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Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.02.1893
- Erscheinungsdatum
- 1893-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id512384622-189302145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id512384622-18930214
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-512384622-18930214
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsischer Landes-Anzeiger
-
Jahr
1893
-
Monat
1893-02
- Tag 1893-02-14
-
Monat
1893-02
-
Jahr
1893
- Titel
- Sächsischer Landes-Anzeiger : 14.02.1893
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Nr. 37. — Dienstag, 14. FeLrnar 18S3. — IS. Aahraanss. Beilage zu Sächsischer Landes- Anzeiger Verlag von Alexander Wirde kn Chemnitz, Theaterstratze V« (Chemnitzer General-Anzeigerl. Deutscher Reichstag. 4S. Sitzung vom II. Februar 1693. «Vs Uhr. Ni» BniideSrathStische: von Bötticher. Das LanS ist schwach beseht. Ans Antra» der GeschöflSordnungSkoniinissio» de- HanseS wird die Genchmignng zur strasrechtlichen Verfolg»»» de» Abg. vr. North einstimmig «rtheilt. Gegen de» vr. North, Direktor der Bodenkredit-Aktiengescllschaft in Straßbnrg i. E., liegt nach Ansicht de» dortige» Staatsanwaltes der Verdacht eines Verstoßes gegen die Bestimmungen de» Aktiengesctze» vor, der »eben andere» Strafe» anch den Verlust der Bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben kann. vr. North hat die ihm »ur Last gelegte Handlung bestritten und angegeben, daß er selbst von seinem Mitdircklor hintergangeu morde» sei. Die GeschäftSordnungskommissio» de» Reichstage» ist der Ansicht, daß rö sowohl im Interesse des Reichstages, wie des Angeklagte» selbst liegt, wenn die Sache so bald als möglich zum gerichtlichen AnSIrdg gebracht wird. Der Reichstag schließt sich durch sein Votum dieser Ansicht an. Hieraus wird die Veralhnng de» Etats des NeichSamtes de» Innern fortgesetzt- Abg. Jrhr. von Stumm (sreikons): Auch ich bedancre, daß e» nicht Möglich gewesen ist, die Einsührnug der Bestimmungen der Sonntagsruhe für Industrie und Handwerk zum l. April in Anssicht zn nehmen. Indessen sind die vorgebrachte» Gründe so stichhaltig, daß der Aufschub erklärlich ist. Wa» die Sonntagsruhe im Handelsgewerbe betrifft, so kann ich nur wünschen, daß sie möglichst den lokale» Verhältnissen augepaßt wird, das ist schon deshalb crsorderlich, damit die seßhaften Geschäfte nicht durch das Hansirerthnin geschädigt werden. Der Herr.Handelsminister hat aller dings in seinem Erlaß de» Lokalbehörde» eine ortSstattttarische Regelung der Sonntagsruhe empfohlen, aber dieser Regelung sind »nr Seitens der höheren Verwaltungsbehörde» große Schwicrigleiten in den Weg gelegt worden. Wenn den laut gewordenen, nicht unberechtigten Wünsche» einigermaßen ent sprochen wird, so wird die Sonntagsruhe im Großen und Ganzen durchaus wohlthätig wirken, und die daran» erwachsende» kleinen Nachtheile werde» durch große Vortbeile ausgewogen werden. Die von dem Abg. Bebel heran- gezogene Frage der Arbeitsordnungen gehört nicht hierher, und vor Allem liegt kein Grund vor, sie so zu bespreche», wie cS der Abg. Bebel gethan hat. Die Arbeitgeber können in jedem Falle dar Recht in Anspruch