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Beilage zu Nr. 10 der „Sächsische» Volkszeitung" von» 13. Januar 1005. Die Untersuliiuns über die Durchführung des Harrdwrrkergcsetzes vom 26. Juli 1807, die vor kurzen: seitens des Neichs- amtes des Innern durch die Versendung besonderer Frage bogen an die freien Innungen, Zwangsinnungen und Jnnungsausschüsse, JnnungSverbände, Handwerkskammern und höhere Verwaltungsbehörden in die Wege geleitet wor- den ist. wird ohne Zweifel für eine zukünftige Revision j des Gesetzes im Sinne der Handwerkerforderungen von gro- ' tzer Bedeutung werden. Die Fragebogen sind im Februar l dieses Jahres, also in einigen Wochen schon, zu beantworten ^ und cs darf angesichts ihrer Wichtigkeit wohl die bestimmte ! Erwartung ausgesprochen werden, daß die Beantwortung ! der Fragebogen mit aller Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit und ! Pünktlichkeit geschieht. Zu dieser wohlgemeinten Mahnung ^ fühlt man sich um so mehr veranlagt, als die Handwerks- > kammern in ihren Berichten, die doch auch für die ganze ^ Handwerkorsache von gewissem Belang sind, immer noch : darüber klagen, das; die ihnen unterstehenden Innungen ^ auf die Beantwortung von Fragebogen so außerordentlich j wenig Wert legen. Bei dieser eingehenden Untersuchung > des Reichsamtes des Innern mich das anders werden. Es > empfiehlt! sich ferner, an die Beantwortung des Frage bogens nicht etwa in letzter Stunde heranzugehcn, sondern, wo es noch nicht geschehen ist, möglichst sofort; bestimmt doch auch eine Vorbemerkung zum Fragebogen, daß derselbe nicht etwa in einer, sondern in Vorstandssitzungen einer Besprechung zu unterziehen ist. Ferner ist derselbe vor Be ginn der Beantwortung ganz durchznlesen. Ties nament lich deshalb, weil sich manche Fragen in Unterabteilungen wiederholen und verbötet werden soll, daß dieselben doppelt beantwortet werden. Tie Beantwortung der Fragebogen isl durchaus nicht so einfach, allein derjenige für freie Hand werkerinnungen umfaßt 12 große Seiten in Aktenformat. Deshalb sei hier auf diesen Fragebogen, der von dem für Zwangsinnungcu nur in einigen unbedeutenden Punkten ; abweicht, mit einigen Worten näher eingegangen. „Von den den Innungen zur Beantwortung ansgegcbe- ! neu Fragen erledigen sich diejenigen zu 1 bis -1 durch den ! Einblick in das Jnnungsstatut. Zn Frage 5 ist anzngeben, ! wann die Innung errichtet worden ist. Reorganisiert wor- ! den sind alle Innungen im Jahre 1807 oder darnach ans j Grund des Handwerkergesctzes, eS würde hier das Tatnm ^ der Genehmigung des Statuts durch die Aufsichtsbehörde ! eiuzutraaeu sein. Tie in Frage 6 genannten Jnnungs- nebe-'statnten sind erforderlich für die von den Innungen > obligatorisch bez. fakultativ einznrichtenden Schiedsgerichte, Arbensnachweise, Herbergen, Unterstützungskassen nsw. und gegebenenfalls hier anzngeben. Zur Beantwortung der Frage 7 ist wie bei einigen anderen statistischen Fragen der 28 Oktober zu gründe gelegt. Aus dein Stande der Mit- glicderzahl am 1. Oktober ist in der Regel die Frage leicht zu beantworten, Veränderungen werden in den drei Wochen kaum eingetreten sein. Die weiteren Fragen unter diesem Punkte erledige,: sich ans der Mitgliederliste, für die ja ij 4 bezw. 8 6 des Statuts maßgebend ist. Darin ist be stimmt, ob außer den selbständigen Handwerkern auch noch Wcr'm.eisicr, frühere Selbständige oder Werkmeister, oder Guts- und Fabrikliandwcrker Mitglieder der Innung sein könne». In der Regel werden ja wenig solcher Mitglieder vorhanden sein. Tie Fragen für die gemischten Innungen erledigen sich aus der Mitgliederliste. Bei Frage 0 Punkt I, ist nicht etwa nur der Ausschuß für das Lehrlingswesen ge meint, sondern cs kommen auch in Betracht Ausschüsse, die für besondere Fragen eingesetzt sind, z. B. würde hier der Ausschuß aufgeführt werden müssen, den etwa eine Innung zur Erledigung