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Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.01.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-01-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189301212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930121
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930121
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-01
- Tag 1893-01-21
-
Monat
1893-01
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 21.01.1893
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Mat vielfach« Experimente neben der Kohle mit großem Erfolge flüssiges Feuerungsmaterial. Durch dieses Mittel wird die Führung in die Lage versetzt, jeden Augenblick und für beliebig lange Perioden «ine große Fahrgeschwindigkeit zu erzielen. Großbritannien. — Im englischen Ministerium ist man der bestimmten Ansicht, daß der Streit mit dem Khedive von Egypten beigelegt ist und neue Zwischenfälle nicht mehr zu erwarten find Auch in dem Zauk mit dem Sultan von Marokko wird ein baldiger und befriedigender Abschluß erwartet. — Der Graf von Paris, das Haupt der Familie Orleans, läßt die Meldungen von der Verlobung einer seiner Töchter mit dem Fürsten Ferdinand von Bulgarien für unzutreffend eicklären. Vollzogen dürste die Verlobung allerdings noch nicht sein, «ohl ab« bald vollzogen werden. — Ter auf der Insel Haiti Ansstand ist unter, heftigem Blutvergießen unterdrückt W. aus der Schüüer'schen Fabrik fortgegangen, um sich nach Hause zu begeben, ist aber daselbst nicht cingelrosfen; infolge des Schnee turmes ist sie jedenfalls vom Wege abgekommeu und verunglückt. Drei die Straße daher kommende Männer wollen Hilferufe gehört haben, leider haben diese Drei aber nicht den Muth gehabt, der Be- daucruswerthcn zu Hilfe zu eilen. Alle bis jetzt angestellten Nach- orschungen nach der Verunglückten waren erfolglos. — Vollständig ansgefroren ist die in die Elster ein mündende Trieb. Dies ist ein Borkommniß. dessen sich die ältesten Leute nicht erinnern können. Das an der Trieb gelegene Eisenwerk Zum Hammer" in Pöhl, gegenwärtig stark beschäftigt, hat aus Mangel an Wasserkraft eine Lokomobile zum Betriebe der Maschinen in Gang gesetzt. Das Wild und die Vögel haben sich auf der Eis- läche der Trieb förmliche Wege getreten, die nach kleinen Löchern ühren, wo sie Wasser finden. Serbien. — Große Versöhnung k Eine überraschende, fast unglaub liche, ab« in vollster Gewißheit vorliegende Nachricht kommt aus Biarritz: König Milau und Königin Natalie haben sich versöhnt! In Paris« intimen Kreisen war es bekannt, daß der Zar persönlich und durch den Botschafter Mohrenheim für eine Verständigung wirkte, doch glaubte «an wegen der widerstrebenden Charaktere nicht an «ine solche. Am griechischen Neujahrstage erschien indessen der Ex- 8nig aus Paris in Biarritz und hatte eine zweistündige Zusammen- knnst mit der Königin, wobei es zu erschütternden Szenen kam, nach denen die Versöhnung erfolgte. Der Panama-Prozeß. « Paris, den 16. Januar. Der General-Advokat Rau setzte heute feine Anklage fort. Er zog langwierige juristische Folgerungen von geringem allgenieinen Interesse. Zunächst setzte er auseinander, wie die vor dein 11. Juni 1688 begangenen Handlungen der Angeklagten durch Verjährung ge deckt seien, weshalb dieselben nur der moralischen Berurtheilung an- heipifallen. Dann legte er mit Hilfe unanfechtbar« Ziffern dar, wie »enitz wirklich am Panama-Kanal gearbeitet worden sei. Das In teresse der Zuhörer hob sich nur vorübergehend, als Rau einige Briefe verlas, die Charles von Lesseps an gewisse Damen richtete, welche Einfluß auf