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Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.03.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189303086
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930308
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-03
- Tag 1893-03-08
-
Monat
1893-03
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 08.03.1893
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Chemnitzer Ttadt Anzeiger. ON Fr«»»« «q««» vl«m» «rd« ersuch«, MI« wichtig« vigkteohritc» gOtlgft «ttMeil«». Chemnitz, den 7. März 1893. — Ter Grotzherzog von Toskana, welcher bekanntlich der Schwiegervater unseres Prinzen Friedrich August ist, passirte gestern Vormittag '/,N Uhr auf der Reise von Dresden nach München den hiesigen Hauptbahnhof. — Seltenes Gliick. In Ergänzung unserer gestrigen Mit- theilung über die Treffer, welche am gestrigen ersten Ziehungslage der 3. Klaffe der 123. Landcslotterie hierher (in die Kollektion Ke tzerin Morcll) gefallen sind, können wir heute Nachträgen, daß an demselben Tage auch noch der dritthöchste Gewinn dieser Klane von 30,000 Mk. auf Nr. 93,501 ebenfalls nach Chemnitz und zwar in die Kollektion des Herrn Arthur Pren; el gefallen ist. Fortuna scheint also diesmal unserer Stadt besonders hold gewesen zu sein. Hoffentlich befinden sich unter den vom Glück begünstigten Spielern nicht gerade lauter Leute, welche ohnehin schon nicht stiefmütterlich bedacht find. —»v. Eine ZollentscheidttNg» die für unsere Chemnitzer Wirkwaarenexporteure von großer Wichtigkeit ist, hat jüngst der oberste Gerichtshof in den Vereinigten Staaten getroffen. Er hat entschieden, daß wollene Strumpfwaarcn, gestrickte wollene Unter Hemden und wollene Unterbeinkleider nicht mehr als gestrickte Fabrikate mit 40 Prozent ack valorern zu verzollen seien, sondern als fertige Kleider und als solche einen Zoll von 60 Prozent bezahlen müssen. Hoffentlich wird in nächster Zeit im Tarifwesen der Bereinigten Staaten auch ans dem Gebiete der Auslegung der Zollge'etze eine Reinigung eintreten. Mehr noch als die Kinley-Bill wird oft von unserer heimischen Exportindustrie die spitzfindige Auslegung der einzelnen Zollgesetze in den Vereinigten Staaten empfunden. Die sogenannte Kinleh-Zollverwaltungsbill muß verschwinden oder doch wesentlich abgcändert werden. Sie überliefert den Exporteur säst schutzlos der Willkür der Zollbeamten der Union, gegen die auch gerichtliche Hilfe, wie Chemnitzer Exporteure wiederholt erfahren haben, nur sehr schwer oder überhaupt nicht zu erlangen ist. — XIV. Verbandst«»- des Bundes deutscher Buch biuder-Jnuuugeu iu Chemnitz. Unsere mit vollem Recht das .sächsische Manchester" genannte Stadt wurde bekanntlich auf dem X111. Verbandstagc des Bundes Deutscher Buchbinderinnungcu zu Magdeburg als Vorort des diesjährigen Verbandstages gewählt. Eine glücklichere Wahl konnte wohl schwerlich getroffen werden, denn Chemnitz liegt im Herzen des deutschen Reiches, von allen Seiten her münden Eisenbahnen ein, welche durch bequeme Anschlüsse den Besuch erleichtern, zahlreiche Fabriken der verschiedensten Branchen bieten Sehenswerthes, die Stadt selbst weist manches Interessante auf und deren Umgebung ist reich an Reizen der