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Sächsische Volkszeitung : 21.09.1921
- Erscheinungsdatum
- 1921-09-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id494508531-192109212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id494508531-19210921
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-494508531-19210921
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Sächsische Volkszeitung
-
Jahr
1921
-
Monat
1921-09
- Tag 1921-09-21
-
Monat
1921-09
-
Jahr
1921
- Titel
- Sächsische Volkszeitung : 21.09.1921
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für da- ganze deutsche Volk herbetgesührt wissen wollen. In die ser Frage muß sich die Sozialdemokratie aber auch ganz klar entscheiden. A»S dem Ergebnis werden die bürgerlichen Parteien ihre Folgerungen zu ziehen haben. » Görliy, 2». September. Vorsitzender Wels cröfsnetc die gestrigen Verhandlungen vormittags 9.15 Uhr. Als erster berictucie Molkenbuhr über das Parteiprogramm. Im neuen Entwurje vermisse man das Wort Klassciikamps. Dieser Kampf jedoch bestehe, ob das Won im Programin enthalten ist oder nicht. Auch erschwere der Entwurf die Einigung mit den Unabhängigen nicht. Nach seinem Vonrag wurde eine P r o g r a m in i o m m i s s i o n von 28 Mitgliedern gewählt, .hierauf erstattete Franz Krüger den Bericht des Parteivorstandes. lieber die Beteiligung der Sozialdemokratie nie der Regierung sagte er u. a., daß die größte Partei Deutschlands cö sich nicht leisten könne, etwa grnndsäi. lieh jede Beteiligung an einer Koalition abzulehnen. Die So inldeniakraiie erkläre grundsätzlich ihre Koalitionsbereit- schast, könne sie aber beule weniger denn je an eine besondere Partei knüpfen. In erster Reihe gelte es: Schutz der Republik, weiter Demokratisier»!») der Verwaltung, Nepublikanisierunq der Reichswehr und Polizei. Heber die Organisation und Kasse berichtete hierauf Bartels. Die Mitgliedcrzahl beträgt zur zeit 1,25 Millionen Für die Wahlkämpfe der letzten Jahre wurden rund tl> Millionen Mark aufgewendet. In kommunaler Tätigkeit stehe» rund -15 990 Genossen und Genossinnen. In einer inzwischen cingcgangenen Entschließung des Par teivorstandes, der Koiitrollkominifsio» und des ParteiausschnsseS über die Teilnahme der Partei an einer Koali tionsregierung heißt es n. a.: Ruf die Teilnahme an der Regierung der Revublik wird die Sozialdemokratische Pariei besonders dadurch hingewiesen, dag sie die größte Partei des deutschen Volkes ist und die einzige Partei, die von scher ohne Einschränkungen auf dem Boden der republikanischen Staatsordnung und des demokra tischen Selbstüestinimnngsrechtcs des Volkes sreht, weil diese den günstigste» Boden für die Erringung der sozialistischen Ge sellschaft bilden. Die Sozialdemokratie darf daher nicht war te». bis sie imstande ist. die ganze RcgiernngSgewalt allein zu übernehmen, sondern sie muß versuchen, auch vorher schon zur Sicherung der repnbNkanisch-demokrcttischen Staatsform ihre politische Macht in die Wagschale zu Wersen, nm so auch der Erreichung ihrer sozialistischen Ziele näher zu kommen. Dies ist jetzt um so mehr nötig, als die Not des deutschen Volkes die Anspannung aller Kräfte erfordert. Tie Sozial demokratie ist bereit, zn diesen« Zwecke mit anderen Parteien in Reich und Ländern in der Regierung zusammen z» arbei ten. wenn mit diesen Parteien eine Verständigung über ein Arbeitsprogramm möglich ist, das folgende Grundlagen rnthält: Anerkennung der Verteidigung der Republik, Sicherung de? demokratischen Selbstbcstiminnngsrechtes des Volkes in Reich, Staat und Gemeinde, Demokratisierung der Verwal tung und R? iblikainsiernna der Reichswehr und der Polizei- ornane. Sichern»» und Ausbau der Sozialgesetzgebung, Poli tik der Völkerverständigung, lovale Erfüllung des Frieden?