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Außer dem deutschen Landwirthschaftsrath wird die große Versammlung von Landwirthen, die den „Bund der Landwirthe" gründen wollen, am Sonnabend auf Tivoli in Berlin tagen; heute, Mittwoch, soll im preußischen Abgeordnetenhause die Klage der Groß grundbesitzer gegen den noch im Zukunftsschoße ruhenden russischen Handelsvertrag laut werden; endlich werden am Donnerstag die Vorstände der landwirthschastlichen Zcntralvereine der alten preußischen Provinzen in Berlin zusammentrcten, um den Forderungen zur wirth- schaftlichen Gesundung dieser Provinzen fcstzustellcn und besonders gegen den Handelsvertrag mit Rußland Verwahrung einzulcgen. — Die Nkichökon«misfion für die Reform der Börfen- gesctzgebttng hat in letzter Zeit kräftig voran geschafft, und, wie es heißt, mancherlei Mißbräuche in der Produktenbörse auf Grund der Erhebungen der Sachverständigen klar gestellt. Die Vorschläge, welche die Kommission schließlich der Reichsregierung machen wird, dürften überhaupt die Produktenbörse und das Waarengeschäft weit mehr be treffen, als die Fondsbörse und den Handel mit Werthpapicren. Und allerdings können die Scheinkäufe mit Maaren viel eher ermittelt lverdcn, als die mit Werthpapiercn, obgleich die Jobber auch recht gut zu fassen wären, wenn man ihnen nur eine Abschlußerklärung nach dem Vorbilde der Erklärung bei der Steuereinschätzung auflegcn wollte. Das würde schon ziehen. — Die Vertrauensmänner der Konservativen in Berlin nahmen eine Resolution zu Gunsten der Militärvorlagc an und be schlossen, eine entsprechende Petition an den Reichstag, sowie eine Agitation dafür an den Bürgervcrein. — Dem Reichstage ist soeben der Gesetzentwurf betreffend Regelung der Militär-Jnvaliden-Pensionen zugegangen. — Die Wahtprüfttttgs-Kommission des Reichstages bean tragt, die Wahl des Abg. Scipio (natlib.) im 6. Wahlkreise des Großherzogthums Hessen für giltig zu erklären. — Dev „Reichsanzeigev" veröffentlicht den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Waarenbezeichnungen. — Unter den Verfammlnuge«», welche sich kn den letzten Tagen für die Bewilligung der neuen Militärvorlage aussprachen, erregt besonders diejenige des neuen freisinnigen Vereins in Hamburg Aufmerksamkeit. Man forderte in derselben nur die anderweite Auf bringung der Kosten. Sodann aber wurden heftige Angriffe gegen den Abg. Eugen Richter laut, der Partcidiktator genannt wurde. Ein Redner empfahl „Lossagung von der Richter'schcn Klique und die Gründung einer großen liberalen Partei." Es ist das der erste Fab eines Auftretens dieser Art, ob es weitere Folgen haben wird, muß man ablvarten. — Der deutsche Gesandte 1» China» Wirkt. Geh. Rath von Ämdt, wird, wie sich bestätigt, zum 1. April in den Ruhestand tretet H/Zu seinem Nachfolger ist der deutsche Gesandte in Persien, Lcgq Dlisrath Frhr. v. Schenk zu Schweinsbcrg in Aussichtgenommen Ä Die Strafhaft des Rektors Ahlwardi ist am 21. d M. beendet und derselbe kann alsdann in den Reichstag cintreten. — PrensjischeS^ Abgeordnetenhaus. In der gestrigen Sitzung kam die Verunreinigung des Elbwassers bei Magdeburg durch Unter blendender Hülle. Krinnualnovelle von Gustav Höcker. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten). „Noch weiß es Niemand, was Kandler mir vertraut hat," sagte er in gedämpftem Tone; „als ich ihn verließ, verwirrte sich bereits sein Geist, — ich bin der alleinige Herr des Geheimnisses. Ich will schweigen bis morgen früh und lasse Dir Zeit zur Flucht, wenn Du vorher ein schriftliches Geständnis; Deiner Schuld in nicine Hand nicdcrlegst. Das ist Alles, was ich für Dich thun kann. Morgen früh trage ich Dein Geständnis; auf's Gericht und der Telegraph wird Dich nach allen Windrichtungen verfolgen. Ob Du entkommst oder nicht, ist Deine Sache. Nur wenn Du den nächsten Eiscnbahnzng benutzest, hat Deine Flucht Aussicht auf Gelingen, denn vor morgen früh kommt kein anderer. Es bleibt Dir wenig Zeit, Dein Geständnis; nieder zuschreiben und den Zng zu erreichen. Doch will ich »och das Aenßcrste für Dich thun und Dich auf dem kürzesten Wege über de» See nach dem Bahnhöfe rudern." Flora hatte während seiner Rede langsam das Antlitz zu ihm erhoben. Als er schwieg, richtete sic sich vom Boden ans. In ihren Mienen drückte sich Entschlossenheit ans; sie ging festen Schrittes nach dem Schreibsekrctär, öffnete ihn, nahm ein Blatt Papier und setzte sich zum Schreiben hin. Als sie fertig war, überreichte sie ihm schweigend das beschriebene Blatt und trat an's Fenster, ihm den Rücken wendend, während er beim Lampenlicht das Gcständniß ihres Verbrechens las. Er schauderte mehrmals zusammen und holte tief und schwer Athcm, als er zu Ende gelesen hatte. Dann brach er das Blatt mit bebender Hand zusammen und schloß es in den Sekretär, den Schlüssel an sich nehmend. „Mache Dich fertig," sagte er kalt, „an der Treppe, die vom Garten nach dem See hinabfnhrt, will ich Dich treffen." — Rudolf begab sich in's Kontor hinab, nahm etwas ans seinem Pulte und schritt dann leise nach dem Garten bis zu der wohlbe kannten Treppe. Mond und Sterne schimmerten hell; aus dem tiefe» Schatten eines Baumes tauchte Flora's Gestalt auf, mit Mantel und Hut be kleidet. Sie folgte dem Vorausschrcitendcn in den Kahn. „Hier sind Reisemittcl," sagte Rudolf und wollte ihr einige Banknoten in die Hand drücken. , , Kopfschüttelnd wies sie das Dargcbotcne zurück. Wahrscheinlich war sie selbst schon mit dem Röthigen versehen: Sv dachte Rudolf. den Abgeordneten dieser Stadt, Seifert, znr Sprache. .Die Ver unreinigung mache es der Stadt unmöglich, ihre Wasserleitung mit Elbwasscr zu versorgen; dieselbe gehe von den Kaliwerken an der Saale und von der Mansfelder Kupfcrbergwerksgcsellschaft aus und lasse eine Verseuchung des Flusses befürchten. Der Minister er widerte, daß man den genannten Werken, namentlich den Maliwerken, im Interesse der Landwirthschaft nicht allznschwcre Verpflichtungen bezüglich der Ableitung ihrer Abfallwässer anferlcgcn könne, ohne daß man ihre Existenz gefährde. Eher werde cs möglich, eine neue Quellwasserleitung für Magdeburg anzulegen, und zu deren Kosten dann die betreffenden Werke heranznziehen. — Abgg. I)r. Porsch (Ztr) und Soden haben eine förmliche Knltnrkampfdebatte gegen die Ucberreste der Maigcsctzc eröffnet und dabei auf die günstige Lage der Katholiken in Sachsen vergleichsweise aufmerksam gemacht. — Der Kultusminister erwiderte, daß er alle Beschwerden der Katholiken wohlwollend prüfen, aber kein Tüpfelchen der Staatsrcchte dabei aufhebcn werde. — Die jüdische«» Rabbiner Deutschlands veröffentlichen, zur Klarstellung eine lange Erklärung über die Sittenlehre des Judenthums, die in folgenden Sätzen gipfelt: „Die Sittenlchre des Judenthums erkennt keinen Ausspruch und keine Anschauung an, die dem Nichtjuden gegenüber etwas erlaubt, was dem Juden gegenüber