Suche löschen...
Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.12.1892
- Erscheinungsdatum
- 1892-12-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189212254
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18921225
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18921225
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1892
-
Monat
1892-12
- Tag 1892-12-25
-
Monat
1892-12
-
Jahr
1892
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 25.12.1892
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
i M. 36V, -r- Sonuta«, 25. Dezember M2. -, IS.Jahrgaug. s. Beilage zu Sächsischer Landes Verlag von Alexander Wiede in Chemnitz, Theaterstraße 8» (Chemnitzer General-Anzeiger). Politische Rimdschim. Chemnitz, den 24. Dezember 1892. Deutsches Reich. — Reue Reise des Fürste» Bisumrck »ach dem Sil be». Nach einem Telegramm aus Fiume hat Fürst Bismarck seinen Besuch bei der gräflichen Familie Hoyos für den März auf vier Wochen zugesagt. Gleichzeitig wird Graf Herbert Bismarck mit Ge mahlin cintreffe». Die Villa des Grafen Hoyos, in der Fürst Bis marck wohnen soll, lvird prachtvoll hergerichtet. Auch wird eine große Dampfbarkasse gebaut, die der Fürst bei seinen Ausflügen nach Abbazia benutzen wird. — Ans Kiel wird der „Köln. Ztg." gemeldet, es steht setzt fest, daß der junge deutsche Kronprinz demnächst das königliche Gymnasium (Kieler Gelehrtenschule) in Kleb besuchen wird. Zu diesem Zweck ist das dortige herrlich und außerordentlich romantisch gelegene Besihthnm „Forsteck" vom Kaiser als Wohnung für seinen ältesten Sohn angekauft worden. — Die »e«e Partei. Der Abg. v,-. Arendt giebt bezüglich der Pläne, eine neue Partei zu bilden, folgende Erklärung ab: „Gegenüber den andauernden Falschreden über die neue Partei kann ich aus bester Quelle mitthcilen, daß bis jetzt nur der Name National- Partei, sowie eine Pnnltatio» des Programms festgestellt ist, dessen endgiltige Fassung eine Versammlung beschließen wird, welche gleich -Inach der Wiedereröffnung der Parlamente in Berlin stattfindet, und izu welcher mehrere Hundert angesehene Männer der verschiedensten Berufe ans allen Gegenden Deutschlands ihr Erscheinen bereits an- grmeldct haben. Der vorbereitende Ausschuß wird sofort nach den Parlamcntsferien mit den Vorständen der monarchischen Mittelpartcien verhandeln, um das Aufgebcn der überlebten Parteiungen und die Vereinigung aller monarchischen, nationalen, die Verfassung ernst nehmenden Elemente zu einer einzigen Partei zu erzielen zwecks Ab wehr der Gefahren, welche der Nation von ansartcnden extremen Parteien, rechts vom Antisemitismus, links von der Sozialdemokratie, drohen. Falls die bestehenden Mittelpartcien den Plan ablchnen, wird die Nationalpartci allein Vorgehen. Aus Gesagtem ergiebt sich, daß und warum einstweilen Veröffentlichungen seitens des vor- berathenden Ausschusses unthunlich sind." — Groß genug scheint ja der Plan angelegt zu sein; die Antwort der Parteivorstände, mit denen man sich benehmen will, dürste nicht allzuschwer zu crrathen sein; deshalb also hätte der Ausschuß nicht nöthig, damit hinter dein Berge zu halten, wie man das Parteiweisen knriren will. — Eine Bcrwechstlttnst. Dem konservativen Abg. Frhr. von Minnigerodc wurde die Urheberschaft eines Briefes zugeschrieben, der sich sehr scharf