-- diktatcs in den Grenzen unserer Leistungsfähigkeit und A»f- briugima der dadurch bedingten Lasten, in erster Linie durch weitestgehende Heranziebniig des Besitzes. Jin übrigen »oll der Parteivorstand unter Bcrncksichti- guna der allgemeine» volitischen Lage im Benehmen mit den in Fraae kommenden Fraktionen über den Eintritt von Par- teig-nasten in die Regierung entscheiden. sdieraiis wurde in die Debatte über den Geschäftsbericht eiimetr-'en, an dcr n. a. auch Staatssekretär Schulz, NeichS- taacprästdent Lobe nnd S. ch c i d e m a n n teiliinbinen, welch letzter r ermabnt'. alle Krntt aut einen Punkt zn konzentrie ren: Schutz der Republik. Die Eiuiguua sei vor allem nötig und deshalb ruse er allen Arbeitern zn, sich der Sozialdemokra tie wieder znznmenden. Z1.M1 20. September Es sind ponliche. Gefühle, die alljährlich der 29. September in uns Katholiken wnchrust, veinlich, weil die an jenem Tage des Jatzres 1879 geschaffene römische Frage trotz aller Proteste der Päpste und des fortgesetzten Einspruches der ganzen katho lische» Welt immer noch ungelöst sortbcstcht und den Heiligen Va'er in der ihm bei Ausübung seines Amtes unerläßlichen Freiheit und Unabhängigkeit nneriräglich behindert, peinlich aber auch, weil es der Eintracht wenig zutrag'ich ist, einen Nachbarn immer wieder an ein von ihm begangenes Unrecht erinnern zn müssen. In diesem Jahre -ndäch können wir mit Geniiatnnng die Tatsache verzeichnen, daß der Standvnnkt, den seit Bestehen jener Frage der Pavst und die ganze katholische Welt mit ibm einnimmt, jüngst noch <"»e glänzende Rechtfer tigung erfahren bat. Der Krieg hat viele Vorurteile beseitigt, diele Situationen enthüllt, die vorher nur dein tiefer Blickenden erkennbar waren und als eine seiner Wirkungen können wir e» buche», daß heute sämtliche Organe der öffentlichen Meinung in Italien, nur wenige bestimmte Blätter ausgenommen» Dank jener Diskussion des vergangenen Juni sich zu jener Tr- krnntnis durchgeruiigen habe», die dann der «Osservatore Ro mano" in seinem Artikel „Prcndiamo atto" vom IS. Juni dahin zusammenfaßle: Tie liberale Presse Italien» gibt zu. daß die römische Frage besieht, daß ihre Lösung im nationalen Interesse de» Landes geboten ist, daß das Garantiegesetz unzulänglich »st »nd keine Lösung darstellt, daß es durch einen wirklichen, durch Verhandlungen mit dem Hl. Stuhle geschaffenen Vertrag ersetzt werden muß, daß die römische Frage zugleich eine Gebietsfrage ist, deren Lösung möglich und notwendig ist. Zum letzten Punkte hat dann i» diesen Tagen noch das Tagesorgan des Vatikan» (in Nr. 297) unzweideutig versichert: «Der HI. Stuhl kann nicht ans jenen Teil seines Gebietes verzichten, den er unter den gegenwärtigen Umständen zum Schutze der Freiheit inb Unab hängigkeit seines Amtes für notwendig hält. Das Recht des Hk. Stuhles ist intakt und wenn Italien sich zu jenen Gebictsser- ändcrnnaen