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Ausgabe: Wochentags Abends lmit Datum des nächsten Tagt»). — Die Anzeigen finden ohne Preisausschlag zugleichBer« breitung durch die Chemnitzer- Eisenbahn-Zeitung. Nr. 6. —13. Jahrgang. — Verlags-Anstalt: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstraße 5. Sonntag, 8. Januar 1893. 20,000 Mann. Chemnitz, den 7. Januar 1893. Was sich Alles auf dem Straßenpflaster der Großstädte bewegt, das zeigt die folgende kurze Notiz eines Berliner Blattes: „Wegen Vctielns, Arbeitsscheu, Uebertretung der sittenpolizeilichen Verordnungen und dcrgl. sind vom Amtsgericht I in Berlin vom 2. Januar bis zum 30. Dezember 1892 rund 20,000 Personen bestraft worden. Der letzte Tag des Jahres brachte noch über hundert Personen hinzu.« Bei einer Einwohnerzahl von über anderthalb Millionen würde diese Ziffer von 20,000 noch gar nicht einmal so sehr bedenklich sein, wenn sie nur im vollen Umfange zu Tage brächte, was an Vaga bunden und Arbeitsscheuen in Berlin umherstolzirt. Eine weit höhere Zahl, als wie diese 20,000, wird nicht gefaßt, aber trägt dazu bei, den großstädtischen Pöbel in bedenklicher Weise zu vermehren. Nun ist ja Wohl zu beachten, daß nicht jeder Bettler, welcher in einer Großstadt um eine Gabe anspricht, ein Lump oder Strolch ist; mancher Unglückliche wird, von der Noth getrieben, gezwungen, vor den Korridorihüren mit dem Hute in der Hand um eine Gabe zu bitten, dem an der Wiege ganz andere Dinge gesungen wurden. Aber die große, große Mehrzahl Derer, welche in dieser Armee von Bernr theilten marschircn, sind doch arbeitsscheue Individuum. Jeder, welcher die Verhältnisse einer Großstadt genau kennt, weiß, daß man um so mehr von Bettlern überlaufen wird, als man eine offene Hand zeigt Es cxistircn förmlich Gilden von Bettlern und Arbeitsscheuen, welche sich sehr genau alle „guten"Stellen merken, und diese dann so oft, wie nur irgend möglich, anssuchcn. Und wie cs in der einen großen Stadt steht, so ist es init geringen Abweichungen in allen. Nirgends gedeiht die Arbeitsscheu besser, als dort, weil sie sich am Besten hinter der ob waltenden Arbeitslosigkeit verstecken kann, und nirgends werden auch mit solcher Bestimmtheit Armenuntcrstützungen gefordert, wie dort/ weil es begreiflicherweise leichter möglich ist, den Armenkommiffareii unliebsame Dinge, die dem Gesuche um Unterstützung aber doch ein ganz anderes Bild geben würden, zu verhüllen. Es sind nicht die tüchtigen Elemente der gewerblichen Gehilfen oder auch nur der Ar beiter im gewöhnlichen Sinne, die auf die Anklagebank kommen und wegen erwiesener Arbeitsscheu bestraft werden. Mancher kann ja, wie schon erwähnt, ohne seine Schuld heruntcrkommcn, aber in solchen Fällen stellen die Dinge sich doch ganz wesentlich anders, und auch der Strafrichter sieht sie mit anderen Augen an. Vom Betteln ist man gemeinhin kein großer Freund, aber wer wird denn gleich den Polizeibe^mten rufen, wenn nun ein wirklich „armer Reisender" vor der Thür steht? Das werden doch nur Wenige sein, deren Ver trauen vielleicht doch zu arg gemißbraucht wurde. Das große Heer dieser Arbeitslosen rc. setzt sich, es läßt sich das in Wahrheit mit recht großer Wahrscheinlichkeit behaupten, zumeist aus zwei Klassen zusammen: Erstens aus jenen jungen Leuten, welche im Strudel großstädtischen Lebens und Treibens, in welchen sie sich übereilig ge stürzt hatten, nicht die Kraft und das Selbstbewußtsein fanden, welche allein in solchen schwierigen Lebenslagen einen sicheren Anhalt bieten und zweitens aus jenen Leuten, die da in übergroßen, Leichtsinn oder übergroßer Vertrauensseligkeit aus den Kleinstädten oder vom platten Lande mit der Absicht nach der Großstadt kamen, viel zu verdienen, nicht viel zu arbeiten und sich gut zu amüsiren. Sie fanden häufig, daß ihre