend, die nach unzähligen Mühsalen z»r Vcrhaftnng des gesuchten Mörders eines Eskimos, geführt hat, ist dem Konstabler Stevenson von der Kanadischen Polizei gelungen. Im Sommer oes Jahres 1921 hatte ein Eskimo namens Alakoomiak einen Händler, mit dem er in Streit gerate»! »vor, erschlagen und sodann, genügend mit Proviant versehen, die Flucht in das östliche Polargebict zu einem besrenndclcn Stamm unternommen. Hier gelang es eine»» Konstabler der Kanadapolizci, ihn ciilfznspürcu n»d zu verhaften. Jedoch der Eskimo entriß ihm während des Transportes seinen Revolver, gab eine» tödliche» Schuß aus ihn ab und flüchlete abermals. Im Frühjahr 1922 nahm nun Stevenson die oben lencrliche Verfolgung des Mörders ans; 700 englische Meile»» mnßlcii in einem von Polarhnnden gezogenen Schlitten und 15 Meilen in einem Esnmoschuner überwunden werden, bis die Verhaftung gelang. Nicht minder gefahrvoll gestaltete sich die Rückfahrt mit dem gefährlichen Verbrecher ans de»» Schlitte»». Eine Etappe von acht M-i'lcii über Eisberge hinweg erforderte» zu .ihrer Uebcrwindung zehn Stunden voll äußerster Kraftan- streiignng für Menschen n»d Zughunde. st Ter verbotene Tiroler Kirödcl. Die italienischen Macht haber in Sndli'rol machen die krainpshastestc» Anstrengungen/ »im den Namen Tirol ans den ihrer Herrschaft »»»lerworseiicn, Gebieicn auSziimerzc»». Die ncncste Errnngcnschaft in dieser Hin sicht ist das Verbot der „Tiroler Knödel". Auf der Speisekarte Bei Max Liebermann Im Wamrsee-Hcim des Malers. Von Fritz Ebers. Wenn auch die alten Kastanie»! der Große»! Seestraße in Wonnscc ihre Häupter schüttelten und kn allzu große Verwunde rung viele ihrer runde»», gelbgrünen Früchte verloren, ans denen, ans die Straße schlagend, rotbraune, weißscheckige Kugeln spran gen, ich bi» doch eines Tages zu Max Liebermann hinausge- gezogcn. Nicht ans Neugier. Denn Künstler so großen Formates s»nd lein Panoptiknm-Inventar. Sondern aus jenem Drang heraus, der immer zu Vergleichen zwischen dein Menschen »»id seinem Werte zwingt. So oft ich bisher diesem Wunsche »achgab, so oft fiel das Resultat zu migunsten jener Meiischen aus, die für mein Empfinden große Knnstwerke geschaffen hatten. Ich denke da an den etwas bombastischen Slrindbcrg, an den geschwätzigen Karl Hanpimonn, a» den posierenden Herbert Enlenbcrg und ven allzu bissigen Paul Erilst. Ich habe mir bisher regelmäßig meine große ideale Vorstellung von den Schaffenden echten- Knust durch eine nähere Bekanntschaft zerstört. Wie seltsam anders war der Eindruck, den Ich von Max Licbermaniis Persönlichkeit empfing, und der in einer langstün« dlgen Unterhaltung nicht getrübt »ourde. Seltene Einfach heit und Natürlichkeit. Nichts Gehässiges, wie Avolf vo» Menzel, dabet doch witzig, alles mit ehrlichein Sinn ge schont. Es ist verwunderlich, wie sich hier Werk und Mei ster miteinander decken. Aus seinen scharfen, neugie rigen »nid offen blickenden Augen schaut das ganze Glücklichsein des echte» Künstlers. Ich habe immer geglaubt, daß ein Künst ler, der so durchfurchte Gesichter, die von Sorgen und Mühen eines schwcren Lebens triefen, in seinen Pinsel fassen konnte/ all diese Schicksale, die er gesehen, selbst tu sich erlebt hatte, also darum auch nicht glücklich sein könnte. Denn wer nur schildert, ohne tnnerlich beteiligt zu sein, ist kein produktiver Künst