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Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189303199
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930319
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930319
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-19
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 19.03.1893
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SilchstWr Landes- Diese verbreitetste nnvartelffch« täglich» geitung kostet monatlich 28 Pfg. in Chcmnitz frei ins HauS- Mit dem Extrabeiblatt Lustiges Bilderbuch kostet der tägliche „Anzeiger" monatlich 38 Pfg. (in Chemnitz frei ins HauS); außerhalb Chem nitz Zutrageu monatlich 15 Pf. Bei der Post ist der Anzeiger nur «nit dem Extra-Beiblatt« Lustiges Bilderbuch zu beziehen fiir 88 Pfg. monatlich. (Nr. 6630 zur Postliste.) Telcgr.-Messe: Generalanzeiger. Fernsprechstelle Nr. 138. eire * al für Chemnitz Anzeige* und Umgegend. Anzeigenpreis: «gespalten« TorpnSzeilefca.S Silben fassend) oder deren Raum 16 Pfg. (Preis- Verzeichnisse L Zeile 20 Pfg.) — Bevorzugte Stelle («gespaltene Petitzelle circa 11 Silbe» fassend) SO Pfg. — Anzeigen können nur bis Vormittag 10 Uhr angenommen werden, da Druck und Verbreitung der großen Auslage längere Zeit erfordern. Ausgabe: Wochentags Abend» (mit Datum des nächsten TageS). — Die Anzeige» finden ohne Preisaufschlag zugleich Ver breitung durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitung. Nr. 65. —13. Jahrgang. — I Verlags-Anstalt: Alexander Wiede, Chemnitz, Theaterstraße 5. Sonntag, 19. Miirz 1893. Politische Rundschau. Chemnitz, den 18. März 1893. Deutsches Reich., — Ans dem Vatikan wird der „Pol. Korr." geschrieben: Ueber den Eindruck, den die Nachricht vom bevorstehenden Besuche des Kaisers Wilhelm in Rom im Vatikan hervorrief, und über die Bedeutung, die man an dieser Stelle diesem Ereignisse beilegt, sind un richtige und übertriebene Behauptungen verbreitet worden. Die Be hauptung. daß man die Romreise dkS deutschen Kaisers in den vatikanischen Kreisen als eine Politische, und zwar als eine gegen den Heiligen Stuhl gerichtete Demonstration auffasse, ist völlig willkürlich. Es ist doch schlechterdings nicht einzusehen, welchen Grund Kaiser Wilhelm haben sollte, unmittelbar nach dem Austausche von Höflich keiten, der anläßlich des Bischofsjubiläums des Papstes zwischen diesem und dem deutschen Monarchen stattgcfunden hat, in irgend welcher Richtung gegen den Vatikan zu demonstriren. Immerhin muß aber zugcstande» werden, daß die Ankündigung der Romfahrt des deutschen Kaisers im Vatikan einige Ucberraschung hervorgerufen hat. — Wie die „Pol. Korr." weiter aus Rom meldet, verlautet in diplomatischen Kreisen, daß alle europäischen Souveräne und Staats oberhäupter sich beim Feste der silbernen Hochzeit des italienischen Köiiigspaares vertreten lasten und zu diesem Behufs Mitglieder der bctr. Negentenhäuser oder außerordentliche Botschafter nach Rom entsenden werden. — Konservativer Antrag. Der Vorstand des konservativen Landesverbandes für das Königreich Sachsen, Freiherr v. Friese», hat a» den Vorstand der deutsch-konservativen Fraktion im Reichstag nachstehenden Antrag eingercicht: „Der Unterzeichnete beantragt, der Reichstag wolle nachstehenden Gesetz-Entwurf den verbündeten deutschen Regierungen zur Genehmigung vorlegen: ß I. Denjenigen Israeliten, welche ans einem anderen Staate nach Deutschland ein- wandcrn, sind vom .... an das Heimathsrecht und die damit in Verbindung stehenden bürgerlichen Rechte nur mit Zustimmung des Bnndesrathcs zu crtheilen. ß 