Leistungen den gesteigerten und kvmplizirteren Anforderungen großstädtischer Betriebe nicht genügten, sie fanden überhaupt keine lohnende Arbeit und merkten endlich, daß bei den großstädtischen Ver gnügungen Manches zweifelhaft, Alles aber theuer sei.So kamen sie nach und nach in eine unerquickliche Lage, suchten sich anfänglich noch mit einigen nichtssagenden Phrasen anszuschmücken und wurden endlich, nachdem sie Geschmack am Bummelleben gefunden, Arbeitsscheue, Armcnuntcr- stützungscmpfängcr, oder Schlimmeres. Es lernt sich nichts so leicht, wie die Arbeitsscheu, wenn sich noch Gelegenheit bietet, dem Hunger vorzubengcn, und so haben wir denn in fast allen deutschen Groß städten zusammcngenommen eine Armee von Arbeitsscheuen, deren Bestand in Wahrheit und unter Zurechnung aller ähnlicher Elemente dem Bestände der Friedensstärke der deutschen Armee nicht sehr viel ncichgcben wird. Und diese Individuen, in welchen eine gewaltige Summe nützlicher Arbeitskraft brach liegt, bereiten den Ge meinden, über welche sie wie die Heuschrecken herfallcn gewaltige Lasten, diskreditiren die einsichtigen und fähigen Arbeiter, wie wir das zum Beginn des Jahres 1892 bei den ebenso bekannten wie berüchtigten Straßenkrawallcn und Spitzbübereien in Berlin gesehen haben, und bedrohen die öffentliche Sicherheit. Es ist nicht anznnchmen, daß sich die Zahl der Arbeitsschencn"ohne zweck mäßige Gegcnmaßregeln verringern wird, die Arbeitsscheu ist gerade so ein Zcilleiden, wie die Nervosität, und che dieser Schaar der Proviantsack nicht sehr hoch gehängt werden wird, dürften sie die Värenhäuterci kaum vergessen. Es ist, wie die Erfahrung beweist, mit diesen Leuten nur noch wenig anzufangen, wenn schon eine gewisse Versumpfung cingctrcten ist. Quält der Hunger einmal gar zu unerbittlich, so entschließen sie sich wohl zu einer ehrlichen Thätig- keit und nehmcn'Spaten und Hacke in die Hand, aber der Eifer hält für gewöhnlich nur sehr kurze Zeit an. Es ist noch in aller Er innerung, wie vor wenigen Monaten ein Transpart Berliner Erdarbeiter zu einem Bahnbau nach Mecklenburg jkam, an deren Spitze ein ehe maliger Schauspieler im schäbige» Cylinder marschirte. Man trank viel, lärmte noch mehr, rannte wieder nach Hause, und der Unter nehmer war froh, als er von den rcichshauptstädtischen Gästen wieder befreit war. Sie sind nicht Alle so, aber die Meisten. Von den damals nach Mecklenburg zitirten hundert Erdarbeitern aus Berlin waren, wenn wir uns recht erinnern, gerade vier brauchbar. Geschieht heute etwas für den tüchtigen Arbeiter, so wird das keinen Wider spruch finden, aber diese Armee von Arbeitsscheuen verdient auch nicht eine einzige Mark, welche zu ihrer Unterstützung aufgebracht und ausgegebcn wird. Es empfiehlt sich vielmehr dringend, bei Zeiten geeignete Schritte zu thun, welche fernere Nekrnte» von dieser über mächtig anschwellenden Armee fernhalten. Politisch« Rmidscha«. Chemnitz, den 7. Januar 1893. Deutsches Reich. — Bou» Kaiserhofe. In gut unterrichteten Kreisen hält man den Besuch des Großfürsten Thronfolgers in Berlin zur Hochzeit der Prinzessin Margarethe für sicher. — Dagegen verlautet neuerdings wieder, daß das kronprinzliche Paar von Griechenland aus Rücksicht auf die Gesundheit der Kronprinzessin der Einladung zur Hochzeit der Prinzessin Margarethe nicht werde Folge leisten können. — Die Nachricht, Graf Waldersee wolle sich in'S Privatleben znriickziehe», wird als erfunden erklärt. — Der Staatssekretär des Reichs-Postamts, vr. von Stephan, der nunmehr 45 Jahre iin Postdienst steht, begeht heute, Sonnabend, die Feier seines Geburtstages. Geboren am 7. Januar 1831 zu Stolp, vollendet er demnach sein 62. Lebensjahr. Dem Bundesrath gehört dr seit 1872 als Bevollmächtigter an. — Gegenüber dev fetzt zn Gnnsten der Militärvor- läge geltend gemachten