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Sächsische Volkszeitung : 07.07.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-07-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190407071
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19040707
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19040707
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-07
- Tag 1904-07-07
-
Monat
1904-07
-
Jahr
1904
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 07.07.1904
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schliche Festlegung der Wahlkreise enthalten soll. Alles war eitel Wonne im schönen Bayernlande. Die Regierung be eilte sich, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorznlegen, der dnrchiveg den Beschlüsse» der Abgeordnetenkammer ent sprach. Nun drehte sich der Wind bei den Liberalen. Sie rechneten nach, das; sie bei der neuen Wahlkieiseinteilnng einige Mandate verlieren ivürden nnd diesem Parteiegois- ums entstainnite ihr Widerstand gegen das (besetz. Die Li beralen sagten sich aber nicht, das; sie diese sieiabrdeten Man date mir durch die jetzige ungerechte Wahltreisgeometrie er halten haben. Man macht sich ansterbalb Bayern gar keinen Begriis davon, ivie inan es seither verstanden bat. dem Liberalis mus Mandate znznschanzen. Katholische ^Bezirke, in denen ein Zentrnnistaiididat anstandslos gewählt tvnrde, !>at man so zwncheii protestantische ansgeteilt, das; der Sieg des Li beralismus ziemlich sicher ist. Wir kennen eine (hebend bei Bamberg, ivo die Wahlmänner erst durch den benach barten katbolncheii Kreis dnrctireisen inüssen, ebe sie znm Wal,lorte gelangen nnd wo sie dann durch das protestan tische liebergewicht erdrückt werden. In ganz ähnlicher Art hat man aeichloisene protestantische ttzegenden in solch vor züglicher Weise mit katholischen Angrenzern vermischt, das; der Liberalicanns inaner statt e! oder !> Blandate deren l nnd '> erhält. Diese ossenknndiaen Ungerechtigkeiten haben zn dem Anträge geführt, die Waliltreisernteilnng ge'etzlicst iestzn legen, nnd es ist ein anerkennenswertes Enigegenkoinwen der ;>!egiernng, das; sie hieran; eingegangen ist, sie hätte hiermit ans einen Teil Einstus; verzichtet nnd das Wahlrecht noch mehr unter gesetzliche Garantien gestellt. Jede Partei, die sür eine Sicherheit der Bolksrechte ist nnd dieie der Will kür der Peiwallnng entrissen nüs'eil tnill, mnstte hier zu preisen. Anders aber die wanlelniütigen Liberalen', sie kehrten ihrem eigenen Antrap voni Füll U»UL den ttlücken und lehnten die pei'ehliche Wal>lkreisein!eil>inp iiiid damit die Wahlreiorm ab, iodast diese nicht die nötlpe zwei Drittel Mehrheit sand. In de iii Ansschnst der Kammer der Reiclisrnte tvnrde dempemäst auch keine Eiiiignng erzielt, die ans Gelingen der tlkesoriii eine Aussicht erichliestt', liier N'iirde der Regierung vieliiielir naliepelept, den Entmin r znrüchpistelien. Oocl, piiip dieie nicht daraus ein', sie wäre recht nnpeschictl, wenn sie es tun wollte. Da sind nun die Liberalen stark in der Llennne; an ihrer Haltung scheiterte der peiamle Entwnrr. Tciii' init einem Genih! des (skels abei' kann man die Tatsache erpressen, wie jetzt die liberale Presse die Dache zn drehen 'acht, um ihre Leier absichtlich zn verdummen. Do schreibt die „National Bettung": ..Das .senlrnm hat jedes Entgegenkommen abpelehnl. Jetzt stellt unverrückbar sest, das ,'stnitrnm lial die Wablrecblsvorlape zn Fatte pebrachl." Pstin must sich wundern, das; eilt anständipes Blatt solche dicken Lupen niederschreiben kann. Wws bat denn das Zen trnm getan? Es bat an dem Beschlüsse der .Lämmer der Abpeordneten vom Inli !!»