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««Saud» ! Dr, ' «e»u,»»,»t», ^ 1 m" » ««tlaaen dtrrtellSHM» »I« yn I kr»«den und ganz Deutschland frei Hau, 2,52 LN i» velterret» S,SS L. I I ««Saab» » nur int, Feierabend vieriellLbritck 1.8« ^». In Dresden und aan, Deutschland sret Hau» 2,22 L: ln Oesterreich S,V7 it. — SInzel-Nummer I« j I iSocheniag» erscheint die Zeitung regeimiitztg in deu ersten I j RachmittagSslundeu; dt« Gonnaveudimmmer erschetnt später. I Unabhängige» Tageblatt für Wahrheit, Recht und Freiheit mit rrnteeh«tt«ng»beilage Die illustriert« Zeit und Srnntag»b«ilag« Feierabend ! «naahme »<m »elchLstSanzefaen dt, I» Uhr. von FSaltlte» ! anjeigen bi» II Uhr. et» siir dte Ve»tl^pal?»-Ue 2« im «eklameteil «» atedene, sowie durch Femiprecher »u »örtlich: " " Pret I Für uiideiUii, aeaebene knzÄaen llinnen wir die LeranrworUichlrtl siir dl Rtchtiakeii de» Leite» nicht übernehmen. «edallton«.evr-chstunde: Lv bt« II Uhr vormittag». I Für«ückoabeetngelaichter«christsiückemachtfichdt»dledatti», nicht Oerbindlich: Rücksendung erfolgt, wenn Rückporto bei- gefügt lsl. vrieslichea iltnsragen ist «ntwort»porto betgusügen. Nr. 237 Geschäftsstelle und Redaktion Dresden-A. 1«., Holbeinstrahe 46 Montag den 13. Okrober 1913 Fernsprecher 21386 12. Jahrg 254 neue Abonnenten gewann die Sächsische Volkszeitung am 1. Oktober. Das isi für unsere Verhältnisse ein sehr erfreuliches Ergebnis und zeigt, wie wacker in manchen Bezirken für das Blatt gear beitet worden ist. Aber bei diesem Erfolg wollen wir nicht stehen bleiben. Alle katholischen Vereine müssen darauf sehen, datz mindestens alle ihre Mitglieder die Zeitung hat- ten. Dann erst ist das Ziel erreicht. Die Werbearbeit mutz also überall fortgesetzt werden. Da. wo bisher noch nichts geschah, wird ohne Zweifel angesichts dieses Erfolges nun- mehr tatkräftig eingesetzt werden, damit alle Bezirke teil- haben an dem schönen Erfolg, der der Sächsischen Volkszei- tung auch für die Zukunft beschieden ist. Unseren Freunden, die jetzt schon den Weck- und Werberuf in die Tat umsetztcn, danken wir von ganzem Herzen. Wir bitten Sie, ihre für uns segensreiche Tätigkeit fortzusetzen und uns ständig neue Freunde zuzuführen. Was der 1. Oktober so schön einleitete, muß der 1. November fortsetzen. Darum auf ans Werk, auf zur weiteren Agitation für die „Sächsische Volkszeitung"! Ueberspannte Forderungen Man möchte meinen, das Deutsche Reich stände vor dem Kladderadatsch, wenn man in einer gewissen Presse die Kommentare liest, die dort zur neuesten Erklärung des Prin zen Ernst August gegeben werden. Dem gesunden Men schenverstand will es wirklich nicht einleuchten, warum auf einmal die patentierten Wahrer der Neichsverfassung in schäumender Entrüstung auffahren, wenn ein ehrlicher d:nt5>-her-«Lürst offen das Versprechen ablegt, daß auch er gut deutsch gesinnt sei und die deutsche Verfassung von A bis Z anerkenne. Aber nein, sagen die Kapitolswüchter des Reiches, ein Versprechen genügt uns nicht, wir wollen einen ausdrück- lichen Verzicht haben. Sie wollen, daß Prinz Ernst August für sich und seine Nachkommen für alle Zeit auf Hannover verzichtet, und zwar ausdrücklich verzichtet, sonst wollen sie ihn auch den Herzogsthron von Braunschweig-Lüneburg nicht besteigen lassen. Den Leuten, die dies fordern, müssen Wohl mildernde Umstände zngebilligt werden, denn man kann doch nicht glauben, daß sie in dem Prinzen Ernst August wirklich den ehrlosen Schurken sehen, als den ihr Mißtrauen ihn hinzustellen geeignet ist. Denn entweder ist es dem jungen Herzog ernst mit seinen! Versprechen, daß er „nichts tun und nichts unterstützen werde, was darauf ge richtet ist, den derzeitigen Bestand Preußens zu verändern", und dann müssen wir ihn als ehrlichen Mann gelten lassen, bis er den Beweis des Gegenteils