über den Antisemitismus aussprach. Der Briefschrciber Ist aber nicht der konservative, sondern der welfische Abg. Frhr. Bern hard von Minnigerodc. — Z«m konservative» Parteitag schreibt der „Lcipz. Ztg." „ein sächsischer Konservativer": „Jeder ruhig denkende, den extremen Richtungen abholde Konservative wird von dem Verlaufe unseres Parteitages — er mag den Einzelheiten desselben zustiminend oder ablehnend gegenüberstehen — schmerzlich berührt worden sein. Wir glauben, die unliebsamen Vorkommnisse im Wesentlichen auf zwei Fehler zurückführen zu muffen. Der eine trifft die, im Uebygen gewiß anzuerkennende, Berliner Parteileitung. Das Komitee, welches die Einberufung in die Hand genommen hatte, bestand nur aus adeligen Mitgliedern. Hierin lag unverkennbar eine Verletzung der, mindestens ebenso chrcnwerthen, nicht adeligen Mitglieder, — Schreiber dieses gehört auch dem Adel an — und die Auslassungen des Herrn Ulrich-(Chcmnitz) sind zweifellos dadurch beeinflußt worden. Auf diese wollen wir hier nicht näher eingehen, allein wir müssen sie, als eine Folge des hier Erwähnten, als be rechtigt anerkennen, hätten aber im allgemeinen Interesse der Partei gewünscht, daß sie unterblieben wären. Der zweite Fehler war die Annahme des Velhagen'schcn Antrages auf Wegfall des Satzes im Programm in Bezug auf die antisemitischen Bestrebungen. So Harmlos dies auf den ersten Blick klang, hat der Wegfall der be kannten Worte im Programm doch eine um so tiefer gehende Erbitterung bei 'dem andersDenkcnden Hervorrufen müssen,als dicscAcnderungdie einzigeim Programm war. Unsere Stellung zu der Frage ist, daß Vorsicht und Abwehr gegen die theilweise gefahrbringenden Bestrebungen der jüdischen Rassezwar geboten, aber die antisemitischen Verfolgungen, wie sie jetzt hervor treten, ungerecht und »„christlich sind. Wir kommen nun zum Schluß, Am Tage vor Weihnachten. Ein Zeitbild von Leopold Sturm. «Nachdruck verboten.) Der letzte Tag vor dem Weihnachtsfeste war angebrochen, ein grauer, kalter Wintertag, an dem sich die Sonne hinter Schiicewolken verbarg. Der gefrorene Schnee knarrte unter den hastigen Schritten der Leute, welche eilfertig die Straßen hinauf und hinunter rannten Alle hatten es eilig, man sah cs auf den ersten Blick: Die Einen hatten noch Dies und Jenes für den Christabend zu besorgen, was bisher zu beschaffen übersehen worden war; die Anderen, denen der Arbeit Uhr heute, wie stets geschlagen, strebten doch darnach, ihre Thätigkeit so schnell wie möglich zu beenden, um am Abend recht zeitig zur Familie zurückkehren, die WeihuachtSbescheernng für dieselbe beginnen zu können. Auf den meisten Gesichtern war ein Abglanz der Weihnachts- stimmung zu erkennen; und war es nicht mehr, so offenbarte sich im Ganzen doch eine freudige Unruhe, eine Aufgeregtheit, deren Ursprung vielleicht kein anderer war, als der Gedanke, was der Junge daheim wohl zum ersten Hampelmann oder zum Wiegcnpferd »sagen werde. Um die Ecke kommt ein Mann und eine Frau, einfach, aber sauber gekleidet, und die Frau trägt ein Kind auf dem Arm. Die scheinen keine Eile zu haben, wenn auch die Blicke das Zifferblatt aller Uhren in den Schaufenstern und an den Ecken prüften, an denen sie vorüber kamen. Besonders der Mann ging so langsam vorwärts, als habe er Blei in den Stiefeln. Jetzt bietet ihnen