2. Die Gesuche von Israeliten, welche aus einem anderen Staate nach Deutschland einwandern, sind deshalb vom .... dem Bundesrath zur Genehmigung vorznlegen. tz 3. Die oben näher bczeichnetcn Gesuche sind nur in Ausnahmcfällen zu ge nehmigen. Berlin, den 15. März 1893. Frhr. v. Friesen." — Zur Frage der Rttflöfnng des Reichstages äußert sich die „Post": „Wir halten die Frage der Auslösung des Reichs tags für eine so ernste, folgenschwere und in ihrem Erfolge ungewisse, daß wir wenigstciis sie nicht in übereilter Weise entschieden sehen mochten. Die verbündeten Regierungen können nur dabei gewinnen, wenn sich die oppositionellen Parteien vor dem ganzen Lande noch mehr ins Unrecht setze», als cs bereits geschehen ist. Das zu er reichen, wird wesentlich abhängen von der Art und Weise der weiteren Vcrtheidigung der Vorlage. Wenn vor der Nation klar ge legt ist, daß es sich in der That um eine Lebensfrage für die Wehr fähigkeit des geeinigten Reiches handelt, wird sie den Appell an die Vaterlandsliebe bei den Wahlen sicher im rechten Sinne beantworten — Preußisches Herrenhaus. Das Herrenhaus nahm am Freitag seine Sitzungen nach längeres Pause wieder auf. , Vizepräsident Frhr. v. Manteuffel gedachte in warmen Worten des Ablebens des Präsidenten Herzogs von Rntibor. Das Haus genehmigte alsdann, nach Erledigung einer Reihe geschäftlicher An gelegenheiten, die Novelle zur Kirchcnvcrfassung in den acht älteren Provinzen und den Gesetzentwurf bctr. die Aufhebung der Stol- gebührcn in der Provinz Hannover und erklärte den Rechenschafts bericht über die weitere Ausführung des Konsolidationsgesctzcs für er ledigt. Nächste Sitzung: Sonnabend. (Kleinere Vorlagen, Petition des landwirthschaftlichen Zentralvereins der Provinz Sachsen.) — Preußisches Av^rordnetenhatts. Ueber die Petition betr. Zulassung der fakultativen Feuerbestattung wurde gestern zur Tagesordnung übergegangcn. — Recht erfreulich lanteten am Freitag die Nachrichten über das Befinden des Grafen Blumenthal. Die behandelnden Aerzte haben sowohl die Krisis, als auch die Krankheit für überwunden erklärt. — Zn Gunsten eines Handelsvertrages mit Rußland haben sich in Eingaben an den Reichskanzler die Handelskammern von Frankfurt a. d. Oder und Nürnberg, sowie die Kaufmannschaft von Stettin ausgesprochen. Wie die Landwirthschaft dagegen, so wollen jetzt die Hcmdclskreise eine Agitation für den Vertrag organisiren. — Der 18. März in Berlin. Besondere polizeiliche Maß nahmen für den heutigen 18. März sind in Berlin getroffen worden. Von 11 Uhr Vormittags ab befindet sich die gesummte Schutzmann schaft im Dienste, für die beiden den Fricdrichshain berührende» Hniiptmai»,schäften werden besondere Befehle ausgegcbe». Geschloffene Züge von solchen Personen, die den Kirchhof der Märzgefallenen im Fricdrichshain besuchen wollen, werden polizeilich nicht geduldet. Ebensowenig soll das Hissen rother Fahne» an Bäumen, Bauten rc. geduldet werden. Auch das Fcilhalten von Zeitungen rc. auf rothcm Papier wird als grober Unfug nicht zngclaffen werden. Ausland. Oesterreich-Ungarn. Dem scheidenden Abge- ordnetenhanspräsidenien vr.Smolka ist von der Volksvertretung die vollste Anerkennung für sein langjähriges Wirken ausgesprochen worden. Außerdem wird vr. Smolka eine jährliche Ehrendotativn von 7200 Gulden erhalten. — Fürst Ferdinand von Bulgarien, der an einem schmerzhaften Ohrenleiden krankte, hat sich mehreren Operationen unterzogen. Italien. Das Festprogramm für de» Besuch des dentschen Kaiserpaares in Italien gewinnt immer mehr an Aus dehnung. Es ist nun auch noch eine