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Ausgabe: Wochentags Abend- (mit Datum der nächsten Tage-). — Die Anzeige» finden ohne PreiSansschlag zugleich Ber- breitnng durch die Chemnitzer Eisenbahn-Zeitnng. — Nr. 297. — 12. Jahrgang. — I Verlags-Anstalt: Alexander Wiede. Chemnitz, Theaterstraße s. I Toniierstag^ 22. Dezember 1892. Atttiliche Anzeiger». Freitag, den SS. Dezember 1»»S, Vormittags II Uhr, gelange» im Langer'schen Gute zn Neichenhain ca. 120 Ceutner He» gegen sofortige Bezahlung zur ösfcnttiche» Versteinerung. Der Gerichtsboltzieher bei dem Königlichen Amtsgericht Chemnitz. In DberhermerSdorf — SaminelplatzLeifert's Gasthof 'daselbst — soll Donnerstag, den SS. Dezember 18SS, Nachm. V-!» Uhr, 1 Geldschrank init Schreibpitlt gegen sofortige Bezahlung meistbietend Versteigert werden. Selbmann, Gerichtsvollzieher bei dem Königliche» Amtsgericht Chemnitz. Betrachtungen über unsere Landwehr ans Alllas; der Mttitärvorlage. Unter dieser Ucbcrschrift veröffentlichen das „Dresdner Journal" und die „Leipziger Zeitung" gleichzeitig den nachfolgenden Leitartikel: In der Presse ist von den Vertheidigern der Militärvorlage, welche gegenwärtig den Reichstag beschäftigt, angeführt worden, daß den Landlvehrtruppen nicht dasselbe zngemuthet werden könne, wie Linientruppen, und man deshalb darauf Bedacht nehmen müsse, die Feldarmee zu verjüngen. Diese Ansicht hat in den Kreisen der alten Soldaten eine leb hafte Verstimmung hervorgerufen, zum Theil deshalb, weil man sie für eine Undankbarkeit gegenüber den Leistungen der Landwehr in dein letzten großen Kriege bezlv. iy früheren Kriegen hielt, zum an deren Thcile deswegen, weil man sie dahin auslegte, daß der Land lvehr weniger Opfcrmuth und weniger Tapferkeit zugetraut werde, als der Linie. Hier liegt ein sehr großes Mißverständiiiß vor. Rückhaltlos wird von jedem Berufenen, welcher die Leistungen der Landwehr prüft, unerkannt werden: 1) die Landwehr hat dem Vaterlande im Kriege die allergrößten Dienste erwiesen und 2) die Landwehr hat sich bei jeder Gelegenheit mit ausgezeich neter Tapferkeit geschlagen und alle ihr zngemutheten Anstrengungen mit größter Bereitwilligkeit überwunden. Die Gründe, welche die verbündeten Regierungen veranlaßt haben, eine Aenderung der Wehreinrichtnng vorzuschlagen, liegen auf einem ganz anderen Gebiete. Man hält es nämlich I. für unrichtig, wenn man sofort bei Ausbruch des Krieges die Landwehr mit in die erste Linie gegen den Feind stellen muß, während sehr viele junge, fast durchgängig noch unverheirathete Männer zn Hans bleiben, welche entweder noch nicht ansgebildet sind oder bei der gegenwärtigen Fricdcnspräsenzstärke nicht ausgehoben und aus- gebildet werden können. Vermehrt man die Friedenspräsenzstürke, wie das die Militärvorlage bezweckt, so können viel niehr zum Militär dienst Taugliche in die Armee eingestellt werden und man braucht hie Landwehr nicht sofort in erster Linie zu verwenden. Damit er reicht man aber einen weiteren Vortheil, indem II. die Landwehr erst dann an den Feind geführt wird, nach dem man den Landwehrleuten Zeit und Gelegenheit gegeben hat, sich mit den Formen des Dienstes