Natur. Zahlreiche Verbände haben bereits früher Chemnitz zum Versammlungsort er koren und Alle sind von Chemnitz und der Aufnahme seitens seiner Bewohner hochbefriedigt gewesen. Die Bewohnerschaft von Chemnitz hat ein offenes Auge für alle Vorgänge in Technik, Industrie, wie auch im Handwerk, sie wird daher auch die Vertreter des Deutschen Buchbindergewcrbcs hochwillkommen heißen und Alles aufbieten, damit dieselben in jeder Beziehung zufrieden gestellt iverdcn. Der XI V. Verbaudstag des Bundes Deutscher Buchbinder-Innungen in Chemnitz soll in den Tagen vom 15. bis 20. Juli stattfinden und mit einer Ausstellung verbunden sein, zu deren Beschickung bereits Anmclde- bogen versendet worden sind. Als Lokal für die Verhandlungen und die Ausstellung ist das Gasthaus „Zur Linde" gewählt worden, welches bekanntlich weite, paffende Räumlichkeiten bietet. Anmeldungen für die Ausstellung haben bis 1. Mai zu erfolgen. Es ist für das Quadratmeter Tisch- und Bodenfläche 6 M-, für das Quadratmeter Wandfläche 4 Mk. zu entrichten. Die einzelnen Ausschüsse sind be reits gebildet und entfalten eine rege Thätigkeit. Vorsitzender des ^entralausschusses ist Herr Buchbinderobermeister Bernhard Ä7d-ÄMH?rs>tzcndcr des Ausstellungsausschusscs Herr W. Blumber g. rvcutre^,^—Evangelischen Bundes — Der l-.ksto.'H«*...-- " beschloß init dem am vergangenen Sonntag im Saale oer „Börse" abgehaltcnen Vortragsabende sein drittes Vercinsjahr. In Um stellung der Tagesordnung sprach zunächst Herr Diakonns vr. Scyrich über Luthers Schrift: „Von der Freiheit eines Christcn- menschen", indem er einen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieser im Jahre 1520 erschienenen hvchbedentsamen Resormativnsschrift warf, die markantesten Stellen derselben wörtlich verlas und aus dem reichen Inhalt die Nutzanwendung zog. Nach kurzer Pause schloß sich hieran die Hauptversammlung des Vereins, welche der Vorsitzende Herr v. Frommhold mit einem Berichte über die im abgelaufencn Jahre entfaltete friedliche Vereinsthätigkcit cinlcitetc. Der Redner gedachte hierbei der am 31. Oktober und 1. November v. I. unter großer Bethciligung in unserer Stadt abgehalteuen Hauptver sammlung des Landcsvcreins, des über Erwarten erfreulichen Er folges der vom Vereine hier und in der Umgebung verbreiteten JesuitenpctMn in Bezug aus die hohe Zahl der Unterschriften, sowie der gehaltenen Vorträge und der Redner für dieselbe». Ans dem vom Rcchnnngsführer Herrn Fabrikant A. Wagner erstatteten Kassenbericht ging hervor, daß einer Einnahme von im Ganze» rund 969 Mk. eine Ausgabe von rund 727 Mk. gcgcnüberstcht, so daß am Jahresschluss ein Kasscnbestand von 242 Mk. vorhanden war, welcher sich indessen seitdem durch einige unvermeidliche Ausgaben um etwas verringert hat. Unter den Einnahmen befindet sich auch ein Betrag von 300 Mk., welchen das Komitee des aufgelösten Protestantenvcrcins dem Vereine überwiesen hat, wofür der Herr Vorsitzende dem an der Spitze dieses Komitees stehenden Herrn Oberpfarrer vr. Graue noch den besonderen Dank der Versammlung abzustattcn ermächtigt wurde. Die durch Abhaltung der Landcsvcr- sammlnng erwachsenen Ausgaben in Höhe von 120 Mk. sind von Dresden aus zurückerstattct worden. Auf Vorschlag des Rechnungs