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Nr. LS8 — V. Iatzrgemg DieuSrag de» »0. Dezember 1»LV SWHtNMsMllllltz »Nchelnl tS,l«ch »ach«, ««t «««nähme der «mm. und Festtage. >»«aad» L., VM .Dt« Zeit tn «»rt und »Ild- vierteljährlich- Unabhängiges Tageblatt «ndgade Ohne tlluskterte «etlage vierte! Dresden d. Boten S.IV F». In amu De» ».« — «nzel-Rr. »v g - Zeitung,! »nserat« «erden dte «gespalten» Petttjetleodec deren Raum a^ tt z. «-Namen mit 5« 4 die Zeile berechnet, bet «tederholunge» entsprechenden Rad an. «»«drnckeret. Redaktta» »ad «etchSftSNe»«^,. »«den, PMattzer «traft» 4». - Fernsprecher 1»«» SMS s». Wahrheit, N-cht »nd Lr-ih-It ..-^,7^^.»-: » ketn« Verbindlich k«t1 Vvk'rügliciiez Konfekt ^tuiui van so n. an. l>ebl<uclien, Dlescinel üncj l^ümtnl'gei' liautgn LN ln bekannten guten Oualitllt«, dch ^ei-ling L ^ockztl'ok. Menagen In allen LttnMeilen. ».Rom und der Orient." Dresden, den 19. Dezember 1910. Bei drei Gelegenheiten hat sich die sächsische und die gesinnungstüchtige Presse Deutschlands mit der Person Sr. König!. Hoheit des Prinzen Max, Herzog zu Sachsen, aus führlich beschäftigt. Das erste Mal, als er Theologie studierte, promovierte und die Priesterweihe empfing; das zweite Mal, als er vor italienischen Arbeitern in ihrer Muttersprache in Plauen predigte; das dritte Mal jetzt, als ein Artikel von ihm in der Zeitschrift „Rom und der Orient" zurügezogen worden ist. — Das erste Mal hat die protestantische Presse vergessen, daß auch ein Prinz die Freiheit hat, sich der Wissenschaft zu widmen und, dem Zuge seines Herzens folgend, katholischer Priester zu werden; das zweite Mal setzten es die Hüter der evan gelischen Landeskirche durch, daß der Prinz in seinem Vater zum letzten Male gepredigt hatte; aber das dritte Mal preist die Presse denselben Prinzen als mutigen Bekenner u. Märtyrer seiner Ueberzeugung. Diesen Umschwung brachte das „Berl. Tagebl." zuwege, das zuerst unter Nom, den 14. d. M. zu melden wußte: „Nun habe,: die vatikanischen Intransigenten es fertig gebracht, sogar den streng orthodoxen Priester Prinzen Max von Sachsen öffentlich der Ketzerei zu beschuldigen. An leitender Stelle des „Osservatore", auf der ersten Seite, veröffentlicht der Abt des griechischen Basilianerklosters von Grottaserrata bei Rom, Monsignor Pellegrini, eine Er klärung folgenden Inhalts: „Zum allgemeinen größten Aergernis hat Prinz Max von Sachsen in die auf Ver einigung der katholischen und griechischen Kirche hinzielende Zeitschrift „Rom und Orient" (Novembernummer) einen Artikel eingeschmuggelt, der von Ketzereien aller Art strotzt. Es handelt sich darin um Behauptungen, die so ungeheuer lich sind, daß sie von keinem Katholiken, geschweige denn von der Kirche und dem Papste geduldet werden könnten." Die Tatsache, daß das Vatikanorgan „Osservatore" diese derbe Abkanzelung an der Spitze des Balttes, wenn auch ohne Zusatz, bringt, läßt schließen, daß die Veröffentlichung gegen den Prinzen in direktem Aufträge des Heiligen Stuhles erfolgte." Bald folgten die übrigen liberalen Zeitungen mit exotischen Artikeln aller Art; eine brachte sensationellere Meldungen als die andere. Nur die katholische Presse hielt sich zurück. Wollte sie ebenso skrupellos ihre Phantasie produkte den Lesern zum besten geben, statt der Wahrheit, dann wäre sie nicht weniger flink zur Stelle gewesen. Die Tatsache, daß die November-Nummer der Zeitschrift „Rom und der Orient" zurückgezogen wurde, ist unzweifelhaft. Ob das aber wegen Veröffentlichung einer ketzerischen Ansicht geschehen ist, steht bis zur Stunde nicht fest. Die Zurückziehung geschah so gründlich, daß nur Kardinal Agliardi und eine Privatperson noch im Besitze eines Exemplars sein sollen. Wir sind aber überzeugt, daß beide Personen weder den Vertretern der „N. Fr. Presse" in Wien, noch der „Tägl. Rundschau" und des „Berliner Tageblattes" Einsicht gewährt haben. Die in der Nummer 346 des „Osservatore" in Form einer Zuschrift an die Redaktion veröffentlichte Erklärung des Abtes von Grottaserrata lautet wesentlich anders, als der Berichterstatter des „Berl. Tagebl." telegraphiert hat. Um zu zeigen, wie geschwindelt wird, setzen wir diese in wörtlicher Uebersetzung hierher: „Gegen Ende des verflossenen Novembers verließ die Abtei Grottaserrata die neue Zeitschrift „Rom und der Orient", eine literarische Rundschau für die Vereinigung der Kirchen In dieser ersten wurde ein Artikel veröffent licht k'onsäss sur In gnestion cks l'union ckos Lßlises. gezeichnet Max, Prinz von Sachsen. Die Redaktion -er Zeitschrift enthielt sich einer Beurteilung des Artikels und jeglicher Bemerkung, da sie sich gedeckt glaubte durch die Er klärung im Programm, wonach die Verantwortlichkeit für mit Namen gezeichnete Artikel dem Verfasser überlassen bleibt. Gleichzeitig aber bereitete sie eine Antwort und eine Widerlegung vor, welche in der folgenden Nummer veröffentlicht werden sollte. Man dachte nicht daran und sah nicht voraus, daß viele Leser, betroffen von der Kühn heit desselben und von den in ihm enthaltenen geschicht - lichen und doktrinären Jrrtümern, zu dem Glaubenoderwenig st enSzuderVermutung kommen konnten, sicher zu ihrem Aerger- nis. als ob die Zeitschrift diese Gedanken, Ansichten, Irr- tümer zu den ihrigen gemacht hätte und teile. Daher er klärt der Unterzeichnete im Namen der Gesamtredaktion der Zeitschrift obwohl in deren Spalten ihre eigene Ueber zeugung und ihre eigenen Gedanken zum Ausdruck kom men, die den in dem erwähnten Artikel ausgedrückten ganz und gar entgegengesetzt sind, noch ausdrücklich, daß er nicht beipflichtet den Gedanken, Meinungen, Jdeengängen und Behauptungen, welche weder von Katholiken gebilligt noch von, obersten Lehramt der Kirche und ihrem Haupte, dem römischen Papste, gutgeheißen werden konnten. Bei dieser Gelegenheit glauben wir die schuldige Mit teilung machen zu sollen, daß unsere Zeitschrift es sich zur Aufgabe gesetzt hat, zur katholischen Kirche zurückzuführen nicht auf falschen und schiefen Wegen, sondern auf dem königlichen und geraden Wege der geschichtlichen und reli giösen Wahrheit, alle diejenigen, die sich vom Mittelpunkte derEinheit, von Jesus Christus selbst festgesetzt, entfernt haben. Und dies wird immer mit aller Grcücheit der Absicht und mit der vollkommensten Orthodoxie die Aufgabe sein, welche die Zeitschrift zu erfüllen bestrebt sein wird, wodurch sie zu sammeln sucht, wie der hl. Basilius in seiner Liturgie betet, die Irrenden und die Zerstreuten, und dadurch wieder leuchten zu lassen die Wahrheit über alle die Punkte, bei welchen die nichtkatholischen Orientalen in ihrer Meinung abweichen, alles Punkte zusammengedrängt und gleichsam in Schlachtreihe gegen uns aufgestellt in dem Gedanken, welche von dem Verfasser in dem erwähnten Artikel aus- gedrückt wurden." Es ist darin erklärt, daß in dem Artikel des Prinzen Max „geschichtliche und doktrinäre Jrrtümer" enthalten seien. Wären es direkte Ketzereien gewesen, so hätte der Abt Pellegrini sich wohl gehütet, diese zu veröffentlichen, um sie dann erst widerlegen zu können: die Zurückziehung erfolgte nach der Erklärung wegen der „Kühnheit" der An sichten und wegen des Aergernisses bei vielen Lesern. Der Prinz Max hatte tn der ersten Nummer der neu gegründeten Zeitschrift »Iloina s l'Orionts" einen Artikel unter dem Zitat: 1?sn8ös3 sur 1s. ^uostion äs l'union äss Lxlisss (Gedanken über die Frage der Vereinigung der Kirchen) erscheinen lassen. Die Vorliebe, welche der Autor den orientalischen Fragen entgegenbringt, hat er bereit- tn verschiedenen Artikeln bekundet. Er sieht in der Förderung der Vereinigung der beiden Kirchen eine Art Lebensaufgabe. Seine Reise in dem Orient galt dem Studium der kirchlichen Verhältnisse. Was nun Prinz Max in seinem Artikel für Vorschläge gemacht hat. um die Vereinigung möglich zu machen, ist nicht sicher