wieder vertraut zu machen und sich an Strapazen zu gewöhnen. Jeder alte Soldat weiß, daß wirklich militärische Leistungen, wie sie der Krieg fordert, nur erreicht werden, tvenn der Soldat sich in voller Ucbung befindet. Das gerade ist aber bei dem Landwehrmami nicht der Fall, er ist nicht gewöhnt, die Uniform, das Gepäck und Gewehr, sowie Mu nition zu tragen; sehr viele Landwchrleute sind infolge ihrer Tätig keit im bürgerlichen Leben nicht mehr daran gewöhnt, stundenlang bei jeder Temperatur im Freien zu sein, Kälte oder Hitze, sowie Durst zu ertragen, große Märsche zu machen, unregelmäßig zu essen und bei allen diesen Entbehrungen und Schwierigkeiten doch ihre militär ischen Aufgaben zu erfüllen. Läßt man den Landwehrleuten Zeit, den Körper wieder abzu härten, sich an die Strapazen erneut zu gewöhnen, die militärischen Formen nach allen Richtungen hin sich wieder einznprägc», so besteht gar kein Zweifel darüber, daß sie dann werthvvllcre Soldaten sind, als gleich nach ihrer Einberufung. Der Landwchrmann selbst muß also ebenso, wie die Heeres leitung, wünschen, daß von der Landwehr erst dann ein Gebrauch vor dem Feinde gemacht werde, wenn sie wieder den Anforderungen ge wachsen ist, welche der Krieg stellt. Dieser Zeitpunkt wird bei dem guten Willen dieser alten, voll kommen auscxcrzirten Soldaten sehr bald ciiitretcn und dann wird die Heeresleitung diese Truppen mit Vertrauen und Zuversicht ver wenden können. Und ist es denn nicht richtig, zuerst den unverHcirathctcn Mann an den Feind zu bringen und erst in zweiter Linie den verheirateten, den Vater von Kindern! Die Maßregel der Regierung in der Vor lage zur Heeresverstärkung ist daher nur ein Akt der Gerechtigkeit. In früheren Zeiten, als man nur mit der Möglichkeit zu rechnen brauchte, nach einer Seite hin Krieg führen zu müssen, konnte man die Landwchrtruppen zunächst in zweite Linie stellen und ihnen Zeit geben, die vollständige Kriegstüchtigkeit sich anzueignen; rechnet mau aber mit der Möglichkeit eines Krieges nach verschiedenen Seiten, wie bas immerhin jetzt nicht ganz ausgeschlossen ist, so müßten, falls der jetzige Zustand in unserer Militärorganisation weiter bestehen bliebe, die Landwchrtruppen sofort in erster Linie mit ver wendet werden. So steht die Sache! — Es ist bei dieser Sachlage doch gar mcht einzuschen, wie die jetzige Militärvorlage eine Beleidigung der Landwchrleute bedeuten kann — im Gegentheil, man will durch die in Aussicht genommenen Maßregeln den vollen Werth der alten Soldaten zur Geltung kommen lassen. Chemnitzer Stadt-Anzeiger. Vle gremide „»I-r-S Bl.ittlS werde» «rsuSt. »u» wichllge Bc§clie„b-tt-n MIgli mNzntöeNel«, Chemnitz, den 21. Dezember 1892. — St. Markttsgemeinde. Aus der am vergangenen Sonn tag stattgefundcnen Ergänzungswahl für den Kirchenvor stand dieser Gemeinde, bei welcher von 106 Wahlberechtigten 90 ihre Stimmen abgabcn, gingen die Herren Privatmann Fickert, Eisen gießerei-Besitzer Uh lc, Fabrikant Wagner und Lehrer Kleindienst als wieder-, die Herren Architekt Schüller und Lehrer Kresse als neugewählt hervor. Weitere Stimmen entfielen auf die Herren Kon torist Springer, Kaufmann