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Zweites Blatt Nr. 98 Sächsische Bolkszettung vom 3V April 1908 Da- Reichsvereinsgesetz. Vom 1«. April 1V08. 8 1. Alle Reichsangehörigen haben daS Recht, zu Zwecken, die den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, Vereine zu bilden und sich zu versammeln Dieses Recht unterliegt polizeilich nur den in diesem Gesetz und anderen Reichs gesetzen enthaltenen Beschränkungen. Die allgemeinen sicherHeitspolizeilichen Bestimmungen des Landesrechtes finden Anwendung, sorveit es sich um die Verhütung un mittelbarer Gefahr für Leben und Gesundheit der Teil nehmer an einer Versammlung handelt. § 2. Ein Verein, dessen Zweck den Strafgesetzen zu widerlauft, kann aufgelöst werden. Die Auflösungsver- sügung kann im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens und, wo ein solches nicht besteht, im Wege des Rekurses nach Maßgabe der Vorschriften der 88 20, 21 der Gewerbe ordnung angefochten werden. Die endgültige Auflösung eines Vereines ist öffentlich bekannt zu machen. § 3. Jeder Verein, der eine Einwirkung auf poli tische Angelegenheiten bezweckt (poli tischer Verei n), muß einen Vorstand und eine Satzung haben. Der Vorstand ist verpflichtet, binnen einer Frist von zwei Wochen nach Gründung des Vereins die Satzung, sowie das Verzeichnis der Mitglieder des Vorstandes der für den Sitz des Vereins zuständigen Polizeibehörde ein zureichen. Ueber die erfolgte Einreichung ist eine kosten freie Bescheinigung zu erteilen. Ebenso ist jede Aenderung der Satzur>f sowie jede Aenderung in der Zusammensetzung des Vorstandes binnen einer Frist von zwei Wochen nach dem Eintritte der Aenderung anzuzeigen. Die Satzung sowie die Aenderungen sind in deutscher Fassung einzu reichen. Ausnahmen von dieser Vorschrift können von der «höheren Verwaltungsbehörde zugelassen werden. 8 4. Personenmehrheiten, die vorübergehend zu sammentreten, um im Aufträge von Wahlberechtigten Vor bereitungen für bestimmte Wahlen zu den auf Gesetz oder Anordnung von Behörden beruhenden öffentlichen Körper schaften zu treffen, gelten vom Tage der amtlichen Bekannt machung des Wahltages bis zur Beendigung der Wahlhand lung nicht als politische Vereine. 8 6. Wer eine öffentliche Versammlung zur Erörte rung politischer Angelegenheiten (politische Versammlung) veranstalten will, hat hiervon mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung unter Angabe des Ortes und der Zeit bei der Polizeibehörd Anzeige zu erstatten. Ueber die Anzeige ist von der Polizeibehörde sofort eine kostenfreie Bescheinigung zu erteilen. 8 6. Einer Anzeige bedarf es nicht für die Ver sammlungen, die öffentlich bekannt gemacht worden sind', die Erfordernisse der Bekanntmachung bestimmt die Landes- zentralbehörde. Einer Anzeige bedarf es ferner nicht für Versammlungen der Wahlberechtigten zum Betriebe der Wahlen zu den auf Gesetz oder Anordnung von Behörden beruhenden öffentlichen Körperschaften vom Tage der amt lichen Bekanntmachung des Wahltages bis zur Beendigung der Wahlhandlung. Das Gleiche gilt für Versammlungen der Gewerbetreibenden, gewerblichen Gehilfen, Gesellen, Fabrikarbeiter, Besitzer und Arbeiter von Bergwerken, Sa linen, Aufbereitungsanstalten und unterirdisch betriebenen Brüchen und Gruben zur Erörterung von Verabredungen und Vereinigungen zum Behufs der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere mittels An stellung der Arbeit oder Entlassung der Arbeiter. 