bereilfinden würde, die der Hk. Sinh' allenfalls für genügend erachten würde, würde eS keineswegs an) irgend einen rechtmäßigen Besitz verzichten, während es dagegen den Besitz des Restes legitimieren würde." Es ist außerordentlich erfreulich, feltstellen zu können, daß jene Pressecrörteri.ngen sich im großen und ganzen auf voller Höhe der Sachlichkeit bewegte» und hielten und es war ein Akt politischer Klugheit, der vielleicht zu guten Hoffnungen berech tigt, daß die italienische Regierung sich se'bst bisher noch icdcr Stellungnahme enthielt, wodurch vermieden wurde, daß die ganze Frage nicht mehr im Lichte leidenschaftsloser Objektivität, son dern unter dem Gesichtspunkte der Partcipolitik behandelt würde. Daß lie aber als der meistbeteiligte Faktor jener um fangreichen Mskussio» ihr vollstes Interesse geschenkt Hai, beweist die Tatsache, daß das Presseamt des Ministeriums des Auswär tigen die sämtlichen Zeitungsartikel in einer amtlichen Publika tion gesammelt heransgeaebcii hat, wodurch die Geschlossenheit nnd Einmütigkeit erst mit voller Deutlichkeit hervortrikc. „Die neuerliche Aussprache über die römische Frage in der italicm- scheu Presse," sagte die Resolution der deutschen Katholiken auf dem Frankfurter Katholikentag, „die sich im Allgemeinen mit Würde nnd Ehrfurcht gegen den Hl. Stuhl abspielte, zeigt, daß die gegenwärtige Lage des Papstes in Rom nach dem Bekenntnis selbst der Liberalen nicht baltbar ist »nd daß die Mehrheir des italienischen Volkes wünscht, dev schmerzliche und schädliche Zwiespalt möge endlich eine gerechte und schnelle Lösung finden. Die Generalversammlung schließt sich dem Wunsche des italieni schen Volkes an nnd gibt dem Verlangen Ausdruck, daß sich in seiner Mitte sene Gefühle für Billigkeit und Gerechtigkeit im mer weiter verbreiten, welche zur glücklichen Lösung der sogen. Römischen Frage führen." Das ist eben das Erfreuliche an der veränderten Lage, daß wir Katholiken des Auslandes in dieser Frage min nicht mehr im Gegensätze zu den Anschauungen eines großen Teiles des italienischen Volkes stehen, sondern die ses in unserer eigene» Auffassung mit uns einig geht. Wenn nun heute noch ein Widerstand besteht, so haben die neuesten Ereignisse bewiesen, daß er von jener Seite ausgccht, von der nichts anderes erwartet werden kann, von der italieni schen Freimaurerei. Es ist eine überaus bezeichnende Tatsache, daß die bei der Störung der großen Knndgebnngen der italieni schen Jugend in Rom durch fremde Provokateure ansgestießenen Nllfe gegen den König »nd das Königreich nur von Vertretern dreier anerkannter Logcnblätter vernommen und wie ans Parole wcitergegebcn wurden, es ist überaus bezeichnend, daß, wenn man diese Vorfälle rückläufig verfolgt, alle Fäden nach dem Palazzo Ginstiiiiani, dein Sitze der römischen Freimaurerei, laufen, es ist überaus bezeichnend, daß in diesem Augenblicks ein Finocchiaro-Aprile, also ein landbekannter Freimaurer es ist, der das Thema der Jtnlienseindüchkeit der „Klerikalen" im Anschlüsse an die widerlichen Szenen der Vergewaltigung wehr loser Priester, harmloser Jünglinge abwandelt und es- gehört zweifellos- zum nene» Plane, dessen Ausführung sich vor un seren Auge» vollzieht, wenn wiederum ein Logcnblatt die An trittsansprache des neuen Erzbischofs von Mailand, deS Kardi nals Natli, zu einer italieiifeiiidlicheii