Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-23
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189303239
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930323
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930323
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-23
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 23.03.1893
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
— Nr. «8. — 18»S. — Diese verbreitetste unparteiische Zeit»»» erscheint Wochentags Abends (mit Datum des nächsten Tages) und kostet mit den sechs wöchentliche» Beiblättern: 1. Kleine Botschaft, 2 Sächsischer Erzähler, ö. Sächs. Gerichts-Zeitung, 4. Sächsisches Allerlei, e. Jllnstrirtes (achiseiiigcs) Nnterhaltnngsblatt, 6. LnstigeS Bilverbnch monatlich 60 Pfennige (in llh-mnitz sr-l ins HauS). (PosM-: «.Nachtrag Nr. ö0S0.) Telegrammadresse: Generalanzeiger. Fernsprechstelle Nr. ISS. SSchfischer SandeS-Anzeiger. General Donnerstag, 23. März. er für Chemnitz «n- Umgegend. Gegründet 1873 als „Anzeiger" und „Allerlei". Verlag von Alexander Wiede, Chemnitz. Anzeigenpreis: (-gespaltene CorpilSzeilc (ca.S Silben fassend) oder deren Rani» 15 Pfg. (Preis verzeichnisse L Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle (6gespaltcne - Petitzeile circa 11 Silben Essend) 30 Pfg. — Anzeigen lönncn »nrbis Vormittag l 0 Uhr angenoiNinen werden, da Druck und Verbreitung der große» Auslage längere Zeit erfordern. Geschäftliche Anzeiger-Inserate finden sür billigste» Preis zugleich Verbreitung durch die täglich erscheinende Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Politische Rundschau. Chemnitz, den 22. März 1893. Deutsches Reich. — Das Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. in Berlin. Nach den Berechnungen, die Prof. Begas angestellt hat, tvird er in der Lage sein, die letzten Modelle zum Nationaldenkmal für Kaiser Wilhelm I. bis zum 1. Oktober zu vollenden, so daß dann der Enthüllung am 22. März 1897, dem 100. Geburtstage Kaiser Wilhelm I., nichts im Wege steht. Wie ferner verlautet, ist über die Gestaltung der architektonischen Umrahmung des Denkmals auch jetzt noch keine Entscheidung getroffen. — Der kommaudirende General des Gardekorps, Frhr. von Meerscheidt-Hüllessem, beging gestern sein SOjähriges Militär dienstjubiläum. Der Kaiser gratulirte Persönlich und schenkte dem Jubilar seine Porträtbüste; auch die kaiserlichen Prinzen waren zur Beglückwünschung erschienen. — Allerlei Allarmnachrichte» zur Kaiserrelse. Es ist behauptet worden, der Papst habe geäußert, die Begegnung mit dem deutschen Kaiser könne nur erfolgen, wenn sie unter demselben Zeremoniell wie 1888 erfolge; ferner ist mitgetheilt worden, am 27. April solle-eine Konferenz der Auswärtigen Minister von Deutsch land, England, Oesterreich und Italien in Florenz staltfindeu. Beide Nachrichten sind gänzlich erfunden. — Durch kaiserliche Kaviuetsordre vom 16. d. Mts. sind acht Generale der preußischen Armee in Genehmigung ihres Abschiedsgesuches zur Disposition gestellt worden. Von einigen mußte man, daß sie ihr Abschiedsgesuch eingereicht hatten, von der Mehrzahl war das jedoch nicht bekannt. — Bei der Reichstagsersatzlvahl im Wahlkreise Olpc- Meschcde-Arnsberg ist die Wahl des bekannten Ultramontanen Medaktcnrs Fnsangel gegen de» offiziellen Zentrumskandidatcn Böse -gesichert. Die Wahl erregt großes Aufsehen. — Während die Feststellung des