verboten ist. Die Sittenlchre des Judenthums, die seinen Bekcnnern heilig ist, die in den Schulen gelehrt und von den Kanzeln verkündet wird, gebietet: In jedem Menschen das Ebenbild Gottes zu achten, in Handel und Wandel strengste Wahrhaftigkeit gegen Jedermann zu bcthätigen, jedes Gelübde und Versprechen, welches irgend einem Menschen, sei er Jude oder Nichtjudc, geleistet würde, als unauflöslich und unverbrüchlich treu zu erfüllen, Nächstenliebe gegen Jedermann, ohne Unterschied der Abstammung und des Glaubens, zu üben, die Gesetze des Vaterlandes in treuer Hingebung zu befolgen, das Wohl des Vaterlandes mit alle» Kräften zu fördern und an der geistigen und sittlichen Vervollkommnung der Menschheit mitzuarbcitcn." Die Erklärung soll als Antwort auf die Angriffe dienen, welche in letzter Zeit wiederholt gegen die jüdische Lehre erhoben worden sind. Be endet Wird der Streit damit freilich kaum sein. — Die neue«» Mannschaften der südwestafritanischen Schtttztrnppe haben am Montag Berlin verlassen, um heute, Mitt woch, von Cuxhaven ans die Fahrt nach Walfischbai cmzutrcten. Au' der Abfahrtseike des Lehrter Bahnhofes in Berlin, der für daS größere Publikum abgespcrrt war, stand ein ans fünf Personen- und zwei Gepäckwagen bestehender Sonderzug, mit dem die Schutztrnppe befördert wurde. Als sich der Zug in Bewegung setzte, erscholl der Ruf: „Hoch Deutschlands Kolonien! Hoch die brave Schutztruppe!" worauf die Mannschaften das Lied „Deutschland, Deutschland über Alles" anstimmten. vesteercich Ungarn. — Die Gesamm«ei«»f»»hr „ach Oesterreich-Ungarn be trug im abgclaufenen Jahre 673,4 Millionen gegen 613,3 Millionen im Jahre 1891; die Waareuausfnhr im Jahre 1892 betrug 741,5 Millionen gegen 786,7 Millionen im Jahre 1891. — I« Prag und in allen umliegenden Ortschaften ist der Wasscrstand gefallen und die Gefahr verschwunden. — Wie a»»s Brüx gemeldet wird, haben sich nun auch die Arbeiter zweier Schächte der Vrüxer Berg- baugcscllschaft den Streikenden angcschlvssen. Die Gesammtzahl der Ausständigen, einschließlich der in den Staalsschächten, beträgt nun mehr 2800. Die Ruhe ist bisher nicht gestört. Frankreich. SS»/' — I» der Kammer wächst die Bewegung zu Gunsten W einer Auflösung der Dcputirtenkammer, und es scheint, als ob da- ' Ministerium Nibot, welches hiervon nichts wissen will, schon in sehr naher Zeit ein Mißtrauensvotum erhalten wird. Es würde dann cin.Kabinet Cavaignac gebildet werden, und dies cvcnt. die Auflösung vornehmen — Mit dem alte»» Ferdinand von Lefseps» dem sein gleichfalls verurtheiltcr Sohn Charles einen Besuch abstattete, steht cs sehr schlecht. Man giebt ihm kaum noch eine Lebensdauer von einem Vierteljahre. — Der englisch« Botschafter Lord Dnsferin hielt auf einem Bankett in Paris eine Rede, worin er entschieden gegen die Beschuldigungen protestirte, welche gegen ih«t erhoben worden seien. Die Nachricht von den drei Millionen, welche er' angeblich ans England mitgcbracht habe, um die französische Presse zu erkaufen, damit sie das französisch-russische Bündniß bekänipfe, sei reine Erfindung. — Der Panamaschwindlcr Arton soll sich doch noch in Pest aufhalten. Französische Geheimpolizisten haben von Neuem die Verfolgung ausgenommen. — Di« Nnnektio» deS West» afrikanischen Negerreiches Dahomey durch Frankreich ist jetzt offiziell vollzogen worden. Der vertriebene König ist für immer ver» bannt worden. Belgien. — Dl« Kaiserin Friedrich wird in den