Kundgebnng umfälscht. Mit unehrlichen Mitteln wird krampfhaft die überlebte These von der Jtalieiifeindlichkeit der dem Papste ergebene» Katholiken aufrecht zn erbalie» gesucht, »in bei allernächster Gelegenheit, vielleicht-schon bei der Rede, die heute an der Bresche der Porta Pia gehalten wird, offen ansznsprechen, daß nun der Beweis crbraebt sei, daß mit dem Papste ein Friede nnmüglieh sei. Wir haben aber noch soviel Vertrauen zum Ernste und zur Würde der Negierung des- italienischen Staates, daß sie in einer Frage, deren eminente Wichtigkeit für das nationale In- leressc jüngst von den ihr selbst nabestehcnden Organen so stark unterstrichen wurde, nach den großen Gesichts-puntten des- wirk lichen, anerkannten nationalen Interesses handelt, nicht aber nach den Diktaten einer privaten Vereinigung, die auf der Gri'ndlaae kleinlichsten Halles fußend außerstande ist, sich zn einer halbwegs gerechten Wertung der weltumspannenden, alle irdischen Interessen weit überragenden Macht deS römischen Papsttums- aufziischwingcn. (F. R. van Lama.) -!M »»! »1, ,»">!»« ,,!,,!! > »»», >«!,,» I !, >!, I> W De Balera nimmt an? London, IS. kept. (Reuter). De Lalera hat t« Beant wortung de» Schreiben» Lloyd George» vom 7. September angesragt, ob diese» Streiken den Zweck verfolge, ein« Unterwerfung ,u fordern oder ob e» ein« Einladung zu einer Konferenz bedeute, die auf beiden Seiten frei sei und ohne Präjudiz, fall» ein lieberem« kommen nickst c>zielt würde- De Varera erklärte weiter, fall« da» letzt,re beabsichtigt gewesen ist. f» bestätigen wir unser« Annahme der Einladung. Unsere Delegierten «erden jederzeit mit denen der englischen Negierung zu verhandeln bereit sein. Lloyd George« Befinde« Verschlimmert Basel, 19. Sept. „Petit Journal* meldet au» London, daß sich da» Befinden Lloyd George» verschlimmert habe. Der Minister. Präsident mutz auch für d.e nächsten Tagen da» Bett hüten, da sich Fübererscheinungen eingestellt haben. Die Beratungen der irische« Frage im Mnisterrat müssen deSkalb Vcrtaot werden. London, IS. Sept- Acht Londoner Arbesterbürgermeifter sind heute vormiitaa in Jnverncb eingelroffe«. E» wurde ihnen ein T Ic- gramm de» S kcetärs Lloyd George» überreicht, worin e« hc ßt, daß Lloyd George» Aerrte ibm v-rboten haben, dt« Abordnung hcute zu sehen- Eine weiter« Mitteilung werde später erfolge». Ende des österreichisch-ungarischen Konflikle- Berltn, IS. Sept. Ueber de» österreichilch-ungarischen Konflikt Hirt man in Genfer unterrichteten Kreisen» daß di« Verbanolunge, !>u seiner Beileaung in den nächsten Tagen al» abgeschlosf.'n gelten können. Demzufolge nimmt man auch an» daß die Aufnahme Ungarn» in den Völkerbund, da die König-srage zurzrrt überhaupt nicht aktuell ist und die königliche Gewalt in Ungarn seit Nooember 1913 auge. hoben ist, keine« Schwierigkeiten begegnen wird. Äraf Appo nyi soll schon in den allernächsten Tagen in Genf «intreffe». Kundgebung«« gegen de« Frieden von St. Germain Wien, 10. Sept. Di« .Deutschen Nachrichten melden: Wie in de» beiden letzten Jahren, veranstaltete auch in diesem Iah, Wieder am Jahrestage de» Frieden» Von St. Germain die Wiener Ralionalorganisation vor dem Rathaus« eine Massenkundgebung gegen di« Unterdrückung der Deutschen. Im Sinn» der An« iih« rungen der einzelnen Redner wurde eine Entschließung angenommen, in der