große Flottenrevne in dem italienische» Kriegshafen Spezzia angesagt worden, die zu Ehren der deutschen Kaiserin stattfinden soll. In Rom werden schon großartige Vorbereitungen für den Empfang der hohen Gäste getroffen. Frankreich. Im Pariser politischen Lebe» gehen die Woge» wieder einmal sehr hoch. Die Gegner des Ministeriums sind außer sich, weil Premierminister Ribot den russischen Botschafter von Mohrenheim mit in eine ziemlich harnilose Kammerdebatte ver wickelt hat. Außerdem sind die Pariser Advokaten heftig erbost, weil Ribot, selbst ein ehemaliger Advokat, gegen dieselben aus Anlaß des PanamaprozeffeS mehrere Vorwürfe gerichtet hat. Im Panamaprozeß dauem übrigens die Verhandlungen und Plaidoyers fort. Sonnabend Spätabend dürsten die Geschworenen ihr Verdikt fällen. Man sieht dem Erkenntlich mit außerordentlicher Spannung entgegen, da vom Gerichtspräsidenten und Staatsanwalt so große Anstrengungen ge macht worden sind, die bestochene:, Minister und Abgeordneten der gerechten Strafe zu entziehen und alle Schuld auf Leffeps und dessen Kollegen zu wälzen. — SlnS Sndfrankreich wird ein vereinzeltes Auftreten der Cholera berichtet. Großbritannien. Englische Zeitungen künvige» noch weitere Scheitle der russischen Regierung gegen die geplante bulgarische Verfassungsänderung an. Der Zar soll persönlich durch die „Undankbarkeit" der Bulgaren, welche den Fürsten Ferdinand ihm vorziehen, verletzt sein. — Sltts der Provinz Ulster in Ir land wird von einer lebhaften Agitation berichtet, welche darauf ausgcht, nötigenfalls mit Waffengewalt die Einführung des Home- Rule zu verhindern. So weit dürste es wohl kaum gleich kommen. — Die Kaiserin Friedrich wird sich von London zu kurzem Besuche nach Brüssel begeben. Schwede». Verschollene Expedition. In Stockholm hegt man Besorgnisse wegen des Schicksals der schwedischen Grön land-Expedition. Dieselbe ging mit einem dürftig ausgerüsteten Schiffe von St. Johns, Neufundland, ab, kam nach der dänischen Kolonie Godhavn in Nordgrönland und segelte nordwärts weiter; von da an fehlen alle Nachrichten. Die Ausrüstung einer Anf- suchungexpedition ist in Frage gestellt. Orient. Slnö Egypten kommen wieder einmal schlechte Nachrichten für die Engländer. Die vom Khedive Abbas angeregte und begünstigte antibritische Agitation arbeitet aus offene Gehorsamsverweigerung gegenüber den englischen Beamten hin. Die Garnisonen sollen weiter verstärkt werden. Die Bewegung unter den Egyptern ist eine sehr hvchgehcnde, und es ist für die Zukunft nicht ausgeschlossen, daß die Engländer recht unangenehme Geschichten erleben. — Ans Siidserviett werden erneute Ausschreitungen ge meldet. Die bewaffnete Macht hat die Ordnung wieder Herstellen müssen. Deutscher Reichstag. 69. Sitzung von, 17. März 1893. IV- Uhr- Am BnnvcsrolhStiichs: von Bötticher. DaS HauS ist sehr schwach besetzt. Eingegaiigen ist der Gesetzentwurf betr. die Verlängerung deS Zollpro- visoriiniiS mit Spanien n»d Nnmänicn bis 31. Dezember 1893. Die Be- ralyiing des Gesetzentwurfes wegen Abänderung des Gesetzes über den Unler- stiitznngSrvoynsitz wird fortgesetzt. Slbg. l)r. Baum doch (sreis.) ist mit der Vorlage im Großen und Ganze» einverstanden, kann aber weitcrgclicnde Bewilligungen nicht mache». Eine Rückkehr zni» alte» Heimathrcchl, wie sie von der konservative» Partei gewünscht wird, würde als nothwcndigc Konsequenz eine Beseitigung der Frei zügigkeit habe» müsse». Damit wäre die Sache aber noch nicht abgelhan, cs würden sich vielwebr weitere Beschränkungen als nöthig erweise», so na mentlich die Beschränkung des Rechts