ler. Produktion Ist ja eine Tat, die in letzter Linie mit der Ne- flerion iilchts mehr zu tun hat. An Max Liebermanns Augen ist klar zu beweisen, baß der Künstler Liebermann den Schmerz wohl tief, aber nur produktiv empfunden hat, während ja nur der passive Schmerz wirklich niedcrdrückt, wenn nicht gar ver zehrt. Liebermann wurde der Schmerz in Lust lind Not, wie er beispielsweise in de», Gesichtern ans seinem Vilo„Altmä»nc>» hauS in Amsterdam" spukt, dadurch zu einer Quelle reinsten Genusses, indem er durch ihn uno in »hin gestaltete und schuf. So schlicht und einfach, wie sein Menschtum, liegt anch sein Werk vor n»s: „Das Höchste, aber auch das schwerste in der Kunst", sagte er, „iei die Schlichtheit und Ein fachheit". Darin hat er inibediiigt recht, denn das ganz Natürliche ist in Knust und Leben das ganz Große. Aber zur reinen Natur vorzudringcii, ist Sache höchster Erkenntnis, reinste und letzte Empfindung. Das HanS, bas sich Max Lieber»»,a»u draußen ain Wann« sec erbaute, trägt den Stcmpel seiner Gcsühlswelt, die ihm die ersten großen Eindrücke der alt-niederländischen Kunst vermittelte) Von der Straße her schon sieht man auf das luftige Land- häuschcii, ans den Gartet» am Mannsee nnd dessen weiche Wogen. Wenn ans ihm ein paar Helle Segelboote ihre Wege ziehen, denkt man an manches seiner holländischen Gemälde. Schon von der Wand der Diele herab grüßen eine Anzahl Mcnzelschcr Handzeichnungen, die sich in den anocrn Räumen mitsamt der Aquarelle ans des Altmeisters Menzel Pinsel und' Feder ans 48 beziffern. Zwischen ihnen hängt ein riesiges Bild Manets und ein wunderlicher Cezanne. Dieser eine leuchtende Paraphrase über den Ton: grün. Der Kottbuser Karl Blechen taucht tm Speisezimmer auf. Lieberniann meinte von ihm/ Adolf von Menzel wäre ohne ihn nicht denkbar, und die künst lerische Bedeutung BlechenS läge vielleicht weit über der Men zels. Anch sonst hängen hier alte Bekannte, die man oft reproduziert findet: „so Aquarelle Krüger, Karl Begas und ein feiner Rembrandt: „Abraham mit den drei Engeln." Wie eine Mutter über ihr Kind, so streicheln Liebermanns Augen über diesen bunten Wandschmuck seines Hauses entlang. Alle Liebe/ der dieses Malerhcrz fähig ist, hängt an den Bilorrn. Der Mensch Liebermann steht mit seinen 70 Jahren mit der Elasttgkeit eines Dreißigers zwischen diesen Schätzen und hütet und hegt und schasst ruhelos weiter. dürfen sie nur noch als „ 1l e b e r e t sch e r Knödel" verzeichnet werden. j- Ein „Dame"-Kampf im Znchihause. Beamte im Zucht haus von Sing-Sing, dem bekannten Neuyorker Zuchthaus, mach ten bekannt, daß zwischen zwei zum Tode verurteilten Gefangenen dort ein recht interessanter Kontakt besteht. Der 17jährige Lester Gerstenberg und Abraham Becker spielen nämlich Dame mit« einandxr. obgleich sie in separaten Zellen im Totenhause untcr- gebracht sind und einander gar nicht sehen können. Sie rufen sich gegenseitig ihre Züge zu nnd markieren dieselben auf ihren Schachbretter». Die übrigen iin Toienhause auf die Urteilsvoll streckung wartenden Gefangenen, darunter auch Neuben Nocki», der mit Becker der Ermordung von dessen Gattin überführt wor- d?n ist, widmen dem Kontakt, der eine Reihe, von Svielen um» fassen soll, lebhaftes Interesse. Büchertisch Meiner Nrwaldieeger Denken und .Hanseln. Von Joseph Fräßlc S. C. I., Missionar. Mit 