prüfers Herrn Bürgcrschullehrcr Grnhl ertheilte die Versammlung dem mit peinlichster Gewissenhaftigkeit geführten Kasscnwcrke die Ge nehmigung und dem Nechnungsführcr Entlastung. Die satzungsgemäß vorzunchmcude Neuwahl des Vorstandes ergab die einstimmige Wiederwahl der bisher amtirendc» Herren mit Ausnahme der wegen Ucbcrsicdclung nach Zwickau —Herr Diakonns Weichelt — und infolge Uebcrbürdung mit Amtsgcschäftcn — Herr Staatsanwalt vr. Schmidt — auSschcidcndcn Mitglieder. An ihre Stelle, bcz. zur weiteren Verstärkung des Vorstandes wurden die Herren Diakonns Graf, Kaufmann Licbig (Langestraße 8) und Musterzeichner und Privatlchrcr für Weberei Rück (Körncrplatz 2) neugcwählt. Für die nächsten drei Jahre setzt sich der Vorstand demnach zusammen aus den Herren: ?. Fromm hold, Vorsitzender, Schuldirektor Kühncrt, dessen Stellvertreter, Diakonus vr. Sehr ich, Schriftführer, Fabrikant Wagner, Rcchnungsfnhrcr, Nealgymnasial-Obcrlchrer Vr. Fcshsc, Bürgcrschullehrer Grnhl, v. vr. Hoffmann, Kaufmann M. Meister, Kaufmann Petzold, k. Rvhdc, Realgymnasiallehrer Stölzel, Buchdruckcrcibcsitzer Wiedc, Diakonns Gr af, Kansman» Liebig, Musterzeichner und Privatlchrcr für Weberei Rück, sämmt- liche hier und k. Göttsching in Grnnhainiche». — Der evangelische Jnnglingsvereitt Johannes ver anstalket nächsten Mittwoch, den 8. März, Abends 8 Uhr, in „Stadt London" einen Missionsabend, der hochinteressant zu werden verspricht. Der Missionar Schärf, welcher 1652 km Kassenstand und zwar in Silo als Missionarssohn geboren wurde und sich gegenwärtig auf einer Erholungsreise befindet, wird einen Vortrag über seine KU/.jährige Missionsthätigkeit unter den Indianern und Buschnegcrn Süd-Ämerikas halten. Zu diesem Missionsabende, welcher durch musikalische Darbietungen des unter Leitung der Frau Professor vr. Frohbcrger stehenden Frauenchors und durch Deklamationen von Frau vr. Seyrich verschönt wird, sind alle Freund« der Mission herzlich willkommen. — I. Raturheilverein. In dem morgen, Mittwoch — und zwar im .Elysium", nicht in der „Linde" — stattfindenden Vor tragsabend des Vereins für volksverständliche Gesundheitspflege und Naturheilkunde wird Herr vr. Haupt von hier über Parasyten des Menschen (Spul- und Madenwürmer und Bandwurm) sprechen. Der Bortrag wird durch Demonstrationen erläutert und verständlicher ge macht werden. — Sl,«S der vierten Dimension. Ueber das Antispiritisten- Paar Homes - Fey, welches bekanntlich am 10. und 11. März hier Vorstellungen geben wird und gegenwärtig in Dresden auftritt, rnden wir in einem Blatte der Landeshauptstadt folgenden Bericht: Tie anti'piritistischcn Vorstellungen des Ehepaares Homes-Fey üben eine große Anziehungskraft aus; allabendlich füllt den Gewerbehaussaal in Dresden ein vielköpfiges distinguirtcs Publikum. Gilt cs doch, die mystischen Visionen der sogenannten vierten Dimension einmal zu sehen und an der Hand eines berufenen Experimentators auf ihre zweifelhafte Eristenz zu prüfen. Schon die Vornehmheit und Sicherheit des äußeren Auftretens des Homes'- chcn Ehepaares zeigt, daß wir es da nicht mit sogenannten Zauber künstlern, sondern mit wirklichen Künstlern zu thun haben. Die von ihnen vorgcführtcn Experimente auf dem Gebiete des Gedankenlesens, der