erbringt, oder aber sein Versprechen ist eine Lüge, und dann darf man ihn auch picht in Braunschweig einziehen lassen, wenn er tausendmal auf Hannover ausdrücklichen Verzicht leistete. Geschichtliche Tatsache ist es doch, daß das Welfenhans auf den hannover- Zur zweiten Aufführung der «Verkündigung" am 11. Oktober Es sind einige Jahre her, da konnte man in den Stra- ßen der elsässischen Hauptstadt einen Mann sehen in aus fallend mittelalterlicher Tracht. Der war aus Frankreich herübergekommen, einen Vortrag zu halten. In seiner Hei mat nennt man ihn I'bomms des enttiäckralos, Mann der Kirchen. Auf dem Turme von Notre-Dame zu Paris darf er unentgeltlich wohnen. Dort zeichnet er immer wieder die herrlichen Forinen gotischer Kirchen. — Das Bild dieses Romantikers zwischen Himmel und Erde trat wieder vor mich, als ich die ersten Seiten der „Verkündigung" gelesen hatte. Wer dies schreiben kann, dessen Seele muß sich er- hoben haben über all die Niederungen des Alltagslebens, der lebt zwischen Himmel und Erde, der zeichnet und baut himmelanstrebende Dome des Geistes. Paul Claudel ist ein Dichter von Gottes Gnaden. Er ist der nimmermüde Wanderer, der im ganzen All die goldene Spur von Gottes Finger sucht, der Gottsucher. Der lange in der Irre ging und nun, da er heinigefunden, im Heimatglückc schwelgt. Und seinen Gott feiert, der auch im Schwächsten Wunder wirkt. Claudels Muttersprache ist die Poesie. Sie vereinigt die erhabenen Schönheiten derjenigen Homers und der Bibel. (Wer auch nur die „Lobpreisung" im Programmblich ge- lesen, wird zugeben, daß dieser Vergleich keine geschmacklose Uebertrcibnng ist.) Man muß die Augen schließen, um all den Wohllaut dieser Sprache in sich aufnehmen zu können, und dabei wird ihr vielfach noch die Unzulänglichkeit des menschlichen Organs nicht voll gerecht werden können. Diese Sprache ist auch in der Uebersetzung Musik. schen Königsthron keine Rechte besitzt', ob Prinz Ernst August s innerlich dennoch glaubt, derartige vermeintliche Rechte zu besitzen, wissen wir nicht. Wir haben aber von ihm die Bürg schaft gefordert und erhalten, daß er die Rechte ans Han. nover, die sein Vater zu haben glaubt, seinerseits niemals geltend machen werde, und jüngst hat er dies Versprechen noch dadurch bekräftigt, daß er ausdrücklich erklärte, daß er sich daran für immer gebunden erachte. Wer verlangt denn von einem ehrlichen Menschen mehr? Der ausdrück liche Verzicht, den die nationalen Scharfmacher verlangen, ist weit mehr als ein Verzicht, er wäre eine Verdemütiguiig des Welfenhauses und eine schroffe Undankbarkeit gegen die treuen Welfenanhünger, die in guten und in bösen Tagen ihren vermeintlichen rechtmäßigen Herren Treue uin Treue gehalten haben. Wir Deutschen, denen die Treue doch eine Nationaltugend sein soll, müßten Verständnis haben für die Rücksicht, die erfeulicherweise an den allein zuständigen Stellen dein Welfenhans gegenüber bekundet wird. Das muß den nationalistischen Treibereien gegenüber auch ein mal festgestellt werden, daß nicht das Volk oder der Reichs tag, sondern ausschließlich der Bundesrat in der Welfensrage zuständig ist. Es ist eine Anmaßung, wenn alldeutsche Hetz blätter mit einem Volkssturm gegen Kanzler und Kaiser drohen, wenn die Bundesratsbeschlüsse von 1885 und 1907 gebrochen werden sollten. Wir meinen, daß gerade im Inter esse unseres Reiches nicht schnell genug diesen Bundesrats- beschlüssen der Garaus gemacht werden könnte. Fürst Bülow hat im März 1909 diese Bundesratsbeschlüsse zutreffend durch die Worte charakterisiert: „lieber dem formalen Recht steht das Recht des deutschen Volkes", und hat damit der Sozialdemokratie kostbares Inventar geliefert. Dem Bundesrat fällt jetzt die Aufgabe zu, nach Möglichkeit wieder gut zu macken, was er früher gesündigt hat, denn