Deputirte hatten, und worin er sie bat, ihren Einfluß zu Gunsten der Panama-Gesellschaft zu verwerthen. Für diese Intervention scheinen diese Damen nichts bekommen zu haben. Der General-Anwalt verlaugte am Schluffe seines Plaidoycrs «ine strenge Bestrafung der Angeklagten. Eine Geldstrafe wäre ungenügend; die Gerechtigkeit «heische die strengste Ahndung. Die Sitzung wurde stckann ausgehoben. Morgen gelangen die Bertheidiger zum Worte. Sächsisches. — MittelfächfischeS «»«Verbands - Schieben. Aus Döbeln kommt folgende Mittheilung: „Wie bereits erwähnt wurde, ist unsere Stadt als Feststadt für das im nächsten Somnier statt- sindende 4. Mittelsächsische Ganverbandsschießen erwählt worden Die hiesige Schützengesellschast hat sich mit den Vorbereitungen für diese» Fest schon mehrfach beschäftigt und hat in einer ihrer letzten Versammlungen beschlossen, das Fest vom 16. bis 20. Juli abzu halten und dasselbe durch gleichzeitige Veranstaltung eines größeren Freihandschießens über den Rahmen eines Gaufestes auszudchnen. —* Zschopau, lb- Januar. Ein Opfer des in der Nacht zum 13. d. M. herrschenden Schneesturmcs scheint die in Weißbach wohnhafte, 56 Jahre alte und als brav und arbeitsam bekannte Strumpswirkersehcfran Amalie Weißbach geb. Seifert geworden zu fein. Am genannten Tage Abends gegen 7 Uhr ist nämlich die dritter Hand geschrieben: „Mr. Edgeworth du Fcrmon, Nr. 483, rus ein Uaeg*)." Nach Entfernung der Kommissionsmitglicder ließ der König sich sein Mittagessen geben; der Gebrauch eines Messers wurde ihm untersagt, so daß Clerh das Fleisch zerschneiden mußte. Während der Mahlzeit sprach Ludwig XVI. seine Besriedigung über den an gemessenen Ton aus, in welchem Grouvellc den Konvcntsbeschluß verlesen habe. Um sechs Uhr erschien Santerre, um Garat anzu melden, der dem Könige die Erlaubniß znm Verkehr mit seiner Familie und zur Hcrbeirufung des Abbe Edgeworth «öffnete. Wenig später erschien der Abbe, mit dem Ludwig bis 8 Uhr allein blieb, nachdem « einem der Wächter 3000 Franks für Herrn von Malesherbes übergeben hatte, „dem sie gehörten". Dann empfing er seine Familie, die drei Stunden lang bei ihm blieb und zwar ohne Zeugen. Beim Abschiede fiel die Königin ohnmächtig vor ihrem Gemahl nieder, — auf ihre Bitte um ein letztes Wiedersehen am anderen Morgen hatte er nicht geantwortet. Mit einem kurzen „Adieu, Adieu" trat Ludwig in ein Nebenzimmer, indem er Clöry und seiner Schwester die Sorge um die wieder zum Bewußtsein kommende Königin überließ. Nachdem er Edgeworth in dem Kabiuet, wo dieser ihn erwartet, wieder ausgesucht und eine halbe Stunde lang gesprochen hatte, speiste Ludwig „mäßig, aber mit gutem Appetit" zur Nacht. Bis 12 Uhr blieb er in der Gesellschaft des Abbö, dann ging er zu Bett, indem er Clöry auflrng, ihn um 5 Uhr zu wecken, wo Edgeworth Messe halten sollte; wenige Stunden lang ruhte dieser auf dem Bette Clerys. Ändern Morgens, als der Kammerdiener Feuer anmachtc, war sei» Herr bereits wach. Er schien wie gewöhnlich ruhig geschlafen zu habe», denn er svrach davon, „daß er nach dem eingreifenden gestrigen Tag schlafbedürftig gewesen". Dann wurde in gewohnter Weise Toilette gemacht (sein Haar ließ der König fest znsammenbindcn, damit Nacken und Hals frei blieben) und die Messe abgchaltcn. In seinem Kabiuet nahm Ludwig sodann von Clöry Abschied, indem er ihm für seine Treue dankte, ein Siegel für seinen Sohn, einen Ring für die Königin und zwei kleine Packete für die Prinzessinnen gab. Clery bemerkt an dieser Stelle seines Berichts, daß der König mit Sicherheit darauf gerechnet habe, daß man ihm das Lebe» schenken Werde und er (Clnry) ihn in diesem Glauben bestärkt habe. Aus dem Umstande, daß die Kommissaricn dem Könige die Bitte um eine Schcere abgeschlagen hatten, mit welcher Clery dem Könige das Haar abschneidcn sollte, habe Ludwig geschlossen, daß sein Haar überhaupt nicht abgcschnittc», d. h. daß er begnadigt werden würde. Nach der Meinung Clörys hat Ludwig diese Hoffnung erst auf dem Schaffst aufgegebcn. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. »»Kn« «au«» >«rd«n -rsocht. II», »>-N^ vkjrdeub-n«, »L»gl> «Ut»n«»». Chemnitz, den 20. Januar 1893. Fürstlicher Dank. Im Anschluß au unsere gestrige, unter dieser Bezeichnung gebrachte Mittheilung lassen wir nachstehend den Wortlaut der Antwort folgen, welche ans dem Hofmarschallamte des Prinzen»Georg aus die von den hiesigen städtischen Kollegien aus Anlaß der Geburt seines ersten Enkels gerichtete Glückwunsch adresse am gestrigen Tage eingegaugen ist: Im Aultrage und Namen Sr. König!. Hobeit des Prinzen Georg beehrt sich das ergebenst miterzcichnele Hofaiarschallaint, dem geehrte» Nathe und de» Herren Stadtverordneten von Chemnitz den ver- biudlibste» Dank de» erlauchte» Prinzen sür die Höchstdeinlelbe» aus Aiilab der glückliche» Gebuit einer EnkelsohueS seitcuS des geehrte» Rathes und der Herren Stadtverordnete» von Chemnitz dargebrachtcu freundlichen Glück» wünsche andnrch auSzuipreche». Mit vorzüglichster Hochachtung Dresden, deu 18. Januar 18S3 Das Hofmarschallamt Sr.Löuigl.Hoheit deSPriuzeu Georg. Freiherr von Gutschmid. — Auf ei«» vo« dem hiesige« Geflügelzüchterverein an seine hohe Protektorin, die Gemahlin des Prinzen Friedrich August und Mutter des jüngsten Sprossen des Königshauses ge richtetes Glückwunschtelegramm ging demselben folgende telegraphische Antwort zu: Ihre Kaiser!. Hoheit Frau Prinzessin Friedrich August läßt sür die srcnndlichen Glückwünsche des GeslügelzüchteroereinS zu Chemnitz ans dar Herzlichste danke». Rittmeister von Lindem»». Da die Erfüllung der Bitte des Vereins au seine Protektorin, die am 21., 22. und 23. Januar stattfindcnde diesjährige Ausstellung desselben in Person eröffnen zu wollen, durch das inzwischen ein- gctretene Ereigniß unmöglich geworden ist, so hat die hohe Frau Herrn Amtshauptmann Oberregierungsrath Merz mit ihrer Ver tretung beauftragt und so dem Verein einen neuen Beweis ihres Wohlwollens und ihrer Sympathie für seine Bestrebungen gegeben. — Für Steuerpflichtige. Nach getroffener Bestimmung über die diesjährige städtische Steuerveranlagung steht es jedem An- lagenpflichtigcn frei, von seiner Einschätzung in der Anlagen-Einnahme ! Flügel 8 des Nathhauscs an der Pvststraße Nr. 14, Zimmer Nr. 61 im 1. Obergeschoß rechts), woselbst die Anlagctabclle und das Steucr- kataster anSlicgt, Kenntniß zn nehmen. Die Verbindlichkeit der An- lagcnpflichtigcn zur Zahlung des auf sie entfallenden Steuerbetrages ist von den, Empfange eines der zur Austragung gelangenden An- lagcnzettcl nicht abhängig, die Nichtbchändigung eines solchen befreit also durchaus nicht von der Zahlungspflicht. Der Termin zur An bringung von Reklamationen gegen das Ergcbniß der Einschätzung ist späterer Bekanntmachung Vorbehalten. —Der hiesige konservative Bereit« veranstaltet nächsten Dienstag Abend im Saale des Handwerkervereinshanses eine öffentliche Volksversammlung. In derselben wird Herr Eduard Ulrich einen Bericht über de» konservativen Parteitag ia Berlin erstatten und üb« das neue Programm «nd die »«änderte Stellung d« konservativen Partei zu den anderen Parteien sprechen. Nach dem Bortrage soll eine freie Aussprache über dieselben Gegen stände stattsiuden. ' —r. Stadttheater. Das erste Gastspiel des Herrn