ersten Apriltaaeit zum Besuch des Königs Leopold von Belgien in Brüssel eintreffea und dort offiziell empfangen werden. Grosibttttatmlen. — Di« Honie-Rnle-Bill für Irland, dies schon seit Jahren erörterte Gesetz, durch welches der Insel Irland eine eigene Regierung verliehen wird, ist am Montag vom Ministerpräsidenten Gladstone dem englische» Parlament unterbreitet worden. Das Gesetz geht aber den Irländern noch lange nicht weit genug, während cs Gladstone'S Gcgncrn, den Konservativen, zu weit geht. Die Grundzüge der neue» Bill sind kurz folgende: Irland erhält eine eigene Volksvertretung» die aus Oberhaus und Unterhaus besteht, doch bleiben die irischen Abgeordneten auch Mitglieder des britischen Parlaments. Was ba irische Parlament beschlicht, unterliegt der Bestätigung des von London ernannten Vizekönigs für Irland und seines Ministeriums, der »attzk» lich den Weisungen der britischen Regierung zu entsprechen hat» Hierin liegt aber der Keim zu schweren Konflikten, denn die Irländer wollen sich gar nichts von London ans sagen lassen und auf ihrer Insel eigene Herren sein. Wenn der alte Gladstone glaubt, in dieser Weise die irische Frage aus der Welt schassen zu könne», hat er sich recht arg getäuscht. Orient. — Der Fürst Ferdinand von Bulgarien hat sich nun mehr mit der Prinzessin Marie Louise von Parma verlobt. Die russischen Zeitungen, welche darin selbstredend eine Befestigung de- bulgarischen Thrones erblicken, werden keinen schlechten Lärm schlagen. In Bulgarien ist man, wie schon ans Sofia berichtet wird, um so zufriedener, und aus die Bulgaren allein kommt cs ja an. — Die Re- giernng in Parma giebt übrigens amtlich die Verlobung deS 32jährigen Fürsten Ferdinand mit der 21jährigen Prinzessin Marie Louise von Parma bekannt. Die Meldung hat in allen Kreisen de- bulgarischen Volkes die größte Befriedigung hervorgcrnfcn. und band das Fahrzeug los. Mit raschen kräftige» Rndcrschlägcn trieb er dasselbe in die dunkle Fluth hinaus, auf welcher sich die Himmclslichter zitternd widcrspiegeltcn. Durch das Plätschern der Wellen hindurch vernahm er einen schmerzlichen Seufzer, welcher der Brust seiner Gefährtin entstieg. Sie mochte Wohl auch jener Fahrt gedenken, die Beide einst als Liebende in demselben Kahne vereinigt und wo noch kein blutiger Mord die kleine Hand befleckt hatte. „Unsere Zeit ist kurz," unterbrach sie das herrschende Schweigen. „Willst Du mich anhören, wenn ich Dir erzähle, unter welche» Ein flüssen ich ausgewachsen bin und welche Grundsätze schon früher in meiner Seele Wurzel faßten?" Sie sah ihren Begleiter mit dem Kopfe nicken und begann: „Mein Vater war Universitäts-Professor. Sein Fach gehörte dem weiten Gebiete der Naturwissenschaften an. Er zählte sich mit Stolz zu den Aufgeklärten und war hoch über die veralteten Vor- urthcile der Menge erhaben, die »och an Gott und die Unsterblichkeit glaubt. Das große Ganze sei die Gottheit, sagte er, und Werden und Vergehen sei das Ewige. Er schöpfte diese seine Uebcrzcugnng aus seiner Wissenschaft und frühzeitig schon ging mir eine Ahnung davon auf, denn oft bemerkte ich sein spöttisches Lächeln, wenn ich in seiner Gegenwart Bibelsprüche und Gcsangbnchvcrse für die Schule auswendig lernte; auch ließ er manch beißendes Wort falle», was mein Nachdenken herausforderte. Meine Mutter betete noch mit mir, sie trat oft »icinein Vater entgegen und sagte, man solle einem Kinde nicht die Poesie des Glaubens