Röhn er, Apotheker Schilling, Werkmeister Läßker, Matcrialwaarenhändler Günther, Kohlen geschäftsinhaber Pöche und Fleischcrmeister Köhler. — Zahlungö-Eittstellttttg. Unter dem 17. Dezember, Nach mittags 5 Uhr, ist über das Vermögen des Seifen- und Cigarren- händlcrs'Julius Alois Josef Schaal in Chemnitz (Brühl 9) das Konkursverfahren eröffnet worden. Zum Konkursverwalter wurde Herr Rechtsanwalt vr. Gühne ernannt. — Die Firma Ludwig Loewe Sr Co. in Berlin, die durch den „Judenflinten-Prozeß" allseitig genannt wurde und deren neuer dings veröffentlichte Offerte an Bonlangcr vom 20. Oktober 1886 wieder neues Gesprächsthema geliefert hat, bezieht — wie uns mit- gethcilt wird — seit einiger Zeit sehr viele Werkzeugmaschinen und dergleichen aus Chemnitz und zwar von der Sächsischen Maschinenfabrik (vormals Richard Hartmann), der größten und bedeutendsten Fabrik in unserer Stadt, deren Erzeugnisse be kanntlich in alle Weltthcile gesandt werden und den ausgezeichneten Ruf unserer heimischen Industrie rechtfertigen und verbreiten. —nn. Die Kinderarbeit in Fabriken hat im Chemnitzer Bezirk nach den neuesten vorliegenden amtlichen Feststellungen im vorigen Jahre abgenommcn, obwohl sich damals der Einfluß der neueren sozialpolitischen Gesetzgebung noch nicht wie im laufenden Jahre fühlbar machte. Jni Chemnitzer Fabrik-Jnspektionsbezirk ist die Zahl der beschäftigten Kinder von 2973 auf 2681, im Zwickauer Bezirk von 3714 auf 2154 und im ganzen Königreich Sachsen von 12,448 auf 10,668 zurückgegangen. Die volle Wirkung der neueren sozialpolitischen Gesetzgebung auf die Kinderarbeit wird erst aus den nächstjährigen amtlichen Veröffentlichungen ziffernmäßig sestzu- stellen sein. —* Von eilten» Hunde gebissen. Gestern Nachmittag wurde auf der äuß. Johannisstraße eine ältere Frau beim Vorüber- gehcn an einem Hunde-Fuhrwerk von dem Hunde derartig in den Arm gebissen, daß sie in Krämpfe fiel. Ein Schutzmann ließ die Verletzte nach ihrer Wohnung bringen. —* Festgeno»» n»en wurde gestern Nachmittag hier eine von der hiesigen Amtsanwaltschaft wegen Diebstahls steckbrieflich verfolgte Fabrikarbeiterin. *— Frecher Bettler. Am Montag Nachmittag verübte ein bettelnder Handwerksbursche auf der Bergstraße großen Skandal, in dem er sich der Abführung durch einen Schutzmann im höchsten Grade widersctzte und durch Umsichschlagen und Einstemmen den Transport erschwerte. Erst mit Hilfe zweier weiterer Schutzmänner gelang es, den Widerspenstigen nach dem Arresthanse zu bringen. *— Gestohlen wurde vor einigen Tagen vom Aushang eines Herrengarderobengcschäfts weg eine neue Hose, Werth 6 Mk.; vom Schillerplatz weg am 10. d. ein kleiner Handleitcrwagcn, nnangestrichen, Werth 6 Mk.; in der Nacht zum 10. d. aus einer Schankwirthschaft der Wiescnvorstadt eine Anzahl Cigarren, Wurst und ein Stück Käse. Stadtthcater. Chemnitz, dc» 21. Dezember 1892. Rienzi, -er Letzte der Tribunen. Oper in 5 Akten von Richard Wagner. Mit der Neneinsindirnng von Wagners „Rienzi" hat Herr Direktor Jesse den hiesigen Opernsrcniiden einen schönen Gcunß bereitet; gleichzeitig aber gab der nnisichlige Bühnenleiter hierdurch auch seine» Opernkräfte» »eiicrdiugs