ein fliegender Weihnachtshändler seine Waare an; das Kind auf dem Arme der Frau greift nach den bunten Dingern, aber die Mutter selbst wendet sich hastig ab, um die hervor- quellcnden Thränen zu verbergen. Der Mann sicht cs und schaut seitwärts. Er kann der weinenden Frau nicht in die Augen schanen. In der Ferne erhebt sich vor den Leuten ein großes, stattliches Gebäude, es ist das Gerichtsgcbäude. Immer langsamer und immer langsamer schreiten die Beiden aus, aber nun sind sie doch am Ziel. Sie gehen durch das hohe Portal, so ängstlich und so zagend, als könne es in jedem Moment einstürzen. Mit halblauter Stimme zeigt der Mann einem Gerichtsboten ein doch zugleich zur Hauptsache: wer sich einen weiteren Blick bewahrtSteinhuber, den Purpur erhalten. Das wäre also neben den Bischöfe« hat m Bezug auf unsere Zeit und ihre Verhältnisse, hat es tief zu " - - ' - - - " " - ----- " beklage», daß die mächtige konservative Partei durch kleinliche Streitig keiten sich ihren Einfluß zu beeinträchtigen droht, und wir richten deshalb an die Berliner Parteileitung den dringenden Mahnruf, mit Hintansetzung aller persönlichen Antipathien und Sympathien den einen hohen Zweck zu verfolgen, den jetzt bestehenden Zwiespalt aus zugleichen und die sich feindlich gegenüberstehenden Elemente zu ver söhnen. Mt gutem Willen ist viel zu erreichen. Nie aber darf die konservative Partei vergessen, daß sie eine Stütze sein soll dem Regiment«: im Staate." — Die Slettdermig des konservative» Parteiprogramms wird in der „Kreuzzeitung" fortgesetzt mit großem Eifer verfochten. Das genannte Blatt schreibt: „Große Ereignisse werfen ihren Schatten voraus", so lautet ein bekanntes geflügeltes Wort und wir dächten, die schon vorhandenen „Schatten" ließen klar genug erkennen, daß die Vernichtung des Liberalismus sich selbst aus dem Volke heraus zuarbeiten begonnen hat. Der Umstand, daß dieser „große Um schwung" aber zu einer ernsten Gefahr für unser Vaterland werden kann, wenn sich unser Volk hierbei selbst überlassen bleibt, macht cs der konservativen Partei zur Pflicht, sich der antisemitischen Be wegung gegenüber nicht gleichgiltig zu verhalten und sie entspricht damit nur ihrer eminent staatserhaltenden Aufgabe. Der Lauf der Dinge wird — daß ist unsere Ueberzeugung — die weitausschauende Politik der konservativen Partei auch in dieser Hinsicht rechtfertigen." — Die vor weniger Zeit begonnene» Verhaflnnge» der sogenannten unabhängigen Sozialisten nehmen ihren Fortgang. In den letzten Tagen sind wieder mehrere Agitatoren verhaftet worden. — Eine deutsche Friedenögesellschaft. Unter dem Vorsitz des Prof. vr. I. Köhler hat sich soeben in Berlin eine „Deutsche Friedensgesellschaft" gebildet. Die Gesellschaft, deren Zweck nach Z 1 der Statuten darin besteht, die Idee der friedlichen Verständigung zwischen den Böllern in immer weitere Kreise zu bringen, wird in allen deutschen Städten Ortsgruppen errichten, und beabsichtigt dem nächst mit einem Aufruf an die Oeffentlichkeit zu treten. — tteber günstige Wirkungen der neue» Handels Verträge weiß die Handelskammer in Würzburg zu berichien. Wie von dort gemeldet wird, stellte die Handelskammer fest, daß die neuen Handelsverträge der heimischen Weinproduktion gar keinen Schaden, dagegen dem Weinhandel ein Feld neuer Thätigkeit gebracht