17 Bildern, Oktov, IV - »nd 234 S.) Frciburg i. Br. 1923, Heroer. Geb. G 4.40 (3.K0). G gleich Grundzahl, mal Schlüsselzahl gleich Verlags-Markpreis; dazu Tenerungszuschlag. Die Ziffer in Klammern ist der Schmelzer Frankenpreis. Von starker Persönlichkeit verfaßt, stellt dieses Buch etwas ganz Neues dar. Der Verfasser teilt darin lichtvoll seine in 15 Jahren gesammelten Erfahrungen unter den Schwarzen am Oberkongo mit. Die Seele des Negers, sein Fühlen, Denken und Glauben, ist kaum je so tiefdringend erforscht und so lebendig geschildert worden wie vom Missionar Jos. Fräßle, der jahre lang aüPS engste mit den „Wilden" verkehrt hat. Ebenso an schaulich schildert er das äußere Leben und Treiben seiner Neger, Recht und Sitten, Familienleben, Arbeit, Nahrung usw. Nicht mit Blitzlicht und Büchse, nur ausgerüstet mit den geistige»! Waffen der Apostel zieht er durch den Urwald, durchquert in sei- liein Kanu die Flüsse. Wir folge»! ihm auf seinen Wegen oft mit gespanntem Atem, lausche» seinen Zwiegesprächen mit den Negcrt, wohnnen ihren Gerichtssitzungen bet, sehen ihre Dörfer, vernehmen das dumpfe Gedröhne der Vaumtrom- »icln nnd den nächtlichen Gesang der Wildniskinder. Das Rau schen des Urwaldes dringt an unser Ohr, großes und kleines Getier tritt uns ans dem Dickicht entgegen. Bisher nicht be kannte T'erfabcln und Mythen durchranken das Ganze nnd er höhen noch den eigenartigen Reiz dieses Buches. Das Buch ist. wirklich ein neues, ein Kulturdokument von bedeutendem Wert ebensowohl für den Forscher als für jeden, der fremder Völ ker »nd Länder Art und Leben kennen lernen will, jung und alt. Es tritt gleichberechtigt an die Seite der zwei andern kürzlich erschienenen Bücher: der Erinnerungen des großen deutschen. Organisators in Südbrasilien P. Petrus Sinzig O. F. M< („Lebendig begraben?" und des Lebensbildes des Jndianerapostels De Smet (von I. Kinzig). Das sind Bücher voll sprudelnden, Lebens, nmsrhlminert vom Glanz der Ferne. Franz Herwia: Die letzten Zielinski*) / Friedrich G rstäcker: Der erkaufte Henker In rascher Aufeinanderfolge xrschcinen die reizenden, in jeder Beziehung empfehlenswerten Hausschatzbücher, die in kur zer Zeit weiteste Verbreitung gefunden haben. Wieder liegen zwei neue Bändchen vor. Dieses Mal hat sich einer unserer besten modernxn Dichter in den Dienst der Sache gestellt: Franz Herwig, der durch seine eigenartige zeitgemäße Legende ,.St. Sebastian vom Wedding" allgemein Aufsehen erregte. Mit glei cher Kraft und künstlerischer Intuition schildert er hier den Un tergang eines alten adeligen Geschlxchtes. In verzweiflungs vollem Ringen sucht Valerie eine männlich-stolze, von der ganzen fanatischen Leidenschaft ihres Volkes durchglühte Frau, ihr Stammgut zu retten. Aber ihr starker trotziger Kampfeswille, der sie auf Alltagsfrauenglück verzichten und nur an ihre natio nale Mission denken läßt, zerbricht an der weibischen Schwäche ihres Brudxrs, an der dirnenhaften Gemeinheit ihrer Schwägerin und an der Nachgier eines beleidigten Knechtes. Ihr Gehöft geht in Flammen auf. Halb >m Wahnsinn erschlägt sie den Brandstifter, und wie von Furien gepeitscht, unaufhaltsam stürzt sie davon, ans Meer, das ihrem verlorenen Leben ein Ende be reitet. Von anderer Art. aber xbenso fesselnd sind die viel zu wenig bekannten Hinterwäldlergeschichten Friedrich