Thatsache, daß Mvltke im Friedensschlüsse der Position vor Bclfort große Bedeutung beimaß und die Erwerbung von Belfort für Deutschland forderte, damit aber nicht durchdrang, bemerkt die „National-Zeitung", daß Moltke nach dem Kriege noch 18 Jahre Chef des Generalstabes war. Er würde somit wohl durch spezielle Vorkehrungen dafür gesorgt haben, daß einer von Beb fort aus drohenden Gefahr begegnet werden könnte. In der That sei in dieser Beziehung Manches geschehen. — I» einer Auslassung der „Münch. Allstem. Ztg." über den „neuen Kurs" in der Militärvorlage finden sich folgende, angesichts der Ncujahrsrede des Kaisers nicht uninteressante Sätze: Die Militärvorlage des Grafen Caprivi hat ein charakteristisches Merkmal, daß sic von allen ihren Vorgängerinnen unterscheidet: sie wird in der Armee selbst abgelchnt. Vom Major aufwärts bis zu den höchsten Chargen zählen allem Anschein nach mindesten fünf Sechstel zu den Gegnern der Vorlage. Es dürfte ein bedenkliches Experiment sein, auch hier die Nörgler gehen zu heißen. Die selbst zur Ueberraschung der freisinnigen Partei erfolgte Versetzung der fahrenden Feldartillerie zu den Fußtruppcn, mir um das problema tische Geschenk einer problematischen Dienstzeit zu verallgemeinern, dürste sich schwer rächen Die Artillerie hat den Eindruck, daß der sic betreffende Thcil der Vorlage einen durchaus infanteristischen Charakter trägt. — Der „South Westafrieau Compsttth" ist, wie der „Hamb. Korr." hört, nunmehr auch die Hamburger Firma C- Wör- mann beigetreten. Auch sei zwischen der „South Westafrican Com pany" und dem Lilienthal'schcn Syndikat eine Vereinbarung getroffen worden, durch welche dem letzteren auf seinem Gebiet volle Beweg ungsfreiheit, vor Alle», in Sachen des Eiscnbahnbaiics, gewähr leistet wird. > — Besonders hohe Weihnachtögratifikatiottett hat diesmal das Reichsamt des Innern an die Beamten der ihn, unter stellten Aemtcr (Statistisches Amt, Patentamt, Reichsversicherungsamt u. s. w.) vertheilcn lassen. Beträgt doch die Summe für die Bureanbcamten bei einem dieser Acmter allein über 20 000 Mk. — Der freikouserpative Neichstagöavgeordnete Gehlert veröffentlicht eine Zuschrift an die „Post", worin er erklärt, er werde für die neue Militärvvrlage stimmen, da er nicht die Verantwortung tragen wolle, welche ans einem für Deutschland unglücklichen Krieg erwachsen könne. - Zur Beleucht««,st deS Jttdeusliutenprozesses wird der „Staatsbürgcrzeitnng" ans Bukarest berichtet, daß bei Lieferung der dortigen Manlichergcwchre sich beinahe 70 Prozent der gelieferten Waffen als reparaturbedürftig erwiese» haben. Die dortigen Gewehre sind aus der steirischen Fabrik, ein lediglich jüdisches Unternehmen, hervorgcgcmgen. — Zustiuuuttttgöavrcsse a» Rektor Ahlwardt. Aus Schncidcmühl wird miigctheilt, daß Rektor a. D. Ahlwardt von Pri manern des Gymnasiums eine Zustiinmungsadresse erhalten hat. Die Adresse wurde von einigen Bürgern und Schülern gemeinsam ent worfen und soll von allen Primanern mit Ausnahme von zweien in der Schule unterzeichnet worden sein. — Eine italieuisch-uatiouale Ausstellung soll in diesem Sommer in Berlin veranstaltet werden. Von betheiligier Seite sind bereits Unterhandlungen wegen Pachtung eines fiskalischen Terrains angcknüpft worden. Die Ausstellung soll in erster Reihe den Zweck haben, die Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und Italien zu erweitern. Daneben will man auch ein Bild des italienischen Volks lebens vorführen. Man will zu diesem Zweck auf dem in Aussicht genommenen Terrain einen gemauerten Kanal anlegen und an dessen Ufern vcnctianische Bauten aufführcn. In dieser „Straße Venedigs" soll sich dann „italienisches Volksleben" abspiclen. — Das Neichöversicherungsamt veraustaltetiu Chicago eine Spczialcnisstellung der gcsammten politischen Gesetzgebung des