der Eheschießinig ». s. w. Vor solche» Dingen sollen wir uns hüten, wir sehen ja, wie dar in Bayer» bestehende Hciniathrecht geradezu zu Grausamkeiten sührt- Auch die reine Durch führung des Prinzips der UnicrstntzinigLberechtignng am Wohnort wäre bedenklich; die Abschiebungen in großen« Umfange würden nicht aus- bleibe», »nd daraus könnte» sich dann doch peinliche Znständc ergebe». Das bestehende System, die Verbindung der Land- mit de» OrtSarmenverbände», wird denn mich in dieser Vortage anfrecht gehalten. Was die Altersgrenze für de» Berlust des UntersiütznngswohnsitzcS betrifft, so halte ich die Ab grenzung beim 18. Lebensjahr sür das Nichtige. Daß dadurch an den Ver hältnisse» des Platten Landes picl geändert wird, dürfte freilich kaum zu treffend sei». So günstig, wie der Abg. von Schalscha sie geschildert hat, sind die ländlichen Lohnverhälinisse inni freilich nicht, aber sür den Fortzng der Arbeiter vom platicn Lande »ach den Städten sind die Lohnverhältnisse nicht entscheidend, auch die Behandlung nickt, welche »ach meine» Erfahr ungen in Ostpreußen nicht so schlecht ist, wie sozialdemokratischerscsts behauptet wird. Entscheidend ist, was sich aM besten dnrch das alte Sprichwort ans drücke» läßt- Stadttust macht frei! Das patriarchalische System hat sich nach meiner Ueberzengniig unrettbar überlebt, der Zug nach dem Weste» ist zu gleich ein Z»g nach höherer Kultur. Staatssekretär von Bötticher: Der Vorredner hat den Wunsch an?gesprochen, diese Angelegenheit müßte sür das ganze Deutsche Reich cin- hcillich geregelt werden; diese» Wunsch iheile auch ich, aber die Ansrecht- erhaltnng dertzeimathsordnimg in Bayern beruht nun einmal aus einem Reservat- recht, und dagegen ist nichts zu mache». Eine srmdauicnlale Regelung der An gelegenheit halte ich gegenwärtig sür anssichislos. Je mehr die soziale Ge setzgebung das leiste» wird, was wir von ihr erwarte», nm so leicher werde» wir »ns später über das Prinzip der Armenpflege verständige». Unter dem Einfluß der Sozialgesetzgebung ist schon im Jahre 1891 eine starke Entlastung der Berliner Armenpflege konstatirt worden. In Zukunft wird das noch in weit höherem Maße der Fall sein, wen» erst die Altersversicherung in ihre volle Wirksamkeit getreten sei» wird. Es ist also unzutreffend, zu sagen, die Sozialgesetzgebung habe keine» Nutzen sür die Armenpflege. Men» trotzdem der Armcnctat der Stadt Berlin gestiegen ist, so hat das leine» Grund in der wachsenden Bevölkerung der Stadt »nd in einer intensive» Fürsorge sür die Arme» dnrch Erhöhung der gewährte» Armcinmterstütznng. Wen» erst die Sozialgesetzgebung längere Zeit gewirkt haben wird, werden wir dahin komme», daß Jeder da unterstützt wird, wo eben seine UnIcrstntznngS- bedürftigkcit zu Tage tritt. Dan» wird auch die Gefahr des Abschiebens, das immer etwas Peinliches hat, nicht mehr groß sei». Gegen eine Zentrali sation der Armenvflege spricht, daß gerade ans diesem Gebiete eine Individual!« sirnng erforderlich ist. Deshalb müssen wir vor allen Dingen darnach trachte», die Arineiipslcge zu lokalisier», wenn wir auch die Armenlast aus breiter« Schultem legen können. Ich bitte an der vvrgeschlagencn Alters- grenze für de» Verlust des Unterstützungswohnsitzer sestzuhalle», da mit de», 18. Lebensjahr da- Nichtige getroffen sein dürste. Die verbündeten Ne» gicrinigk» werden sich indessen nicht Wiedersehen, wen» der Reichstag be schließ«» sollte, unter das 16. Lebensjahr herab z» gehe». Abg. Molkenbiihr (Soz.) hält die von seiner Partei ausgestellte Forderung der Zeiitralisirung der Armenpflege dnr b das