>-!, sür den auch die Liberalen stimmten, sesipebalten: es l>at an der dementsprechenden Re piernnpsvorlape seslpebalten. Pcelir nicltt. ikkstirnni iapen das die Liberalen nicht? Die Regierung ist an dem Fall der Walili eclitsvorlape scl>n>d? Blit derselben Lopik, der selben Untnalirlteit könnten sie diesen Dab ansstellen, stkoch nie bat der Liberalismus die Dessentlicbkeit mehr belopen und lietropen, als er es liier zu tun vernicht! Aber den liberalen Herrn ist selbst nicht ganz wohl bei den nnianberen Macliinationen. Die wissen, das; die Dozialdemokratie sehr entschieden pepen den Liberalismus vorpehen tnird. tveil er in dieser Frage so nnznverlässip tvar. Nun siiclit die ,/A'at. Beilnng" den Dozialdemokraten einpireden, dies docli ja nicht zn tun. Da heisst es: „Die eroberte Damaskus, zerstörte Bapdad, unterjochte Dyrien nnd vernichtete am st>>. Juli > l<>2 in der Etzeiie von Anpora das pewallipe, Mann starke türkische Heer. Mit seinem Tode versiel seine Macht. Dein Biesen reich löste sich in zahlreiche kleine Elianate ans, die sich untereinander ans das heslipste, pransamste nnd blnt pieripste beselideten. z'lncli bei den Kämpfen Limnrs niil europäischen Truppen zeigte es sich, das; die Monpolenhorde» ihre Ditten nnd ihre Lampsesart nur iiwoeientlicki verändert hatte». Wieder verdankten sie ihre glänzenden Siege zum prosten Teil nur stirer Aiiprisjssclinellipkeit. die mitunter, wie uns verschiedene Beispiele leinen, ost an Tollkühnheit prenzt. Der stabilisnins der teiliveise mohammedanischentlkeiter map diese schätzbaren Doldateneipenschasten noch erheblich er höbt haben. Mit Tiinnr Ehan hörten die Monpoleneinsälte in En ropa ans. Jetzt wandte sich der Dpiest. Rustland hatte seine nationale Einheit pesnnden, nnd das pewaltipe, ost europäische Reich bepann sich zn recken nnd zn strecke». Jetzt tvnrde» die Europäer die Anpreiser und die Monpolen die Anpeprifsenen. Zuerst siel das Reich des Monpolensürsten T »dick», der über das (Gebiet zwischen Wolpa, Jarl und Laspisee herrschte. Dann schob Rußland seine (Grenze bis an den Iilisch vor, pinp tveiter bis znm Jenissei. dranp durch die Dalzsteppen, die zwischen Kaspi nnd Aralsee liepen, eroberte Ebitva, Tstichara, Merv, Tasch kent nnd Damarkand, die ebematipe ttkesidenzstadt der Dschinpischane. Die Dinnpare» tvnrden zur Ruhe ge- zwnnpen: auch die Tschnnchnsen mnstte» sich füpen. Das übripe Europa blieb aber bei alle» diesen Kämpfe», die Rußland mit den Monpolen anssocht, vor der Hand ziemlich uninteressiert. Erst der Kampf eines mon polischen Bolksstannnes pepen den anderen, der .Krieg Japans pepen Ehina, tveckte das europäische Interesse. Und dieses Interesse tvnrde wach pehalten, ja, es kam sopar eine pewisse Dpannnnp liinein, die sich dauernd erhöhte, bis sie im Anprall der Monpolen pepen die Europäer im pepenwärtipen russisch japanischen Kriege ihre Lö snnp fand. stür Europa ist auch dieser Krieg von eiiter panz emi nenten Bedentiinp. Die