schriftlichen Kommissivns- bcrichts in der Militärkommission zwischen dem 15. und 17. April stattsinden wird, dürfte, dem „Hann. Kour." zufolge, die zweite Lesung der Militärvorlage im Plenum nicht vor dem 1. Mai, 1>. h. nicht vor der Rückkehr des Kaisers aus Italien, anberaumt Ivcrden. — Der Fürstbischof von BreSla«, Kardinal Kopp, ist Dienstag in Berlin eingetrosfen und vom Ministerpräsidenten Grafen Eulcnbnrg zur Tafel geladen worden. Heute wird der Kardinal vom Kaiser empfange» werden. — Der 8 41 der Koukuröorduttttg soll, dem Vernehmen nach, abgeändert werden und dein Bundcsrath ein diesbezüglicher Gesetzentwurf demnächst zugehen. — Vou der Mariue. Der Ostseestation ist vom Manne kommando der Befehl zugcgangcn, die zur Flottenrevue nach New-Aork bestimmten beiden Schiffe „Kaiserin Angnsta" und „See adler" für die ersten Tage des April seeklar zu halten. Wie ver lautet, wird sich der Kaiser in den ersten Apriltagen nach Kiel be geben, um die Schiffe zu inspizircn. Zn diesem Zeitpunkt soll auch, von Stettin kommend, die neue Hofyacht „Hohenzollern" in Kiel rinlmifcn, um gleichfalls vom Kaiser nach mmmehriger Vollendung in Augenschein genommen zu werde». Ausland. O est er rei ch - »l u g aru. Das österreichische Ab geordueleuhaus und mehr noch der ungarische Reichstag sind in de» letzten Tagen wieder einmal der Schauplatz von recht tumnltnarischcn Szene» gewesen, die von einzelnen exzentrischen Ab- Zwillingsschweslern. Novelle von Claire von Glümer. (Fortsetzung.) Nachdruck verboten. „Das kann ich nicht!" sagte sie mit ruhiger Bestimmtheit. „Unsinn!" rief Frau von Linden; „cs ist die beste Parthie, auf die Du jemals rechnen kannst, und Dein Vater wünscht sic." „Papa wird mich nicht zwingen," antwortete das junge Mädchen. „Zwingen . . ." fiel die Freifrau ungeduldig ein; „was das nun wieder für ein Ausdruck ist! Du solltest nachgerade wissen, daß mir dergleichen tragische Grimassen nicht iinponiren. Ein junger Mann von guter Familie bietet Dir seine Hand; er ist reich, in Dich verliebt . . „Aber einfältig, lächerlich, der Spott unseres Kreises," warf Hcloise dazwischen. Die Freifrau zuckte die Achseln. „Ich sehe, daß sowohl Mütter wie Töchter nach ihm angeln," sagte sie. „Märchenprinzen sind überhaupt nur in Romanen und Vackfischlränmcrcien zu finden. Nimm Dir ein Beispiel an Isabelle." ,?Jsa liebt ihren Kurt!" rief Heloise. „Natürlich!" antwortete die Freifrau mit spöttischem Lächeln. „Jedes gescheite Mädchen liebt den Mann, der ihr Namen, Hans und gesellschaftliche Stellung gicbt. Sage Dir: ich muß, dann kannst Du auch . . . komm jetzt." Sie gingen i» die Gesellschaft zurück, und bald flog auch Heloise im Tanz dahin. Ihre Wangen rötheten sich, ihre Augen strahlten, und daß ihr Lächeln hin und wieder wie verhaltenes Weinen aussah, wurde de», guten Heinz nicht klar, obwohl er sie unausgesetzt be- vbachtcte; er fand sie nur schöner und unnahbarer als je. Frau von Linden widmete sich inzwischen mit großer Liebens würdigkeit ihren Gästen, und sie dankten ihr dafür in gewohnter Weise. „Die gute Freda ist heute ganz Zucker, so sehr freut sie sich, «ine der Stieftöchter los zu werden," hieß es in einer Gruppe dem Tanze zuschauendcr Damen und Herren. »Bin neugierig, wen sic für Hcloise finden wird." „Das fragen Sie noch?" fiel eine entfernte Verwandte des Hauses ein. „Heloise tanzt eben zum dritten Male mit Heinz Wnrlcnberg . . ." , »Jft's nicht merkwürdig, daß sie so vergnügt sein kann?" be- geordneten hervorgerufen worden waren. Diese Zwischenfälle sind für die politische Entwicklung von gar keinem Belang, sie beweisen aber, zumal der Ursprung in der Regel wahre Kindereien sind, daß an der Donau doch viel hitzigeres Blut in den Adern der Volksvertreter fließt, wie an der Spree, Wo im deutschen Reichstage auch ernste Angelegenheiten in größter Seelenruhe erledigt zu werden Pflegen. Italien. Die Königin Viktoria von England wird in diesen Tagen zum Frühjahrs-Aufenthalt in Florenz erwartet. Das deutsche Kaiserpaar gedenkt gelegentlich seiner Romfahrt der Königin und Großmutter bekanntlich eine» kurzen Besuch abzustattcn. Frankreich. Der dentsche Dampferkapiiän Pietsch hat sich seinem französischen Gegner nunmehr zur Verfügung gestellt. Er hat Pistolen gewählt, verlangt aber Austrag des Duells auf neutralem Boden. Der Franzose will bekanntlich von unserem Lands mann beleidigt worden sein. — Im Panamaprozest dauern die Verhandlungen noch immer fort. Die Plaidoyers der Vcrtheidiger wollen gar nicht zu Ende kommen. — Der Kommunard Jonrde, unter der Pariser Kommune Finanzminister, ist gestorben. Er be wahrte die Pariser Bankinstitute während des Aufstandes vor Plünderung — Von dem Sohne deö Präsidenten Carnot wird behauptet, er habe eine Million Panamagelder bekommen. Die Regierung widerspricht dem energisch. — Die Regierung erklärt, in Dahomey stehe Alles gut. (??) Grotzbritannien. DaS Londoner russisch-jüdische Komitee hat, der „Nat.-Ztg." zufolge, an alle Bankiers, Bank direktoren rc. jüdischen Glaubens die Bitte gerichtet, von jetzt ab russische Staatspapiere und russischen Handel streng zu boykottiren. Hervorragende jüdische Finanzleute in England, darunter auch Parla mentsmitglieder, haben sich dem Aufrufe angeschlosseii. Nukland. Die russische Regierung hat keine Lust, Tinte und Papier in einem neuen diplomatischen Feldzuge gegen Bulgarien zu opfern. Aus Petersburg kommt die bestimmte Nachricht, es werde keine neue Note oder sonstige Aeußcruug betreffs Bulgariens erfolgen. Das ist jedenfalls das Klügste, was man an der Newa thun kann. Orient. Die bulgarische Regierung läßt über den erkrankten Fürsten Ferdinand fast Tag für Tag erklären, daß er so gut wie wiederhergestellt sei und nur noch wenige Tage Ruhe ge brauche. Wenn auch die von russischer Seite gebrachte Meldung, der Fürst laborire an den Folgen eines Attentates, einfach lächerlich ist, so fehlt es doch nicht an Privatnachrichten, Welche sich übereinstimmend dahin aussprechcii, die Krankheit sei viel bedenklicher gewesen, als bekannt geworden sei, und in ihr liege auch der wahre Grund für die Verschiebung der fürstlichen Vermählung, die ursprünglich schon im April erfolgen sollte. Deutscher Reichstag. 72. Sitzung von« 21. März 1893. IVs Uhr. Am Vmwcsralhsiische: von Caprlvi, bo» Bötticher, von Kalten- borii-Stachciu n. A. Ans der Tagesordnung steht zunächst die dritte Verschling der Vorlage bclr. die Verlängerung des HandelSprovisorlmnS »lit Ninnänie» und Spanien bis Ende dieses Jahres Abg. Vröniel (sreis.) erblickt i» de» Motiven dieser Vorlage eine Ge währ sür das »»bewegte Festhalte» der ReichScegierung an der von ihr ein- geschlageuen Handelspolitik trotz der Agitationen des Bundes der Landwirlhe, welcher sich bemühe, die Fortsetzung dieser HandeSpolitik z» vereiteln. Staatssekretär Freiherr von Marschall erwidert ans eine An frage, daß Verhandlungen wegen Abschlusses eines Vertrages mit Portugal cingelcilet seien. Hossenllich würde» dieselben auch znm Ziele führen.