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Sächsische Volkszeitung : 13.01.1905
- Erscheinungsdatum
- 1905-01-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-190501134
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19050113
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19050113
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1905
-
Monat
1905-01
- Tag 1905-01-13
-
Monat
1905-01
-
Jahr
1905
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 13.01.1905
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monatelang in» Untersuchungsgefängnis, nur weil sie Schriften, teilweise historische Schriften nach Rußland sandten. Der Inhal» derselben ist gar tein hochverräterischer. Redner geht nun in aller Breite auf den Prozeß ein. Den Antrag auf Freitassung der An- geklagten aus der Haft hat man abgelehnt mit der Malivierung, daß Fluchtverdacht vorliege: sie kannten nämlich saust über die russische Grenze entweiche». (Stürmische Heiterkeit.) Kür das so faule Rußland legt man sich derart ins Zeug: nur Liebedienerei gegen Rußland veranlaßt Deutschland zu solchen, Verhalten. Deutschland darf sich nicht nochmal« in den Staub vor Rußland werfen und geduldig die Schläge entgegennrhmen. (Lebhaftes Bravol) — Ava. Burlage (Zentr): Die Sache ist heute uner wartet verhandelt worden, zudem handelt e» sich um einen schweben den Pcazeß. Aber nach den vielfachen Vorkommnissen muß man doch hierzu Stellung nehmen. Höchst eigentümlich ist die Benutzung falscher Uebersetzungen: bei der Inhaftnahme kann solche mitunter laufen. Di>: nächste Tat des nächsten Tages müßte jedoch sein, mit einem unparteiischen Uebersetzer die Sache zu piüfe». Aber das ist nicht geschehen. Auch später lange Zeit nicht. Man nimmt es überhaupt zu leicht mit der Eröffnung des Hanptverfahrens: das verstößt gegen den klaren Sinn unserer Strasprozeßordnung. Mit großer Leichtfertigkeit ist die ganze Sache behandelt worden. (Sebr richtig!) Die Resolution Müller-Meiningen will die Artikel 102 und >03 ausheben, ohne daß etwas an deren Stelle gesetzt wird. Mit der Tendenz des Antrages sind wir einverstanden, auch damit sind wir einverstanden, daß Auolieferniigsverträge nur noch imt dem Reiche abgeschlossen werden dürfen und nickt mehr mit Eünel- staaten. (Sehr richtig!) — Abg. Hiniburg (ltons.): Die Aende- rung ist nicht so eilig: wir halten die Resolution für unannehmbar, soweit sie sich hieraus bocheht. — Abg Lenzmann (Freis. Berg.): Das Resultat der Deb rite ist für »ns sehr erfreulich: alle Parteien sind im wesentlichen einverstanden, für den Rechtsstaat einzutreten. Der Instizminister kannte zur Zeit der Eröffnung des Haupt- verfahrenS die richtige Uebersetzung. und doch ließ er die gefälschte zu. (Hört!) Wir müssen sofort ändern, wenn ein Unrecht entsteht. Der Reichskanzler selbst sollte bei einer solchen Debatte erscheinen. Fort mit der Liebedienerei gegen Rußland, das kein tlulturstaat mehr ist. — Staatssekretär Nicberding: Die deutsche Negierung verwahre ich dagegen, daß hier gegen eine befreundete Negferung so gesprochen wird. (Zehr richtig!) Der Reichskanzler kann nicht immer erschein»», besonders nicht im jetzigen Zeitpunkt. Feder BundeSratsbevollmächtigte hat das Recht zu erscheinen, wann er will: ein .'swang hierzu besteht nicht. Man darf einem deutschen Gerichte nicht den Vorwurf der Rechtsbeugung machen. Die Resolution Müller-Meiningen wird nahezu einstimmig angenommen. Es folgt die allgemeine Beratung des