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Aus Ttadt und Larrv. —' Dem ..Dresdner Anzeiger" entnehmen wir folgende Berichtigung: Hiesige und auswärtige Blätter meldeten eine Aufsehen erregende Verhaftung eines Ritt meisters a. D. v. Krakow wegen Betrugs. In Bezug hier auf sei mitgeteilt, daß es sich um einen Leutnant v. Grabow handelt, der sich aber bereits seit vorigem Jahre hier in Haft befindet, wie seinerzeit auch gemeldet wurde. Die Unter suchung ist schon seit längerer Zeit geschlossen und es wird demnächst die Verhandlung vor der 3. Strafkammer des hie sigen Königlichen Landgerichts stattfinden. —* Das Begnadigungsgesuch des wegen Be leidigung des Bautzener Ofsizierkorps zu vier Monaten Ge fängnis verurteilten früheren Redakteurs der „Dresdener Ruiidsctxm", Müller-Riederpolirih, ist vom König abschlägig beschieden worden. Müller hat jetzt seine Strafe in der An stalt Bautzen angetreten. ' Ter A n s st a n d der Z i g a r e t t e n a r b ei te r i n n e n der Firma Josetti ist abermals beschlossen wor den. nachdem bekannt geworden, das; die Gesclhästsleitnng auswärts Arbeitskräfte suche. * Von drei an der Elbe spielenden Kin dern oberhalb Antons wurde am Freitag mittag ein un gefähr drei Jahre alter Knabe vom Strome erfaßt und in die Elbe getrieben, so das; er dem Ertrinken nahe war. Der zufällig bei seiner Mutter, der verwitweten Fischermeister Weber, anwesende ältere Lolin entriß das Kind den Wellen und konnte es den ans der Psotenhanerstraße wohnenden El tern znsühren. ' Ter französische Soziali st e n s ü l> r e r Ianres ries ans dem internationalen Sozialistenkongreß in Amsterdam den dent''chen Sozialdemokraten zu: „Ihr könnt keine Sicher!,eit dagegen geben, das; das Wahlrecht euch von oben genommen wird, das euch von oben gegeben ist. ihr. die ihr geielie» habt, wie euer roteS Königreich Sachsen die Jortiialime des allgemeinen Wahlrechts ohne Widerstand über sich ergehen ließ." Der Reichstagsabge- ordnete E d m n n d I i s ch e r. der den Wahlkreis Zittau im Reichstage vertritt, nimmt nun in den Sozialistischen Monatsheften zu diesem Svvtte Stellung und sagt, das; nicht die Sozialdemokratie schuld daran sei, sie habe eS an ..kräftiger und aufreizender Sprache" gegenüber den Plä nen. das Walilrecht in Sachsen zu ändern, nicht fehlen lassen, aber die Wahlenlreclitiing habe das sächsische Volk absolut nicht in seiner Tiefe berührt. Manche Versammlnngen seien stark besucht gewesen, in anderen aber habe sich eine große Interesselosigkeit gezeigt. Er selbst sei durch den schwachen Besuch der Versammlungen, die er abgehalten habe, ent täuscht und beschämt worden. Als er in einer Versammlung gegen die Verschlechterung des Wahlrechtes mit dem Vor träge habe beginnen wollen, habe ein Skat spielender Ge nosse gerufen: „Du. Karl, gib noch einmal, ich muß erst noch einen Grand machen." Wciiiböhln. 'Bei Entleerung eines JauchenbassinS aus dem hiesigen Bahnliose wurde eine. Kindesleiche weiblichen Geschlechts zu Tage gefördert. Das Kind kann vier Wochen alt gewesen sein. Leipzig, flüchtig geworden ist gestern der Laufbursche Wilhelm Otto Steinbach. geb. am l I. Juli 1888 in Leipzig, der zuletzt in Stötteritz wohnhaft war. nachdem er seinem Arbeitgeber, einem Lederhändler in der Südvorstadt, mittels ! schweren Diebstahls 1300 Mk. bar und ein Bankbuch der > Deutschen Bank, Nr. 2339, auf den Namen Emil Bencke aus gestellt, mit 286.3ä Mk. Einlage, gestohlen hat. Der Fluch- tige ist von schlanker Gestalt, hat dunkelblondes Haar, blasses Gesicht, eine künstliche linke Hand, die mit schwarzem Hand schuh überzogen ist und trug grau- und weißmelierten Jackett- ; anzug und grauen weichen Hut. Der Geschädigte hat auf die Wiedererlangung des Geldes eine Belohnung bis zu 100 Mk. in Aussicht gestellt. Leipzig. Ltraßenbahnunfällc. Gestern mittag geriet in der Goethestraße der 7jährige Sohn des Buchbinders M. von der Jnselstraße unter die Straßenbahn. Der Knabe erlitt so schwere