Reich ansrccht und protestirt gegen die in der Vorlage ciilhallenc» Strafbestimmungen. Durch das KorrektiolishanS ist »och Niemand gebessert, wohl aber das in Strafgefangene» noch vorhandene Ehrgefühl getödtet worden. Wer noch kein Vagabund war, kommt als solcher aus dem Arbeitshaus« heraus. Abg. Frhr, von Psetten (Ztr.) bemerkt gegenüber dem Abgeordnete» Banmbach, die Angriffe aus liebgewordene Neservatrcchte, wie das bayeriscke Heimathsrecht, erschwerten mir eine Verständigung über diese Vorlage. Mlß- stände zu beseitigen, ist a»ch die baverische Negierung bereit, wie die Ab änderung der Bestimmungen über die Verehelichung zeigt; a» eine prinzipielle Aenderung treten wir nickt Hera». Abg, Bau »ibach (sreis.) konstatirt, daß das bayerische Heimalhs- und VerehelichmigSrccht mit dem Rechte der Freizügigkeit unvereinbar seien. Es ist jedenfalls eine Bevorzugung de- Königreiches Bayern, daß derjenige Bayer, welcher in einem anderen deutschen Bundesstaate verarmt, diesem zur Last fällt, während das Königreich Bayern den verarmte» 'Angehörigen anderer Bundesstaaten gegenüber keinerlei Verpflichtungen hat. Irr Bayer» rcchlSgiltig geschliffene Ehen werden überall im Deutschen Reiche anerkannt, das Umgekehrte sollte eigentlich selbstverständlich sei», ist cS aber i» Wahrheit nicht. Ich bedauere, daß der RerchSgedanke I» Bayer» nicht festeren F»ß gefaßt hat, so daß man ans die- Ncjervatrecht verzichtet. Abg. von Schalscha (Ztr) macht de» Staatssekretär vo» Bötticher darauf aufmerksam, daß die Verwaltirugskoste» der AlierSversicheruirgsausialle» heute mehr verschlinge», als die Rente» a»-»iachen. Staatssekretär vor» Bötticher erwidert, da) sei »nrr in den ersten Jahrer nach dem Jnkrasttretes des Gesetzes der Fall, weil heule die Zahl der Neliieiieiuvsäilger noch klein sei. Der Abg. vo» Schalscha mag »irr einige Zeit warte», bis wir zum Vcharr»»gSznsta»de gelangt sind, er wird dam» ganz andere Erfahrungen machen. Abg. Stolle (Soz ): Dnrch die sozialpolitische» Gesetze wirb thatsächlich den Arbeitern er» grober Tleil der Armerrlast zrrgewälzt. Einer Straf bestimmung gegen säuniige Unter stütznirgSpflichtige, die im Gesetz vorgesehen sei, bedürfe es nicht. Staatssekretär vo» Bötticher erwidert, daß Fälle, in welche» sich Leule der Unterstützung ihrer Fc»»>lie»a>rgchörigcn entziehe», keineswegs selten sind. I» Berlin sind im Jahre 1889 allein 609 derartige Fälle vor- gckoiirmc». Was daS bayerische Heimathsrecht betrifft, so können wir in dieser Sache nichts Ihn». Dasselbe kan» nur geändert werde», wenn die bayerische Regierung dazu die Anregung giebt. Abg. Frhr. von Hornstein (fraktioirsloS) bezeichnet die Wirkung der deutschen Sozialgesetzgebung als eure im Ganzen besriedlgende. Auf eine Bemerkring des Abg. Hahn (kons.) erklärt Staatssekretär von Bötticher es sür ausgeschlossen, baß sich die Lasten der Jnvaltditäts- vorsichernng noch in der ersten zehnjährigen BeitragSseststellungSperivde er höhen könnten- Abg. Dreesbach (Soz) verlangt ans Grund dieses Gesetzes die Aus dehnung des Wahlrechtes ans alle Arbeiter, die 18 Jahre alt geworden seien. Die Vorlage wird sodann einer Konnniffio» von 2t Mitgliedern überwiese». Die Novelle znr deutsche» Maaß- »nd GewicktSordnnng wird mit der dazu beantragte» Resolution der Abgg. Brömel (sreis.) n»d Marbach (sreikons.) aus Einsnhrrnrg einer in das ucetxischc System passenden Bezeich nung für lOO Kilogramm in dritter Lesrnig definitiv angenommen, ebenso die Vorlage betr- die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechts- slrci'tigkeilen. Hierauf wird die Sitzung