Neichs- Fustizamtes. Abg. Erzberger (Zentr.) bedauert sehr, daß die Ent schließung des Bnndesrals so lange nicht crffxlgt, sodaß man nicht ans div letzten Resolutionen des Reichstags znrückgreifen kann. Darin liegt n>ht die gebührende Achtung für den Reichs tag: die Antwort sollte schneller ersoßz-en. Wie steht es mit der illegelnng der Haflvflicht für die Automobilschnden'k Die Nege-lnng ist dringend geboten. Die Vorlage betreffend Sicherung der Baiifordernngen, die mein Frakrionskollege Burlage im vorigen Jahre sehr eingehend begründet hat, ist uns noch nicht zi^egangen, und doch ist diese Lösung sehr erforderlich Ein Antrag Gröber befaßte sich mit der Frage des Strafvollzuges und wünschte Selbst beköstigung und Selbstbesch,istign»g für Personen, welche wegen politischer Vergehen und Verbrechen inhaftiert sind. Wie wir er fahren haben, hat der Bnndesrat diese Resolution abaelehnt. Das muß inns,»nehr erbittern, wenn inon erfährt, wie gelinde dar be kannte Hüsseuer behandelt wird. Darin liegt eine Verhöhnung des Rechtsbewiißlseins des deutschen Voiles. Wie steht es ferner mit der Frage der ,'siichthans- und Gefängnisarboit? Nur die strengste Kontrolle des Reichr-tags kann diese bielen Handwerker- wünich« in befriedig«ider Weise lösen. Dee-Halb habe ich in Ver bindung mit meinen politischen Freunden folgende Resolution eingebracht: Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, alljährlich mit dem Reichshanshalt eingehende statistische Mitteilungen über die Beschäftigung der Sträflinge vorzulege». uns welchen 1. die Be schäftigung für den eigenen Bedarf der Austritt. 2. die Beschäfti gung für Herstellung »on Waren znin Verlause ans eigene Rech nung. 3. die Beschäftigung gegen Lohn für Dritte und zwar ,->) sowohl auf gewerblichem Gebiete unter Bezeichn»», der Fndnstrie- gruppm als auch >,) in der Landwirtsichait, 4. der tägliche Dnrck- schnittsverdienst der Sträflinge, ä. der Gesamtwert der »an ihnen bergeile-llten Produkte zahlenmäßig e>sichtlich ist. Ich bitte, diese Resolution anzmiehmen iLebhusdes Bravo!) Staatssekretär Rie>berd»ng: Die Frage betreuend des Straf vollzuges wurde teilweise der .Kommission der Straiprozeßo' dniing überwiesen. In der Frage über die Gefängnis- und .'(nchthans- arbeil liegt uns eingehendes Material vor. ES ist liier schon manches geschehe». Die gewünschte Statistik jedes Jahr vorzu legen, wäre jedoch zuviel. Herauf vertagt sich das Haus ans muraen. Fortietuma Politische Rundschau. Dresden, den 12. Januar iOOä. Die Eiscnbnhnbrtrieboinsttclgrincinschast soll in dieser Woche .zu stände foiiimeii. Bekanntlich wor von Nur wäre die Ueberroschmig bedeutend erhöbt worden, wenn die Beleuchtung mit einem Schlage und nicht nocheinonder aiinlammte, Bei der Heiligsprechung oin l l. Dezember wor die Lichtfülle noch größer. lieber dein Eingänge der .furche blgsen die Trompeter einen feierlichen Morsch, Kommandoiiife der päpstlichen Militärs sind z» bören. Es bildet iin Gange Spalier. Die Glocke» läuten. Ter Papst toinint. Vorauf Schweizer mit Hellebarden, don» die päpstliche Familie, doS beißt olle Per sonen, die znni feierliche» Hosstoot geböten: Monsignori. Geheiml'apläiie, die Röte des Kvnsistoriiiins, der päpstliche Sakristei», Schninelsochenbewobrer mit Mitra, Tiara »sw., Zeremoniare, endlich der lwbe Klerus, alle in Paramente»' der griechisetx' Tiat'on und Snbdiaton, der lateinische Dia kon und Siibdiakon, porber sieben Atolythen und die Kano- »jser pon St. Peter, rot und weiß mit Hermelintragen. Dann