Japaner repräsentieren nicht mehr die repellose» Horden, die im Mittelalter in Europa seng- len nnd brandschahten. Schon vom Rassenstandpnntt aus habe» alle Völker Europas ei» berechtiptes Interesse am Auspanpe dieses enropäisch.mongolische» WasfenpaitpeS. Sozialdeinokratie must seine (richtig: ihre) Parole deutlich pepen das Zentrum wenden, wenn sie wirklich freiheitliche Politik fördern will." Auf diesen Leim kriecht in Bayern kein Genossel Ergötzlicher aber ist noch folgendes Einge ständnis am Schlüsse des Artikels: „Der Wahlrechtskampf hat elektrisierend ans die Freunde der Freiheit gewirkt. Or ganisationen entstehen und erstarken wie nie zuvor. Die in Bayern besonders zahlreichen Mitläufer der So zialdemokratie werden umso eher zu ihrer Fahne z u r ü ck k e h r e n, je zögernder dieselbe gegen daS Zen trum frontiert." Wir danken hierfür. Hier steht also klipp nnd klar, dast „die in Bayern zahlreichen Mitläufer der Dozialdemokratie" ans dein liberalen Lager stammen; sonst wird das sehr entschieden geleugnet. Wenn sie nicht aus dem liberale» Lager kommen würden, könnten sie doch nicht „zu ihrer staline" znrückkebren. Das liberale Blatt map diesen Datz nur im Eifer des Gefechts geschrieben haben; aber so nnlvahr sonst der gesamte Artikel ist, so wahr ist dieser Schlußsatz. Politische Nttttdschar». Deutschland. Dir Handelsvkrtriigc. Als Termin, zn dem die neuen Handelsverträge in Kraft treten sollen, wird jetzt der l. April nächsten Jahres genannt. Das Reich Komitee zu Gunsten der durch Hoch wasser Gcschädiqtcn wird am Donnerstag seine Dchlnst- sitznng abhalten. Tie Einnahmen haben stlst stlst Mk. be tragen. Die „Krcuzzcitung" verteidigt Frhrn. von Mirbach wieder temperamentvoller; sie nimmt ihn besonders in Schulz gegenüber der Behanplnng des „Vorwärts", als habe Freiherr von Mirbach in der Iesnilenfrage der Ne- giernng entgegengearbeilet; das konservative Blatt bemerkt hierzu: Freiherr von Mirbach hat sich in der Gencrnl- synode an der Vorbereitung des Einspruches gegen die Auf hebung des ss st des Iefuiteilgefetzos nicht beteiligt, auch nicht für den Aistr-.g gestimmt, in dem dieser Einsprnch Ausdruck fand. Von einer regierungsfeindlichen Politik, die er auf diesem Gebiete getrieben haben solle, kann also nicht die Rede sein." Das glauben wir der „Krenzzeitimg" aufs Wort; ein Hosinann wird doch der Negierung nicht widersprechen, besonders wenn er sie braucht, um durch ihre Vermittelung die Auszeichnungen sür die Wohltäler der protestantischen Kirchen zu erlangen. Denn was die Zeitungen veröffentlichen, erweckt den Eindruck, dast man dem steistigen Kirchcmhaner Mirbach mir recht hohe Summen zur Verfügung stellen durste, nur in Prensten Titel und Orden zn erhalten. Sv verdienstlich es mm ist, für die Erbauung neuer Gotteshäuser zn wirken, so scheint uns dies doch nicht der richtige Weg zn sein. — Hrrrciihans nnd Landtag in Prensten sind ge schlossen. Das Herrenhaus hat in st«! Sitzungen wehr als früher geleistet; iria» sieht hieraus das Bestrehen, sich in der Oenentlichkeit wehr Geltung zn verschassen. Der neue Präsident Fürst zn I» nnd Krivpliansen trat diese Ahsicht bei der Uehernalnne des Präsidiums vsserr ausgesprochen nnd er gilst sich alle Mühe, dies zu verwirklichen. Tie poli tische Arrsinerlsawkeit wurde