Verletzungen, daß er bald darauf im jtranken- Hause verstarb. In der Johannisallee wurde einer 65 Jahre alten Fra» von einem Straßenbahnwagen der rechte Fuß ab. gefahren. Großenhain. Im benachbarten Naundorf fiel in der Sonntagsnacht der Vorarbeiter Seifert von einer Treppe und erlitt einen Schädelbruch, der den sofortigen Tod herbei- sülirte. Burgstädt. Seit Sonntag ist in den Gemeinden Witt gensdorf. RöhrSdorf, Kändler und Pleißa die elektrische Hochspannungsleitung durch das Elektrizitätswerk an der Lnngwitz in Betrieb gesetzt tvorden. Annabrrg. Hier erhängte sich gestern der in der Mitte der fünfziger Jahre stehende, seit längerer Zeit zu Schwer- »int neigende Drogenhändler Schreiber, nachdem vor etwa vierzehn Tagen seine hochbetagte Mutter, die er unterstützt hatte, gestorben war. Zwickau. Dr. med. Zimmermann, ein Sohn des Buch halters Zimmermann hier, ist in Kamerun als RegicrungS- arzt in deutsche Kolonialdienstc getreten. Auerbach i. V. Die diesjährige Stadtverordnetenwahl soll am 28. November stattsinden. Es sind zu wählen vier ansässige und zwei unansässige Stadtverordnete. — Die iieubegriindete Technikerstelle beim hiesigen Stadtbauamt ist dem Tieibnutechiiiker Elemenz aus Zittau übertragen worden. Borna. Auf dem hiesigen Bahnhose ist gestern bei der Einfahrt des früh 7 Uhr 8 Minuten von Leipzig fälligen Ehemnitzer Güterzuges infolge vorzeitiger Weichenum- stellung der letzte Wagen entgleist. Hierbei ist der in Leip zig Bäurischer Bahnhof stationierte Schaffner Schlorke von der Bremse herabgefallen, ohne sich jedoch erheblich zn ver letzen. Oclsnil«. Der in der Nacht zum Montag bei der Mes serstecherei in Nen Lelsnitz vor dem Restaurant „Forsthans" durch eine» Stich in den Unterleib schwer verletzte Bergarbei ter Magnus Zeun ist im Knappschaftskrankenhause zn Lngan unter gräßlichen Schmerzen gestorben. Seiner Mntter. einer armen Witwe, die noch einige schulpflichtige Kinder zn ernäh ren hat, wendet sich allgemeinsteTeilnahme zu,da sie in ihren; Sohne eine Stütze verloren hat. Neustadt i. T. Die von der Versicherungsanstalt in; .Königreiche Sachsen an; Hochwalde errichtete Lungenheilstätte nähert sich mehr und mehr ihrer Vollendung. Ter stattliche Kompler umfaßt sieben Gebäude, die mit allen modernen Neuerungen versehen sind. Dbcrvderwitz. Eine jähe Unterbrechung erlitt hier am Sonntag ein Hochzeitsmalil. Der Ziegeleiarbeiter Emil Mann und der Scheerer Gensche benahmen sich unter den Fenstern des betreffenden Lokales rüpelhaft. Als der Bru der des Bräutigams, Bürstenmacher Gustav Müller auS Ebersbach, hinausging und sie deshalb zur Rede stellte, er hielt er von den beiden Strolchen eine gefährliche Schnitt wunde oberhalb des Ohres. Müller liegt besinnungslos darniederan seinem Aufkommen wird gezweifelt. Der Lä- ter wurde verhaftet. BereiuSuarh richte». 8 Chemnitz. Wie alle Jahre so versammelte auch Heuer an; 25. September der katholische Gesellenverein hierorts seine Mitglieder zu dem üblichen Herbstvecgnügen, welches, nebenbei bemerkt, eigentlich aussallen sollte, weil man meistens mit einen; Minus abschloß. Der Saal des LhaliahauseS. Sonnenstraße 42. war gedrängt voll von Teilnehmern an; Familienfest. Außer den Angehörigen der Gesellen und den Gemeindemitgliedern waren auch viele Protestanten anwesend. Wer nach 8 Uhr kam. er spähte vergeblich ein lauschiges Plätzchen, um sich mit den Frohen zu freuen- Aus die Gesellen machte das einen be sonders guten Eindruck, denn sie konnten dabei auf ein gut „Geschäft" reflektieren. Dies war wahrscheinlich auch der Grund, daß die Spieler ihre volle Kraft rinsetzten, um der Zuhörerschaft etwas Gediegenes zu bieten. DaS Lust spiel „Wie Studenten Schauspieler werden" ist »cherlich angetan, die Zuhörer nicht zu langweilen. Nach dem dritten Akt erfolgte durch den Herrn Präses Pfarrer Katzsch- mann die Begrüßung der Gäste und er bat zum Schluß die Gemeindemitgln'der um ein Scherfleiu zn der neuen LNrche in Nach Beendigung der