bis Sonnabend 1 Uhr vertagt. (Novelle zu», Militärpensionsgesetz, Handel-Provisorien mit Spanien und Rumänien). Aus der Militär Kommlssion des Reichstages. (Original-Bericht,) v. k. Berlin, 17. März. Die Militärkommission hat die zweite Lesung heute über Erwarten schnell zu Ende geführt. Bei Beginn der Sitzung hatte cs den Anschein, als ob die Gcneral- disknssion noch einen breiten Umfang annehmen werde; dieselbe wurde aber gegen 1 Uhr geschlossen und zur Spezialdiskussivn ergriff Niemand das Wort. Die konservativen Redner, von Ha mm er stein, von Kendel! und von der Schulenburg traten mit großer Wärme für die Regierungsvorlage ein, während die übrigen Redner in erster Linie die von ihnen oder ihrer Fraktion gestellten Anträge zur Annahme empfahlen. Der Abg. Richter wandte sich namentlich gegen den neuen Kompromißantrag Benni'gsen's, der etwa 43 Millionen fortdauernde Mehrausgaben erfordere und in den Augen des Reichskanzlers doch nur eine Abschlagszahlung darstclle. Mit der gegenwärtigen Regierung könne man in militärischen Fragen über haupt nicht paktiren. Der Reichskanzler wies den letzten Vor wurf auf das Entschiedenste zurück; die Regierung habe in den 28 Koiniiiissionssitziingcn stets bereitwilligst und ausgiebigst Rede und Antwort gestanden, keiner der vorgebrachtcn militärischen Gründe habe widerlegt werden können. — Hierauf ergriff der Abg. von Bennigsen das Wort zu einer bemerkenswcrthen Rede. Er gebe die Hoffnung auf eine Verständigung noch immer nicht auf; sei cs nicht mit diesem, so doch mit dem neuen Reichstage. Der Redner empfahl nochmals eindringlichst die Annahme seines Antrages. Der Reichskanzler möge sich nicht von dem wohlbegreiflichcn Gefühl, als Hnnpturhcbcr der beabsichtigten großen Militärrefvrm bestimmen lassen, es sei in erster Linie zu erwägen, ob eine so gewaltige Mehrbelastung zu ertragen sei. Beharre der Kanzler auf seinem ablehnenden Stand punkt, so sei eine Verständigung mit diesem Reichstage absolut aus- geschlosscn; dann bleibe nur die Auflösung des Reichstags, welcher ein Wahlkampf vo» nie dagewesencr Heftigkeit und Demagogie folgen werde. Der Reichskanzler erwiderte, daß er nicht glaube, daß mit der uationalliberalcn Partei ein Konflikt ausbrechcn werde; er habe die vollste Ueberzcugnng, daß die Kosten der Vorlage wohl aufzn- bringen seien, Abg. Richter bezeichnet»; die Auslassungen des Abg. von Bennigsen als sehr beherzigcnswcrth und polemisirte dann gegen die Acnßcriutgcn des Reichskanzlers. Es folgten noch kurze Erklär ungen der Abgg. Grafen Kleist, v. Komierowski und Or. Lieber, welch Letzterer betonte, daß kein Mitglied des Zentrums ans de» Boden des Bcnriigscn'schcn Antrages treten werde; dann erfolgte der Schluß der General-Debatte und da zur Spezialdiskussio» sich Nie mand zum Wort meldete, ging man zur Abstimmung über: Die Re gierungsvorlage wurde gegen die 6 Stimmen der Konservativen ab gelehnt. Alle übrigen Anträge wurden ebenfalls gegen die Stimmen der Antragsteller und ihrer Fraktionsgeiiosscn abgclchirt. Für den Antrag Richter zu Z 2 stimmten die 3 Freisinnigen und der Volks- parteilcr Haußmann, der Abg. Hinze enthielt sich der Abstimmung: für den Antrag v, B e n n i g s e n stimmte auch der Pole v. K o in i e r o w s k i. — Damit war die zweite Lesung der Militärvorlage in der Kommission beendet. Zum Berichterstatter wurde Abg. Groeber (Ztr.) gcivählt. Sie nächste Sitzung der Kommission, in welcher der schriftliche Bericht zur Vorlesung gelangen wird, ist für die Zeit vom 14.—17. April festgesetzt.
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