vr. Max Pohl vom deutschen Theater in Berlin ist glänzend ««laufen; der große Künstler hat als „Pedro Crespo" in CalderonS „Richter von Zalamca" einen gewaltigen Erfolg erzielt, worüber in nächster Nummer ausführlicher berichtet werden soll. Jedenfalls darf ans die folgenden Gastspiele angelegentlichst hingewiesen werden. — Schwurgerichts-Verhandlungen. Im Laufe der am 23. Januar beginnenden diesjährigen ersten ordentliche» Sitzungs periode des Königl. Schwurgerichtshofe« zu Chemnitz werden unter dem Vorsitze des Herrn LandgcrichtSdirektorS Schräg folgende Haupt-Verhandlungen stattfindcn: Montag, den 23. Januar, Vor mittags >/, 10 Uhr: gegen den Handarbeiter Heinrich Bernhard Lehmann in Oberfrohna wegen vorsätzlicher Brandstiftung; an demselben Tage 11 Uhr Vormittags: gegen den Dienstknecht Ernst Ferdinand Rau aus Grießbach wegen vorsätzlicher Brandstiftung; Dienstag, 24. Januar, Bormittags >/z10 Uhr: gegen den Steinmetz Karl August Fiedler aus Oberwiesa wegen vorsätzlicher Brand stiftung; Mittwoch, 25. Januar Vormittags '/zlO Uhr: gegen die Tagelöhnerin Anna Laura Müller aus Ottendorf loegen Zeugen- Meineids; Donnerstag, 26. Januar, Vormittags '/„ 10 Uhr: gegen die Dienflmagd Anna Marie Uhlmann aus Ringethal und den Gutsbesitzer Johann August Lippmann aus Schweikersh ain wegen Zeugenmeineids, bezw. Anstiftung dazu; an demselben Tage Vormittags '/z12 Uhr: gegen den Kellner Friedrich Paul Hegewald aus Heiersdorf wegen Straßenraubs; Freitag, 27. Januar, Vor mittags >/,10 Uhr: gegen den Handarbeit« Friedrich Josef Eduard Drechsler aus Stahlberg wegen versuchter Notzucht, Straßen raubS und Diebstahls; Montag, 30. Januar, Vormittag- '/-IO Uhr gegen den Tischlermeister Franz Hermann May aus Rochs bürg wegen vorsätzlicher Brandstiftung; Dienstag, 31. Januar, Vormittags l/rtO Uhr: g^en deu Kellner Karl Friedrich Konstantin Emil Theuring aus Ecknrdtsberga wegen Straßenraubes; Mittwoch, 1. Februar, Vormittags r/,10 Uhr: gegen den Strumpfwirk« Karl August John aus Ebersdorf wegen Verbrechens gegen die Sitt lichkeit rc. Donnerstag, 2. Februar, Vormittags '/-IO Uhr: gegen den Steinmetz Heinrich Ernst Petersohn aus Aue und dm Maurer Johann Julius Christoph aus Glaubitz wegen ZeugenmrincidS, bezw. Anstiftung dazu. —r—. Endlich ein Umschwung der Wit<er««g. Die grimmige Külte der letzten Wochen scheint nun doch ein« etwas milderen Temperatur Platz machen zu wolle», denn in den Früh- stunden des heutigen Tages zeigte das Thermometer nur wenige Grad über Null. Ob dieses mildere Regiment aber von Dauer sein wird, läßt sich im Hinblick auf die Jahreszeit nur hoffen, nicht erwarte». —t. Brandbericht. Vorgestern Abend gegen 8 Uhr waren in einen, Wohnzimmer an der äußeren Dresdncrstraße die Dielung und zwei Stunden später in einer Küche an der Reichsstraße die Schaldccke und ein Ballen in Brand gerathen. In beiden Fällen war das Feuer durch das Aufthauen der eingefrorenen Wasserleitungs- röhrcn entstanden. — In einer Weberei in der Aue verbrannte an demselben Tage Abends gegen 6 Uhr die auf einem mechanischen Webstuhl befindliche Kette. — Gestern Vormittag '/»lO Uhr wurde wiederum die Hilfe der Feuerwehr nach einem Wohnhause an der Webergasse verlangt. Im Keller waren beim Aufthauen der einge frorenen Wasserleitungsröhren die zur Umhüllung dienenden Säge- spähne und Lappen in Brand gerathen. Der durch das glimmende Feuer entwickelte parke, beißende Rauch machte den Feuerwehrleuten die Löscharbeiten recht beschwerlich. *) Der im Jahre 1745 z» Edqeworlli-Town i» Irland qeborenc, an, 10. März 1807 zn Mita» in Kurland, als Beichtvater der Herzog» vo» Ängoiililnc >,estorbciie Abl>5 