nehme», die Bedingungen sestzustelle», unter welchen sie Arbeiter beschäftige» wollen. Ich finde eS anch ganz in der Ordnung, daß sozialdemokratische Arbeiter, welche nur agitatorisch wirken, ans den Staalswcrkstätten ferngehalten werden. Abg. von Vollmar (Soz): Die Mehrheit der Reichstages rühmt sich ,'unncr ihres christlich-religiösen Standpunktes, aber gerade dieser hätte doch znr vollen Sonntagsrnhe führet, müssen; statt dessen ist mit den gesetzlich fest gesetzten süns Verkanfsstundc» ein tlompromiß zwischen Religion und Gesell schaft geschloffen worden- Die RcgiernngSbehörden zeigen in dieser Sache ni.dt die wünschenswertste Festigkeit »ud Energie, sie kapitnliren vielmehr aus Schritt und Tritt gegenüber den Bestrebungen ans Einschränkung der Sonn tagsrnhe, und vor Allem zeigt diese Erscheinung sich in Bayern. I» Nürn bcrg und Fürth, anch in ganz Schwaben ist von der Sonntagsruhe i»> HandelSgetverbe kau», noch etwas übrig geblieben. Im Hinblick daraus ist cs sehr zu wünschen, daß die Regierungen dem Unlernehmerthnm gegenüber endlich einmal festes Rückgrat zeige». Was das Gastwirthsgewerbe betrifft, so sollte gesetzlich bestimmt werden, daß die Angestellten jede» dritten Sonntag frei bekommen- Redner kommt dann ebenfalls aus die Bedingungen zu sprechen, unter welchen die Aufnahme von Arbeitern in den Ctaatswerkftätlcn erfolgt, und bestreitet den Verwaltungen das Recht, sozialdemokratische Arbeiter von der Beschäftigung ansznschließen. Wenn wir dem Staate dies Recht zngestchen, so kann die StaatSrcgicrnng anch beanspruchen, daß ihre Beamte» durch die Bank konservativ sind. Es sind uns die Boykotts vorgeworfen ivorde». Die Sozialdemokraten boykottlren aber blos in solchen Fälle», wo ihnen allein etwas verweigert wird, was allen anderen politischen Parteien zugestanden worden ist. Mit diesen Boykotterklärungen sind die Arbeitsordnungen in den SlaatSwerkstätlen nicht in eine Reihe zn stellen. Bayerischer BnndeSrathsbcvollmächtigler Landmann rechtfertigt die Ausführung der Veltimmniigen über die Sonntagsruhe im Handelsgemerbe für das Königreich Bayern. Die bayerische StaatSrcgicrnng verhält sich in dieser Angelegenheit durchaus reservirt, sie wartet ab, bis sich die Ansichten nnd Resultate mehr geklärt haben, und schreitet nur da gegen getroffene Aus nahmen ei», wo dies »»umgänglich erforderlich ist. Im Wesentliche» handelt es sich bei den getroffene» Ausnahmen »m Gennßmittel, die eine Berücksichtigung vc> dienen, nnd zudem liege» die Verhältnisse in Bayern so eigenartig, daß den OrtSbehörden möglichst freier Spielraum gelassen werden muß. Im fiebrigen ist angeordnet Ivorde», daß Personen, die Sonntags sieben Stunde» arbeiten müssen, den zweiten oder mindestens dritten Sonntag ganz frei habe». Die Bewohner des platten Landes in Bayern nnd auch anderswo, sind in der Wahl ihrer Vcrkanfsstniidcn nicht so frei, wie etwa die Leute i» Berlin, daraus geht hervor, daß die Regelung nicht überall in gleicher Weise erfolgen kann. Stelle» Sie doch nicht zu weitgehende Forderungen, damit nicht da» Wort zur Wahrheit wird: Verminst wird Unsinn, Wohl- that Plage. Abg. Frhr. von Pfetten (Zentr ):Jch kann die wider die bayerische Negierung erhobenen