der Vorarbeiten eingesetzt hat, wenn sie z. B. den Beschluß, eine Genossensckiaft zu gründen, gefaßt hat. Punkt 0 >- (Mitgliedvertreter) wird nur bei ganz gro ßen Innungen zntreffen. Frage 10 ist von ganz besonderer Wichtigkeit, es ban delt sich im allgemeinen hier um die Einrichtungen, welche innerhalb der Innungen getroffen werden müssen bezw. können, so auf dem Gebiete des Bildungswesens, Unter- richtswesens und dergleichen. Zn 10»- ist zu bemerken, daß Jnnnngsichiedsgericht nicht gleichbedeutend ist mit Lehr lingsausschuß, wie des öfteren fälschlich angenommen wird. Tie Innungen müssen LchrlingSauSschüsse bilden, vor denen Streitigkeiten zwischen Meistern und Lehrlingen entschieden werden. Tas Jnnungsschiedsgericht ist etwas anderes, seine Errichtung gehört zu den freiwilligen Aufgaben der Innun gen und seine Aufgabe besteht darin, Streitigkeiten zwischen Meistern und Gesellen zu entscheiden. Im allgemeinen werden nur wenige Innungen ein Jnnungsschiedsgericht haben, in den meisten Fällen wird diese Ausgabe der Jnuungsausschuß übernommen haben. 10 <- handelt von dem Genossenschaftswesen. Auf eine sorgfältige Beant wortung dieser Frage sei hier noch besonders hingewiesen. Frage 12 handelt vom Gcsellenausschnß. Zn den Unter- sragen I» bis ck sei bemerkt,, daß die Gesellen das Recht haben, ihre Zustimmung zu den ihrer Zustimmung unter worfenen Beschlüssen der Innung zu versagen. Tie Innung ist jedoch berechtigt, die Aufsichtsbehörde anzngeben, die fehlende Zustimmung der Gesellen zu ergänzen. TaS ist besonders der Fall bei Beschlüssen, die sich auf Arbeits nachweis. .Herbergswesen. Lehrlingswesen beziehen; da haben Gesellen mitzureden und der Gesellenanssckmß muß mit vollem Stimmrecht der Jnnungsversammlnng zugezo- gen werden. Diese Einrichtungen, wie Arbeitsnachweis, .Herbergswesen und anderes sind auch in Frage 18 als die jenigen gemeint, für welche die Gesellen Auswendnngen zu machen haben. Tie folgenden Fragen 14 bis 81 beziehen sich unter anderen aus die Regelung des Lehrlingswesens, Einnah inen, Ausgaben und Vermögen, Einrichtungen znm Ausbau der Innungen, Submissionen, Beauftragte usw. Bemerkt sei noch, daß es unstatthaft ist. bei der Beantwortung der Frage bogen etwa Klagen bezw. Wünsche anbringen zu wollen. Die Fragen sind klar und präzise gestellt und begehren lediglich eine ebensolche Antwort. i i i i i > I , I ! S ä cb s i s ch e V olfs w örte r. Daß W eih- nachten wie Ostern und Pfingsten eigentlich eine Mehr zahlform ist, hat sich in: Volksbewußtsein verdunkelt, sie ist aus dem mittelhochdeutschen zc den wihen nahten, das ist zu den heiligen Rächten entwickelt; der zweite Bestandteil nachten ist in: Gebirge und in der umgelautete» Form necht e n allerwärts in unserm Sprachgebiet verbreitet in der Bedeutung gestern abend; im Gegensatz bedeutet Hinte — binabt liu dieser Nach:». auch Heime, ln »re avend so wohl wie auch kommende Rächt, und wie nächten vielfach ohne Hervorhebung der Rächt einfach gestern bezeichnet, so wird lünte für heute gebraucht, so daß beide Wörter noch den Zusatz abend oder nacht erhalten können lbint oambd, Mittweida, Hinte nacht, Leisnig, nächte» amd, Limbach- Waldenburg usw.). So wird es auch begreiflich, daß wir mit Weihnachten nicht nur den „heiligen Abend" oder die eine heilige Rächt, sondern auch den Weihnachtstag meinen, genau wie unsere heidnischen Vorfahren, die vom 26. De zember bis zum 6. Januar ihr Winterfest feierten. Dieser Zeitraum wird noch heute im Volke als Jnnernächte (Jnnernächt, eigentlich Unternächte) bezeichnet ldie Ver breitung dieses Ausdrucks wäre noch festzustellen). An den Ursprung des christlichen Festes erinnert noch das im westlichen Erzgebirge seine Gaben austeilende B o r n k i n l, das ist das Kind in der Krippe, die im Mittelalter >>:<im ge nannt wurde und noch der Redensart „zu Paarentreiben", das heißt eigentlich das Vieh zum