Henry Essex Edyeirorlh de Finnont war der Solni eines zur katholischen Kirche ülicrqclrelcinni Aiiylo-Jrländers anS adekiqeni Geschlecht. Bei A»-brnL der Rcvolnlio» als Mitglied eines Missioitt-KollcainmS i» Paris lctiliid, war er der Prinzessin Elisabeth bekannt aeworde», die ihn zu ihrem Beichtvater newählt und dem Könige cmtisohlcn halte. V-lS „»»beeidigter" Priester war er gesetzlich ans Frankreich verbannt. Man ließ Ihn indessen »ach dem Tode des Königs unbehelligt nach Deutsch land und von dort nach Kurland ziehen, wo Ludwig LVtli. damals lebte. Seit 7 Uhr Morgens waren sämmtliche vom Temple zur klaco ä«> 1a Ooneoiäe führenden Straßen und Plätze von Truppen besetzt — um halb 8 Uhr erschienen die Konimissarien im Geleit Santerrcs und lvcnigcr Gendarmen in, Gcsängniß, »m den Verurtheiltcn ab- zuholen und aus seinem letzten Gange zu begleiten. Nach Entgegen nähme der bezüglichen Eröffnung bat Ludwig, sich für drei Minuten in sein Kabiuet begeben zu dürfe». Er kam mit seinem Testamente in der Hand zurück und bat den Kommissar Jacques Roux, dasselbe so bald als möglich dem Gcmcinderathe zn übergeben. Roux gab zur Antwort: „Da ich Sie begleiten soll, kann ich das nicht so, wie Sic cs wünschen, verrichten," worauf der König sich nach einem anderen Kommissar wandte und nachdem dieser ein bezügliches Ver sprechen gegeben, zu Santerre sagte: „Gehen Sie,— ich bin fertig! Dann bat er die Komissare, für seine Dienerschaft zn sorgen und Clory de», Dienst der Königin bcizngcbcu; nachdem er noch den Thürhüter Mathey wegen eines ihm Tags zuvor gesagten harten Wortes um Verzeihung gebeten, schritt Ludwig an der Seite des Abbä Edgeworth die Treppe hinunter und auf den Hof, um im zweiten Hofe die grünausgcschlagcnc Kutsche zn besteigen, die ihn zum Richtplatz befördern sollte. „Wie ein Karren (tonidereau) sieht er nicht aus" *) sagte er zu dem Abbö. Während der Fahrt saß der König neben dem Abbe, mit der Lektüre von Psalmen beschäftigt, im Innern des Wagens, ihm gegen über, auf dem Rücksitz, hatten zwei Gendarmen Platz genommen. Worte scheinen nicht gewechselt worden zu sein. Zufolge strenger Befehle des inzwischen in Permanenz versammelten Konvents waren die Straßen verödet und die Fenster unbesetzt. Um 10 Uhr 6 Min. vor de», Schasfvt angclangt, entledigte der König sich seines Hals tuches und dcr Oberllcider; als er zu rede» beginnen wollte, erscholl Trommellärm, der bis zur Hinrichtiiiig fortdaucrtc, — nur die Worte: „Ich bitte Gott, das Blut Eures Königs, das vergossen werden soll, nicht zu rächen," sollen vernehmbar geworden sein. Als man ihm die Hände binden wollte, machte «Miene, sich zu sträuben, gab aber ans Ersuchen des Ablm's nach. „Thut, was Ihr wollt, ich werde den Kelch bis ans die Hefe leeren." Ans den Abbe ge stützt, llom», der König nicht ohne Mühe die steilen Stufe» des Schaffots hinauf, um eilig bis an das Ende desselben zu schreiten. Er sah sehr rvth ans; als die Henkersknechte ihn packten, um ihn auf das Brett zu schnallen, stieß er einen Schrei aus. Seine letzten Worte sollen gclanlct haben: „Ihr seid Alle Tyrannen und Mörder!" TaS Eageworlh zugeschricbcnc berühmte Trostwort: Sohn des heiligen Ludwig, steige zu», Himmel (tils äo 8ainb sionm, mmitex an aiol) ist wahrscheinlich nicht gesprochen worden. Der Abbö selbst soll ge sagt haben, dasselbe sei wohl in seine», Herzen gewesen, aber nicht, auf seine Lippen gekommen. Um 10 Uhr 10 Minuten hatte Ludwig geendet Ucbcr das Folgende hat Graf Gustav Schlabrendorf, der sich einige Minuten nach Beendigung des blutigen Aktes zum Schasfvt drrchgedrängt hatte, näheren Bericht hintcrlaffcn: „Ich kam