8 7. Oeffentliche Versammlungen unter freiem Himmel und Aufzüge auf öffentlichen Straßen oder Plätzen bedürfen der Genehmigung der Polizeibehörde. Die Ge nehmigung ist von dem Veranstalter mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung oder des Aufzuges unter Angabe des Ortes und der Zeit nachzusuchen. Sie ist schriftlich zu erteilen und darf nur versagt werden, wenn aus der Abhaltung der Versammlung oder der Veran staltung des Aufzuges Gefahr für die öffentliche Sicherheit zu befürchten ist. Im Falle der Verweigerung ist dem Veranstalter sofort ein kostenfreier Bescheid niit Angabe der Gründe zu erteilen. 8 8. Eine Versammlung, die in einem geschlossenen Raume veranstaltet wird, ist nicht schon deshalb als Ver sammlung unter freiem Himmel anzusehen, lvcil außerhalb des Versammlungsraumes befindliche Personen an der Er örterung teilnehmen, oder weil die Versammlung in einen mit dein Versammlungsräume zusammenhängenden um friedeten Hof oder Garten verlegt wird. 8 9. Der Landeszentralbehörde bleibt es überlassen, zu bestimmen, daß und unter tvclchcn Voraussetzungen für Versammlungen unter freiein Himmel und Aufzüge die Ge nehmigung durch Anzeige oder öffentliche Bekanntmachung ersetzt wird. Gewöhnlich Leichenbegängnisse sowie Züge der Hochzeitsgesellschaften, wo sie hergebracht sind, bedürfen der Anzeige oder Genehmigung nicht. Der Landeszentral behörde bleibt es überlassen, zu bestimmen, daß auch andere Aufzüge der Anzeige und Genehmigung nicht bedürfen, und daß Aufzüge, die durch mehrere Ortschaften führen, nur einer Polizeibehörde angezeigt und von ihr genehmigt zu tverden brauchen. 8 10. Jede öffentlich politische Versammlung muß einen Leiter hoben. Der Veranstalter ist berechtigt, die Leitung selbst zu übernehmen, sie einem anderen zu über tragen oder die Wahl des Leiters durch die Versammlung zu veranlassen. Ter Leiter oder, so lange dieser nicht be stellt ist. der Veranstalter hat für Ruhe und Ordnung in der Versammlung zu sorgen. Er ist befugt, die Versamm lung für aufgelöst zu erklären. 8 11. Niemand darf in einer öffentlichen Versamnv- lung oder einem Aufzuge, der auf öffentlichen Straßen oder Plätzen stattfinden soll, bewaffnet erscheinen, es sei denn, daß er vermöge öffentlichen Berufes zum Waffentragen be rechtigt oder zum Erscheinen mit Waffen behördlich er mächtigt ist. 8 12. Die Verhandlungen in öffentlichen Versamm- langen sind in deutscher Sprache zu führen. Diese Vorschrift findet auf internationale Kongresse sowie auf Versamm lungen der Wahlberechtigten zum Betriebe der Wahlen für den Reichstag und für die gesetzgebenden Versammlungen der Bundesstaaten und Elsaß-Lothringens vom Tage der amtlichen Bekanntmachung des Wahltages bis zur Be endigung der Wahlhandlung keine Anwendung. Die Zu lässigkeit weiterer Ausnahmen regelt die Landcsgesetz- gebung. Jedoch ist in Landesteilen, in denen zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes alteingesessene Bevölkerungs teile nichtdeutscher Muttersprache vorhanden sind, sofern diese Bevölkerungsteile nach dem Ergebnisse der jeweilig letzten Volkszählung sechzig vom Hundert der Gesamt bevölkerung übersteigen, nxihrend der ersten zwanzig Jahr^ nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes der Mitgebrauch der nichtdeutschen Sprache gestattet, wenn der Veranstalter der öffentlichen Versammlung mindestens dreimal vierund zwanzig Stunden vor ihrem Beginne der Polizeibehörde die Anzeige erstattet hat, daß und in welcher nichtdeutschen Sprache die Verhandlungen geführt werden sollen. Ueber die Anzeige ist von der Polizeibehörde sofort eine kosten freie Bescheinigung zu erteilen. Als Landesteile gelten die Bezirke der unteren Verwaltungsbehörden. Ferner sind, soweit