GersiäckcrS, die sich mit den besten Erzählungen Karl )Mhs nnd I. F. EooperS mes sen können. Sie geben eine außerordentlich packende Darstellung der blutigen Kämpfe in Wildwest mit ihren unheimlichen Szenen von Mord und Perbrechen und atcmraubcnden, durch Sümpfe und Urwälder jagenden Äxrfolgungen. Am furchtbarsten arbeitet die Lynchjustiz. Ihr fällt der „erkaufte Henker" anheim, der für erbärmliche 60 Dollar die Hinrichtung eines Verurteilten über nimmt. Durch sie erfüllt sich auch in den „Buschkleppern" das Schicksal Mr. Hendricks, der von einem Mädchen abgewiesen wurde und sich dafür auf nnmenschlichq Weise rächt. Die dritte und lxtzte Erzählung schildert die merkwürdige Gefangennahme und das Ende eines grausamen, am Red River berüchtigten Räubers. *) Franz Herwig / Die letzten Zielinski. Hausschatzbücher Band 29; Friedrich Gerstäckcr / Der erkaufte Henker / Busch klepper / In den Red-Niver-Süinpfen. HanSschatzbücher Bd. 28. Grundpreis pro Band 1 Mk. (oder 1.25 Schw. Franken). Verlag Josef Köscl und Friedrich Pustet, Komm.-Ges., Verlagsabteilung RegeiiSbnrg. Es ist schade, daß Menschen von seiner Bedeutung nicht ihre Eriiiiiexniigeil niederschreibcn. Von Fontane, Oskar Aliimcn- thal, Eduard Griesebach, von Gerhnrt Hauptmaiin und was weiß ich, von wem alles! Wüßte diese wundersame ausdrucksvolle» Hand des Künstlers zu erzählen. Regenwolken marschierten in Stiirmkolomien über dem Wannsee ans, als ich den Meister verließ. Ich merkte die Tropfen nicht, die mir auf den Kopf sctzlnacn. Solche Stun den werden zu Erlebnissen. Das Heimchen am Herb, von Charles DieckenS, in völ liger Neilübersetzung von Clarissa Meitner iin Herz-Verlag Wien. Mit 9 ganzseitigen Schwarzwcißillustrationen und Buch, schmuck von Bartholomäus Steffcrl. 8«, 118 S. Der Herz-Verlag, der im Vorjahre mit dem ersten Baud seiner Märchenreihe hervortrat, hat in diesem Jahre bereits wei tere Bände folgen lassen. Nicht Tagcsware, sondern eine Aus wahl d?r besten klastischen Kunstmärchen aller Völker und Zei- tcn wird hier in äußerst geschmackvoller Aufmachung dem Leser dargeboten. Uns liegt der dritte Band «Das Heimchen am Herd" vor. Schon die äußere Form des Buches ist überaus anziehend und gefällig. Im Gegensatz zu den vielen markschreierisck'en Schaustellungen ist etwas Gediegenes und zugleich wirklich Schö nes geschaffen worden. Kein? der landläufigen Uobersetzungen, die mehr englisch als deutsch sind, wird uns hier in die Hand gegeben, sondern die vorliegende Neuübertragung läßt daS Fremd- ländische auch in deutscher Sprache in seiner Heimatsorm Var uns erstehen. Wir haben den groß?« englischen Erzähler Dickens seit langem schätzen gelernt. Aber eS bleibt immer eine Kunst, solche Meister dem Deutschen zugänglich zu machen. Die Illu strationen sind interessant und charakteristisch. Sie erinnern in der Tat an die gute altenglische Kunst. Wir zweifeln nicht daran, baß die gefälligen Bände einen guten Erfolg finden werden. Außer d?m Heimchen am Herd sind in dieser Märchenreihe noch erschienen: „Fürst Ganzgott und Sänger Halbgott" von Achim von Arnim und „Drei Märchen" von Oskar Wilde. Weiter« Wände find in Vorbereitung. Des feinen künstlerischen Reize» wegen werden die Bände besonder» auL fiir vie kunstliebendeq Leser eine willkommene Gabe sein
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