gegen die Ui terjochung der durch die Friedrnsverlräae von Et. Germain und Versailles unter Fremsheirschaft gekommenen Volks genossen Einspruch erhoben und da» Selbstbestimmungirccht stir alle deutschen Siämme sowie die Freigabe de» Anschlusses an das Dcnuche Reich gefordert werden. Der Rückzug der Griechen Zürich, 19. Sept. Der „Corners della Sera" meldet aus Smyrna: Hier rechnet man mit dem Rückzug der Griechen in die alte Stellung östlich von Smyrna. Die Niederlage der Gr echeir ist schwer. Auch im Gelände von Bal'liSra und Brnssa wan't der griechische Flügel. Ununterbrochen kommen in Smyrna Transporte von Verwundeten aus dem Fronte,eb ete an. Die Stimmung i» Smtpna und im Heere ist g'driickt. wahrend die griechische Hccres- leitung auch weiterhin Zuversicht zur Scha» Iiäat. Der „Secolo" meldet ans Athen: Zwischen der griechischen Rcgieliina und dcr Heeresleitung sind ernstliche Meinungsverichi.den-- bcitcn entstanden- Die Mililär« daben sich liir die Fortictznua des Krieg 8 in Kleinasien erklärt und verlangen weiiere Mobilisierungen in dcr He mat. Dagegen wünscht die Regierung den Abbruch der Offensive, so daß der Rücktritt höherer Führer Le» griechischen H eres unmittelbar bevo:steht. Eisenbahnunglück bei Drontheim Drontheim. Ein Sonderzng, dcr die Teilnehmer an der Festlichkeit bei der Eröffnung der Dovrc-Bahn »in sich führte, »iw Drontheim um 11.45 Uhr verließ, stieß aus noch unbekannter U>- sache am Ansgange des Nidarsist-Tunnel« mit einem fahrplan mäßigen Zuge zusammen. Die beiden ersten Wagen des Sonder- znge» wurden vollständig zertrümmert. Sech« Personen fanden den Tod. darunter Direktor Hestn, früher Mitglied der internationalen Kommission in Flensburg. Es sind viele Verwundete zu verzeichnen Kristiania, 19. Sevt. Untcr den bei dcm Eisenbahnunglück bei Drontheim Gelöteten, befinde» sich drei der bekanntesten Männer von Norwegen, nämlich außer Hef.y noch der Oberst Sejersten »ad der Architekt Glosin. Unter den Ve>wu»detcn befinden sich General, stabschef Ba»ck, dcr frühere Eisenbahndirektor Jensscn und der schwedische Eisenbahndirektor Karnell. Sächsische Volkszeitung — Nr. 218 — 21. September >921 Aschenbrödel Lriginalroman von Er ch Eben st ein Copyright 1919 by Grein-.r u. Comp., Berlin W. 80. s46. Fortsetzung.) „Sie werden es sogleich begreifen. Es handelt sich um jene» letzten Brief, den Ihr Sohn seinerzeit, schon schwer krank, a» Sic richtete. Es geschah dies hinter dem Rücken seiner Frau, die durchaus dagegen war, noch einmal Versöhnung mit Ihnen anznslrebe», da Sie eine solche bereits wiedcrho.t in verletzender Ferm zurückgewiese» hatten. Aber Edgar Eckardt fühlte damals bereits-, daß er sterben müsse »nd er litt an Heimweh. Mehr vielleicht »och an dem Zerwürfnis mit Ihnen, das er nie Ver ne nd. Es war eine beinahe krankhafte Sehnsucht in ihm, Sie zn versöhnen, Weib und Kind in Deutschland geborgen unter Tbrein Schutz zn wissen. Er wagte es nicht, mit Helene dar über zn sprechen. Mir aber sihrittete der Todkranke sein Herz ans und beschwor mich, dahin zn wirken, daß alles in diesem Sinne geschehe, falls Ihre Antwort nicht mehr rechtzeitig ein- ircfsen Wille. Daß sie versöhnend anSfallc, daran zweifelte er me . . . Aber die Antwort kam nicht. Nnd erst im Augenblick des Todes teilte er Helene von dem Brief mit and bat sie, mit Bi'gitte z» Ibncn