zu», Gerüst, als der Knecht des Scharfrichters eben *) Vo» den zahlreichen Opfer», welche während ter Jahre 1793 und 1>44 unter das Fallbeil gebracht wurden, war Lntzwig da» emsige, dem der Henkerkancn erspart bliek das geronnene Blut aus dem Korbe, in welchen der Kopf gefallen war, mit der Hand anfschöpfte und es unter die vordrängcnden Per sonen verthcilte. Man nahm es auf Taschentücher. Kleider rc., einige Militärpersonen auf ihre Degenquaste. Die Einen wollten es als Reliquie eines Heiligen, die Anderen als Trophäe ausbewahren. Der Austhcilendc nahm Geld, wenn die Schildwachc, welche auf dem Blutgerüst hin und herging, den Rücken wandte. Der Rock des Königs, gelbbraun mit blau emaillirteu Knöpfen, wnrde auf dem Schasfvt zerrissen und vertheilt. Spät noch setzte man kleine Stücke davon unter Glas in Fingerringe. Derselbe Knecht bot des Königs Haar, Haarband rc. aus, — den Hut sah ich auf dem Platz aus bieten; er fand später den Weg in das Gcsängniß der Madame Elisabeth (der Schwester des Königs)." Ucber die Phyfionvmie, welche Paris an dem Reste dieses denk würdigen Tages zeigte, liegen schwer zu vereinigende Berichte vor. Lolly Tvlendal's Schilderung von allgemeiner Trauer rc. ist von dem nichts weniger als revolutionär gesinnten und uiit dem „guten un glückseligen Könige" sympathisircnden Grafen Schlabrendorf als un richtig bezeichnet worden. Daß der bessere Thcil der Bevölkerung sich niedergeschlagen zeigte, erscheint darum nicht ausgeschloffen; auch „ach dem Zeugniß von Gegnern der Monarchie halten Ludwigs ruhige Fassung, fromme Ergebung und männliche Ruhe imponirendeu Eindruck gemacht. Gemeine und rohe Freude über den erschütternden Vorgang zeigte allein das Pöbelblatt ,?er« Duefiesnv". Die republikanische Presse war vielfach mit einem gleichzeitigen Vorgänge beschäftigt — der Ermordung des republikanischen Abgeordneten Lepclleticr, der Tags zuvor von einem über die Berurtheilung seines Monarchen empörten ehemaligen Gardisten Paris in einem Kassee- hause niedcrgestoßm worden war. Bon den nächsten Zeugen des dem unglücklichen Könige be reiteten Looses sind nur wenige ihres Lebens froh gewordeu. Santerre, der dem Könige übrigens menschliche Theilnahme bewiesen hatte und trotz seiner Beschränktheit gutartig gewesen sein soll, ent ging dem ihm drohenden Schasfvt nur duych den Sturz Robespicrre's und starb, nachdem er sein großes Vermögen verspekulirt hatte, in Armuih; von den beiden Ministern, die Ludwig das Todesurtheil eröffnet hatten, endete der Eine (Lebrun) noch in dem nämlichen Jahre »nt« der Guillotine, während der Andere (Garat) dieselbe streifte, durch den Sturz Robespicrre's aus dem Gefängniß befreit wurde, später bei Napoleon Dienste nahm und als vergessener Ex- Pair von Frankreich starb Der Gcmeindcrath Jacques Roux, d« die Entgegennahme von Lndwig's Testament verweigert und sich dessen in roher Weise gerühmt hatte, fiel durch eigene Hand; d« Gemeinde- Syndikus Chaumette wurde im April 1794 hingerichtet. Der Kamnicrdiencr Clc-ry wurde einige Wochen nach dem Tode seine« Herr» auf freien Fuß gesetzt und berichtete, wie bereits bemerkt, üb« seine Erlebnisse in einem viclgelcsenen, aber widerspruchsvollen Me- moirenbuche. Der wegen seiner aufrichtigen Frömmigkeit und Wohl- thätigkeit auch vou Gegnern geachtete Abbä Edgeworth starb im zweiundsechzigsten Lebensjahre, wie ebenfalls schon erwähnt, zu Mitau» wo er sich während seines vieljährigen Aufenthaltes bei Ana und Reich Beliebtheit «worben hatte. Die lateinisch« Inschrift aus seinrU Leichensteine ist von Ludwig XVIII. verfaßt worden.
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