Angriffe in keiner Weise billigen, denn die Ausführung der Gesetze in de» einzelne» Bundesstaaten untersteht nicht der Kompetenz des Reichstage». Jede Negierung muß am besten wisse», wie weit sie im Interesse ihrer Bevölkerung zu gehe» hat, und ich kan» nur betonen, daß die llr Oberbayern bei der Sonntagsruhe zngelassene» Ansnahme» in der Thal ehr »othwendi'g sind. Ohne diese AnSnahme» würde da» seßhaste Gewerbe zu Gnnsten de» Hausirhandels auf das Schwerste geschädigt, und das ist doch nicht unsere Absicht beim Erlaß der Bestimmnngen über die Sonn tagsruhe gewesen. Abg. Wöllmer (sreis.): Der Abg- v. Vollmar hat i» seiner Rede ge legentlich bemerkt, ich hätte gestern die von seiner Partei angefochtenen Bestimm ungen in den Arbeitsordnungen derStaatSwerkstälten gebilligt. Das habe ich nicht gethan; ich habe nurgesagt, daß ich nicht sindenkömie. wiehierctwaS Ungesetzliche» vorliegcn soll. Was die Sonntagsruhe betrifft, so kan» ich im Große» und Ganze» nur de» Wunsch aussprechen, daß alle Gesetze so gut wirken mögen, wie gerade dieses. Abg.. Buhl (natlib-): Ich verstehe nicht, wie sich die Abgg- Bebel und von Vollmar über die von ihnen erwähnten Bestimmungen der Arbeits ordnungen in den StaatSwerlstätte» beklagen können. Das Interesse der Selbsterhaltung erfordert es ja schon, das Eindringen nnfreizcuder sozial demokratischer Elemente in den ordnnngSliebcnden Arbeiterstamm zu ver hindern. In dieser meiner Ansicht bi» ich noch durch die neulich«» Spöttereien der sozialistischen Redner über die Sparsamkeit bestärkt worden, denn ich kenne in der That mnnche» Arbeiter, der sich durch Sparsamkeit recht hübsch emporgeschwnngc» hat. Mit der Art nnd Weise der Handhabung der Sonntagsruhe in Bayern ist sowohl im Interesse der Gewerbetreibenden, wie der Arbeiter, gehandelt worden. Ich will das Prinzip des Gesetze» im volle» Umfange gewahrt wisse», aber eine Uebcrgangszcit ist »»» einmal erforderlich, und während dieser Frist müsse» die Bestimmungen möglichst schonend dnrchgcsührt werden. Daß die Sonntagsruhe wohlthnend nnd segens reich wirken wird, davon bin anch ich überzeugt. Abg. Frhr- von St um in (sreikons.): Der Abg. von Vollmar hat vorhin die Behauptung ausgestellt, daß die Arbeitgeber einen Kamps gegen die Arbeiter führe». Das ist ganz »nzntrcffend. Wen» wir einen Kamps führe», so gilt dieser »nr der Agitation nnd der Thätigkeit der sozialdemo kratische» Abgeordneten, die schon viel Unheil gestiftet habe». Und dabei sind die Herren ebenso wohlgenährte BonrgoiS, wie wir. (Heiterkeit ) Abg. Grille »berg er (Soz ): Die Ausführung der SonntagSrnhestim« mnnge» in Bayer» entspricht den gesetzlichenVorschriste» thatsächlich nicht, dieSoun- tagsrnhe wird dadurch illusorisch gemacht. Am schlimmsten steht cs in Ober- bayern, wo das Gesetz faktisch außer Kraft gesetzt ist. Daß eine Nothwendig- keit für so weitgehende Ausnahme» besteht, wie sie hier erlassen sind, muß ich bestreite», nnd anch der Vertreter der bayrischen Regierung hat dies nicht zn beweisen vermocht. Wenn gesagt wird, dort solle den Leuten der dritte Bonn tag ganz sreigegebcn werden, so ist darauf kein großer Werth zu lege», den» es besteht über diese Freigabe keine Kontrolle- Ich