rauben. Ob sie damals selbst noch glaubte, oder ob sie sich bereits zu der Ucbcrzcuguug meines Vaters bekehrt hatte, weiß ich nicht. Als ich die Kinderschuhe abgelegt hatte, sprach sic über jene Dinge ganz so mit mir, wie mein Vater. Wir glaubten alle drei an nichts, als an das große Ganze und an Werden und Vergehen. — Meine Mutter, aus unbemittelter Familie stammend, war zwanzig Jahre jünger als mein Vater, der sich erst in sehr reifem Alter zur Ehe entschlossen und meine Mutter ihrer Schönheit wegen geheirathct hatte. Sie war sehr lebenslustig, liebte den Pntz und das Vergnügen. Da meines Vaters Gehalt für ihre zunehmenden Luxusbcdürfuisse nicht ansreichie, so machte sie hinter seinem Rücken Schulden. Als er da hinter kam und dabei die Entdeckung machte, daß er nahezu ruinirt 'ei, warnte er in öffentlichen Blättern vor dem Mißbrauch seines llamens durch seine Fra». Von dem Augenblicke an, wo meine Mutter ich gesellschaftlich gcbrandmarkt und ihrer Verschwendungssucht Grenzen gesetzt sah, begann sie tiefer und tiefer zu sinken und suchte sich die Mittel znr Befriedigung ihrer Weltlust "auf noch schlimmeren Wegen zu verschaffen. Es kam endlich so weit, daß mein Vater sie verstieß. Wir hörten nie wieder etwas von ihr. Ich weiß heute noch nicht, ob sie noch lebt, aber ich glaube cs nicht, denn einst wurde in der Zeitung ans einer fernen Stadt berichtet, daß in einem dortigen Spitale eine fremde Frau in elendestem Zustande um Aufnahme ge beten habe und nach ein paar Tagen darin gestorben sei. Sie hatte weder ihren Namen genannt, noch Papiere besessen, die darüber Ans chluß gaben. Aus der Beschreibung ihres Aeußcrcn und einigen Kennzeichen der wenigen Habscligkciten, die sie mit sich geführt hatte, ging aber hervor, daß es meine Mutter gewesen sei. . . ." „Mein Vater hatte stets die Geselligkeit beim Becher geliebt. Als das eheliche Zerwürfniß cintrat, huldigte er demselben noch mehr als zuvor, und nachdem er meine Mutter ans dem Hanse gestoßen hatte, ergab er sich dem Trünke gänzlich, vielleicht »m sie zu vergesse». Er kam chetrunken ins Kolleg, schlief auf dem Katheder ein und wurde der Spott der Studenten. Bald nach seiner Pcnsionirung starb er am Delirium Ich stand hilflos und verlasse» in der Welt. Da kam mir der Gedanke, znm Theater zu gehen. Außer daß ich einige musikalische Bildung besaß, fühlte ich keinen Beruf für die Bühne in mir, es war nur ein Nothanker. Es gelang mir ohne Mühe, ein Engagement im Opernhanse zu erhalten. An Ver ehrern fehlte cs mir nicht, aber mein Herz blieb unberührt. An die Bewunderung hatte ich mich schon gewöhnen lernen, als ich »och ein halbes Kind war, und vor der Bcthörung schützte mich meine Willensstärke und das traurige Schicksal meiner Mutter.. Nachdem ich einige Zeit im Chore mitgewirkt hatte, erhielt ich in einer Opcr eine kleine Soloparthic. Es war ein Versuch, den man mit mir machte, und — dieser Versuch schlug fehl. Ich wurde vom Publikum ausgczischt und verhöhnt. Das Theater war mir für immer verleidet und auch die Stadt. Der Boden brannte mir unter den Füßen, wo ich ging und stand. Ich war entschlossen, die nächst beste Gelegenheit, die mir einen neuen Broterwerb darbot, zn ergreifen, und als ich in der erste» Zeitung, die mir zufällig in die Hände kam, den Posten einer Verkäuferin ausgeschrieben fand, bewarb ich mich um denselben und erhielt ihn. (Fortsetzung folgt.) 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