ans das Herrenhaus in erster Linie gerichtet durch die Generaldeliatte znni Etat. Tie Anshehirng des Artikels 2 des Iestütengesetzes und die he- dingte Zulassung der Marianischen Kongregationen ent fesselte eine Keine konfessionelle Dedatte, in welcher Kar dinal Dr. Kopp es in einfachster Weise verstanden hat, Oel ans die hvchgehenden Wogen zn giesten. lind der kon fessionelle Friede hat in den letzten Wochen noch einen tze- dentenden Fortschritt in Heiden Parlarnenten z» verzeichnen gehalst; wir erinnern nur a» die Rede» ans Anlast der Ini- liativanträge über das imentgeltliche Ablassen von Mili tärgesanghüchern. Die Angriffe der konservativen Führer ans das bestehende Reichslagstvahlrecht geben den Sozial demokraten in den gegenwärtig für sie so schweren Tagen einen willkommene» Anlast, nni eine »ene Agitationshro- schüre verteile» zn tönrie». Dieses Scharsinachertnin bat noch inmier dein Radikalismus genützt. Die Beratung des Ansiedlnngsgesetzes ist iw Herrenhaus jedenfalls mit mehr Würde nnd Besonnenheit vor sich gegangen als im Abge ordnetenlranse; hier tarne» auch von den Frennden des Ge setzes die gewichtigsten Bedenke» znin Ausdruck; die gesäurte Stiinnirmg bei den Beratungen war eine gedrückte nnd der Berichterstatter bat dein am Schlüsse offen Ausdruck ver liehen; das Herrenhaus benahm sich hier wenigstens einer gesetzgehende» Körperschaft würdig. Welch unangenehmes Bild bot demgegenüber die Mehrheit des Abgeordneten hauses! Mari wird dein Herrenhaus die Anerkennung nicht porentl,alten dürfen, dast es seine Aufgabe gut erfüllt hat. Iin Abgeordnetenhaus gingen die konfessionellen Wogen hoch, als die Nationalliberale» den Vorstost wegen der Auf hebung des Ls st des Iesnitcngesetzes unternahmen. Aber i» glänzende» Ailsführnngen, die »ran noch heute mit Wonne nnd Gennst sehen kann, traten die Zentruinsabge- ordneten Dr. Bachem und Dr. Porsch diesem kiiltiirkäinpfe- risckien Versuch entgegen. Wichtige Debatten entstanden so dann bei dein Ansiedlnngsgesetz; selbst der uns so feindlich gesinnte „Vorwärts" »ms; zugebe»: „Das Zciimirn Hai sich aiigesichl? des stainpfes, den die Re gierung de» Pole» o»sgezw»»ge», angesichts des Verfassimgs- drnches und der Reichsreckns Verletzungen wieder für einen Augen blick ans seine Vergangenheit besonne», es hat der Regierung bittere Wabrhciten gesagt nnd »ach misten bin wenigstens den Schein erweckt, als ob es für Wahrbeit und Recht kämpfe. Freilich war der Kannst, den es führte, iveniger ein Kampf für die Wahrung der Rechte unserer polnische» Mitbürger, als ein Kampf um die eigenen Inieressen des ZcmrnmS: es fürchtet, dast cs nicht auf eine Geriiiaiiisieriiiig. sondern auf eine Protestantisierung der pol nischen Landesteile abgesehen ist." Im Munde eines sozialdemokratischen Blattes ist dies eine hohe Anerkennung. Der preustischen Zentrunisfrak- tion »ms; auch sonst das ehrende Zeugnis ausgestellt wer den. dast sie tüchtig arbeitete. Keine einzige Fraktion hat so tstele neue Anregungen gegeben und so Piele Anträge ge- stellt, die den« Volkswohl dienlich sind. Nicht erledigt hat der Landtag unter anderem die Kanaldorlage und das Kon- trakthrnchgesetz gegen Landarbeiter nnd von Initiativan- trägen den liberalen Wahlrcchtsantrag und den Schulau- trag. Im Spätherbstc, wenn der Landtag