bin kein Freund vor einem Einheitsstaat, aber ein oberbayrisches Ncserbalrecht kann ich in diesem Falle erst recht nicht billige». Der Hansirhandel ist durch die erlassene» Anordnungen nicht unterdrückt, sondern im Gcgcntheil erst recht gefördert worden. Zum Schluß behauptet Redner, die Arbeitgeber bekämpften in der That den Arbeilcrstand, das könne man gerade bei Herrn von Stumm sehe», der sich das Recht angcmaßt habe, seine» Arbeitern unter gewisse» Verhältnissen das Heirathen zn verbiete». Nach einigen weiteren kurzen persönlichen Be merkungen wird die Wcitcrberathnng des Etats auf Dienstag Mittag 1 Uhr vertagt. Unter blendender Hülle. Kriminalnovelle von Gustav Höcker. , (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten). Doktor Scheffer ordnete aromatische Umschläge für den Kranken an und verschrieb ein Opiat und nach em er versprochen hatte, inr Lause der Nacht wicdcrzukommen, reichte er der unglücklichen Frau die Hand und verlies; bewegt das Haus. „Was hat der Doktor gesagt?" srug Kaudler. „Was habt Ihr zusammen geflüstert?" Jette schwieg. „Kann mir's schon denken," fuhr der Kranke fort, „auch wenn ich's ihm vorhin nicht am Gesicht angesehen hätte; ich fühle es ja, daß es mit mir zu Ende geht." Wenn er noch eine leise Hoffnung gehegt hätte, so würde diese vor der erneuten Thränenfluth, mit welcher Jette seine Frage be antwortete, geschwunden sein. „Es ist gut," sagte er gefaßt. „Ich bezahle nur meine Schuld. Aber ich will mir nicht noch einen zweiten Mord aufs Gewissen laden, den ich nicht bezahlen könnte, denn ich habe nur ein Leben hinzugeben. Mir lastet schon lange etwas auf der Seele, es muß herunter, ehe sie dahinfährt!" „So sprich, Mann," drängte Jette, sehr erschrocken über diese dunkle Andeutung. „Sprich schnell, ehe es zu spät wird." „So knapp ist also meine Zeit, die mir der Doktor giebt?" schloß hieraus der Kranke. „Zu dem, was ich zu sagen habe, kann ich Deine Ohren nicht brauchen, Jette; die hören ohnehin das Gras wachsen. Geh' und hole mir einen von den Bredow's. Die geht die Sache am nächsten an, aber spute Dich!" „Welchen soll ich holen, den alten oder den jungen?" srug Jette, welche bereits auf dem Sprunge stand. „Welchen Du zuerst findest. Es ist ganz einerlei! Jette eilte fort,'zuerst in die Llpotheke, dann in den Bredow'schen Laden, wo Rudolf noch beschäftigt war. Sie bat ihn, sogleich zu kommen; ihr Mann läge im Sterben und hätte ihm etwas mitzuthcilcn. Weiter erfuhr er nichts von der verstörten Frau, der er auf dem Fuße folgte, den Laden unter der Aufsicht der neu cngagirten Gehilfin zurück lassend. Als Rudolf am Bette des Kranken Platz genommen hatte, be stand der letztere darauf, daß Jette sich entferne. Sie muhte die Wohnung verlassen und auf Kandlers ausdrückliches Verlangen mußte Rudolf hinter ihr die Thür verriegeln. „Sie braucht's nicht zu hören," sagte Kandier mit leiser, schwacher Stimme, „erst soll ein besonnener Mann darüber mit sich zu Rathe gehen, ehe es auf dem Markte ausgeschrieen wird." Rudolf konnte sich nicht denken, was Kandier ihm anzuvertraucn habe, dennoch fühlte er eine seltsame Beklommenheit m r. "H^n Sie," sprach der Kranke weiter. „Ich ende als stsch ss h— ich