Bischöfe mit Mitra und Plnpiale lEbormantel), nn gefäbr Nil) bis 170, darunter einige griechische, die statt der Mitra eilte Krone trage». Dann folgen die Patriarchen und Erzbischöfe, die Kardinäle, 31 an der Zahl, die Kardi- naldiatoiie mit Dalmatit, die Kardinalpriester mit Meß- geumnd. alle wie die Bischöfe in weißer Mitra. Viele Bi- schüfe batte» einen Begleiter bei sich, der apostolische Vikar Dr. Wnscixuiski den M'sg. Schinittmann ans Leipzig. Als sie an den Hochaltar kamen, mußten sich die Begleiter Pon ihren Bischöfen trennen. Nur die .Eg»datare der Kardinale in rauschender violetter Seide setzten sich z» den Füße» ibrer Herrn in der pordersten Bank nieder. Zum Schluß erscheint der beilige Pater ans der Sedia gestatoria über allen Köp fen unter einem kostbaren Baldachin. Er segnet nach allen Seiten. Das Publikum wird freudig nnrubig. Man schwenkt Hüte und Taschentücher. Die Rufe „blvvivn H I»>I>a" erschallen plötzlich ans einer Seite. Der Papst bört auf zu segnen und bläkt erstaunt und nngebalten nach den Schreiern. Ruf allen Billetts war nämlich das Rufen und Applaudieren perboten. Auf der Eintrittskarte unseres Römers siebt: bl viot.kw ili aoolnmnrO o 'li montnra »»Ilo »mim n tmnvln, d. b: Es ist verboten zu rufen und nuf die Sitze der Bänke zu klettern! (Fortsetzung folgt.) Württemberg und später auch von Baden und Bayern bei Preußen die Vereinbarung einer Betriebsgeineinschaft bean tragt, und es hatten hierüber grundsätzliche Erörterungen der Ressortminister im Herbst vorigen Jahres in Heidelberg stattgefunden. Demnächst wird auch von Sachsen, Olden- bürg und Mecklenburg der gleiche Antrag gestellt. Koni- inissare der sämtlichen beteiligten Regierungen sind er- schienen, um über die Einzelheiten der beantragten Gemein- schaft zu beraten. Es hat lange gedauert, ehe es gelang, die verschiedenen Staaten unter einen Hut zu bringen. Was nun die Berliner Konferenz zeitigen wird, steht dahin, jedenfalls ist dringend zu wünschen, daß einmal eine Ver ständigung erfolgt. — Tie Budgetkommission des Reichstages hielt heute eine kurze Sitzung ab, in welcher die Referate verteilt wur den. Als Referenten bezw. Korreferenten wurden bestellt: Für das Ausivürtigo Amt. die südafrikanische Expedition und die Kolonien: Prinz Arenberg (Zentr.) und Dr. Paasche lNat.-lib); für den Militäretat: von Elern (kons.) und Speck (Zentr.): für die einratigen: Rören (Zentr.) und von Elern (kons.): für die Militärvorlage und die zweijährige Dienstzeit: von Elern (kons.) und Rören (Zentr.); für die Marine: Freiherr von Thünefeld (Zentr.) und von Elern (kons.); für den Pensionsfonds: Graf Oriola (nat.-lib.) und Müller-Fulda (Zentr.); für Kiaotscban: Liebermann von Sonnenberg lAntis.) und Storz (Reicbsp.); für das Mili tärpensionsgesetz: Graf Oriola (nat.-lib.) und Müller- Fulda (Zentr.). Zunächst wird nun der Kolonialetat in der Kommission beraten. Der neue preußische Etat enthält die teilweise Ab lösung der protestantischen Stolgebühren im Betrage von l 501) 000 Mark, sowie eine Summe von 1020 230 Mark ans der Uebernabme der Beiträge der protestantischen Pfar rer znin Witwen- und Waisenfonds ans den Etat. Eine Ent täuschung dagegen bringt der Etat für die katholische Kirche in Preußen; er ist ohne Erhöhung geblieben. Die Ver treter des Zeiitrnms haben bei der letzten Etatsberatung darauf aufmerksam gemacht, daß sie zwar einer Uebernabme der evangelischen Psarrerreliktenbeiträge ans den Staat nicht widersprechen wollten, daß