das Legi timitätsprinzip dürfen wir uns im Deutschen Reiche nicht erschüttern lassen. Der junge Herzog wird nienials An- spräche auf Hannover geltend machen: er wird bei seiner Thronbesteigung die Reichsverfassimg feierlichst anerkennen, die im Artikel 6 Hannovers Zugehörigkeit zu Preußen aus drücklich erwähnt; soll man befürchten, daß die Söhne des braunschweigischen Herzogs und der Kaisertochter Feinde des Reiches sein werden? Sie könnten es sein, wenn man den Vater zu einem Verzicht zwingen wollte, der eine Demüti gung für ihn und sein Haus wäre. Der «Gerichtshof" der Fünftausend in Lhemnih Man schreibt uns: Die über 5000 Teilnehmer zählende Tagung der sächsi schen Lehrerschaft in Chemnitz hat es dein Kultusminister Dr. Beck sehr übel genommen, daß er die Einladung zu ihrer Generalversammlung abgelehnt und nicht mal einen Ver treter der Regierung entsandt habe. Die „Neue Vogtlän- dische Zeitung" meint, das Ministerium hätte wissen müssen, daß ans den Landesversaninilungen des sächsischen Lehrer vereins alle s ch u l p o l i t i s ch e n Richtungen, vom b'sruLpr. löü79 vom sinksotistsn d>8 fslristsn c-snro Npsrikll-kvlLVVLrsa- uoct izüisookrssobLkt Orssäso-^., Llu^struüo 26 unvvoit. Rvko Vlkt.orirr3ßraüs, HSASnUdsr Lor kavä- 8LLnäi3elivQ Lank kspai'akis'öri uncl linken bis zum rechten Flügel hinüber, vertreten wären. Namentlich das mittlere Lager der Lehrerschaft müsse sich in ihren Empfindungen verletzt fühlen, wenn die oberste Behörde den ganzen Lehrerstand einfach schneide. Also alle Richtungen waren vertreten und alle, auch „das mittlere Lager der Lehrerschaft", spendete den Ausführungen des Landtagsabgeordneten Dr. Zöphel „brausenden Beifall". Der rechte Flügel, das mitt lere Lager — „brausender Beifall" I Keiner erhob sich wider Dr. Zöphel, keiner nahm die, namentlich in der Diskussion, scharf angegriffene „Vorgesetzte, ober sie Behörde" in Schutz. — „Stürmischer Beifall"! Wohlgemerkt, man ist in einer Versammlung aller Richtungen. Der radikale Teil der sächsischen Lehrer überwiegt nur in den Vertreterver- sammlungen. Trotzdem in Chemnitz so scharf im Ton. so weit in den Forderungen! Der „Vorgesetzten, obersten Be hörde" zilinuten, die rhetorischen Leistungen zweier links- liberaler Parteipolitiker und die Taktlosigkeiten der Dis kussionsredner über sich ergehen lassen, ist Wohl zuviel verlangt. Bemerkenswert für die katholischen Lehrer Sachsens ist die Tatsache, daß a l l e s ch n l P o l i t i s ch e n N i ch t n n- gen in Chemnitz den „Bankerott des katho lischen Schulwesens" durch ihren Beifall unterzeichnet haben. Der katholischen Schule wird in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft die Fähigkeit abgesprochen, das Volk zu bilden. Es war zwar kein Fach mann, der dies Urteil fällte, es war ein Rechtsanwalt, es war einer, der in der Geschichte der Pädagogik offenbar ein Wildfremder war, aber er fand doch nicht den geringsten Widerspruch, vielmehr „brausenden Beifall". Die katbo- lische Lehrerschaft Sachsens darf zu den Vor gängen in Chemnitz unmöglich schweigen. Mehr konnte man ihr nicht antunI Indem man die Un fähigkeit der katholischen Volksschule aussprnch, sprach man ihr und ihren Vertretern das Todesurteil. Sehen wir uns den Che m nitzer „Gerichtshof" näher an. Er besteht aus über 6000 Pädagogen, ans Män nern, die in der Schule der Gegenwart und der Zukunft nicht verzichten wollen ans den Imperativ: „Lerne gehorchen!" aus Lehrern, die sehr wohl wisse», daß sie nur so viel geisti ges Leben und sittliche Kraft auf den Zögling übertragen können, als sie selber besitzen. Und wie springen diese 5000 mit ihrer „Vorgesetzten, ob er sie »Behörde" um? Nicht Vorreden, vormachen! sagt auch moderne Päda gogik. So wird der Jugend in aller Oefffent- Claudels Gedankenslug geht ins Höchste, er