hi» der Schmuggler, der den Grenzjäger nieder- Aus der Militärkommisswn des Reichstages. (Original-Bericht.) Berlin, den 12. Februar. v. L. In der heutigen Sitzung der Miütärkommission ent wickelte sich eine lange und lebhafte Debatte namentlich über die finanzielle Seite der Vorlage. An der Debatte bethciligten sich auch zu wiederholten Malen der Reichskanzler und der wieder genesene Abg. von Bennigsen. Zuerst regte Abg. Nickert nochmals die Frage der Mehrausgaben für die Marine an. Der Reichskanzler erklärte, daß große Ueberraschungen in der Marine nicht stattgefunden hätten und daß sich bindende Marinepläne auf lange Zeit hinaus nicht aufstellen ließen. Die Kommission habe den geforderten Ersatz für das Panzerschiff Preuße» abgelehnt; die verbündeten Negierungen würden erst nach der Abstimmung im Plenum ihre weiteren Entschlüsse affen. Im weiteren Verlauf der Debatte kam es zu langen AuS- inandersetzungen zwischen dem Direktor Aschenborn und dem Abg. Richter. Der Elftere erklärte nämlich, daß die Mehreinnahmen de- Reiches nach 5 Jahren rund 70 Millionen betragen würden, ohne len Ertrag der neu beantragten Steuern. Abg. Richter bezeichnet« diese Darlegungen als Phantasiegebilde und provozirte die Regierungs- Vertreter zu einer Stellungnahme über die zirkulirenden Gerüchte betr. eines Nohspiritus-Monopols. Staatssekretär von Maltzahn erklärte bestimmt, daß die Regierung die Absicht eines solchen Monopols nicht hege, überhaupt seien alle in der Presse mitgetheilten Pläne der Reichsfinanzverwaltung unwahr. Auf Antrag des Abg. 1>r. Lieber wird eine Drucklegung der Mittheilungen de- Direktors Ascheuborn für die Kommission erfolgen. Hierauf be antragt der Abg. Richter eine Ucbcrsicht der Steigerung der Zivil ausgaben des Reichs ebenfalls der Kommission gedruckt vorzulegen, als Gegenstück zur Darlegung des Direktors Aschenborn. Dieser Antrag wird ebenfalls angenommen. Abg. v. Bennigsen wünscht die endliche Beendigung der Detailberathung über die künftigen Finanzen, da dies doch keinen praktischen Zweck habe. Die Kommission möchte doch endlich in die Berathung der Vorlage selbst eintreten. Abg. Richter polemisirt gegen die Ausführungen des StaatSsekretärt» von Maltzahn, der sich schließlich bereit erklärt, für 1894/95 eine» pcziellen Finanzplan vorzulegen. Nach endlichem Schluß der finanz« wlitischen Diskussion bringt der Abg. von Bennigsen den Antrag ein, die zweijährige Dienstzeit der Fußtruppen für die Dauer der Friedenspräsenzstärke gesetzlich zu fixiren. Der Abg. Bebel beantragt, weiter, die zweijährige Dienstzeit überhaupt gesetzlich festzulegen. Hierauf wurde die Sitzung bis nächsten Dienstag vertagt, wo die Spezialdebatte über die Einführung der zweijährigen Dienstzeit ihre» Anfang nehmen wird. Sächsisches. —— — Jagd. Vom Ministerium des Innern ist eine Verordnung erlassen worden, nach welcher die Ausübung der Jagd an« Sonn- und Feiertagen im Allgemeinen zwar erlaubt, die Veranstaltung von Treibjagden, sowie das Jagen in störender Nähe der Kirchen und Friedhöfe und während der Zeit des öffentlichen Gottesdienstes da gegen verboten ist. — Jubiläum der Schiitzengilde iu Freiberg. Das Jubiläum des 400jährigen Bestehens dieser