die Landesgesetzgebung Abweichendes nicht bestimmt, Ausnahmen auch mit Genehmigung der Landeszentral behörden zulässig. (Schluß folgt.) Sächsischer Landtag. u. Dresden, den 28. Apr l 1608. Zweite Kammer. lieber Vermehrung der Personen- und Gütertvagen be richtet ebenfalls Abg. Zeidler. Da im Personenvcrkehre in den letzten Jahren die Zahl der Reisenden gestiegen ist und auch mit einer weiteren Steigerung gerechnet tverden kann, ist eine Verwahrung der Personenwagen erforderlich. Insbesondere erscheint es nötig eine größere Anzahl von l»-Zugswagen zu beschaffen. Da in Uebereinstimmung mit den übrigen deutschen Eisenbahnvertvaltungen angestrebt wird, nach und nach die wichtigeren Schnellzüge und insbe sondere die Nachtschnellzüge sämtlich in I»-Züge umzuwan- deln. Zu diesem Zwecke sollen 30 vollspurige vieraclhsige Durckhgangspersonentvagen erster, zweiter und dritter Klasse beschafft werden. Ferner ist mit Rücksicht auf die Steige rung, welähe die Benutzung der vierten Wagenklasse in letzter Zeit erfahren hat, eine Vermehrung dieser Wagen um 20 Stück beabsichtigt. Auch auf den Schmalspurbahnen reichen die Personenwagen nicht mehr aus, so daß hier auf manchen Linien selbst in der rauhen Jahreszeit oft für den Per sonenverkehr ausgerüstete Güterwagen zu Hilfe genommen werden müssen. Zur Beseitigung dieser Uebefftände werden noch 20 schmalspurige vicrachsige Personemvagen dritter Klasse gebraucht. Weiter macht sich auch eine Vermehrung um zehn schmalspurige Gepäck- (Zugführer-) Wagen nötig. Auch der Güterwagenpark l)at sich nicht allentlalben als ausreichend erwiesen, weshalb die Beschaffung 360 voll-- spuriger und 60 schmalspuriger Güterwagen, sowie 50 schmalspuriger Rollwagen notwendig geworden ist. Die Deputation beantragt daher, für Vermehrung der Per sonen- und Güterivagen de« eingestellten Jahresbetrag von 2 207 600 Mark zu bewilligen unü das Einverständnis dazu zu erklären, daß, da für die Finanzperiode 1908/09 für die Vermehrung der Personen- und Güternxigen eingestellten Mittel durch die Beschaffung der der Zahl nach angegebe nen Wagen voraussichtlich nicht voll ausgebraucht, sondern etwa 106 000 Mark verfügbar bleiben tverden, die vermut lich verfügbare Summe vou 105 000 Mk. zu tveiterer Beschaf fung von etwa 20 vierachsigen offenen schmalspurigen Güterwagen zu Vertvenden ist. Abg. Hart mann (nat.-lib.) bittet die Negierung, bei Bestellung vou Wagenliefcrungen uur imändische Fir men in Rücksicht zu ziehen. Abg. G r u m b t wünsch, daß die staatlichen Nepara- turwerkstättcn bei Neubauten nicht ganz von der Konkur renz ausgeschlossen werden sollen. Es sprechen noch die Abgg. Ulrich, Lang Ham- mer, Starke, Bär und der Finanzminister. Der Antrag der Deputation wird einstimmig ange nommen. Im weiteren berichtet Abg. Klötzer (nat.-lib.) über die Erweiterung des Betriebselektrizitätswerkes Chemnitz- Hilbersdorf, wofür in den außerordentlichen Etat 634 000 Mark eingestellt sind. Die Deputation beantragt die Be willigung dieser Summe. Abg. Bauer (nat.-lib.) empfiehlt der Negierung, die Frage zu erwägen, ob sie nickt bei diesem ElektrizitätAverke auf die 13 atmosplhärischett Kessel zukommen könnte. Der Deputationsantrag wird einstimmig angenommen. Abg. Zschiert ich (kons.) berichtet sodann noch über den Umbau des Bahnhofes Annaberg. Die Deputatton beantragt, die zu diesem Zwecke in den außerordentlichen Etat eingestellte Summe von 280 000 Mark zu bewilligen. Abg. Roch bittet, die Personenverkehrsanlage auf dem unteren Bahnhose so zu gestalten, daß künftighin der Per sonenhauptverkehr wieder einmal in die