Barn, zur Krippe treiben, eintreiben, zu Grunde liegt. Außer der Knippe wird im Gebirge auch eine Verleumd de oder eine Dreh- vereinet aufgestellt, das ist eine Pyramide mit Lichtern, die den Tannenbaum erseht. Auch befinden sich unter den Gaben T o ck e n , wie die Puppen mit einem alten deutschen Worte (althochdeutsch in der Gegend von Olberubau- Annaberg-Schwar,zenberg und im Vogtland (wie auch in Schlesien) noch heute heißen (in Tresden hört man noch die Redensart: Tas Kind sitzt da wie ein Törtchen, auch das Teppchen Malen wird ans ein Törtchen Malen zu deuten sein). Tie Puppe dagegen flammt aus dem lateinischen -- Mädchen lsranzösisch poii,»-«-). Ein .Kinderwort dafür Et im Gebirge Biscbbab, das wie das Bnchkindl «vergleiche Bisrhbett) sich erklärt vom bischen, das heißt be rubigen ibsch, bsch) oder durch Singe» und Herumtragcn einschläfern. (Zuschriften erbeten an den Ausschuß zur Sammlung sächsischer Volks-Wörter, TrcSden A., Breite Straße 7, I.). Meißen. Auf Anordnung deS Königlichen Mini steriums des Innern und im Austrage des Landwirtschaft lieben Kreisvereins zu Tresden ist an der hiesigen Landwirt schaftlichen Schule der diesjährige Reblauskursus «der 20.) am 7. und 8. Januar abgehalten worden. Ter Unterricht, vom Direktor der Anstalt Professor A. Endler erteilt, er streckte sich auch diesmal wieder nicht nur auf die Besprechung der Lebensweise der Reblaus, ihre Erkennung und Ver tilgung, sondern wurde auch auf die Besprechung der übrigen wichtigen tierischen und pflanzliche» Nebenfeinde ausge — 28 - uuug ungemein zäh festhiclt, „es studieren ja Tausende von armen Studenten. Sie haben Stipendien, bekommen Lektionen, die ihnen etwas tragen und wenn cs auch nicht immer leicht geht, gehen muß es doch." „Es geht nicht immer, denn nicht alle kriegen Stipendien und nicht alle finden Lektionen." Ter alte Eomprani mischte sich wieder ins Gespräch: „Erlauben Sie mir. verehrter Hausherr, daß ich Ihnen sage: Ihr Sohn hat da vollständig recht. Glauben Sie mir, es ist sehr schwer für einen mittellosen jungen Menschen in Ehren, verstehen Sie mich: in Ehren fortzukommen. Manche Menschen machen sich da keinen Begriff davon." „Jedenfalls," setzte Fritz die Verteidigung des Freundes fort, „muß Einer viel herumlauseu, eine Menge von Gesuchen cinreichcn und sich oftmals bücken wie ein Bedienter, wenn er einen dieser Vorteile erhaschen will. Tazu ist Torneck nicht gemacht. Es liegt nicht in seiner Natur, zu petitionieren. Er hat zudem geglaubt, in einem anderen Berufe aus eigener Kraft leichter cmporkommen zu können, als auf dem dornenvollen Pfade des Hochschul studiums." „Nun also, und was ist er geworden?" Fritz zögerte einen Moment, denn er wußte, was kommen würde. Ta es sich aber nicht verheimlichen ließ, sagte er es endlich heraus: „Er ist Schau spieler geworden." „O je!" sagte der alte Bernhardt, „das ist schon das Richtige, wenn ein junger Mensch nichts Besseres weiß, als wie zun: Theater zu laufen. Natür lich. das kommt ihnen leicht vor, den jungen Leuten. Da brauchen Sie nichts zu arbeiten, lernen ein paar Worte aus ihrer Nolle, stellen sich dann auf die Bühne und warten auf den Beifall des Publikums. Na," setzte er dann noch spöttisch hinzu, „ist er schon ein in ganz Europa berühmter Künstler geworden? Hast du ihn vielleicht nach seiner Rückkehr von einer erfolgreichen amerki- kanischen Tournee wieder gesehen, mit Kränzen beladen?" Fritz ließ seinen Papa ruhig das bißchen Ironie aufbrauchcn, über das er verfügte; dann sprach er: „Nein, lieber Papa, so gut ist es dem armen Torneck nicht gegangen. Ob er die leichtfertigen Illusionen gehabt hat, die du ihm zuschrcibst, das weiß ich nicht. Jedenfalls aber hat ihm die Wirklichkeit arg mitgespielt." „Mein Gott!" sagte Helcuchcn, leicht zun: Mitlcide geneigt, und auch Frau Bernliardt hörte mit Teilnahme auf die Mitteilungen ihres Sohnes. „Dorneck bat sich