festzustellen. Die Mitteilung der Neuen Freien Presse halten wir für unrichtig, wenngleich ein Teil auf Wahrheit beruhen möge. Prinz Max kann z. B. den falschen Satz nicht geschrieben haben: „Die römische Kirche sei ursprünglich keine absolute Monarchie gewesen, sie sei e» allmählich nach dem 8. Jahr- hundert geworden, nachdem die Päpste sich dte Fälschungen des Pseudo-Isidor zunutze zu machen begonnen hätten." Die Jsidorischen Dekretalen wurden nach der allgemeinen Annahme zwischen 847 und 857 verfaßt, also >im neunten, nicht im achten Jahrhundert. Die früher all gemein verbreitete Ansicht, daß die Erhöhung und Befesti gung der päpstlichen Machtsülle der Hauptzweck des un bekannten Fälschers gewesen sei, ist durch wissenschaftliche Forschung widerlegt und allgemein, selbst von Protestanten, aufgegeben. Der Protestant Richter sagt in seinem „Kirchen- recht" (8. Ausl, iretpzig. 1886, S. 66): „Die GeschichtSberrach- tung, welche dte päpstliche Gewalt durch den pseudo-istdo- rischen Betrug entstehen ließ, ist mit Recht vergessen." Die Erklärung besagt, daß in dem Artikel des Prinzen Max nicht eine längst abgetane geschichtliche Unwahr- heit wieder aufwärmen wird; dafür halten wir ihn für wissenschaftlich zu hoch gebildet. Prinz Max soll nach der „Neuen Freien Presse" auch auf die Gefahr hingewiesen haben, daß die schismatischen Griechen in dem Versuch zur Vereinigung der Kirchen die Befriedigung einer Geld- und Herrschgier der römischen Kurie erblicken könnten, wenn ein orientalischer Bischof wie ein lateinischer für Dispense, Dekrete usw. Geld nach Rom schicken müßte. Prinz Max wird aber auch wissen, daß Taxen von armen Bistümern nicht erhoben werden, auch nicht für Dispensen. Er weiß gewiß auch sehr gut, daß die Zentralverwaltung der römischen Kirche, die Mission und Bistümer Geld be- nötigen und daß deshalb der Vatikan für die Ge schäftsführung selbstverständlich Taxen verlangen muß. Möglich halten wir die Mitteilung -er „N. Fr. Presse": Im Glauben seien beide Kirchen einig bis auf jene Dog men, die nach der großen Kirchenspaltung durch lateinische Konzile aufgestellt worden sind. Es wurde daher keine Einigung der beiden Kirchen rascher möglich sein, wenn den Orientalen die alte Verfassung und Lehrfreiheit be züglich der späteren Dogmen gelassen würden. Allerdings würde diese Ansicht, sollte Prinz Max sie wirklich im Ar tikel vertreten haben, in Rom Widerspruch finden. Die römische Kirche ist durch eine ganz naturgemäße Entwicklung und die jeweils hervorgerufenen Lehrstreitigkeiten zur Verkündigung der Dogmen, wie z. B. jenen der Unfehl barkeit des Papstes und der unbefleckten Empfängnis ge langt. Nachdem nun das Christentum in seinem Funda- mente, das Christus selbst gelegt hat, ausgebaut ist, so können die Päpste Loch unmöglich dekretieren, daß die griechischen Katholiken nach ihrer Vereinigung mit diesem Fundamente diese Dogmen nicht anzuerkennen brauchen. In einem Berliner Blatte heißt es darüber sehr richtig: „Es hieße dem abgefallenen Ast zuliebe den Stamm abhauen, wollte sie jetzt ihre eigene Lebensentfaltung ver nichten und den statu« guo annehmen, in dem sie sich zur Zeit der Lostrennung der Orientalen befand. Das könnten die Päpste vor Gott und vor der ihnen anvertrauten Herde wahrlich nicht verantworten, und daß es nie geschehen wird, dafür wird schon Christus selbst Sorge tragen." Aber diese Absicht wäre noch lange keine solche Ketzerei, wie sie die liberalen Blätter in ihrer Freude erhoffen. Sie bauen Kartenhäuser, denn alle ihre Schlußfolgerungen be ruhen auf dem Wörtchen, wenn der Prinz das geschrieben hat. Danach ist es interessant, wie weit sie sich dadurch zu einer hoffnungsfreudigen Zukunft veranlaßt sehen. Die „Dresdn. Neuest. Nachr." feiern des Prinzen Bekennermuk und wissen bereits zu melden, daß dessen Artikel von der Kurie bei Strafe der Exkommunikation zu vertreiben ver boten worden sei, denn er strotze