Gelegenheit, sich vnrch ihre künstlerischen Leistungen in hohen, Grade verdient zu mache». Die gestrige Borsührnng des schwierige» Werkes »ahm im Große» und Ganzen einen mnsikalisch glänzenden Verlauf. Wen» man bedenkt, daß unsere Bühne nicht über Mittel verfügt, wie sie beispiels weise einem gut doiirten Stadttheatcr oder gar einem glänzend subvcntiomrtc» Hoflhcaier zn Gebote stehe», so verdient es in» so mehr anerkannt zu werde», daß sich die Direktion zur Ausführung eines Werkes entschließen konnte, das, wie „Rienzi", in »msikalischer und szenischer Beziehung nicht geringe Schwierigkeiten bicict. Der Regie und den: musikalischen Leiter des Werkes gebührt daS Verdienst, diese Schwierigkeiten mit seinem Verständniß beseitigt zu haben. Die Repräsentanten der Hanplpartiee»: Rienzi (Herr Mi lenz) Adriano <F«c»> Steinmler-Wagncr) und Irene (Frl. Elzer) be währten sich auch gestern ivicder als tüchtige GesangSkräste. Herr Milenz verstand es, im Verlaufe des Abends die Zuhörer z» fesseln und zn rühren. Er fehle sei» bestes Könne» ei», »m den gemüthvolleu nnd dabei heroischen Tribun i» wirksamer Weise darzustellc». — Eine künstlerische Lcislnng war die Interpretation des Adriano durch Frau Stemniler-Wagncr. Die Sängerin brachte in dieser Partie ihre gesangliche» Vorzüge trefflich zur Geltung. — Neben den Genannten erfreute sich Frl. Elzer der verdiente» Gunst der Zuhörer. Frl. Elzer zeigte auch gestern durch ihre Darbietungen, daß sic eine Künstlerin ist, die selbst im höchste» Affekte nie das schone künst lerische Maaß überschreitet. — Eine tüchtige Leistung war die Darstellung des Stefsano Colonna durch Herrn Sticrlin. — Herr v. Lnuppert war ein ausgezeichneter Vertreler des Paolo Orsini. Er führte die Partie mit mächtiger Entfaltung seines ergiebige» Materials in bester Weise durch. — Einen günstigen Eindruck erzielte ferner Frl. Deutsch mann durch die zartempfniideuc Weise, mit welcher sie de» Friedensboten dnrchführte. — Die Vertreler der kleineren Parlier», die Herren Hartman», Müller nnd Schneider, fügten sich mit lobenswcrlhc», Eifer in das Ensemble. — Ganz Vorzügliches leistete daS Orchester »nler der sachkundigen Leitung des Herr» Kapell meisters Wcißleder. — In durchaus znsriedciistcllcndcr Meise bewältiglc der Chor die schwierige» Anforderungen, die der Komponist in diesen« Werke an ihn stellt. — Schließlich sei noch eines Mitwirkenden gedacht, der sich auch eines rege» Beifalls zn erfreuen batte. ES war dies der prächtige Fuchs, den Herr Milenz im 3. Akte rstt. Die Anerkennung, die ihm gezollt wurde, war wohlverdient, den» er benahm sich trotz des SchwertgekllrrS nnd TrompetcngcschmctlirS, daS um ihn her ertönte, recht manierlich. Die ganze Vorstellung »ahm «ine» sehr lebendigen und packenden Verlaus und wurde vom Publikum recht beifällig mifgeiiommei». —D. Stiafkammer-Vevliattdlimgei» — Chemnitz. 