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?. 6. Jahrgang. sMung WUWULWLZM ^ Umbhäilgisks Tageblatt flr Wahrheit. Recht u. Freiheit > LSNLZA-MML Vom Katholikentage Würzdurg, den 20. August 1v07. Zum letzten Mule — vor Beginn der 54. Katl-oliken- versammlung lvende» wir uns an die katholische Presse der jenigen Länder und Staaten. ,vo katholische Teutsck>e wohnen. Wir sind ihnen noch einige Aufklärung schuldig. Kaum eine andere deutsche Stadt wurde in den letzten Tagen so viel genannt, wie die rebenumkränzte, tiirmereiche Hauptstadt des Frankenlandes, Würzburg. Es ist ein nicht beabsichtigtes, aber interessantes Zusammen treffen, daß die Stadt, die tvegen eines literarisch» Theo logenstreites bei der akatholischen Presse fast noch größere Aufmerksamkeit findet, als in den Spalten der katholischen Zeitungen, zugleich der Mittelpunkt des katholischen Teutsck>lands für die Tage vom 25.—20. August loerden soll. „Reklame für den Katholikentag" wurde dieser Streit genannt. Für die Kathliken bedurfte es dieser Reklame nicht — auf die Gegner aber hat der Streit tatsächlich wie eine Reklame gewirkt, wenn man die Anmeldungen der Presse als Maßstab betrachten darf. Bis jetzt l>aben sich allein 15 liberale Zeitungen und Korrespondenzen ange meldet. Für katholische Zeitungen sind 130 Preßkarten bis jetzt verlangt worden. Aus dem Ausland e nehmen teil Preßvertreter ans Utrecht, Brüssel, Budapest. Wien, Rom, Zürich, Bern, Dijon, Paris usw. — Wir sind über- zeugt, daß sie auf ihre Rechnung kommen, wenn auch nicht in der Weise, wie sie es ernxrrten. Nickst Sensationsstücke, nicht theologische Streitigkeiten werden aus dein deutschen Katholikentage ausgetragen, wohl aber wird ein neues Feuer der Begeisterung entzündet, das wieder auf ein Iah: alle Stände und Kreise des katholisch» Volkes zur prak- tischen Betätigung des katholischen Glaubens auf allen Gebieten des öffentlich» Lebens anregt und ertvärmt. - Wir hben auch noch einen kleinen Ueberblick über die Fe sthalle zu geben. Die Fe st Halle, die ehemalige Einsahrtshalle des Ludwigbahnhoses ist 23 Meter breit und 102 Meter lang. Diese ungünstigen Naumverhältnisse wurden in glänzender Weise allsgeglichen durch entsprechnde Einbanteu. Eine hohe Portalwand mit säulengetragenem Giebel, in dessen Feld das große Papstwappen gemalt ist, kürzt die .Halle um zirka 10 Meter lind schfft eine Prächtige Vorhalle, die als Restauration dient. Auf der entgegengesetzten Seite grei fen drei Tribünen übereinander weit in die .Halle herein. Die unterste ist für die Presse bestimmt und steht durch eine eigene Türe in Verbindung mit der Post. Von der Tribüne ans geht a u f de r Se i t e eine Brücke hinaus zur Redner tribüne, so daß der Redner in die Diagonale der Längshalle spricht. Tie Akustik ist dadurch sehr gut ge- worden. Sämtliche Einbauten tragen harmonisch den Chrakter alter Würzburger Lla,„verte. Tie Seitengälerie ist als Artädenstellnng ansgebildei mit Architektnrbrüstung ähnlich wie jene am Stationsweg zum Käppele. Die der Galerie gegenüberstehende Längs- wand der Lndwigshalle hat die gleiche Blendarchitektnr er halten, die dann beim Siiadermanerwerk eines Petrini- 'estnngstores abschließt. Das letztere leitet auf einen ein- springenden Festnngswall über, dessen scharfe Kante durch das iBischossj-Wappen geschmückt ist. Dieser Festnngswall enthält die Nednerstelle und ist durch eine» von Säulen ge tragene» Balkon, lt'e'lcher als Schall decket dient, überbaut. Auf den Brüstungen der Presse- und Präsidialtribüne sind ebenfalls Festnngsnianern ausgemalt, welche auf das vom Meister Eulogius Böhler trefflich gemalte, die südöstlich.' .Hallenwand füllende Bild der Festung Marienberg und des Käppele überleiten. Ans diesem prächtige» Hintergrund wird Bildhauer Jos. Metzger die Statue der Mutter- gottes mit dein Jesuskinde in Tarock. die Königin, I'ntronn I'>nm-o„i:„., die NackMdnng einer Brückensignr, sowie die Brüstung der Präsidial-Tribnne mit den Büsten des heiligen