Gilde, sowie die damit zusammenfallende 250. Wiederkehr der Belagerung und Befreiung Freibergs von den Schweden, wird von der Schiitzengilde am 4. Juni d. I. und folgende Tage gefeiert. Dazu ist ein allgemeines größeres Schützen- und Volksfest geplant. — Zum Leipziger Braudttttgluck. Am Sonnabend Abend ^9 Uhr verschied im Krankcnhause als weiteres Opfer des furcht baren Unglücks der Buchhandlnngsgehilfe Johann Carl Hugo Bach. — Die Barbierswittwe Nitzsche und das Dienstmädchen Schneider; die Beide gleichfalls erhebliche Verletzungen bei dem Brande davon trugen, befinden sich auf dem Wege der Besserung. Bezüglich deS Urhebers der Katastrophe, des Weinhändlers Max Kretschmar, kursirten in den letzten Tagen verschiedenerlei Gerüchte. Nach dem einen Gerüchte sollte er sogar im Untcrsuchungsgcfängniß Hand an sich gelegt haben. Man sprach davon, daß Kretschmar seinem Leben durch Erhängen ein Ziel gesetzt. Dieses Gerede ist grundlos. Kretsch mar ist zwar selbstverständlich infolge des Unheils, das er angerichtet, etwas aufgeregt, doch trägt er sich keineswegs mit Selbstmordgedanken. Die Folgen werden für ihn außer der zu erwartenden Gefängniß« strafe auch in pekuniärer Hinsicht schwer sein, da man den, wie man sagt, ziemlich vermögenden Mann auch für den angcrichtcten Schaden re. „Barmherziger Gott!" rief Rudolf zusammenfahrend. „Kandier, das ist ja entsetzlich! O hätten Sie mir dieses Gcheimniß lieber nicht anvertraut." „Das soll Ihnen das Herz nicht abdrücken — hängt bereits an der großen Glocke; — 's ist was anderes, was ich Ihnen sagen will. — O, diese Schmerzen!" stöhnte der Kranke, mit der linken Hand nach seiner rechten Schulter fühlend. „Immer weiter frißt's, immer weiter, wie die Sünde!" Nach einer längeren Pause fuhr er fort: „Wenn mich auf meinen Schleichwegen der Mond gcnirte, Hab' ich oft am Grünen Kreuze gewartet, bis er untcrgiug. Das that ich anch in jener Nacht — und da stand er plötzlich vor mir." „Wer?" „Züllicke." „Von welcher Nacht sprechen Sic denn, Kandier?" „Von der Nacht, wo Ihre Mutter —" Um kein überflüssiges Wort sprechen zu müssen, deutete der Kranke, dem das Reden iminer schwerer fiel, nach seiner Kehle. „Wo meine Mutter ermordet wurde?" srug Rudolf ungläubig. „Kandler, sind Sie auch bei sich? Sprechen Sie nicht im Fieber? Sie haben ja selbst bei Ihrer gerichtlichen Vernehmung ausgesagt, Sie wären in jener Nacht zu Hanse gewesen." »Ich log! — Hätte ich's zugegeben, so wäre man hinter mein Handwerk gekommen. — Ein böses Gewissen sieht überall den Ver- rath lauern. — Lieber legte ich falsches Zcugniß ab — und stürzte einen armen Teufel in's Unglück. — Habe aber auch keine Ruhe mehr gehabt, bei Tag und Nacht." „So hätte Züllicke also bei seiner Vernehmung die Wahrheit gesprochen?" frug Rudolf wie betäubt, „die volle Wahrheit?" »Ja." „Er sei bald nach zehn Uhr vom Hause weggcgangen, behauptete er, und habe sich im Walde verirrt." „Wie wäre er sonst an's Grüne Kreuz gekommen?" nickte Kandler. „Als er Sie am Kreuz getroffen haben will," fuhr Rudolf fort, sich alle Umstände in die Erinnerung zurückrufend, „sei es nach seiner Uhr ein viertel nach zwölf gewesen." „Auch nach meiner Uhr." „Auf geradem Wege hat man von