zn reisen — ans alle Fälle. Sie jedoch war ran. nicht zn bewegen. An diesen Brief nun denke ich jetzt. Es war der leiste Ihres Sohnes- und Sie haben ihn darum sicherlich aiifbewabist. Nnd ebenso sicher bat er Ihnen darin doch über de Nmschwnng in seinen Verhältnisse» berichtet. D'escr Brief also bildet jetzt da-s Dokument, ans das sich Brigittes Prozeß um ibr Neckst stützen kann." Nonsperg war sebr bleich geworden nnd sein Hanpt lag tic> gesenkt ans dcr Brust. Sein Sohn hatte als» seiner trotz aber Härte in Liebe und Sehnsucht gedachtl ViS zu seiner let ten Minute batte er auf ein versöhnliches Wort gewartet! Istid imansrotlbar war die Liebe, war in ihm das Vertrauen zum Val.r gewesen, dem allein er Weib nnd Kind anverlranen wollte ... Er seufzte tief auf. Welch ein Mensch war er selbst genese». Ei» Mensch — ein Ungeheuer, dem nur rrcht geschah, wenn Brigitte sich jetzt voll Abscheu von ihm wandte. „Warum antworten Sie nicht, Gras Ronsverg? Ibr Schweinen bennrnbint micb. Sie werden doch um Gotteswillcn diese» Brief noch besitzen?" „Ja... ich habe ihn . . ." „Gott sei Dank! Und steht etwa» darin über jene» Ver« »äA.tnis'" „Ick- . . . wein es nicht . . „Wie? Sie wissen es nicht?" „Ich habe )enen Brief. . nie geöffnet. Er liegt in einem Geheimfach meines Schreibtisches dort . . . noch genau so, wie ich ihn bekommen habe . . Der Gram würgte die Worte mühsam heraus. Dann machte er eine ungeduldige Bewegung unter dem klaren Blick dieser Augen, die unerbittlich ans ihm ruhten — versteinert, entsetzt . . . „Mein Groll war zn rief.'' fuhr er leidenschaftlich fort. „Ich konnte einfach nicht ande:Sl Sie wissen ja nicht alles, was- geschehen ist . . . und nicht, was ich gelitten habe dcrv.i! Mein Sohn gab seinen Berns auf. Er löste eine Vcrlobun) die mein Herzenswunsch war. Er heiratete gegen meinen Willen.dieses Fräulein Mertwerder, von der ich überzeugt war, daß sie sich nur um seines Grafcntitcls und des zn erwartenden Erbes an ihn hing!" Der Blick des alten Mannes wurde flammend und seine Stimme immer leideiischafklicher. „Ja, sie war es. die »ns trennte! Um dieser Frau willen suchte ich zu vergessen, daß ich je einen Sohn hatte! Um dieser Frau willen knechtete ich znm zweiten Male mein Herz, als Brigitte nach Osterloh kam und ihr Liebreiz mich vom ersten Augenblick an bezwang. Mt alle» Kräften wehrte ich mich dagegen! Ich wollte und konnte nicht vergessen, daß sie die Tochter dieser Frau war, die ich stets als meine bitterste Feindin gehaßt habe!" „Ja. aber warum, um Gottes willen, haßten Sie denn die arme Helene so sebr?" unterbrach ihn Fra» Perez fassungslos. „Das fragen Sie? Raubte sie mir nicht den Sohn? Brach er nicht um ihretwillen sein Wort, geriet in Not und Elend und floh zuletzt wie ein Verlorener nach Amerika? Sie aber nahm all diese ungeheueren Opfer anl Eine hochberzigc Frau, die ihn wahrhaft geliebt hätte, würde das nie getan haben!" Frau Perez starrte ihn ans weitgeöffneten Augen an. „So wissen Sie nicht, daß Helene Ibrem Sohne viel mehr geopfert hat als er ihr? Denn in Wahrheit opferte er ihr ja nichts! AIS er seinen Berns cnifaab nnd seine Verlobung löste, kannte sie ihn nicht einmal pcr>cn!ich. Alk er später uw sie warb, wies sie :bn zweimal ab. weil sie, die ihn nur a»s Maler Eckardt kannte, fand, daß ein aufstrebender Künstler durch Fa- »lillcniorgen