und den Konsumenten die Möglichkeit, einen kräftigen Wein billig zn erstehe», gegeben hätten. — Der „Reichsanzeiger" pttvlizirt die Verordnung über die Inkraftsetzung des Gesetzes betr. die Prüfung der Läufe und Verschlüsse der Handfeuerwaffen. — Alls Mühlhausen im Elsatz kommt zu den Lieferungen deutscher Industrieller an fremde Militärverwaltungen noch folgende Mittheilung: „Schon mehrere Jahre hindurch liefert die Firma Steinberger L Comp, den Militärverwaltungen der verschiedenen europäischen Staaten allerhand Maschinen, vermittels deren die neuen Repetirgewehre hergestellt werden. Diese Thatsache ist längst, auch der RejchSregierung, bekannt Mt» wiederholt in der Presse erwähnt Wörden." — Die Cholera. In Hamburg sind, wie der „Rcichsanzeiger" meldet, in den letzten Tagen weitere sechs Cholerafälle vorgekommen, von denen zwei tödtlich verlaufen sind; ferner wird ans Wandsbeck ein eingeschleppter Erkrankungsfall gemeldet. Ani Freitag ereigneten sich zwei weitere Fälle, von denen einer tödtlich verlief. — Nochmals Emin Pascha. Eine angebliche Meldung des Stationschefs von Bukoba, Leutnant Herrmann, besagt, daß Emin Pascha auf dem Marsche zum Kongo begriffen sei. Oesterreich.Ungar,». — Kaiser Franz Joseph hat dem Fürstbischof vr. Kopp von Breslau den Orden der Eisernen Krone erster Klasse verliehen. — Der Prinz Alois Schwarzenberg wurde vom Militärgericht wegen unbefugten Vcrlassens seiner Garnison zu drei Monaten Profoßen-Arrcst vcrurthcilt. Das Verschwinden des Prinzen hing mit einer Liebes-Affaire zusammen. Jtattsn. — Bei de» bevorstehenden Kardinalsernennnngsn für die katholische Kirche wird auch ein einfacher Jesuit, ein Pater Blatt Papier, seine Vorladung. „Zwei Treppen!" ist die glcichgiltige Antwort. „Sie haben aber noch Zeit." Die scheuen Gäste wanken die Treppe hinan. Auf dem Korridor sitzen schon zahlreiche Personen, die in den Terminen beschäftigt sind. Den Ankömmlingen werden flüchtige Blicke der Neugier zu Theil, dann schleichen Jene in eine entfernte Ecke. An ihr Ohr klingen Erzählungen über die schon stattgchabten Termine. Sie hören, wie gesagt wird, die Richter seien heute milde gesinnt gewesen, aber ein renitenter Mensch habe die Herren auf gebracht und nun gebe es Urthcile, als ob Weihnachten gar nicht vor der Thür stehe. Die Frau zuckt zusammen: „Ach, Gustav, wenn sie Dich nun gleich hier behalten? Alle haben sie gesagt: Ohne ein paar Wochen Gefängnis) kommst Du nicht los. Wie konntest Du Dich auch nur in die Geschichte hineinmischen, und warst doch sonst ein so ordent licher Mensch?" Der Mann wendet den Kopf noch weiter nach der Ecke zu; er ist hochrvth im Gesicht geworden. Das Kind schluchzt und die Mutter hat Mühe, es zn beruhigen. „Und nun gerade zu Weihnachten!" sagt die Frau. „Wider Bank!" ertönt da die Stimme des Gerichtsdicncrs. Der Mann in der Ecke erhebt sich, es ist, als ob er schwanke. Dann nimmt er sich zusammen und schreitet in den Gerichtssaal hinein. Seine Frau folgt ihm, der Gerichtsdiener will sie zurückwciscn, doch auf einen Wink des Präsidenten des Gerichtshofes kann sie »eben der Anklagebank Platz nehmen. Die Thränen der Frau sind versiegt, mit starren Augen, aber am ganzen Körper zitternd, beobachtet sie den Gerichtshof. „Angeklagter, sind Sie vorbestraft?" — „Nein!" — „Sie haben das Eiserne