deutschen Reiches, der Krankenversicherung, der Unfallversicherung und der Jnvaliditäts- und Altersversicherung. Neben den diesem Zweck dienenden graphische», bildlichen, statistischen rc. Darstellungen wird ein Büchclchcn abgcsaßt, das in kurzer Zusammenfassung den Inhalt der gesammten Vcrsicherungsgesetzgcbung darstcllt. Dasselbe soll in deutscher und englischer Sprache erscheinen und für einige Pence am Automaten erhältlich sein. Fxankkelch. — Nachdem ein simpler Bankdeamler, der früher in der Panamakompagnie thätig war, und zwei Anarchistenführcr wegen Auf reizung der Bevölkerung fcstgcnommcn waren, ist nun auch wieder ein größerer Herr, der frühere Minister Baihaus, in den Skandal verwickelt, aber nicht verhaftet, wie anfänglich aus Paris gemeldet wurde. Die Untersuchung in der Sache dauert fort. Für den Tag der Kammereröffnung (10. Januar) soll zur Verhütung von Unruhen die Paris« Garnison konzentrirt werden. — Das „Petit-Journal" veröffentlicht Enthüllungen, wonach Cornelius Herz als Agent CriSpi'S der französischen Regierung 1890 die Vorschläge Crispi's überbracht haben soll betr. einer Annäherung Italiens an Frankreich und deß Austritts Italiens aus dem Dreibunde. Herz habe gleichzeitig dem „Petit Journal" und anderen Pariser Blättern monatliche Zuschüsse aus dem italienischen Geheimfonds angeboten, falls sie für Italien günstig schrieben. Blondin gestand, daß die durch seine Hand ge gangene halbe Million dem damaligen Minister Baihaus 1886 ge geben wurde, damit er des Staatsingenieur Rousseau Panamaberichte geheim /halte. Delahaye, vom „Figaro" aufgefordert, endlich die Namen der von ihm bekannten Bestochenen zu nennen, erwiderte, das sei nicht seines Amtes, auf seine Angabe habe man. die Checks von Sherry und Reinach gefunden, man solle weiter suchen, man wissen daß zwölf Millionen zur Bestechung verwendet wurden, es gelte, die 162 Empfänger dieser Millionen festzustellen, er kenne sie, Nenne sie aber nicht, denn die, die entdeckt worden seien, seien die Harmloseren. Er könne nichts beweisen und die Gauner würden da triumphirend rufen: „Seht da/den Verleumder, erbeschuldigt, beweist aber Nichts!« - Beweise könnte aber nur die Rechtspflege herbeischaffen, die die Bücher aller Banken beschlagnahmen und prüfen könnte. „Lanterne" beschuldigt Andrienx, 1886 als er Berichterstatter über das erste Panamaloos- Anleihcgesetz gewesen, bestochen worden zu sein. — Der Marseille« Stadtrath hat die Regierung gebeten, den ans Dahomey in Wcst- afrika hcimkehrcnden General Dodds in Marseille landen zu lassen, damit die Stadt ihm einen Triumph bereiten könne. Man hatte ja auch lange keinen Triumph gefeiert. Spanien. --- Die Auflösung dev Kammer wurde, wie unterm 6. d M. aus Madrid gemeldet wird, seitens der Königin genehmigt; dagegen ist die Auflösung des Senates noch vertagt worden. Gxokvrttanitien. — Gladstoue wird an« Montag in London erwartet, um an dem am 10. Januar stattfin'ocndcn KabinetSrath Theil zu nehmen. Zum ersten Male wird die neue Homcrulc-Bill in Anwesenheit stimmt- licher Minister besprochen werden. — I»» Manchester sind die Blattern ausgebrochen. Der Umfang, den die Epidemie annimmt, ist beunruhigend. Im städtischen Krankenhause sind bereits 70 Fälle konstatirt worden. , , , . . ^ / Rutzlantt — DaS Kriegsgericht in Astrachan hat in dem Prozeß gegen die Personen, die sich im vergangenen Jahre an den anläßlich der Cholera-Epidemie entstandenen Unruhen bctheiligt haben, daS Urtheil gefällt: 20 Angeklagte wurden zum Tode verurtheilt, 22 zu lebenslänglicher Zwangsarbeit in Sibirien, 140 zu leichten Strafen, 30 Angeklagte wurden frcigesprochcii. Die zum Tode Vernrthcilten dürften zu lebenslänglicher Zwangsarbeit begnadigt werden. AmeEa. — Die Stavt BakerSville in Nord-Carolina, wo es bei der Lynchung eines Mörders zu blutigen