für den Anfang natürlich an kleine Bühnen engagieren lassen müssen, ' ist schließlich mit einer wenig bekannten Truppe gereist, die obendrein noch in Rußland jämmerlich Fiasko machte und ist ohne Lorbeeren und ohne Reichtümcr zurückgckebrt. Das Schlimmste aber ist dabei, daß er sich frühzeitig verheiratet hat und nach kaum einem Jahre bereits seine junge Frau und ein Kind durch den Tod verloren hat." Nun war der Alte freilich ernst geworden. Aber er nwllte seinen Stand punkt nicht aufgclnn, wie ein zäher General seine unhaltbare Festung. Während seine Frau und Helene sich heimlich die Augen trockneten, sagte er mit seiner gemachten Rauhigkeit: „Ja, das ist freilich schlimm; aber wie man sich bettet, so schläft man. Wer hat dem jungen Menschen geraten, zu heirate::, bevor er hinter den Ohre:: noch trocken tvar?" — 28 — Und »in seinen Worten Nachdruck zu geben, hielt er dem Schlosser gleich seine Hand hin; denn er hatte schon bemerkt: der große, muskulöse Mann, der da »eben ihm saß, war ein Mensch mit wenig Energie. Tas bißchen Tatkraft von einst, batte dieser Stark größtenteils im Alkohol ertränkt. Man brauchte ihm nur scharf zuzusetzeu und ohne locker zu lassen, sofort den Mann auszn nützen, dann konnte man alles von ihm haben. So tvar es auch tatsächlich. Ter Schlosser brachte nicht die Eourage aus. dem Anerbieten des Tostors ein „Rein" entgegeuzusetzen, wie ihm allenfalls seine Leidenschaft für das Trinken eingegeben hätte. Er war nicht ii» stände, die dargebotene Hand zurückzuweisen; wenn auch zögernd, so schlug er dennoch ei» und sagte: „Ja, wenn Sie so freundlich sein wollen und wenn Sie glauben, daß es einen Zweck hat, so werde ich schon kommen." „Gut," sagte der Toktor, „ich danke Ihnen, denn Sie haben mir mit Ihrer Zusage wirklich eine Freude gemacht. Ich bin überzeugt, was wir vor haben, wird gelingen. TaS wäre nicht schlecht, wenn nicht ei» Mann wie Sie im stände wäre, an sich selber zu arbeiten und sich a»S eigener Kraft heraus zureißen, bevor er im Sumpf versinkt. Sie haben ja gewiß Schwierigkeiten genug im Leben zu überwinden gehabt, also werden Sie doch vor dieser am Ende ganz leichten Aufgabe nicht zurückschrecken. Jedenfalls war unsere heutige Unterredung eine sehr erfolgreiche . Wenn es Ihnen Paßt, so bestimmen wir gleich das Lokal, in dem wir uns jetzt befinden, für unsere weiteren Zu sanuuenkünste." „Ist mir recht." sagte Stark, der froh war, für heute so billigen Kaufes davouzukommen und nicht noch weitere Vorwürfe anbören zu müssen. Ter Toktor zahlte, vereinbarte noch mit dem Gastwirte, daß er nächsten Sonnabend die Ecke des Zimmers reserviert finde, und dann gingen die beiden Tischgenossen gemeinsam nach Hause. „Tas ist heute," sagte der Toktor aus der Straße, „schon eine ganz andere Promenade, als wie die von neulich nachts. Damals war es Ihnen ver flirt schwer, gleichen Schritt zu halten. Ra, genug davon. Wenn Sie er lauben, begleite ich Sie zu Ihrer Wohnung." „Bitte, bitte, ist mir eine Ehre," sagte Stark, der sich auch wirklich durch die Bemühungen seines noblen Freundes etwas geschmeichelt fühlte. Beim Wolmhause des Arbeiters angelangt, reichte ihm der Doktor die Hand, die der Schlosser herzlich schüttelte. „Auf Wiedersehen Sonnabend!" „Jawohl, gute Nacht, Herr Doktor!" Ter Portier hatte das Haustor geöffnet und tvar sehr überrascht, den Schlosser in der Begleitung eines seinen Herrn vorzufinden, der sich noch dazu lameradschastlich von dem Arbeiter empfahl. Am meisten wunderte sich der Hüter des Hau'es darüber, daß Stark kerzengerade an ibm vorüberging und ohne jede fremde Unterstützung die Treppe binanstieg. „Sonderbar!" brummte der Cerberus, indem er sein Sperrgeld einsteckte. „Run. mir kann es recht sein." 7. Tic Familie Bernhardt war am nächsten Tage beim Mittagslisch ver einigt. Herr Bernhardt sei:., der sich durch Grundspekulationen, aber auf voll- „Brache« Fel»." 7