wieder zusam- inentritt, hat er also noch sehr viel Arbeit übrig. — Aus der Fraktion der nationalliberalen Partei hört die „Berl. Börsen-Ztg.", datz man angesichts der Ver urteilung des Abg. Münch-Ferber abwarten will, ob der Genannte das Urteil im Wege der Revision aufechteu wird. Tut er dies nicht, so stehe cs für die Partei fest, dast er die Erben seines verstorbenen Sozius — wie das Gericht ausgesprochen — durch Vorspiegelung falscher Tatsachen einschüchtern wollte, und dann werde man die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen wissen. — Vertretertag dcr nationallibcralcu Jugcndvcrcinc. Der Vorstand des NeichSoecbandes der »ationalliberaten Jngendvereine hat an die nationalliberalen Ingendpereine ein längeres Rundschreiben gerichtet, worin nur Zustimmung für den Vorschlag ersucht wird, den Vertreter tag des Reichs» Verbandes der iiationalliberaleit Jngendvereine in den Tagen des !i. nnd -1. September, und zwar nach Leipzig, statt des frittier in Aussichi genommenen Tagungsortes Frankfurt a. M. zn berufen, mit der vorläufigen Tages- vrdimiig: l r Richtlinien für ein jnngliberales Schulprograimn 1 Referenten die Herren Lehrer Bühler-Zweibrncken, Rechts anwalt Falck-Kvln und Tr. Pauls-Aachen»; L> „ArbertS- kanimern". I Referent Ratsassessor Dr. Hanber Angsbiirg.) Der erste Punkt der Tagesordnung mag jetzt schon d'e »ationalliberale Fraktion des Abgeordnetenhauses warm machen. — Wvrnbrr sich die Svzinldcmvkratkn amüsieren! Am letzten Sonntag feierten die Genossen des Kreises Teltow ihr Sonmierfest, an dein sich stst/Mi Besucher beteiligten. Dem Bericht des „Vorwärts" ist n. a. zn entnehine»: „Das Festprogainin war gediegen und reichhaltig. Tie musika lischen iiiid gesangliche» Produktionen sowie die AnSsiih- rnngen verschiedener Arbeiter-, Turn- und Radfahrvereine fanden ungeteilten Beifall. Ansrehen erregten natürlich die Hereros, die eigens ans Befehl des Festans'chnsses kur zerhand gefangen genowmen und Brach dein preustischen Kiiltnrlande befördert worden waren." Während unsere tapferen deutschen Soldaten und Offiziere drnnten in Süd afrika die grössten Entbehrungen zn tragen haben und selbst nmtig in den Tod sür das Vaterland gehen, amüsieren sich die Genossen in Berlin mit den „gefangenen Hereros". Das ist eine Gefühlsroheit sondergleichen, über die jeder Deut sche sich mir liöchstlicki entrüsten kann! Aber freilich, wo der ..Oberherero" Zubeil die Festrede hält, da passen solche Stückchen gut hin; derselbe Genosse Zubeil ist es bekannt lich gewesen, der die eigene Frattion angegrisse» bat, weil sie bei der ersten Vorlage zur Unterdrückung des Aufstan des sich der Dtiwnien enthielt; Die zweite Vorlage tvnrde dann betanntlich von der Sozialdeinokratie abgelehnt! In diesem Znsaininenhang dürfen wir auch Notiz nehmen von einem Schreibe» des Reichskanzlers an den Vorstand der Rheinischen Missionsgeseltschaft, der sich anscheinend beim Reichskanzler beschwert hatte über dessen Bewertun gen iw Reichstage gegenüber protestantischen Missionen. Ter Reichskanzler teilt dein Vorstand der genannte» Mis- sionsgesellschnst »nt. dast er nicht beabsichtigt hat, abfällige Kritik a» der Tätigkeit der Mission z» üben; es lasse sich aber nicht in Abrede stellen, dast einzelne Missionare, als sie Anschuldigungen schwerwiegender