Krawallen kam, ist, wie nachträglich bekannt wird, fast eine Woche hindurch der Schauplatz von regelrechten Straßenkämpfen gewesen. Die Polizei schlug zahö reiche Angriffe der wüthenden Volksmenge auf das Gefängniß mit Erfolg zurück, mußte aber schließlich weichen. — Ans Neiv-Aork kommt »nieder einmal die Nachricht, daß die Mormonen mit deni Gedanken umgehen, sich in Mexiko anzusicdeln, da ihnen die nordamerikanische Gesetzgebung die Befolgung ihrer Lehren un möglich «nacht. Zun» Streik im Saarrevisr. Man schreibt uns über die Vorgänge im Sireikgebiet: Saarbrücken, den 5. Januar 1823. Auch heute macht sich eine ge ringe Zunahme der Zahl der Anfahrcudcn bemerkbar; auf sämmtlickien Gruben werden genaue Liste» über die Anfahrenden geführt, aus denen heute Morgen hervorging, dag sich 650 Mann seit gestern mehr zur Anfahrt clugefiiuden halte». Im Ganzen fuhren heute Morgen ciu 8505 Mau», sodaß also »och 21.800 Bergarbeiter iin Ansstand verharre». Gestern Abend fanden wieder mehrere Versammlungen der Streikende» statt, in denen sich eilte etwas ge drücktere Stimmung geltend machte. In der Versammlung in Bildstock gab daS Streikkomitee eine Uebcrsicht über die Lage im Streikrevicr. ES gelangte ferner ein Schreibe» der Bergwerksdircltion zur Bcrlcinng, in welchem es dieselbe ablchut, mit dem Streikkomitee in irgend welche Unlerhandlmtge» zu lrcle». Die Streikenden hatten Dcpntirte in die wcstphälische» Bcrgw-rks- bczirke entsandt, welche die dorligc» Bergarbeiter inn Unterstützung angchc» sollten; einer der Dcmilirte», der erst znrückgekchrt, erschien in der Versammlung und hielt eine längere Ansprache. In derselben erwähnte er aber mit seinem Worte, wie die westfälischen Bergarbeiter das Gesuch um Unterstützung ans« genommen haben. Geld hat derselbe aus keinen Fall milgcbracht, denn sonst würde er nicht miterlasscn habe», ans diesen Ersolg seiner Mission hinzuwcisen. Das einzige, tvas derselbe anher den üblichen Redensarten an Positiven >nit- theilc» konnte, war, dag auch die westfälischen Bergarbeiter IluterstütznugS- anträge für die Streikenden »ach England, Frankreich und Belgien abgesandt" hätten Mit diesem schwachen Trost muhten die Versammelte», nachdem sie die Fortsetzung des Ansstaudcs beschlösset, hatten, nach Hanse gehe». In Bildstock löst eine Versammlung die andere ob; sür heute Vormittag war eine , Franenvetsammlnug znsaniincnbcrnfcn worden,. welche eine» enorm starken Besuch aufwies »nd sehr erregt verlief. ES inacht sich überhaupt die aiiffällige Erscheinung bemerkbar, daß die Frauen der Bergarbeiter viel lauter und energischer i» die Bewegung cingreifen als die Männer. Während die Letzteren schon eher zum Friedciisschlnh geneigt wäre», werden sie von de» Frauen augeseucrt, beim Streiken zu verharren. Besonders erregt scheitle» die „Dniticn" i» Neiieukirchen z» sein; dieselben eröffnet,:» im Verein mit halb wüchsigen Burschen und Kindern ans die Bergarbeiter, welche gestern gegen Abend von der Schicht znrückkehrtcn, ei» wahres SIciubombardemcnt. Leichte Verletzungen sind in Menge vorgekomme», vor dem JnipektivilSgebände wurde» auch ivieder eine Anzahl scharscr Schüsse abgefenert. Zwischen Arbeitenden und Streikenden kam es anf bahcrischcm Gebiet zu einem ernsthafte» Zu sammenstoß, bei dem cs ans beiden Seiten blutige Köpfe gab. Es ist aber ganz zweifellos, dah der Streik nicht mehr lange andancrn kan»; selbst wenn die schnlichst erwarteten UnterstütziingSgelder aus dem Ausland cintressen sollte,>, würden dieselben doch nur einen Tropfen ans einen heißet« Stein bedenlen. >>—- »> > Saarbrücken, de» 6. Januar. Ein klares Bild über die Lage läßt sich heute noch nicht geben, weil deS Heilige» Drci-KönigStagcS wegen eine Statistik nicht zu sichren war. DaS Ultimatum der Srnbciiverwaltnngc», jede» Bergniam», der nächste Woche ^