Mnemotechnik und der Geister-Materialisationen übersteigen das Faßbare. Ten Höhepunkt ihrer Leistungen bildet aber unstreitig das zum ersten Mal vorgcführte Seh-Medium. Herr und Frau Homes könnten sich in der That ebenso gut als Jünger und Apostel des Spiritismus ausgeben, wie sie sich jetzt dessen Antagonisten und Be kämpfe: nennen.' — Im Mosella, diesem beliebten Vergnügungs-Etablissement, 'teht ein interessantes Gastspiel bevor. Monsieur Schaffeur und Madame Lefflin aus Amsterdam werden nämlich demnächst hier einlressen, um im Mosella-Saale ihre als bedeutend und elegant an erkannten Produktionen aus dem Gebiete der Salon-Athletik vor zuführen. Beiden geht ein guter Ruf als hervorragende Erschein ungen ihres Spezialfaches voraus, so daß man ihrem Auftreten mit berechtigtem Interesse entgegensetzen darf. Im Verein mit den mistigen im „Mosella" cngagirten Kräften dürfte den Besuchern des- elbcn sonach für die nächsten Abende ein besonders abwechslungs reiches Programm und eine Reihe hervorragender Vorstellungen ge boten werden. Denselben beizuwohnen werden namentlich die Freunde der gegenwärtig auch in unserer Stadt so sorgsam gepflegten und hoch entwickelten Athletik nicht versäumen. — In unsere»: gestrige» Notiz „RachahmuugsMertheS Beispiel" muß es „Herr Fabrikant Philipp Hugo (nicht August) Fischer heißen. —* Habt acht auf eure Kleine». In einer Wohnung eines Hauses der Müllerstraße fiel am letzten Sonnabend ein zwei jähriger Knabe während einer vorübergehenden Abwesenheit seiner Mutier in einen auf der Diele stehenden, mit kochendem Wasser ge füllten Eimer. Obgleich das Kind von der zurückkehrenden Mutter sofort ans seiner gefährlichen Lage befreit wurde, hat dasselbe doch a» Leib und Rücken schwere und bedenkliche Brandwunden davon- gctragen. —* Rohe Patrone. In der Nacht vom Sonntag zum Montag wurde auf der Lutherstraße ein Gefreiter von^Wp->ffttss^be^ gegncnden Zivilpersonen ohne allen Grund UK-sipftuiw als er sich dies verbat, von Einem dersclben^jMiil'Hleischergesellen. mit einem Stock dermaßen über^er^-H^pf geschlagen, daß er eine stark blutende Vsmol?^n8er vein Auge erhielt. Ein herbeigceiltcr Schutzmann brachte die Angreifer nach der nächsten Polizeiwache. —* Betröge»«. Ein Agent, der vor einiger Zeit die Stadt heimlich verließ, hatte sich kurz vor seiner Entfernung von einem hiesigen Möbclstofsfabrikantcn unter falschen Vorspiegelungen 30 Meter Waare im Werthe von 90 Mark zu verschaffen gewußt und dieselbe ver- mnthlich verkauft. Ter Käufer des Stoffes ist noch nicht ermittelt. —* Erreichtes Ziel. Ein hier wohnhafter Agent hatte sich vor acht Tagen aus Lebensüberdruß an beiden Armen oberhalb der Handgelenke schwere und lebensgefährliche Schnittwunden beigcbracht und mußte in Folge dessen in's Stadtkrankcnhaus gebracht werden. Dort ist er am Montag seinen Verletzungen erlegen. —* Ermittclte Schwindlerin. In einem Matcrialwaaren- gcschäft der Wicscnvorstadt erschien vor Kurzem eine unbekannte Frauensperson, welche den Kaufmann unter verschiedenen und, wie sich später ergab, schwindelhaften Angaben über ihre Familicnvcrhältnisse, zur kreditwcisen Hergabc verschiedener Maaren im Werthe von 5 M. zu bewegen wußte. Die Schwindlerin ist nunmehr in der