theatralischen Dar bietung dankte Herr Telegraphendireklor Enterich dem Präses für die den Gästen gewidmeten Worte, erkannte alsdann den Fleiß und das Talent der Spieler an und brachte sogar auf sie und die gesamten Gesellen ein „Vivat" auS. So mancher junge Handwerker wird stolz darauf gewesen sein, ob dieser Anerkennung. Mit einem Tänzchen fand der frohe Abend seinen Abschluß. Nicht zu vergessen ist das Gesellenlied, das ans freudiger Gesellen- brnst durch den Saal erbrauste, ein wahres Dankeslied für diesen Abend. Hoffentlich haben alle Anwesenden sich sehr gut unterhalten. Ein Gedanke, ein Wunsch, wird jedoch bei manchem wackeren Kolpingsjünger rege geworden sein: Möchten nicht nur die Feste von den Gesellen so gut be sucht sein, sonder» auch die Versammlungen, die zu ihrem Nutz und Frommen abgehalten werden. D. li. Sport. Radrennen zu Dresden. So manche Bahn trachtete darnach, die beiden Kämpen Robl und Hall nach ihrem Leipziger Nen- kontre zusammenzubringcn. Der Dresdner Bahn ist es unter großen Opfern gelungen, beide noch einmal im Kampfe zusammen zu sehen. Wer am Sonntag den Sieg davontragen wird, rst schwer zu sagen, da wir Robls Zähigkeit kennen, aber auch in Leipzig sehen konnten, wie schnell der kleine Engländer selbst im Finish eines 100 Kilometer-NennenS noch sein kann. Runde um Runde nahm er Robl noch ab und endete nur wenige Meter hinter ihm. Hierzu gesellt sicv noch Champion, der Meisterfahrer Frankreichs, der über eine außerordentliche Schnelligkeit verfügt und diesen beiden würdig zur Seile steht. Auch sein Training zeigt seine vor zügliche Qualität. Man wird gut tun, sich einen Logen- oder Tri- l'ünenplatz zu sichern, da die Nachfrage schon jetzt eine sehr lebhafte ist und beide Plätze in den letzten Rennen immer auSverkaust waren. -- 2«! schleudert zu werden. wie aiigenagelt sitzen, trotzdem seine seekranke Frau ans ihrer.Kabine fortwährend nach ihn; schrie. Anders iah es vorn im Mannscl^ftslogis ans. Wenn schon hier die Bewegungen des Schiffes »och fühlbarer waren wie hinten, und unter den; Anprall der mächtigen Wogen gegen die Backen und Wandungen alles Holz- iverk zitterte, stöhnte und ächzte, so hörte man die Matrosen doch lachen und scherzen. Jeder der Leute hatte es sich ans seine Art liegnen; gemacht, der eine ans seiner Seefiste oder seinen; Kleidersack sitzend, der andere in seiner Hängematte liegend. Einzelne rauchten, nachdem sie ihr Frühstück schon verzehrt batte», die meisten aber waren nach damit beschäftigt, das dampfende braune Getränk, welches Tee vorslellei; sollte, zu schlürfen, dazu das harte Schisssbrot zu kauen, und nebenbei ans kleinen Zinnnäpschen, die sie zwischen den Knieen hielten, mit ihrem Messer in Essig liegendes, kaltes Rind- oder Schweinefleisch herauszillwle». Hierbei waren sie so vergnügt, als vb sie sich in dem Eldorado des Seemanns, in irgend einem Tingeltangel von Liver pool oder sonst einer Hafenstadt befanden. Ilm zwölf batte der Wind sich so weit gelegt, daß man zwei Reffs a;;S dem Großobermarssegel schütteln und das Großbramsegel wieder setzen konnte. Auch die See war ruhiger geworden und durch den abziebenden Nebel trat die Sonne am blaue» Himmel hervor. Allmählich erschienen nunmehr auch einzelne Passagiere wieder auf den; Deck. Der Anblick, welcher fick; ihnen bot, war ganz anders als der an; Tage vorher. Das Schiff mit seinen nassen Decks, den vom Winde gelockerten Tanen und seiner durchnäßten Leinwand sah wie müde und abgehetzt ans. Holdsworth hatte wieder die Wache aus Deck. Der Kapitän ging ans und nieder und freute sich über das bessere Wetter und über den Wind, welckxw nach ^sten berlimgegaiigeil und somit günstiger geworden war. „Sie könne» die Rests ganz aiisschütteln. Holdsworth. es wird jetzt geben," sagte er. Als nach Attssüliriing dieses Befehls die Pollen Segel wieder standen, stürzte der „Meteor" porwärls wie ei» freigelassenes Rennpferd. „Das ist herrlich!" ries der alte General, jeden