Kreuz zweiter Klasse aus dem letzten Kriege?" — „Jawohl!" — „Warum tragen Sie eS nicht?" — „Meine Frau sagte, das schicke sich heute nicht, wo ich hier angeklagt bin!" Eine kleine Pause entsteht. „Sie sind als ordentlicher Mann bekannt, Angeklagter Bank," fährt der Präsident fort; „wie konnten Sie sich zu der Ausschreitung Hinreißen lassen? Bedenken Sie, was Sie hätten aNrichten können!" — „Ich weiß ja, daß ich schuldig bin," bringt der «»^klagte hervor, „aber man hatte mich geärgert, und darauf habe ich «trunken, und Kopp und Krementz der dritte Deutsche, welcher demnächst Kardinal wird. — Die italienischen Kammern haben sich bis nach de« Feste vertagt. Frankreich. — Immer breitere und breitere Dimensionen nimmt der Pariser Skandal an.» Der Abg. Andrieux, ehemaliger Polizei- Präfekt von Paris, der von seiner amtlichen Stellung her die Ge heimnisse der Republik ganz genau kennt, ist vom Untersuchung»« ausschuß vernommen worden und.hat aus'sPeuezahlreiche Abgeordnete«« Bestechung beschuldigt. Dem Präsidenten der Deputirtenkammer sagte er auf de» Kopf zu, daß er Geld genommen habe. Millionen und über Millionen sind im Laufe der Jahre unter die einflußreichen Persönlichkeiten vertheilt worden, um die Privatintereffen Einzelner zu be günstigen, Auch die Anklagen gegen den Präsidenten Carnot, daß er die Bestechungen gekannt, aber dazu geschwiegen habe, werden täglich stärker. Es sind abermals neue Verhaftungen und Haussuchungen vorgenommen worden. Es läßt sich jetzt deutlich erkennen, daß die Arrangeure des ganzen Skandals auf nichts Geringeres abzielen, all» den Präsidenten Carnot zum Rücktritt zu zwingen, und -die repu blikanischen Parteigrößen dermaßen bloszustellen, daß kein geeigneter Nachfolger gefunden werden kann, so daß am Ende die Napoleon» oder Orleans als Retter in her Noth erscheinen müssen. Prinz Viktor Napoleon, der älteste Sohn des verstorbenen Jerome, soll mit großem Eifer hinter den Kulissen thätig sein. Die Stimmung in der Provinzbcvölkerung wird von Tag zu Tag ernster. Der Abg. Andrieux droht noch mit weiteren Enthüllungen vor dem Straf richter. Da er als persönlicher Gegner des KriegSministerS Freyeinet bekannt ist, nimmt man an, daß es diesem gilt. Niemals seit 1871 war die französische Republik in einer so peinlichen Lage, wie gegen wärtig, wo thatsächlich alle hervorragenden republikanischen Staats männer vor der Gefahr stehen, politisch unmöglich gemacht zu werden. Die Abg. Clcmenceau und Deroulede, welche aus Anlaß des Skandal» ein unblutiges Duell hatten, haben sich nicht versöhnt und setzen ihren Streit mit Erbitterung fort. Daß in Paris die tollsten Sensationsgerüchte in Umlauf sind und das scheinbar Unmögliche für möglich gehalten wird, kann angesichts dieser Sachlage nicht weiter- befremden: Am Freitag gab es in der Deputirtenkammer wieder, eine sehr aufregende Sitzung. Es wurden in derselben neue " mächtigungen zur strafrechtlichen Verfolgung von Abgeordneten weaett >: Bestechung crtheilt. Wahrscheinlich wird die Deputirtenkammer ohne jede Pause tagen und sofort am Montag ihre Arbeiten fortsetzen. Angenehmes Wcihnachtsfest! Spanien. In Sevilla cxplovirten zwei Dynamitpatronen, welche in dem Hause eines Bankiers und dem eines bekannten Ab geordneten schwere Verwüstungen anrichtetcn. Mehrere Personen sind erheblich