Person einer ledigen, mehrfach bestraften Arbeiterin ermittelt worden. —* Gestohlen wurden aus einer Wohnung an der Grcnz- straße zwei werthvolle goldene Ringe, welche in einer auf dem Feiistcr- brct stehenden Pappschachtel verwahrt gewesen waren. Als Diebin wurde eine Arbeiterin ermittelt, welche wiederholt in dem betreffenden Hanse verkehrt hatte. —* Jestgcnommcn wurde am vergangenen Sonntag in einer hiesigen Herberge ein vom Amtsgericht Rochlitz behufs Strafvoll streckung gesuchter Handelsmann ans Wittgcnsdorf. 4 Pest, 8. März. Vorgestern Wend» rkef ein w eine» Fiaker fitzender Offizier in einer Gaffe KlausenburgS den Nachtwächter zu sich und fragte ihn, ob er Zeit habe, ein Packet zu tragen. Auf die bejahende Antwort hieß er ihn, sich neben den Kutscher setzen, der nun den Weg fortsetzte. Vor einem Durchhause blieb man stehen; dort wartete eine elegant gekleidete Dame, die dem aus dem Wagen gestiegenen Offizier ein Wickelkind übergab und sich rasch entfernte. Dann fuhr man auf Befehl des Offiziers in eine verlassene Borstadt gaffe, wo er ausstieg und dem Nachtwächter sagte, er solle sich in den Wagen setzen und das Kind halten, er komme sogleich zurück. Doch als der Offizier nicht wieder kam, brachte der Nachtwächter das Kind zur Polizei. Im Polster fand man einen Brief, in welchem die Mittheilung stand, daß das Kind Julius heiße, vornehme Eltern habe und daß die Verpflcgsgcbühr regelmäßig eingehen werde. v. L. London, 6. März. Gestern Nacht machte der Organist an der Christus-Kirche in West Hartlepool, Daughtry, einen Mord versuch auf seine Frau und erschoß sich darauf selbst. Einige Leute, welche vor seinem Hause vorübergingen, hörten Schüsse und lautes Geschrei. Sie betraten das Haus und fanden Daughtry auf den« Boden todt liegen; ein Revolver lag neben ihm. Die Frau hatte eine tödtliche Wunde erhalten. Die Ursache der Tragödie ist noch nicht bekannt. Ein späteres Telegramm sagt, daß Daughtry eine starke Antipathie gegen die Schwester seiner Frau, welche im Hause war, hatte und deren Entfernung verlangte. Es hat sich heraus gestellt, daß er auf seine Schwägerin schoß, daß der Schuß jedoch ehl ging. —8oft. Her»na«ttstadt, 4. März. In der unfern von hier gelegenen rumänischen Gemeinde Czodt verunglückte kürzlich ein fünf jähriger Knabe auf eigenthümliche Weise. Die Eisdecke auf dein Czodtflusse hatte die nie dagewesene Dicke von beinahe 2 Meter er reicht und in diese hatte die Bevölkerung, welche ihren Wasserbedarf aus dem Flusse holt, trichterförmige, bis zur Wasserstäche sich ver tiefende, mit Eisstnfen versehene Löcher gehauen. Vom hohen Fluß ufer herab führte nahe an einem dieser Löcher vorüber eine Schlitten rutschbahn, auf welcher sich eine Knabcnschaar hernmtuinmelte. Durch irgend einen Zufall wurde einer der Knaben ans der geraden Bahn geschleudert und fuhr mit seinem Schlitten direkt in das Eisloch und verschwand darin lautlos in dem gurgelnden Gewässer. Vergeblich waren alle sofort angestellten Rettungsversuche, die gewaltige Eis decke spottete aller Anstrengung. Ein kühner Mann tauchte mit einem Haken versehen sogar unter die Eisdecke und kroch eine Strecke unter ihr stromabwärts, da ein ca. 40 Ccntiineter hoher Luftraum zwischen Eisdecke und