sie aber sich der Erwartung lnngäben, der Staat werde ans die Bedürfnisse der katholi schen Kirche gleicherweise Rücksicht nehmen wie ans die Pro testanten. Speziell wurde hingewiesen ans die gänzlich un zureichende Besoldung des Klerus an den Tomkirchen, der Beamten der Bistninsperwaltnngen und der Hilfsgeistlichen (Kapläne, Vikare nsw.). Alle diese so dringend notwendi gen Verbesserungen sind seitens der Negierung unberück sichtigt geblieben. Znin Beweis der nngenügenden Besol dung des Klerus teilt die „Germ." mit, daß das Gehalt eines Toinpikars 000 Mark, das eines Domherren 2-100 Mark betrage, wie die Bulle ck,> milut,- nninmi-iii» vom Jahre 1821 (!) es bestimmt. Tie Kapläne erhalten in den meiste» Fällen noch viel weniger. Entspricht ein solcher Zustand der Billigkeit? Tie evangelischen Pastoren er langen wenige Jahre nach der Ordination ein selbständiges geistliches Amt und treten somit in den Genuß des staat- licherseits normierten Mindestgehaltes, die katholischen Kapläne dagegen, welche in manchen Diözesen Jahrzehnte hindurch Hilfsgeistliche bleibe», erhalten vom Staate nicht einen Pfennig Znschns;, mag ihr Einkommen auch noch so gering sein. Das sind unhaltbare Zustände und man darf erwarten, daß bei der Etatsberatung diese Mißverhältnisse unter die schärfste Beleuchtung genommen werden. England und Deutschland. Ter nationalliberale Abgeordnete Tr. Paasche hat eine hübsche Suppe einge brockt, als er seinen Wählern in Kreuznach erzählte, Deutsch land sei in der letzte» Woche einer großen Gefahr kriege rischer Verwicklungen mit England viel näher gewesen, als sich viele hätten träumen lassen, und nur dem Geschicke unserer Diplomatie sei es, wenn auch mit Schwierigkeiten, gelungen, die drohende Gefahr zu beseitigen. In Deutsch land nabm man nicht viel Notiz von dieser sensationellen Meldung, anders in England; dort erschienen in den Zei tungen tolle Ausstreuungen, daß die britische Negierung ein Ultimatum an die deutsche gerichtet habe, worin sie die Vermebrnng der deutschen Flotte verboten babe, daß infolge dessen Kaiser Wilhelm die Mobilmachung der Flotte zu Kiel besohlen habe und dos; der Krieg im letzten Moment durch persönliches Eingreifen König Eduards abgewendet wurde. Einige Berliner Blätter gingen nun auf die Sache näher ein und man erfuhr, daß die deutsche Negierung wegen eines Artikels in der „Army and Veady Gazette" Vorstellungen erhoben habe, in welchem ein plötzlicher An griff ans Deutschland seitens England befürwortet sein soll. Die englische Negierung habe die Verantwortung für Aenßeriinge» der Presse abgelehnt, weil es in England kein amtliches Preßlmrean gibt und sie keinen Einfluß ans die unabhängige Presse besitzt. Diese Meldung erfährt eine indirekte Bestätigung durch ein Dementi der „N. Allg. Ztg.", die zwar bestreitet, daß zu einer Verwicklung mit Groß britannien irgend ein Anlaß bestehe, aber doch einränmt. „Ans dem publizistischen (Gebiet haben allerdings gewisse ausfällige Aeiißernngen, wie sie vereinzelt in der englischen Presse - wir denken znin Beispiel an „Army and Navy Gazette" und „Vanity Fair" — anfgctancht sind, bei uns Aufmerksamkeit erregt. Diese aggressiv klingenden Be merkungen waren aber doch nicht im stände, eine Spannung zwischen Deutschland und England zu erzeugen." Jedenfalls ist setzt alle und jede Spannung verschwunden; aber daß hinter den Kulissen etwas vorging, beweist auch die Rede des Reichskanzlers znin Etat, die sich sehr breit mit unserem Verhältnis