—Die Vorlage wird hieraus cntgiltig angenommen und alsdann die dritte Bcrathnng des Etats fortgesetzt. Beit» Militär-Etat Iheilt KriegSminister v. Kaltenborn-Stacha» das Ergebniß der llntcrsnchnng über die bei der zweiten Etatsbcralhnng be merkte ein altes, sentimentales Fräulein. „Ich erwartete, daß ihr die Heirath der Schwester das Herz brechen würde ... sie galten für unzertrennlich . . . man nannte sie Sympathicvögelchen." „Früher Awaren sie das auch," erwiderte die Verwandte des Hauses. „In ihren ersten Lebensjahren bin ich viel auf der Linden- bnrg gewesen und habe ihre Enltmcklung beobachtet; alles hatten und thatci» sie gemeinsam . . . jede Kinderkrankheit bekamen sie in der selben Stunde, jedes Wort lernten sie gleichzeitig, was der Einen gefiel oder mißfiel, gefiel oder mißfiel auch der Andern, und da sic nicht denselben Namen führen konnten, wollten sie wenigstens ähnlich heißen und nannten sich Jsa und Jsi." „Wie schade, daß eine so Poetische Scelcneinheit anfhörcn kann," seufzte das alte Fräulein. „Ein Glück, daß sic cs thut, liebe Luise," rief ihr etwas tauber Bruder mit lauter Stimme. „Bedenke doch, wie schrecklich es wäre, wenn Jsa und Jsi durch poetische Seelcneinheit — so nanntest Du es doch? — gezwungen würden, sich in.denselben Mann zu verlieben!" Eine der Damen winkte mit Augen und Fächer; dicht vor ihnen waren Heloise und Heinz Wartcnberg stehen geblieben. Als cs der alte Herr bemerkte, verstummte er — zu spät! Beide hatten seine letzten Worte gehört. Heinz lachte. „Das ist glücklicherweise nicht zu fürchten," lispelte er; „znm Verlieben ist Herr von Staifffen nicht." Ein Armband fiel klirrend zu Boden; Hcloise wußte nicht, daß sie cs mit nervösen Finger» ansgcdrückt hatte. Heinz hob cs auf. Was hätte er darum gegeben, es um den schlanken Arm seiner Tänzerin lege» zu dürfen! — aber stumm nahm ihm Hcloise die Spange ans der Hand, befestigte sie wieder und stand nun da, halb von ihm abgewendet und starrte in die Weite. Was hatte er gethan? Ob er cs wagte, sic anznreden? Aber was sollte er sagen? Daß er von drüben die Augen der Tante Freda ans sich gerichtet fühlte, brachte ihn vollends in Verwirrung. „Es ist fürchterlich heiß!" stieß er endlich hervor, um das Schwelgen zu brechen. Heloise schrak auf. „Mich friert,' sagte sie, leicht zusammenschanernd, „wir wollen tanzen." banpteien Fälle von Soldate»»>!ßl>andlimge» mit. Abg. Richter-Hage» halte den Brief der Mutter eines verstorbenen Soldaten verlesen, wonach der Tod ihres Sohnes i» Folge von Mißhandlungen cingclrelen sei. Die Obduktion hat aber als Todesursache Brnstrofe ergebe». An Blntstnrz a»S OhrnndNas« hat der liingc Man» schon vor feine», Eintritt in das Militär gelitten; er soll vor Jahren einmal ans einer Bodenluke ans eine Deichsel gestürzt sein. Die Mißhandlungen, die er erlitte», seien ans ein paar Oh-seigen durch einen Gefreite» zurückznführen, und es ist fraglich, ob es sich I» den, erwähnte» Falle wirklich »in Mißhandlungen durch einen Vorgesetzte» handelt. Der Abg. Bebel hat eine Reihe von Fällen angeführt, über welche zmn Theil die Erhebungen noch schweben. Unrichtig ist die Ausführung des Abg. Bebel, daß Beschwerden der Mannschaften bei den Vorgesetzten anzil« bringen