20.12. Spielet »licht mit Schießgewehren! So oft diese Warum«-, chon ansgcsprochcn worden ist, so oft «miß sie ««»«»er und immer wiederholt werden, hat sich doch durch Nichtbeachtung derselbe» schon Mancher zeitlebens, i »nglücklich gemacht. So ergeht eS auch de» beide«« 1? Jahre alten »nd noch nnbeschöllcnen Färber- bez. Kaufmanns-Lehrlinge» Carl Alfred Wunsch i» Glaucha» »nd Paul Gustav Bai««»»»» in Limbach, welche n»t«r der schweren Anklage der geuieinschasliiche» Tödtnng eines Mensche» in Folge »»vorsichtigen Umganges «ui» gefährlichen Massen stände». Der Thatbestand des »»glückseligen Vorgänge- ist in Kürze folgender: Am Vormittage de- 30. Oktober d. I„ einer Sonntags, war Wunsch z«»n Besuch in Limbach nnd machte sich daselbst mit einem Teschin z» schassen, indem er dasselbe ab wechselnd mit Banmann «nchrmals abscncrte. Bei diesen Schießvcrinche» war »nn der Letztere, welcher das geladene Gewehr in de» Händen hcitte, mit einen« Daumen i» das Schloß desselben gcrathen. Wunsch wollte ihm z» Hilfe komiiien, da er theftigc Schmerzen empfand, Inden» er das Schloß mit seine»« Taschenmesser zurück z» schieben versuchte. Hierbei entlud sich aber dos Teich«» »nd zwar so »»glücklich, daß da- Geschoß dem in der Nähe stehende» kleinen 5jährigen Alfred Brunner in das Herz drang, so daß dieser in wenige» Minute» eine Leiche war- Die unglückliche» Schützen haben neben den Gewissensbisse» über ihre freoelhaste Unvorsichtig keit auch noch die Strafe» der irdische» Gerechtigkeit z» tragen, da Wunsch zn 2 Monaten, Banmann zn 6 Woche» Gesängniß, Beide überdies wegen iinerlanbtcu Schießens zu je 1 Tag Hast vernrlheilt wurde». Eine Woche der Gesängniß-, sowie die Haftstrafe «vnrdcn bei Baiiuiaim als ver büßt erachtet. Sittlichkeits-Vergehen (Geheim-Sitzung). Der »och völlig unbe scholtene, im Jahre 1838 geborene Bahnwärter Heinrich Horinantt Salzer aus Kändler lvnrce eines Vergehen- gegen die Sittlichkeit der in 8 174 des N.-Str.-G.-B. gedachten Art schuldig befunden »ud mit 9 Monaten Gesän gniß belegt. — Ebcnialls unter Nnsschlnß der Oesfeiillichkeit erkannte die Strafkammer gegen den kann« 14 Jahve alte» Schnlknabe» Karl Gustav Stein ans Wechselönrg wegen eines SittlichkeitsvcrgehenS der i» 8 176,8 des N.-Str.-G.-B. bezcichtiele» Kategorie ans 3 Monate Gesängniß. Hinrichtungen irr Griechenland. Binnen fünf Tagen haben in Griechenland neun Hinrichtungen durch das Fallbeil stattgefuiide», und zwar zwei in Athen, vier in Acgina und drei in Nauplia. Ist eine so große Anzahl von Hin richtungen bei einer Bevölkerung von nicht viel über zwei Millionen Seelen auffallend, so erscheint sie noch merkwürdiger durch den Um stand, daß die neun Hingerichteten unter mehr als hundert zum Tode Verurtheilten ausgcwählt wurden. Dieses System, die znm Tode verurthcilten Verbrecher Monate lang in der schrecklichen Ungewißheit über ihr Schicksal zu belassen und die Namen der nicht Begnadigten bis zum letzten Augenblicke geheim zu halten, ist barbarisch. Viel leicht ist es als eine Verschärfung der Strafe gedacht, es übt aber nicht eine Wirkung im bessernden Sinne. Höchst eigenthümlich ist auch die Art des Vollzuges. Da in Griechenland das Henkeramt für so entehrend gilt, daß der dasselbe Ausübende nicht eine Stnnde seines Lebens sicher wäre, so ist seit undenklichen Zeiten der jeweilige Nachrichter ein zum Tode verurtheiltcr Verbrecher, der gegen die Bedingung, das schaurige Amt