zn England beschäftigte. — Zentrumsrcsolutionen. Zum Etat der Neichspost- und Telegrgpheiwerwgltnng sind vom Zentrum folgende Resolutionen eingebracht worden: Ter Reichstag wolle be schließen, den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, 1) die Sonn- lagsrnhe durch Einstellung des Geld-, Nachnahme-, Druck, suchen- und Päckereibestelllmgsverkehrs an Sonn- und Fest tagen, sowie durch Verkürzung der Schalterstunden für den Päckereiverkehr an den Vorabenden dieser Tage in erhöhtem Maße dnrchznführen; 2) für die mittleren und Unterbc- amten der Neichspost- und Telegraphenverwaltung die wöchentliche MaLimalarbeitszeit weiter) zu beschränken; 3) in der Statistik der Reichspost- und Telegraphenverwal- tiing eingehende Mitteilungen über die Verhältnisse der Postbeamten in den Kolonien und über das außerhalb beS Beamtenverhältnisses stehende Personal der Neichspost- und Telegraphenverwaltung zu machen. Die zweite Resolution lautet: Der Reichstag wolle beschließen, den Herrn Reichs kanzler zu ersuchen: Den gemeinnützigen Arbeitsnachweisen in bestimmten (Morgen-) Stunden die Benutzung der Fern- sprecheinrichtung gegen mäßige Gebühr zu ermöglichen. — Katholik und Sozialdemokrat. Durch sozialdemo kratische Zeitungen und Broschüren wird derzeit sehr eifrig das Thema erörtert: Kann ein Katholik Sozialdemokrat sein? Selbst ein abgefallener katholischer Priester muß als Kronzeuge austreten! Was sonst an Scl-ach- und Winkel- zügen geleistet wird, ist sehr erstaunlich. Für einen Katho- liken steht die Sache sehr einfach. Papst Leo XIII. hat in seiner Encyklika „raruiu novnrunl" den Sozialismus ver- morsen. Bebel erklärte 1381 im Reichstage, daß seine Partei auf dem Gebiete, das anders religiöse, den Atheismus, das heißt den Unglauben anstrebe; in seinen Schriften führt er aus: „Christentum und Sozialdemokratie stehen einander gegenüber wie Feuer und Wasser!" Ein Blick in das reli gionsfeindliche Treiben der sozialdemokratischen Presse sagt auch mehr als genug I Kürzlich wurde auf dem Berliner Parteitag von den Vertretern der preußischen Sozialdemo kraten der Satz genehmigt: „Fort mit der Religion aus der Schule!" Wir glauben, daß sclwn diese sehr wenigen Tat- saclxm sehr deutlich zeigen, daß ein Katholik nicht Sozial- demokrat sein kann. — Ei.ne fieberhafte Agitation wird in dem Wahlkreise Kalbe-Aschersleben betrieben; das Mandat war bis 1003 in den Händen der Nationalliberalen, die es an die Sozial demokraten verloren haben. Letztere suchen es mit allen Mitteln zu erhalten und senden folgende Redner in den Wahlbezirk: Bebel, Ledcbour, Albricht, Frohme, Frau Zieh, Adolf Hosfinann, Neißhaus, Pens. Die armen Leute. Der Ausgang der Wahl ist sehr zweifelhaft, da neben dem natio nalliberalen Kandidaten Placke die Mittelstandspartei als ihren eigenen Kandidaten den Berliner Obermeister Re- Hardt ansgestellt hat. Es wird von dem Ergebnis der Stich wahl abhängen, ob den Sozialdemokraten das Mandat ab- genommen werden kann. Wenn der nationalliberale Kan didat in Stichwahl kommt, dürfte es gelingen! — Wieder die Festungshaft Hüsseuers. Die Komman dantur von Ehrcnbreitensteili will gegen sämtliche Blätter Klage anstrengen, die ein auf die „fidele" Festungshaft des ehemaligen Fähnrichs z. S. Hüsseuer verfertigtes Bild veröffentlichteil. Das Bild zeigt Hüsseuer im Kreise von Mitgefangenen. Es sollen nun Verschiedene Unrichtig- leiten, wie am Boden liegende Weinflaschen eingezeichnet worden sein, während es in Wirklichkeit