sind, über welche sich die Leute beschwere» wollen. Den Fall de» Leutnants von Salisch hat der Abg. Bebel ganz »»richtig kargestem. Der Leutnant vo» Salisch ist, als er am 20. März v. I. Abends einen Gasthof in Ehrenbreilenstein in Begleitung eines Kameraden verlassen hatte, a»s der Brücke von den, Kommis Weinian», der schon wiederholt Händel mit Offiziere» gesucht hat, provozirt worden. Leutnant vo» Salisch stellte Weimnun zur Rede; dieser erhob seinen Stock, woraus der Offizier seinen Degen zog nnd dem Wcimaim zwei Schläge versetzte, ohne ihn aber zu verletze». Daraus schlug Weiman» mit dem Stocke »nd mm stach Leutnant vo» Salisch »ach ihm. Wcimaim starb bald nachher an Verblutung,. well sachgemäße Hilf« nicht geschasst werden konnte. Rach der gerichtliche» Feststellung liegt mir Körperverletzung mit tödtlichem Ausgange vor, währcnd der Abg. Bebel von einem Meuchelmorde sprach. Diese Behauptung gegenüber einem Offizier der deutschen Armee mnß ich als Verleumdung znrückwcüen. (Große Unruhe und Lärm links, Bcisall rechts, Abg. Bebel rnst: Frechheit.) Weiler ist die Darstellung des Abg. Bebel von einem Fall von Soldaleumißhandlnng in Frankfurt a. O- »»wahr. Der beircssende Mann hat schwer an mit Fieber verbnndener Grippe gelitten nnd ist deshalb in das Lazareth gebracht worden. Die Darstellung dieses Falles durch den Abg. Bebel cnthält gleichfalls eine Verleumdung. (Große Unrnbe.) Präsident von Levetzow: Im Interesse des HanseS muß ich Ver- wahrnng eiiilege» gegen den Ausdruck Verleumdung, welchen der Herr Kriegs- Minister mit Bezug ans ein Mitglied dieses Hauses zweimal gebraucht hat. (Bcisall links.) Abg. Bebel (Soz.): Nach diesen Worten des Herrn Präsidenlen habeich keinen Anlaß, ans die beleidigenden Acnßernngen des Vorredners znrückzn- komme». Ich kann mich geirrt habe», ich kann falsch informirt worden sein, aber in meinem ganzen politische» Lebe» wird mir nie »achgewiescn werden können, daß ich wider besseres Wissen etwas behauptet habe. Sind mir wirk lich falsche Angaben gemacht worden, so beweist das, wie »othwcndig ein ösfeittlicheS militärisches Gerichtsverfahren ist. Was die Angelegenheit de» Leutnants vo» Salisch beirifst, so stütze» sich die Zengenanssagen, ans «reich« ^ sich der KriegSzninister beruft, ans die Aussage» des Freiherr» von Sälisch selbst nnd seines militärische» Begleiters, nnd was Offiziere Alles ansznlagen vermöge», «in eine,» Kanicrade» ans der Patsche z» Helsen, ist in einem früheren Fall« sestgestellt worden. (Oho! rechts.) Der Zivilist belonnitt dem Soldaten gegenüber immer Unrecht. DaS Stärlste aber ist bei der vor liegenden Sache, daß von Salisch noch begnadigt worden'ist. (Prä) ib aut von Levetzow crNärt es für »»zulässig, das kaiserliche Begnadigungsrecht einer Kritik zu iiiiterwcrfcn ) Hoffentlich wird der Herr Kriegsminister später hin auch „och über die übrigen von mir angeführte» Fälle von Soldaten« mißhandln,,gen aitthei,tische Auskunft geben. I» dein vom Abg. Richter er- ' wähnte» Falle bleibt es doch auffällig, daß ei» mit einem so schweren Leiden behafteter Mann überhaupt ansgchoben werden konnte. Ucbrlgens sind mir noch nachträglich Fälle vo» Soldateiiinißhandlnugen aus Sachsen, Vromber» - ^ u. s. tv- milgeiheilt worden, über die der Militärverwaltung nähere Mittheilimg zu mache», ich stets bereit bin. ^ c Kriegsminister von Kaltenborn-S ta chan: Jb mache dem Abg. Bebel keinen