hier aus bis ans Kreuz eine gute Stunde zu gehen —" „Am Hellen Tage sogar — und man muß tüchtig ausgrcifen," bestätigte der Schmuggler. „Wenn er nach vollbrachtem Morde eme Viertelstunde nach Mitternacht hätte an der Stelle sein wollen, wo Sie ihn gesehen und gesprochen haben —" . . „So hätte er Flügel haben müssen," ergänzte Kandler und be gann gleich darauf wieder vor Schmerz zu wimmern. „Mem Gott!" rief Rudolf, als der Kranke still geworden war, so wäre ja Züllicke'S Unschuld erwiesen, denn wenn er um Me Stunde mit Ihnen an jenem fernen Orte sprach, so muß er schon längst unterwegs gewesen sein, als der Mord geschah; den übrigen Theil der Nacht verbrachte er nachgewiesenermaßen in Salitz, und um elf Uhr hat meine Mutter noch gelebt. Weiß Ihre Frau auch um diese Begegnung am Grünen Kreuze?" „Hätte ich's ihr gesagt," stöhnte der Schmuggler, „so hätte st« — den Mund gewiß nicht gehalten, — und wenn mich's — auf'S Schaffst gebracht hätte, — denn sie haßt die Neue wie Gift." „Welche Neue?" „Nun — wie heißt denn Die mit der kleinen Hand? — Wie ie heißt, frage ich!" Diese Worte waren in ungeduldig herrischem Tone und mit heiserer Stimme ausgestvßen worden. Fiebcrgluth leuchtete unheimlich aus den Augen des Kranken. Er begann irre zu reden. Rudolf erhob sich und entriegelte die Thüre. „Gehen Sie hinein zu Ihrem Manne," sagte er zu Jette, die draußen im Finstern wartete. Dann stürmte er davon . .. XI. Rndolf's Verdacht, welcher am Hochzeitstage in ihm aufstieg, war halb und halb wieder eingeschlafen gewesen. Die Gründe, welche der Vater dagegen auführte, hatten nach ruhiger Ueberlcgung auch bei dem jungen Manne Eingang gefunden. Wie konnte sich auch unter dieser holdseligen Hülle die schwarze Seele einer Meuchelmörderin bergen? Wie hätten diese zarten, kleinen Hände die würgende Schlinge um den Hals seiner Mutter legen können! Wie konnte unter diesem schönen, ruhigen Antlitz das Be wußtsein einer so grausigen That wohnen? Nur das getrübte Urtheil über die ehemalige Geliebte, die sein Herz so schwer verwundet hatte, mußte ihn zu jenem unwürdigen Verdachte verleitet haben. Mit olchen Gründen hatte Rudolf in den letzten Wochen seinen Argwohn zum Schweigen gebracht. Das Gestäudniß des sterbenden Schmuggler- aber warf das Gebäude dieser Sclbstbeschwichtigung wie ein lejchteS Kartenhaus über den Haufen. Der Mann, der im Kerker seinem Urtheil cutgcgcubaiigte, war unschuldig. Die Vorkommnisse am Hoch- zeitsmorgcn bei Taute Sophie's Ankunft und deren vcrrätherisches Tuch wiese», in Zusammenhang mit dem eben Gehörten gebracht, mit ürchtbarcr Deutlichkeit darauf hin, daß Flora mit raffinirter Be rechnung aller Umstände, welche sie dabei begünstigten und sie über jeden Verdacht erheben mußten, die entsetzliche That an der Mutter begangen, deren Stelle sie jetzt mit eherner Stirn einnahm. Mit diesen Gedanken eilte der junge Mann nach Hause und klopfte oben an die Thür des Wohnzimmers. (Fortsetzung folgt.) Reu beitretenden Abonnenten wird Vev bereits er schiene»« Theil dieses Romans ans Verlangen kostenfrei nachgeliefert. Postabonnente» wollen ihre genaue Adktsse an die BerlagS-Anstalt einsende«».
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