Vaters, des deutschen Kaisers und des Prinzregenten Luit- pold schmücken. Die Festhalle kann sich bar ihren Schwestern ans den bisherigen Katholikentagen sehr wohl sehen lassen. Es fehlen nur noch die Gäste, deren sie 800 ans reservierten Sitzen, zirka 800 auf der Galerie, 200 aus den Tribüne», 150 aus den Preßplätzen und zirka 3 1000 im Parterre saßt. Tie Anmeldungen der Mitglieder und die lebhafte Teilnahme der Bevölkerung Frankens haben doch ans einer einzigen Landgemeinde mehr als 30 Leute sich für Tageskarten vormerken lassen — geben die Hoffnung, daß die weiten Räume der .Hallen sich ebenso füllen werden, wie bei den Arlx'itersestversammlnngen. für die außer der Festhalte noch vier Säle in Aussicht genommen sind. Nun noch zum letzten Male die herzlickstte Einladung an die katholisch'» Männer Deutschlands: Ans nach Würzbnrg zum 54. Katholikentag. Der Internationale Sozialistenkonqrrß in Stuttgart hielt am Dienstag seine erste Plenarversammlung unter dem Vorsitze des Abgeordneten Singer in der „Liederhalle" ab. Es wurde dann eine ganze Reihe vor, Begrüßungs- telegrammen aus allen Teilen der Welt zur Verlesung gebracht. Daun werden alle seit den, Amsterdamer Kon- grcß gefaßten Resolutionen des Internationalen Bureaus en 1)I<>(- angenommen. Eine Resolution erhebt Protest gegen die preußisch Politik der Germanisierung Polens, tvelche ohne Bedenken gegen die polnisch Bevölkerung mit den grausamsten Unterdrückungsinaßregeln vorgehe, um sie mit Gewalt zur Loslösung von ihrer Muttersprache zu zwingen. Eine ziveite Resolution betraf den Schutz ausläudischr Arbeiter gegen die Ausweisung. Eine weitere Resolution betraf die Verfolgung russischer Sozialdemokraten in Deutschland und verdammt die demütige Dienstwilligkeil Deutschlands, das sich zum gefügigen Werkzeug des russi schen Despotismus mache. Wieder eine Resolution spricht sich zu Gunsten der Unabhängigkeit der Balkanvölker und gegen die mazedonisch» Greuel aus. Eine weitere Resolution betrifft die intermilitaristische Propaganda. Wenn zwischn Ländern ein Konflikt ein getreten ist, der einen Krieg möglich oder toahrschinlich macht, sollen sogleich die sozialdemokratisch» Vertreter in, Parlament selbsttätig oder auf Einladung des internatio- nalen sozialistischen Bureaus miteinander in Verbindung treten, um ein gemeinsames übereinstimmendes prole tarisches und sozialistisches Vorgehen zur Verhütung des .Krieges festzusetzen. Zur selbe,, Zeit sollen die sozial demokratisch» Parteien der anderen Länder sich verständigen und eine Zusammenkunft des internationalen sozialistischen Bureaus so bald als möglich stattfinden, zwecks Bestimmung geeigneter Maßnahmen für die ganze internationale Par tei und die internationale Arbeiterklasse, um den Krieg zu verhüten und zu verhindern. Bei Umständen, wo die Ge fahr eines Krieges vorhanden wäre, wird die interparla mentarisch Kommission sogleich einbernsen, um zur selben Zeit am gleich» Ort mit dem internationalen sozialistischen Bureau zu tagen. Der Vorsitzende Singer stellte dann fest, daß 880 Delegierte erschienen sind. Unter diesen sind auch solch aus Südafrika und Natal eingetrossen. In der Frauenkonfcrenz, die am Montag in den späten Abendstunden zu Ende ging, wurde schließlich die deutsch Resolution, welch am schärfsten die Forderung des Frauen stimmrechtes betont, gegen die österreichischen und englischen Stimmen angenommen. Die Resolution sagt: „Die sozia listisch' Frauenbewegung aller Länder nieist das beschränkte Franemvahlrecht als eine Verfälschung und Verhöhnung dc>s Prinzipes der politisch» Gleichberechtigung des weib lichen Geschlechtes zurück. Sie kämpft für den einzig kebens- vollen, konkreten Ausdruck dieses Prinzips: daS allgemeine Frauenstimmrecht, das allen Großjährige» zusteht, und weder an Besitz, noch Steuerleistung, noch Bildungsstufe oder sonstige Bedingungen geknüpft ist, welche Glieder des arbeitende» Volkes von dem Genuß des Rechtes auS- schließen. Sie führt ihren Kamps nicht