zu übernehmen, begnadigt wird. Der Henker und sein Werkzeug werden auf einen, Fclseneiland im-Hafen von Nauplia gefangen gehalten. Werden Hinrichtungen beschlossen, so holt ein Kriegsschiff Beide ab und bringt sie nachdem Orte, wo die Hinrichtung stattfindcn soll. Die zu Vcrurtheilenden erfahren erst in letzter Stunde das bcbvrstehende Ende. Die Hin richtungen erfolgen öffentlich; «venu mehrere Verbrecher abzufertigen sind, muß Jeder den Todcskampf und die üblichen Reden seiner Vordermänner — auch im Tode verleugnet sich der Grieche nicht —> über sich ergehen lassen. Von einer abschreckenden Wirkung dieser Oeffcntlichkcit kann nicht die Rede sein. Namentlich Räuber, wenn sie mir muthig sterben, werden iin Volksmunde zu Helden. Volks lieder verewigen ihr Andenken, ihr Bild schmückt die Wände mancher Vauernhütte. Es soll auch ein Gesetz eiiigcbracht werden, welches den Vollzug von Todcsnrtheilcn innerhalb der Gcfängmßmaucrn festsctzt. Nns Ratz nnd ffev«r. — KleineMittheilttttgen. Ein Duell zwischen Arbeitern macht in Mühlhausen i. E. von sich reden. Die Veranlassung zu diesem war völlig ritterlich. Der eine Arbeiter war mit einem Mädchen versprochen gewesen und erging sich, nachdem sich das Vcrhältniß gelöst hatte, in den rohesten Ausdrücken über die ehemalige Braut, worüber ein anderer Arbeiter ihn zur Rede stellte. Hierdurch erklärte der Erstere sich für beleidigt, nnd Beide kamen überein, ihren Streit persönlich auszufcchtcn, wie cs Ehrenmännern zukonnne. Sie bedienten sich des Messers als Waffe, mit dem sie einander so gründlich zerfleischten nnd so schwer verwundeten, daß nun Beide fast hoffnungslos darniedcrlicgcn. — Eine entsetzliche Mordthat ist in der Irrenanstalt von Birming ham von einem Insassen begangen worden. Er ergriff einen irdenen Wasserkrng und schlug damit in Abwesenheit des Wärters einem anderen Kranken den Schädel ein, zerschnitt einem zweiten Patienten niit einem scharfen Porzellanstück die Adern und konnte erst über wältigt werden, nachdem er noch einen dritten Kranken schwer ver wundet hatte. — Verbrechen im Harein. Nach einem in Kon stantinopel umlaufenden Gerüchte herrscht im kaiserlichen Serail eine «liigcheure Aufregung «vegcn eines im Haren« vorgckommeuen schreck lichen Verbrechens. Fünf außerordentlich schöne Odalisken, die erst vor einigen Tagen aus Aegypten als Geschenke des Khedive an den Sultan in Konstaiitinvpcl aiigekvmmcn waren, wurden in ihren Betten als Leichen gefunden. Die Aerzte stellten fest, daß die Mädchen ver giftet worden seien; man vcrmuthct, daß sie als Opfer der Eifersucht ihrer Geiiossiinien starben. Drei Eunuchen, die schuldigt werden, den Mädchen das Gift gegeben zu haben, sollen in Haft genommen nnd in Kette» gelegt worden sein. — Nach einer Hamburger eldung ist der Dampfer „Platessa" in der Nacht znm Dienstag an den abgehcndcn britischen Dampfer „Kingslynn" bei Lühn ge- " rannt und gesunken. Die Mannschaft ist gerettet. Das englische Fahrzeug ist mit einem Loch am Bug nach Hamburg zurückgekehrt.— I» Stettin ist ein Kaufmann, Leo Cohn, der erst seit acht Tagen mtr der Tochter einer achtbaren Familie verheirathet ist, unter dem 4 Ä