von Ketzereien aller Art, so daß die Beibehaltung seiner Lehrtätigkeit in Freiburg als ausgeschlossen gelten kann. Der Artikel schließt mit den Worten: „Man darf annehmen, daß Prinz Max sich der Trag weite seiner Angriffe auf die römische Kurie wohl bewußt war, daß er sich den Konsequenzen seiner Haltung nicht ent ziehen wird. Der Kampf, der jetzt in Nom um seine Worte entbrennt, geleitet ihn vielleicht in ein Schicksal, das tragisch ist — zu dem Schicksal, das denen Vorbehalten ist, die die Wahrheit an die Pforte des Vatikans führen. Die dort nicht immer als lieber Gast empfangen wird — auch früher schon nicht, wo es auch Stimmen aus Sachsen waren, die sie kündeten . . Man ist in der protestantischen Presse aber gewöhnt, tn jedem katholischen Priester, der sich zu doktrinären Jrrtümern verleiten ließ, sofort einen zweiten Wittenberger Reformator zu begrüßen. Die „Leipziger Neuesten Nach richten" sind wenigstens so ehrlich, die sächsische Presse bloß zustellen, welche von den Modernistenfressern ein Opfer de» Modernismus zu schreiben weiß, sie sagt ganz offen: „Mit dem Modernismus im engsten Sinne des Worte» hat der Fall des Prinzen Max nichts zu tun." Das Blatt glaubt auch zu wissen, daß dem „Zentrum" der Fall im höchsten Grade unangenehm und peinlich sei. Daß das Blatt doch keinen Unterschied zwischen Konfession und Politik machen kann. Da» nattonalliberale „Leipziger Tageblatt" behauptet, man blicke in hohen katholischen Kreisen Sachsens mit Be sorgnis tn die Zukunft und bemerkt weiter: „Gewiß ist dte Seelsorge vom katholischen Stand punkte aus vorzüglich, die Geistlichkeit hochgeachtet und an ihrer Spitze steht ein Mann, den man unbedenklich den taktvollsten Bischof im Deutschen Reiche nennen kann, und doch vermögen sie alle nichts gegen die Wirkung des neuen Kurses, der von Rom aus angegeben wird." Dann weist sie auf die Abfälle von Katholiken ln Sachsen hin und sagt zum Schluß: „So wirkt die BorromäuS-Enzyklika, so wirken die Schmähungen de» Herrn MatthieS gegen den König Friedrich August und noch ist ein Ende solcher Wirkungen nicht abzusehen, seitdem der Konflikt deS prinzlichen Priester» aus dem Hause Wettin mit dem Vatikan eine neue ernste Spannung zwischen Dresden und Rom verursacht hat." Eine Spannung zwischen Dresden, gemeint ist offenbar das Königshaus, und Rom hat weder die BorromäuS- Enzyklika, noch die Schrift Matthie»', am allerwenigsten aber der jüngste Vorfall mit dem konfiszierten Artikel de» Prinzen Max hervorgerufen. Im letzten Falle bemerkt der Wölfische „Sächsische Landesdienst" offenbar offiziös: „In maßgebenden Kreisen besteht die Auffassung, daß die Angelegenheit lediglich die Person des Prinzen und seine geistliche Tätigkeit berührt und daher bei diesem Stande der Sache kein Anlaß zu einer Stellungnahme der Regierung gegeben ist." Dieser Standpunkt ist so natürlich einen anderen einnehmen könnte, so urteilt darüber der „Dresdner Anzeiger". Politische Rundschau. Dresden, den IS. Dezember 1910. — Die Mohn»», de» Kaiser» zur Mäßigung. Zu der Anttalkoholrede de» Kaisers an die Fähnriche wird der Rhetn.-Westf. Ztg. mitgeteilt, daß der Kaiser lediglich aus Repräsentationspflichten nicht völlig dem Alkohol entsagt. ES steht ferner fest, daß auf besondere Anordnung de» Kaisers bei den letzten Kaisermanövern für ihn persönlich ketn Tropfen alkoholischer Getränke mitgenommen worden ist. Der Kaiser wünscht von allen Angehörigen de» Heere» und der Marine die tunlichste Enthaltsamkeit vom Alkohol, von der Erkenntnis ausgehend, daß e» keineren schlimmeren Feind der Disziplin gibt al» den Alkohol. — Die Verfassung für Elsaß-Lothriugeu geuehmigt. Der deutsche Bundesrat hat dem VersassungSentwurs für Elsaß-Lothringen zugestimmt. Der Statthalter wird vom Kaiser unter Gegenzeichnung de» Reich»kanzler» ernannt. vundeSrat und Reichstag scheiden als Faktoren der Lande»- gesetzgebung au». Der Entwurf steht zwei Kammern vor.