steigt hoch wie seine „Lerche des christlichen Landes". Und uns, die ihm folgen möchten, benimmt die Aethcrregion gar oft den Atem. Man muß sich schon einmal in die Mystik Meister Eckharts und Heinrich Senfes, seines Schülers, vertieft haben, wenn man ihn recht genießen will. Wie diese Meister der Mystik aber verlangt auch Claudel liebevolles Versenken in die Wunder seiner Lyrik. Denn der Dichter der „Verkün- digung" ist im tiefsten Grunde seines Wesens Lyriker. Und dieser Grundzug seines Wesens hat denn auch den einzigen Mangel zur Folge, an dem seine Dramen kränkeln: sie wir ken bei ihrer mäßigen Handlung etwas ermüdend, ob sie gleich gedrängt voll Poesie sind. *) Seine Gestalten freilich sind keine leblosen Schemen: in denen pulst des Dichters eige nes Blut. Das Blut, das schon in den Adern der Väter rollte, die den schweren lothringischen Boden bauten. Mit dem lothringer Bauern, wie er heilte noch ist, stark nnd nach- denklich, vergleiche man die Gestalt des Andreas Gradherz, vergleiche man den Cebes und Simon im „Goldhaupt"! Und in seinem Weibe (Mara) kann die Leidenschaft dämonisch aufbrausen, wie bei den großen Meistern der griechischen Tragödie. Man hat den Schluß der „Verkündigung" untragisch ge nannt. Mir fiel das nicht auf. Muß in diesem Spiel, in dein allerorten Gottes Hand waltet, Jakobäns, den ohnedies all die Seelenqual gebrochen hat, nicht tiefstes Mitleid haben mit diesem Weibe, seinem Weibe, das nur aus leidenschaft licher Liebe zu ihm gefrevelt hat? Haben wir cs nicht auch? » » » *) In der zweiten Aufführung om vergangenen Sonnabend hat man die durch die sprachlichen Längen bedingten Mängel er freulicherweise durch Streichungen, besonders im vierten Ereignis, zu mildern gesucht und hat dadurch dem Spiele nur genützt Ein glücklicher Gedanke war eS auch, den Schlich dieses Aufzugs als eignes Nachspiel zu geben. v Der Saal der Dalcrozc-Schnle in Hellerem soll ein Stu- diensaal sein. Die Bühne verzichtet auf alles, was bis jetzt üblich war, auf die Kulissenbühne mit all ihren mod>>r- nen technischen Verfeinerungen. Die Leiter dieser Bühne wagten ein Experiment. Ist es gelungen? Wenn man die szenischen Anweisungen des Dichters in seinem Buche liest, dann prickelt unwillkürlich der Reiz in einem, diese Szenerien mit ihren poesievollen Stimmungen n»ter Max Reinhardts Regie zu schauen. Vielleicht auch diese Bilder aus dem völlig verdunkelten Znschauerraum ans die Netz- haut wirken zu lassen. Aber diese Wünsche treten gern zu rück, hat man erst ein paar Bilder aus der „Verkündigung" auf der Hellerauer Bühne gesehen. Wenige Mittel nur sind cs, deren man sich hier bedient: Senkrechte, Wagrechte, Farve, Licht. Wir haben hier die alte griechische Bühne, die ans dcn Bühneiirallm in herkömmlich»! Sinne verzichtet, die zum Ziischauerrarmi selbst gehört, nicht von ihm getrennt ill. Wer Reinhardts „Oedipus" gesehen, wird sich erinneren, wie dort die'düstere Palastwand mit ihren einfachen, edlen Linien wirkt. Diese Bühne ist es in Bereinigung mit der verbesserten, mittelalterlichen Mysterienbühne, deren drei! Ebenen hier durch Treppen verbunden sind. Sie wird nach den jeweiligen Bedürfnissen eines Stückes erst geschaffen. Weil sie mit dem Znschauerraum zusammen ein Einheit liches bildet, vollzog sich die Handliuig nicht mehr vor uns, sondern gleichsam mitten unter uns. Infolgedessen muß auch das Licht über und um den Zuschauer fluten. Und oie- ser Raum mit seinem diffusen Licht ist für Claudels Dra men, insonderheit für die „Verkündigung", geradezu un umgängliches Erfordernis. Denn seine Personen sprechen säst mehr mit dem Publikum, als miteinander. Das Licht hat auf dieser Bühne aber noch eine andere, bedeutendere Aufgabe: es muß die Musik ersetzen bei diesem lyrischen Drama, gleichsam eine Sphärenmusik abgeben. Der