nur in seiner E:i:wickstnig gehemmt werde. Außer dem war er so ehr jung und ihre Familie war gegen eine Hei rat mit dem „Hungerleider von Maler". Niemand ahnte, daß er ein Graf Rcnsperg war, am wenigsten die arme Helene, die sich erst opferinniig zu ihm bekannte, als er durch jene Bürg schaft völlig zugrunde geeicht t war. Ich weiß eS aus Leider eigenem Mund, daß sie Ihres SohneS vollen Namen und Titel erst am Hochzeitstag erfuhr!" „Wie ist di-ö möglich? Cr stand doch zu jener Zeit als Offizier tu Berlin nnd löste feine erste Verlobung mit der aus drücklichen Begründung, daß er eine andere liebe!" „Das mag sein. Aber ron all diese» Dingen wußte ma» nichts in jenen Kreisen, wo er von Anbeginn an nur als sckiliä- t>er Maler Eckardt bekannt war. aS Doppelleben, das er da mals führte, mag seinem romantischen Sinn wohl behagt habe? Ein Glück war es für niemand Er verkehrte damals, wie m m mir erzählte, in seiner dicnstfr-nen Zeit viel in einem besinn»,»?. Kreise von Malern und Bildhauern, besaß, wie sie. ein Atetz.c draußen vor der Stadt und nahm Unterricht in einer Meistec- schule. Sein Hauptumgang war ein Maler Mlermann, der mit Helene Markwerder verwandt war und im Hause ihres Stief vaters, des alten Oppach, verkehrte. Bei diesem llllermano sah Eckardt zum ersten Male ein Bild Helenes nnd verliebte sick, heftig in sie. Ullermann, der ihn durclwns mit dcm Original hekannt machen sollte, aber nichts Gutes voranssah bei Eckardis Jugend, Uebersvanntheit und offenbarer Mittellosigkeit, anck, kein besonderes- Zutrauen zu seinem Talent Latte, wich jedock beständig aus und wußte die Sache ein Jahr lang hinzuziehcn. Dann aber gelang eS Eckardt doch, Zutritt bei Otzbachs zn er halten und Helene sehr bald seine Liebe zn gestehen." „Oppachs, die sich damals bereits vor dcm Bankrott be fanden und in Helene Markwerders väterlichem Vermöge» ibre einzige Rettung erblickten, waren außer sich über diese Liebe, die Helcue zwa- erwiderte, aber aus de» vorhin angesübriea Gründen heroisch z» unterdrücken bemüht war. Dann erfuhr sie eines Tages von ihrem Vetter Mlerman», daß Eckardt für einen armen Kollegen, der sich scknildcnhalber eine Kugel durch den Kopf jagen wollte, gebürgt habe. Ei» grenzenloser Leicht sinn in den Augen aller, die keine Ahnung von seiner wahren Lcbcnsstcllniig hatten »nd daher nicht wissen konnten, daß er dabei wohl mit Recht ans die Hilfe seines- Vater rechnen konnte . . ." „Wieso mit Recht? Er hatte sein Ehrenwort gegeben, keine Schulden mehr zn machen!" „Das sind keine Schulden." wenn man rein ans warme», Herzen seine Unterschrift ans ein Blatt Pavier setzt, weil man die Vorstellung nicht ertragen kann, daß andernfalls ein Fami lienvater seinem Leben ein Ende macht. Jener Kollege besaß nämlich ein Weib und vier Kinder. Nein, „Schulden" sind das gewiß nicht! Vielleicht eine llnbesonnenbeit — dann aber doch eine edle, die dem Betreffenden nur zur Ehre gereicht! So we nigstens faßte eS Helene Markwcrder auf. Denn als Eckardt um jener Schuld willen gepfändet wurde und in bittere Not geriet, besann sie sich keinen Augenblick, ibm alles zn opfern. Jetzt willigte sie ein, ihn zu heiraten, weil Eckardt anders nie zu bewegen gewesen wäre, den Rest der Schuld mit ihrem kleine» Vermögen »u tilgen." (Fortsetzung folgt.)
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