größte Stadt des Erzgebirges verlegt werde. Seit Verlegung des Bahnhofes nach Buchholz habe die Stadt Annaberg 6»ch Hundert Ein wohner lveniger. Finanzminister Dr. von Rüger verwahrt sich da gegen, daß bei der Verlegung des Bahnhofes nach Buch holz, welche nach ausführlichen Verlhandlungen in beiden Ständekammern erfolgt sei, etwxnge Heimlichkeiten vorge kommen seien. Die Vorwürfe des Vorredners seien voll ständig unbegründet. Es sei hier die alte Ranküne zwi- sck>en Buchholz und Annaberg bemerkbar. Nachdem Abg. Roch in scharfem Tone erwidert, erklärt der Minister, daß der Ton, in welchem der Vorredner ge sprochen, ihm verbiete, auf dessen Aeußerungen weiter ein zugehen. Wenn jener seine Worte so aufgetaßt habe, als liabe er über die Verlegung des Bahnhofes nach Buchholz nrit dem Bürgermeister von Annaberg verhandelt, so sei dies vollständig unberechtigt. Auch der Vorwurf wegen des ungünstigen Fahrplanes sei durchaus ungerechtfertigt. Gedanke» über die ^rauenfrage. Do, Dr. gl il. Otto mar Schuchardt. Wenn eine unserer unentwegtesten Vertreterinnen des Fnauenrechtes, Helene Lange, in der Vorrede zu ihrem Sammelwerke*) meint: „Es gibt wohl kaum eine Frage unseres wirtschaftlichen und geistigen Lebens, die mit so geringer Kenntnis ihrer Grundlagen diskutiert wird, wie die Frauensrage," so geben wir ihr das aufs Wort zu. Ihr Werk ist ja gerade der treffendste Beleg für die Wahrheit und Richtigkeit dieser Behauptung, mag die Herausgeberin sich auch einbilden, mit dein genannten Werke die Grund lagen zur Lösung der Frauenfrage geschaffen zu haben. — Wir sagen: Und lvenn Helene Lange ihrer aus fünf Bänden bestehenden Sammlung noch 40 weitere Bände hinzufügte, so würde sie doch nicht darüber hinwegtäuschcn, daß ihr und ihren Gehilfinnen die elementarsten Kenntnisse der Grund lagen der Frauenfrage vollständig abgehen. Wir leben in einer Zeit, die die allergrößten Anforde rungen an Körper und Geist des Menschen stellt. Nicht zwar, daß heute — abgesehen von jenen Dingen und Zu- ständen, bei denen die angewandten Naturwissenschaften eine Rolle spielen ff — Größeres und Bedeutenderes ge leistet würde als ehedem, das behaupten nur diejenigen, die selbstgefällig sich in dieser Zeit bespiegeln. Der immer erbitterter werdende Kampf ums Dasein, der auf wirtschaftlichem, politischem und geistigem Gebiete tobt und dem Einzelnen außerhalb seiner vier Pfähle keine ruhige Stunde läßt, macht uns ein ruhiges behagliches Heim immer wertvoller. Welcher Wahnsinn also, auch die Frau, die Bewahrerin einer zufriedenen Häuslichkeit, in 0 Handbuch brr ffranrnbewegung. 4 Vdr. V.'rttn 1901. ff In dteler Veziebnnq stekl ein iveichlecht -i„s den schultern de- anderen und alle dies« bimmelstürmenden Erfindungen bedeuten für die eigentliche auS dem Innersten des Mensckirn sich heran«« gestaltende Kultnr zumeist herzlich wenig, ad-r sind dieser Kultur geradezu feindlich. — Man denke nur. nm bloß et - Vrllplel an,,,- führen, an die verrohende Wirkung der ZwciradS und des Automobils. das wilde Getriebe der Oeffentlichkeit Hineinstoßen und jeiw Häuslichkeit dadurch zerstören zu wollen! „Woher," sagt Möbius?) „kommt dir, fragt man mich, der Zorn gegen „das neue Weib"? Sicher nicht aus per sönlichen Erlväguugen, denn ich stehe ganz allein und habe keine persönlichen Wünsche mehr, auch hat mir niemals ein neues Weib etwas zn leide getan. Daß ein wirklicher Zorn mich erfaßte, das war bei Gelegenheit von Ibsens Nora. In diesem Stücke handelt es sich darum, daß die Nora, die als kleines dummes Frauenzimmer geschildert wird, schließlich auf- und davongeht, Nxnl