im Bunde mit den bürgerlichen Frauenrechtlerinnen, sondern in (R'mei»sclmlt mit den sozialistischen Parteien, welche das Frauenn'ahl- recht als eine der grundsätzlich und Praktisch wichtigsten Forderungen zur vollen Demokratisierung des Wahlrechtes i i be rhaupt Per sech te n." In der .Kommission, die über die Frage des Militaris mus und die internationalen Konflikte verhandelte, kam es zu einem scharfen Zusammenstoß zwisclk'ii Bebel und Hervä. Bebel sagte: Als vernünftiger Mensch muß ich Ihnen offen sagen, daß, selbst wenn wir wollten, wir nicht leiste» könn ten. was Hervä von »ns verlangt, und ich fürchte, nur würden böse Erfahrungen niache», wenn wir im Kriegsfälle die He rapschen Mittel Wasfenstreit. Fahnenflucht und Insurrektion iwruicksten. Soweit eine militärische Rüstung noch nötig ist. wollen auch wir sie nur in der Form der vollkommensten und freiesten Demokratie. Wir könne», wir werden uns nicht darüber hinaus zu Schritten drängen lassen, die dem gaiizen Parteilebe», der ganzen Partei- eristenz im höchsten Maße gefährlich werden können. Hervö erwiderte: Nicht nur meine engeren Freunde, sondern die ganze sozialistische Welt sieht mit Erstaune', und Trauer auf die gegenwärtige .Haltung der deutschen Sozialdemokratie zum Militarismus. Jetzt ist die ganze deutsche Sozialdemokratie verbürgerlicht und Bebel unter die Revisionisten gegangen. Jetzt habe ich sie hier in den Straßen Stuttgarts gesehen, die deutschen Proletarier. Jetzt weiß ich den Wert ihrer radikalen Phrasen zu schätzen. Es sind gute, heitere, zufriedene und satte Spießbürger, und so nehme ick, an, daß bei dem Kadavergehorsam, den sie dem Kaiser Bebel entgegenbringe», sie dem .Kaiser widerstands los in den Krieg folge». In der Sektion für Vorberatung der Kolonialfragen wurde eine Resolution angenommen, in der es heißt: Der .Kongreß stellt fest, daß der Nutzen oder die Nolnx'udigkeit der Kolonien im allgenieinen stark übertrieben wird. Neben die Frage der Maifeier wnrde folgende Reso lution gefaßt: „Die deutsche Delegation znnr internatio nalen Kongreß in Stuttgart empfiehlt, die Feier des I. Mai in der Form z» begehen, wie sie in der Resolution des Mannheimer Parteitages niedergelegt ist. Wo aber die Arbeitsrnlw Maßregelungen zur Folge hat, muß den wegen der Maifeier durch Maßregelungen geschädigten Arbeiter,' eine Unterstützung gewährt lverde». Z» deren Regelung I ist die deutsche Delegation zum internationalen Kongreß ! nicht kompetent, sie ernxirtet jedock, von de», nächsten deut- ! ,'ckxm Parteitag eine Regelung auf folgender Grundlage: ! die Unterstützung ist von der Partei und den Gewerkschaften ! zu tragen. Die Art, wie die Partei und die Gewerksck-aften «t»«»» 4». — »»riilprechrr Nr. IS«. die dafür erfordertick,en Mittel aufbringen, bleibt einer Verständigung der Instanzen der Partei und Ekiverksck>afteii Vorbehalten." P»li1»jche Rundschau. Dresden, den 21 August IM7 — DaS Brüsseler Zuckerabkommen wurde von den Regierungen Deutschlands, Oesterreich-Ungarns, Belgiens, Frankreichs, Großbritanniens. Italiens, Luxemburg«, der Niederlande. Peru-, Schwedens und der Schweiz vom 1. September 1908 ab auf weitere 5 Jahre verlängert. Jedoch soll es jedem von ihnen freistehen, von dem Vertrage vom 1. September 1011 ab nach vorhergehender einjähriger Kündigung zurückzulreten. wenn der ständige Ausschuß in seiner letzten vor dem 1. September 1910 abgehaltenen Sitzung durch Mehrheitsbeschluß entschieden hat, daß die Umstände gebieten, den Vertragstaaten diese Möglichkeit zu gewähren. — Die „Schlesische Volkszeitung" veröffentlicht ein Schreiben des Kardinal- Dr. Kopp an den Reichstag«- und Landtagsabgeordneten Grafen Prafchma, daß er die treukirchltche Gesinnung der Unterzeichner der geplant ge wesenen Jndexeingabe an den Papst anerkenne, jedoch den Wunsch nicht unterdrücken könne, daß ein derartige« Vor- gehr,, der Kenntnis des Episkopates nicht entzogen werden möge. — Unter dem Titel „Ein Meineid?" hat Abg. Dr. Arendt (Reichspartei) jetzt eine Darstellung seiner Ler- Handlungen mit dem Kolonialdirektor Dr. Kayser über die Verwendung Dr. Peters im Kolonialdienst bei Schwetschke L Sohn (Berlin) erscheinen lassen. Den hier durch eine Reihe von Belegen unterstützten Angaben Dr. Arendts stand in, Petersprozeß bekanntlich die eidliche Aussage der Frau Dr. Kayser gegenüber. — Daß der neue Ferusprechgebührentarif nach der Zahl der geführten Gespräche, wie er sich zurzeit bei der Reichspostvermaltung in Vorbereitung befindet, nicht schon längst im Fernsprechverkehr eingeführt ist, lag an den bis- her noch sehr wesentlichen Bedenken gegen die probeweise arbeitenden Zähler verschiedener Konstrukiionen. die bis vor kurzer Zeit keine unbedingte Zuverlässigkeit gewähr leisteten. Nur ein allen Ansprüchen des Fernsprech verkehrs genügender Gesprächszähler bildet die Grundlage für eine Taiiferhebung nach der Zahl der geführten „nd auch tatsächlich zustande gekommenen Gespräche. Der seit einiger Zeit eingehend geprüfte Zähler genügt jetzt an scheinend allen Anforderungen. Die Erwägungen über die Ncmegelung der Fernsprechgebnhrenerhebnng seitens der zuständige,, Stellen schwebe,, noch. Ihr Abschluß lägt sich, z imat sämtliche Bundesregierungen beteiligt »nd bei dieser Materie zu hören sind, zurzeit noch nicht bestimmen. — Zum Hau-Prozcß. Rechtsanwalt Dr. Dictz erklärt, daß die beiden Briefe vom 12. April geschrieben worden seien, bevor er Frau Han gesehen und geiprochen habe. Erst im Mai fand die erste Unterredung mit Lina Han statt, in der diese Anfschlüsse gab. die Dr. Dictz zu einer ganz anderen Ansfassnng in der Angelegenheit vermochten. Dies ist übrigens von Dietz auch in der Hanptverhmidlmig wiederholt betont worden. Die Briefe sind von ihm ge schrieben wo:den. als er noch keine Ahnung von dem Ver hältnisse des Han zu Olga Molitor hatte. Der Rrichsvrrbnnd der iiativiiallibrrnlen Jngcnd- verriiie hält am 7. »nd 8. September in Kaiserslautern seine ordentliche Bertreterversammlnng ab. Ersabrnngen früherer Jahre haben die Verhandsleitniig bewogen, nur ei» politisches Thema zur Erörterung zu stellen: „Deutsche Weltpolitik und die Mittel zu ihrer Durchführung." Uebrr die Anteilnahme der jnngliberalen Bewegung an dem Lauf der politische» Dinge und ihrer Stellung zn ihm wird der Berhandsvorsitzende Dr. Hermann Fischer-Köln in einem Vorträge „Iiingliberale Bewegung und politische Lage" sprechen. Von besonderem Interesse für die politisch interessierte Oessentlichkeit dürste ferner die Stellungnahme des Reiche-Verbandes der Vereine der »ativnalliheralen Jugend znin „Nationalverein für das liberale Deutschland" sein, über welche die Verlrelerversammlnng ebenfalls Be schluß fassen wird. Daneben finde» sich aus der Tagesord nung »och eine Reibe nxfiterer Anträge potitischer Natur, die sich mit Fortführung der Sozialpolitik, Einigung der liberalen Parteien, der Personentarisresorm und mit der Behandlung der Zeugen vor Gericht beschäftigen. Die Be teiligung seitens der Berbandsvereine, deren Zahl jetzt 81 beträgt, verspricht sehr rege zn norden. Auch dir Dniirnpvlitik kostet Geld. Die „Heim- deiitschen" sehen in der neue» bereits 'nieder abgekühlten Dänenpolitik ein Versagen der bisher geflossenen Geld- gnelle und nahmen daher am letzten Sonntag i» Ploen folgende Resolution an: I, Jedes Entgegenkommen gegen dänische Ansprüche möge» dieselben von jenseits oder dies seits der Grenze kommen, wird stets nur als Sckwoäche ans- gelegt »nd steigert die Begehrlichkeit. 2. Des ball, ist die Politik versöhnlicher Nachgiebigkeit aussichtslos. 3. Teiitsch- feindlicke Tststrehnngen sind mit zielhewnßter Stetigkeit und starker Hand abzuwehren. 4. Das Deutschtum in der Nord mark ist durch großzügige Maßnahmen mit erheblicki-en Mitteln zu stärken. 5. Die Bestrebungen deS deutschen Ver eins für das nördlickx' Schleswig verdienen dankbarste An erkennung des gesamten Schleswig-Holsteinschen .Heimat landes. Der Beitritt z„m Deutschen Verein ist Pflicht eines 1