Wasseroberfläche ihm das Athmcn gestattete; umsonst, der Kleine blieb verschwunden, die Strömung hatte ihn fortgerisscn, nur der Schlitten und die Kopfbedeckung wurde«« gefunden. Strom abwärts wurden Lücken in die Eisdecke geschlagen und um zu kon- statiren, wo die Strömung den Verunglückten hingctriebcn, wurden an der Unglücksstelle Tannenbretchen mit daraufgeklebtcn Wachskerzchcn dem Wasser anverlraut, und je nach der Richtung, welche ein init einen« noch brennendem Kerzchen ankonimcndes Brettchen nahm, die Eisdecke weiter zertrümmert, weil die Rumänen annahmen, daß dem entsprechend auch die Lebcnsflamme des Kindes noch nicht erloschen sei. Doch erst nach vier Tagen zog man die Leiche des armen Jungen unter dem Eise hervor. Strafkmnmer VeihtMdlimgerr — Chemnitz. 4. 3. Roth bricht Eise«». In de» späteren NaclunitlagLstuttdeu ldeS 2. Januar d. I. cuUucudetci« die beiden Schmiede, der 30 Jcchre alte Georg Coustantiu iBlüthgeu uud der 10 Jahre ältere, zur Zeit hier mohuhastc Carl Albert Bernhard Naasch, von einem gröberen Eisciihaiiseu. der » einem Grundstücke der äußeren Tresdnersiraße lagerte, eine 48 Iip:. schwere Eiscnwclle im Werthe von 4 Mk. 70 Pf. Blüthgen wurde sals bereits wcgcn Eigeuthutusvergeiic» bcstraster, also rückfälliger Dieb zn 5 Monaten Gcsängilib und 3 Jabreu Ehreurechtsverlnkt, sei» Kollege Naasch wcgcn einfachen TiebstahlS z» nur 1 Monat Gefäiigiiiß vcrnrtbcilt. Sitttichkeits-Bcrachcn» Unter Ausschluß der Oessentlichkeit fand die Verhandlung gegen die kaum 19 Jahre alte Fabrikarbeiterin Emilie Friedcritc Witschcr aus Eibenstock «nid den 23 Jahre alten, jetzt hier wulmhaste» Fischwaarenhändlcr Otto Hetzer ans Kling ent Hai statt. Beide bisher noch unbescholtene Angeklagte wurden schuldig best»,de» und zwar wurde Hetzer mit 2 Woche» Eesäiigiiiv, die Witschcr aber init l Woche Hast und 2 Tagen Gefängniß belegt, ihre Ltrasc aber als bereits voll verbüßt erachtet, so daß sie sofort entlasse» werdet« konnte. Auswärtige Tagesereignisse. G Brombcrg, 6. März. Am Sonnabend erschoß sich in der Kaserne der Gefreite Gelhorn von der 10. Kompagnie des 34. Füsilier- RecsimciitS. Tie Kugel war ihm durch das Kinn, den Mund und Kopf gegangen nud dann in die Stubcndccke eingcdrungen. Gelhorn war aus der Stelle todt. Derselbe war vor einigen Monaten mit noch einem Kameraden, von den Kulmer Jägern kommend, als Kapitulant hier eingetreten. AuS Rah uud Fern. — Kleine Mitthcilungen. Der Eisgang auf der Weichsel ist beendet. Das Hochwasser hält zwar noch an, doch können die Fahr zeuge die Schifffahrt eröffnen. — Durch plötzliche Erdscnknng, verursacht durch häufigen starken Regen, wurden im Seestädtchen ^andükft^bei Folkestone in der Länge einer englischen Meile 500 nuserAzerstört oder beschädigt; Hunderte von Familien sind obdachlos. — In den nordamerikanischen Staaten Mississippi, Alabama und Georgia wüthete ein sehr heftiger Wirbelstimn, welcher großen Schaden anrichtcte. Die Stadt Barnett, Eisenbahn station am Mississippi, wurde fast ganz zerstört. 