ihr Mann sie ihrer Mei nung nach als Puppe behandelt hat. Was Ibsen sich eigent lich dabei gedacht hat, weiß ich nicht; man bekommt ja in der Regel nicht heraus, lvas der Apotheker-Dichter will. ff Zn seiner Ehre möchte ich annehmen, daß er die Gesin nung, der Nora huldigt, mit grimmigem Hohne verspottet. Nun aber mußte ich sehen, daß die Leute in der entarteten, lmlbvorrückten Person, die ihre Kinder im Stiche läßt, weil sie sich einbildet, sie müßte ihr erbärmliches Ich ausbilden, eine Heldin erblickten. Das empörte mich und je mehr ich darüber nachdachte, nm so abscheulicher und widerwärtiger kam mir die Sache vor. In der Tat kann die tiefe Unsitt lichkeit des Individualismus gar nicht treffender gezeichnet iverden, als es durch Noras Fortgang geschieht. Einem Weibe, das der Mutter-Pflicht durch wilde Leidenschaft un- treu wird, mag man verzeihen, eine Mutter aber, die ihre Kinder verläßt, tveil sie sich nicht gebildet genug vorkommt, ist ein Scheusal oder, wenn man den Gesichtspunkt wechselt, eine Geisteskranke. Nora ist ein Theatergespenst, aber die Bewunderung, die sie gefunden hat, zeigt, daß etwas faul ist im Staate Dänemark. Wie kommt eS, daß daS Schlecht« und Kranke gefällt? Ist das Volk selbst krank, sind unsere Weiber so entartet wie Nora? Ich meine, folgend« Auf- ff In >>:»: Vorrede zur 3. Auflage sei, er Schrill: Ueb.'r den physiologischen Schwachsinn doS WeibeS. Halle n. S. 1V0I. Wenn nnS doch ein gütige« Geschick von der ganzen nordischen und anderweilcn Lazarett-Poesie erlösen möchte! fassnng sei richtig. Die widernatürliche Denkart eines be trächtlichen Teiles der Lebenden, vermöge der die individu elle Ausbildung des Uxnblichen Geistes höher geachtet wird als die Erfüllung des Natnrzweckes, ist den geistigen Epide mien zn vergleichen, ein Massenwahn, eine Suggestion durch eine krafterfüllte Idee. Sie ist also nicht eine eigent liche Geisteskrankheit, aber die Massensuggestion lväre nicht möglich gewesen, wenn nicht eine abnorme Geistesbeschaffen heit ihr den Boden bereitet hätte. Es gilt, zunächst die die Suggestion ausübenden Ideen zu betrachten, dann die Be dingungen ihrer Aufnahme. Die Gedanken, die der soge nannten Emanzipation des Weibes zn gründe liegen, sind nicht neu. Im Jahre 1600 znm Beispiel erschien ein Buch der Moderata Fonds, verehelichten Giorgi, einer 1666 ge borenen, 1692 gestorbenen Denetianerin, II nu-rilo äollo »loinio, in dem sie dartut, daß die Weiber die Männer über treffen. °) Indessen in der alten Zeit zündeten s iche Ge danken nicht. Es mußte erst der Liberalismus zur Herr schaft kommen. Sein Sinn ist die Befreiung des Indivi duum. Er lx'gann seine Arbeit schon im Mittelalter, wurde im 18. Jaibrlnindert groß und stark und explodierte sozu sagen in der französischen Revolution. Gewiß war die Be- freinng ein großer Gewinn, aber alle Dinge haben zlvei Seiten. An sich ist die Freiheit nichts als eine Verneinung, wird nichts erstrebt als Freiheit, so muß die Sonveränetät das Individuum, die vollkommene Anarchie das Ende sein. So lange eine Belvegung lväM, lvendet sich ihr die Hoff nung zn und sie erscheint den Hoffenden als durchaus gut. .Keine Idee glänzt mehr als die der Freiheit, sie hat eine ganz niivergleichlic>e Kraft der Suggestion während des lawinenartigen Ansckwellens deS Liberalismus erlangt. Alles mußte befreit werden und schließlich auch das Weib. Freiheit des Weibes heißt die berauschende Suggestion. Freiheit Nvvon? Natürlich von allen Banden, müßte «8 ff Vergk. a. Ruill-mme. Maris Nmn-, ()uv lo 8vxo kümini» vmit misux guo io masoulin. Paris 1698.