Natur in einem An- genblick veröffentlichte», wo die letzteren sich den unerhörten Greuel» der Hereros ansgeliefert sahen, mit der berechtig ten nationalen Enipsindnng des Unwillens nnd der Ent rüstung über dieie Greuel sich in Widerspruch gesetzt haben. — Zwei Frnnknrcchtlcrinnen in Berlin ging es sehr schlimm; ein Berliner Blatt hatte kurz »ach Beendigung des Franentongresses initgeteilt, dast ztvei Tainen, die im Aiisstellnngspart ihr Abendbrot einnehmen wollten, seitens des Wirts initgeteilt worden sei, inan bediene sie nicht, da sie ohne Herrenbegleitnng seien. Nun bestätigt eine der aus- gewiesenen Damen, Fra» Blabr, die Gattin eines früheren Ministers in Norwegen, diese Meldung in einem Brief, in den, sich folgender Passus findet: „Meine Freundin, Frau Hanptinann K., nnd ich gingen am Abend des genannten Tages »ach dem Besuch des Theaters in das Restnnrant des Ansstellnngspartes, um z» speisen. Ans unsere Frage nach der Speisekarte erwiderte uns der Kellner achselznckend, dast er uns nicht servieren könne. Ans unseren Wunsch tvnrde der Wirt herbeigernse», der uns erklärte, dast an Damen ohne Herrenbegleitnng nichts verabfolgt werde nnd dast eine diesbezügliche Warnung in den Zeitungen ver öffentlicht worden. Erbittert über die mir als Gast des Kongresses angetane Schmach, sand meine Freundin, eine geborene Berlinerin, welche die Konversation führte, es angezeigt, meinen Namen und Stellung zn nennen, was den Wirt aber nicht veranlassen konnte, seine beleidigenden Worte znrückzunehinen, sodast wir vor den Augen des nm- hersitzenden Publikums das Lokal verlassen nmstten." Es mag allerdings für Frauenrechtlerinnen, die eben noch tief in ihrem Znknnftsstaat schwärmten, eine nnangenehnie Niickversetznng in den Gegenwartsstaat gewesen sein, als sie so behandelt wurden. Wir können das Verhalten des Wirtes verstehen; nur sollte er an dem Garten in einer An zeige ans diese Vorschrift anfinerksam machen. Man kann jeden Berliner Wirt nur unterstützen, der so borpeht. Die Szenen, die sich in Lokalen anderer Art abspielen, rechtfer tigen dieses Verbot. Das anständige Publikum darf Schutz vor Personen zweifelhafter Stellung fordern, und hierzu ist ein solches Verbot sehr geeignet. Dast einmal auch ehrenwerte Damen getroffen werden, rechtfertigt noch nicht, sich absprechend über das Verbot selbst zn äußern. Ocfterreich-Nngarn. — Im ungarischen Abgeordnetenhause spielte sich eine sehr interessante Szene ab; der frühere Ministerpräsident. Graf Khucn-Hedervary. kam ans den ungarischen Kultur- kawpf des Jahres 1K!>1 zu sprechen und teilte hierbei mit: Als der Kaiser im Juli 1K94. seinen. Graf Khusn-Hederbarys. Rat einholte, habe er erklärt. eS sei überflüssig, behufs Durchdringung der kirchenpotttiichen Reformen im Magnaten halis den von Wekerlc beantragten Pairsschnb herbeizuführen. In diesem Sinne habe er sich auch dein damaligen Minister präsidenten Wekerlc gegenüber geändert. Ans Grundlage dieser seiner Anffassnng sei er sodann mit dcr Kabinetts bildung betraut, nickt um die Reformen zn vereiteln, im Gegenteil, um die kirchenpolitischen Reformen ohne Zuhilfe- nähme autzerordentlicher Mittel zu bewerkstelligen. Diese Darlegung des Ministers vief im Hause große Erregung hervor.
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