Bierflasche» ge- wesen seien. Die Kommandantur ersieht hierin eine Ver höhnung der bestehenden Hausordnung des Festungsstnben- gefäilgmsses. — Es wird etwas zn viel Wesens um den „tapferen" Fähnrich gemacht! Oe-terreich Ungarn. — Die alttschechischc „Politik" in Prag sagt, daß die Tschechen dem neuen Knbinet gegenüber die Obstruktion cinsteüen, sogar die neuen Regierungsvorlagen bewilligen werden, um der Regierung die Möglichkeit zur Verwirk lichung der deutsch-tschechischen AnSgleichkaktion zn bieten. Von der Energie und den Vollmachten des Minister- Präsidenten werde die Umwandlung des Waffenstillstandes in einen dauernden Frieden abhängen. Die Konferenzen des Freiherrn v. Gautsch mit den Parteiführern aller parlamentarischen Gruppen gingen am Mittwoch zu Ende, da der Ministerpräsident Donnerstag nach Ofen-Pest fährt, um dort mit der ungarischen Negierung in Kontakt zn treten. — Das Zustandekommen des Haudelsvertragcs mit Deutschland erregt inWienerBIättern umsoinehrBefriedignng, als dieser Vertrag ja der wichtigste und ausschlaggebendste ist, den die Doppelmonarchie abschließt. Wenngleich man sich nicht verhehlt, daß er einen „agrarischen" Sieg der deutschen Reichsregierung darstellt, so ist er doch anderer seits auch ein Erfolg der gleichen Bestrebungen in Oester reich. indem Oesterreich Ungarn gegen die Einfuhr der Agrarprodukte speziell Rumänien sich schärfer als bisher abschließt. Es mag diese Freude über den Abschluß des Handelsvertrages auch darin seinen Grund haben, daß die österreichisch-ungarischen Unterhändler wohl ans dem Gebiete der Agrarprodukte keinen nennenswerten Erfolg erreichten, dagegen für die Industrie manchen Vorteil heransschlagen konnten. Die Inriito linanoo ist daher befriedigt. — Ministerpräsident v. Gautsch sowie die Minister der Finanzen, des Handels und des Ackerbaues haben sich nach Budapest begeben, wo morgen eine gemeinsame Ministerberotnng über die in Berlin vereinbarten Be stimmungen des Handelsvertrages und der Viehkonvention stattfindet. Schweiz. — Der Bundesrat richtete an die diplomatischen Ver treter Deutschlands. Oesterreich-Ungarns, Belgien-, Däne marks, Spaniens. Frankreichs, Großbritanniens. Griechen- lands. Jtalisns. Luxemburgs, der Niederlande, Portugals. Rumäniens, Serbiens und Schweden Norwegens ein Rund schreiben mit einer Einladung zn einer Konferenz zur Regelung folgender Arbeiterschntzsragen: 1) Verbot der Verwendung von weißem Phosphor bei Herstellung von Zündhölzchen: 2) Verbot der gewerblichen Nachtarbeit der Frauen mit gewissen Einschränkungen für die Verarbeitung von leicht verderblichen Rohmaterialien. Die durchschnitt liche ArbeitSrnhe soll zwölf Stunden, vom Abend bis zum Morgen, betragen. Die Ausdehnung deS Verbots der Nachtarbeit auf jugendliche Arbeiter ist fallen gelassen worden. Die Konferenz soll am 8. Mai 1905 im Stände- ratSsaal in Bern zusammentreten. Frankreich. — Combes vor seinem Sturz. Mit 265 gegen 240 Stimmen Hot am 10. d. M. die Kammer statt Brisson, Donmer, zum Präsidenten gewählt. Doumer, einer der Dissidenten unter den Radikalen, der die Seele verschiede ner Vorstöße der Kammer gegen Combes war, hatte seine Kandidatur eigens deshalb angemeldet, um damit das Mi nisterium zu stürzen. Die Wahl des Kammerpräsidenten sei ein politischer Akt und eS sei notwendig, daß der Wille der Majorität schon in der ersten Sitzung zutage trete. In- dem die Kammer, das heißt die Koalition aller Gegner
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