festen Gegenstand beim Hernnigehetl als Anhalt benutzend; eine Woche so weiter, Kapitän, und wir werden eine gute Strecke unseres Weges znrückgelegt haben." „Ja, Herr General, aber es tut auch not. daß wir die verlorene Zeit wieder cinbringen." Darauf befahl er. das Großsegel und die beiden Großbramsegel zu setzen. „Aber der Barometer stellt noch immer niedrig. Herr Kapitän." wandte Holdsworth ein. „Gewiß, aber wir müssen das Tageslicht wahrnehmen. Holdsworth; wir dürfen keinen günstigen Umstand unbenutzt lassen." Der Wind war jetzt nur noch eine frische Brise. Die Passagiere fanden ibren Mut wieder, und obgleich das Schiff noch heftig genug schlingerte, wandelten doch die Herren Holland und St. Aubin auf dem Deck auf und ab. um zn zeigen, daß sie allmählich Sccbeinc bekämet;. Freilich taumelten sie noch häufig gegeneinander, aber dies trug bei dem Hellen Sonnenschein nur zu ihrer Erheiterung bei. Selbst die Damen wagten sich jetzt auf Deck. Frau Aschton erschien am Arm ihres Gemahls, letzterer aber war wiederum durch die kräftigen Hände des Stewards gestützt, der mit Vergnügen das Ehepaar zn einen; sicheren Platz geleitete, nn; unten dem Dienstmädchen ungestört seine Huldigungen darbringen zu können. Kapitän Steel, welcher sah, wie Frau Aschton zugleich von den andern Herrn mit Erkundigungen nach ihrem Befinden einpfangen wurde, bot galant der Witwe seinen Arm, tvährend Holdwortbs sich seines kleinen auf ihn zuspringenden Freundes annahm, ihn in die Höhe hob und küßte. Er fand ein unendliches Vergnügen daran, dem Knaben in die Augen zu sehen, deren strahlender, unschuldsvoller Ausdruck und dessen seliges Lachen ihn unwillkürlich zugleich an Blumen, an die Heimat und an seine junge Frau erinnerten. 5. Kapitel. Gegen den Mast geweht. Um fünf Uhr wehte es aus Süd-Ost; die Brise war frisch, die See be wegt und der Himmel bewölkt. Da der Wind von binten kam, lief das Schiff ans gleichen; Kiel, zum großen Bebagen der Passagiere, welche die schiefen Decks unerträglich fanden. Das Aussehen des Meeres bewies deutlich, daß das Schiff Wasser erreicht batte, welches von; Sturm des Morgens unberührt geblieben war; in so engen Grenzen balten sich zuweilen die Stürme, welche über den Ozean hin- fegen. Fern in; Norden lag eine lang rauchfarbige Nebel- oder Wolken bank. welche ans der Entfernung gesehen, so genau einer Küste glich, daß einige Passagiere sich täuschen ließen und „Land!" riefen. Bald darauf schrie der Ausgucksmann auf der Fockraa: „Segel auf Leebng!" Solcher Ruf verursacht auf See immer eine gewisse Aufregung. Stürme und Windstillen werden nach kurzer Zeit langweilig, aber das Interesse, welches ein in Licht kommendes Schiff erregt, bleibt immer frisch. Der Kapi tän betrachtete das Schiff durch das Teleskop, und nach kurzer Prüfung der- kündete er, daß dasselbe ein großer Dreimaster wäre, und mit dem „Meteor" den gleichen Kurs hielte. Dieser kam dem Fremden rasch näher, und aus der Entfernung von etwa einer Meile erkannte man seinen großen schwarzen Rumpf mit runden Backen und breitem Stern. Er wurde durch Hissen der Landesflagge geehrt, erwiderte aber diese Begrüßung nicht. „Irgend ein sauertöpfischer Landsmann aus dem Norden, wie mir scheint," sagte Kapitän Steel. „Er hat den Sundcrlandschnitt." Das Schiff war unter vollen Segeln, aber gerade als der „Meteor" an ihn; vorüberkam. bcschlug es seine Reuls, holte die Klüver ein und die Bram- raaen nieder. „Bor was fürchtet es sich eigentlich?" rief Kapitän Steel, und betrachtete cs mit Neugier. Man konnte die Pigmäengcstalten der Mannschaft im Takelwerk herum- klcttern sehen; bald kamen auch die Marssegel herunter, und noch mehr Leute stiegen die Wanten hinauf. Die weißen Segel verschwanden eins nach dem andern, und eS war ganz eigentümlich, diese geräuschvolle Tätigkeit zu be obachten, ohne daß der geringste Laut über das Wasser herüberdrang. Seiner Leinwand fast gänzlich entkleidet blieb das fremde Fahrzeug bald zurück und