14 Personen sind getödtct, 20 verwundet worden. Auch aus anderen Orten werden zahlreiche Todte und Verwundete gemeldet. — Am Sonntag Abend entgleisten im Bahnhofe Sommerfeld von einem Personcnzuge der Packwagen, der Postwagen «nid vier Personenwagen. Von den Reisenden ist Niemand verletzt, vom Fahrpcrsonal hat ein Bediensteter eine Gehirnerschütterung erlitten. — An» Nordpol. Wie wird es dem vr. Frithjof-Naiise», einem kühnen Forscher, der jetzt eine Expedition nach dem Nordpol ausrüstct, eigentlich ergehen, wen» er, was man ja immerhin hoffen darf, den Nordpol wirklich erreichen sollte? Diese Frage hat ein norwegischer Astronom, wie folgt, beantwortet: Wahrscheinlich ist es am Nordpol bei Weitem nicht so kalt, wie gewöhnlich angenommen wird. Nord- und Südpol sind keineswegs die kältesten Gegenden der Erde. Was die Beleuchtung betrifft, so wird Nansen recht eigcn- thüinliche Verhältnisse kennen lernen. Er wird Tag haben vom 21. März bis zum 22. September; den Rest des Jahres hat er Nacht, eine Nacht so schwarz wie «msere Herbstilächte. Aber die Sterne befinde» sich ohne Aufhören am Himmel, er wird sie weder auf- noch «lntcrgehci« sehen. Ucbcrall herrscht tiefe, schreckliche Stille. Daun brechen die Stürme los, die Stürme iin Eismeer. Niemand kann sich einen Begriff davon machen, was ein Sturm im Eismeer mitten in der Winternacht sagen will. Es heult und braust draußen in der unendlichen Finsterniß, cs seufzt und stöhnt und schreit und lärmt, als ob alle Mächte der Unterwelt losgclasscn wären und sich in wilder Raserei tummelten. Dazu die Finftcrniß. Man weiß, daß die Eisberge sich «in« einen thnrmen, und man weiß, daß das Meer unter ihnen ist; aber man sieht nichts. Das Unwetter rast, man schaukelt in der elenden Nußschale von eine«» Schiff einsam in der Dunkelheit, mit der Todesangst im Herzen. Die Nacht im Eismeere ist schauerlich. Darm kommt eine Zeit, so lang etwa wie einer von unseren Tagen, wo Nansen das Tagesgraucn sehen wird. Er schaut die Morgcnröthe, welche das Wicdercrscheinen der Sonne ankündigt. Und er sicht den Himmel sich mit goldener Gluth färben, und in einem Vierteljahr steigt die Sonne höher und höher. In den nächsten drei Monaten gleitet sie wieder hinab, aber in diesem ganzen Halbjahr ist es Tag. Daun tritt wieder Dämmerung ein. Trotz der Kälte und der Finstcrniß wird Nansen bemerken, daß sich das Thierlebcn rund UM ihn rührt. Es giebt wahrscheinlich Vögel, die ihr ganzes Leben am Pol zubringe». Recht absonderlich sind die Zeitverhältnisse am Nord pol. Wenn Nansen einen Tisch mitten auf den Pol stellt uud mit seinen Begleitern in der Runde um den Tisch Platz nimmt, dann ist es, wenn seine Uhr 12 zeigt, für den, der links neben ihm sitzt, 1 Uhr, für den ilächstcii 2 Uhr und so weiter. Ist Nansens Zeit knapp be stellt, dann rückt er um einen Platz nach linlS — sofort hat er eine Stunde gewonnen. Die Leute an dem Tische auf den« Nordpol sitzen eben auf allen möglichen Meridianen, welche dort zusammenlaufen. Es gicbt keinen Stundenfchlag an« Nordpol. Und cs giebt auch kein Nord oder Ost oder West; cs giebt dort nur ein Süd. Raufen steht wie ein Zapfen auf dem Nordpol, und alles liegt für ihn iin Süden, der ganze Erdball mit Land und Meer. Ob er hierher oder dorthin zeigt, auf oder nieder, eS bleibt alles Süden. — «in Zwiegespräch aus See. Gelegentlich des vor einiger Zeit erfolgten Ablebens des langjährigen Kommandeurs des
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