verletzt, drei fremde Anarchisten wurden unter dem Verdacht des Verbrechens verhaftet. Belgien-Niederlande. — Für die Weihnachtsfeiertage sind in mehreren belgische« Industriestädten wieder große Dcmönstrgtioneu geplant. Die Be« Hörden haben entsprechende Vorsichtsmaßregeln angeordnet. — Di» in Holland stattgehabten Tnmnlte Arbeitsloser find . endet. Die Behörden sind mit großer Energie gegen die Exzedenten vorgegangen, als alle Ermahnungen nicht fruchten wollten. — ' Geel find an Bord eines Kanalschiffes sieben Personen an der Cholera erkrankt, von welchen sechs starben. GrosrbrttamUe». — Von Sllterschot wnrden Truppen nach Bristol ge» sandt, wo ernste Ruhestörungen anläßlich des Streiks des dortigen Dockarbciter befürchtet werden und kleine Tumulte bereits »«gekommen sind. Die Polizei verbot einen geplanten Fackclzug. — Der eng« lische Ministerpräsident Gladstone ist zum Winteranfenthalt in Biarritz in Südfrankrcich cingctroffen. Orient. Der Ban einer deutschen evangelischen Kirche zu Haifa an der Küste Palästinas beim Berge Carmcl ist nunmehr ge sichert und wird bald in Angriff genommen werden. — I»» Haifa ist mit dem Bau einer Eisenbahn nach Damaskus feierlich begonnen worden. dann weiß ich nicht, was mir geschehen. Der Andere erhob die Hand» und da schlug ich, und dann !" Der Mann hielt die Hand vor die Augen. „Trinken Sie sonst?" fragte der Präsident. — „Niemals außer einem Schluck bei ber Arbeit." „Es ist gut. Die Aussagen über Sie sind in der That die besten, und ich bedauere nur, daß Sic, ein so ordentlicher Mensch, sich haben fortreißen lassen." Die Verhandlung ging ihren Weg weiter, und endlich zog sich der Gerichthof zur Berathung zurück. Der Mann auf der Anklage bank und seine Frau sahen einander tief in die Augen, aber sie sprachen kein Wort miteinander. Endlich erschien der Gerichtshof wieder. „Angeklagter, wir haben auf Ihr bisheriges Leben, ans Ihre Auszeichnung und ans die mildernden Umstände, die zu Ihren Gunsten sprechen, Rücksicht genommen, zumal anch Ihr Gegner nicht so ge handelt hat, wie er hätte handeln sollen. Wir wollen Ihrer braven Frau, die Sie schließlich aus dem Streite fortgczogcn hat, nicht zum Weihnachtsfest den Kummer bereiten, daß Ihr Mann zu Gefängniß- strafc vcrurthcilt wird. Wir lassen cs daher bei einer ernsten War nung bewenden und ertheilcn diese auch dem Gegner des Angeklagten. Ordentliche Leute sollen sich nicht behandeln, als seien sie zweifelhafte Existenzen. Der Angeklagte erhob sich von der Bank, auf die er bei der Erklärung, es werde von einer Gefängnißstrafc abgesehen, zurückge sunken war, und fiel seiner ihm cntgegcntrctcndcn Frau um den Hals. Dann schritten sie Beide mit Blicken heißesten Dankes gegen den Gerichtshof znm Saale hinaus. „Der ist durchgerntscht, der kann von Glück sagen!", ertönte Hinte, ihnen eine rohe Stimme. Die Glücklichen hörten nichts und sahen nichts, sie beeilten sich nur, das Gerichtsgcbäude in den Rücken zu bekommen. Und bei« nächsten Tannenbaumhandler erstand der Mann ein Bäumchen» uni weder er, noch seine Frau feilschten auch nur einen Groschen. Es war Weihnachten auch in ihrem Herzen, und wie die Hunderte von anderen Weihnachtsfrcudigen eilten nun auch sie de« Heim zu, so schnell die Füße sie tragen wollten.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)