Vorwurf daraus, wen» er in, Jrrthnm falsche Angaben macht, muß aber die a» diese Angaben geknüpften Schlußfolgcrnnge» unbedingt zurückmcisen. Wenn der Abg. Bebel hier einen Offizier des McnchcluiordcS zeiht, so beschimpft er ihn, und das kan» ich nicht stillschweigend im Interesse der Armen dulde», lieber de» Ehreastandpnnlt der Offiziere z» »riheilen, - - hat der Abg. Bebel kein Recht, »nd absolut »»berechtigt ist er, das Gnadeu- recht Sr. Majestät zn kriiisirc». General-Auditeur Ittenbach: Die Zweiscl des Abg. Bebel be züglich der Objektivität der Militärgerichte sind durchaus unbegründet, nnd erst recht gilt das von der Aunahmc, «in Offizier scheue sich nicht, um einen Kameraden ans der Patsche zu helfen, falsche Angaben zu mache». DaS verbietet schon die Ehre des Osfiziers. (Beifall rechts.) Entschieden »»wahr ist der früher vom Abg. Kmicrt erhobene Vorwurf, daß die Militärgerichte gegen Untergebene mit liberttiebcncr Schärfe, gegen Vorgesetzte aber überaus mild urlhcilten. Das Gcncral-Andiioriat prüft alle Erlenntnisse genau, »nd sucht selbst, wo ein Urtheil ihm zn hart erscheint, die Gnade des oberste» Mit diesen Worten zög sic ihn, auf die Gefahr hin, uingcrissen zu werden, in den vorbeijagcnden Galopp. Auch sie jagten dahin, aber nicht von Freude getragen. „Heloise sah aus, als ob sie vor einem Verfolger entfliehen wollte," Pflegte Heinz Wartcnberg zu sagen, wenn er später von diesem Tanz mit ihr erzählte. „Mit ganz sonderbaren Augen starrte sie über meine Schulter, nnd ich versichere Sie, daß ihr Gesicht geradezu unheimlich war." Auch Anderen siel ihr Aussehen ans. „Sie muß krank sein I . . Sie wird ohnmächtig!" riefen einige Damen, als das junge Mädchen nach beendigtem Tanze blaß und starr auf eine» Stuhl sank. „Liebe Freda, wir müssen ihr zn Hülfe kommen." „Ich werde ihr den Text lesen; ihr unvernünftiges Tanzen ist schuld," antwortete die Freifrau nnd bahnte sich den Weg zn Hcloise. Aber Doktor Balduin, der Hausarzt, kam ihr zuvor. „Mein liebes Kind, ich muß Sie von hier fortschicken," sagte er in seiner freundlich bestimmten Weise. Mit dem Blick des zu Tode verwundeten Wildes sah sie zu ihm ans, bemerkte gleichzeitig, daß die Mutter hcrankam, erhob sich und legte, wie Schutz suchend, die Hand in den Arm des alten Herrn. Die Freifrau trat zn ihnen. „Nimm Dich zusammen ... Du weißt, Dein Vater leidet nicht, daß man sich gehen läßt," sagte sic scharf; aber der Doktor erklärte, Fräulein Hcloise hätte Fieber und müsse sich augenblicklich nieder- lcgcn, worauf er sie ohne Weiteres ans dem Saale führte. „Habe ich's recht gemacht?" fragte er, als sic im Gange waren, und als sic ihm dankbar znnickte, fügte er hinzu: „Nun ist aber das meinige gethan, denn krank sind Sie nicht, nur verängstigt nnd auf geregt . . . erschrecke» Sie doch nicht so . . . Niemand wird cs Ihnen verübeln, wenn Sie dem unwillkommenen Freier ein Körbchen gebe». Vielleicht haben Sie ein paar schlimme Tage darum anszustchen, aber die gehen vorüber. Also nicht weinen, sich nicht ängstigen, ruhig sein, vernünftig sein . . . womöglich schlafe» . . . wollen Sie?" „Ich will's versuchen," antwortete sie, indem sie dem alten Herrn die Hand reichte. „Gute Nacht, lieber Doktor!" Es klang so seltsam traurig; er blieb stehe» und sah ihr nach, während sic in den zweiten Stock hinanfstieg. (Fortsetzung folgt
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite