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Nr. 82. DienStag, den 12. April 1V04 S. Jahrgang. SWsche Wlksmtung «rschriiii laaltch nach», mit «»»nähme der S,nn-und FelUaar. ^ ^ kere»ne> dei Wied.-rlwlui», bedeutender !«,ibnl» ^! Unaddangiger Lagevlatt »iir Aadrbeit.Ikcbi u.?rewett. It» Pf. dereckmel. bei Wiederholung bedeutender tttubnt». Buchdrniferei, Redaktion und ««eschüftSstelle: Tresden, Pilluitzer Strafte 1» - ^erull'recher «ml k -!r. >.««. Pie Hinwendungen der Aegierung gegen die Beschwerden der katholischen Kirchen- und Schulgemeinden. Die Katholiken Sachsens sind infolge ihrer großen Minderheit nicht in der Lage, ihre Beschwerden bei den gesetzgebenden Körperschaften anders als auf dem Wege der Bitte zu vertreten. Es dürfte aber selten das (Berechtig- keits- und Billigkeitsgefühl bei einer Majorität so mächtig werden, daß sie zur Aenderung von Gesetzen schreitet, wenn sie durch diese Gesetze boa-ti po»»üivnto» geworden und im .Besitze materieller oder ideeller Vorteile gelangt ist. Wenn daher der Katholische Bürgerverein zu Dresden und die katholischen Schulvorstände der Erblaude in einer Petition an die Ständeversammlung um Abänderung des 8 3 des Parochiallastengesetzes herantraten, so mußte hier der Appell an das Gerechtigkeitsgefühl mit jenem an das Billigkeits gefühl verbunden werden. Zur Zeit erscheint aber in unserer Ständekammer das letztere noch immer zu sehr unter dem Banne der Animosität zu stehen; von hier aus finden daher die Katholiken keinen Protestanten, der für sie ein Wort sprechen und bei den evangelischen Abgeordneten ihre Sache vertreten würde. Die Regierung hat sich auf einen merklich freundlicheren Standpunkt den Beschwerden der Katholiken gegenüber gestellt; sie anerkennt wenigstens, daß sie nicht der Berechtigung entbehren. Statt aber von diesem Gesichtspunkte aus die Gründe zu prüfen, welche sie selbst zu diesem llrteil gelangen läßt, sucht sie ihr eigenes Wort zu desavouieren. Es ist das schwer be dauerlich, weil, wenn sie die Erkenntnis von der llnhalt- barkeit des 8 3 hat, sie auch verpflichtet wäre, das Ge wissen der Ständeversammluug durch die eigene objektive Berichterstattung zu schärfen. Wir wollen im Nachfolgenden die Einwendungen der Negierung, hinter die sich ja der ganze Deputationsbericht urteilslos versteckt, einer notwendigen Revision unterziehen, einer Revision, welche eigentlich Pflicht der El.,.en Kammer selbst gewesen wäre; sie sollte doch nicht unwidersprochen lassen, wenn die Regierung sich selbst in Widersprüche ver- wickelt. Der Herr Kultusminister sagte, es sei den Evange lischen im Mandate vom 10. Fcbr. 1807, das die Rezeption der katholischen Kirche verfügt, ausdrücklich das Recht zu- gesichert worden, daß sie bei all ihren Rechten, insbesondere auch bei ihren Einkünften und Nutzungen belassen werden sollen. Nun aber sei den evangelisch-lutherischen Kirchen- und Schulgemeinden bis zum Jahre 1807 das aus schließliche Recht dinglicher Besteuerung einge räumt gewesen. Folglich bestehe der H 0 des Parochiallastengesetz, welcher den Kernpunkt der der Beschwerden für die .Katholiken bilde, kraft historischen Entwickelung zu vollem Rechte. Demgegenüber ist folgendes festzustellen. Das Mandat sagt allerdings, daß die evangelisch-lutherischen Kirchen- und Schulgemeinden in allen ihren Rechten, insbesondere Einkünften und Nutzungen belasseil werden sollten. Es ist aber wohl zu berücksichtigen, daß zu dieser Zeit eine besondere Besteuerung des Grundbesitzes für Kirchen- und Schulzwecke nicht stattfand, also wohl auch von einem ausschließlichen dinglichen Bestcuerungsrecht der evangelisch- lutherischen Kirchen- und Schulgemeinde nicht die Rede sein kann. Hierzu kommt aber, daß zu jener Zeit katholischer Grundbesitz überhaupt nicht vorhanden war, da bis zur Rezeption der Katholiken i. I. 1807 Katholiken in den Sächs. Erblanden Grundbesitz nicht erwerben durften. Selbst aber angenommen, daß jenes Mandat sich auf das dingliche Besteuerungsrecht mit erstreckt haben würde, so wäre das doch insoweit hinfällig geworden, als eben durch H 33 der Verfassungsurkunde den Bekennern beider Konfessionen (der evangelisch-lutherischen und der katholischeil) gleiche bürgerliche und politische Rechte eingeräumt worden sind. Wenn trotzdem das Parochiallastengesetz vom Jahre 1838 namentlich dessen § 3 und zwar, wie der Referent, Herr v. Schönberg, der Ersten Kammer ausführte, mit Zustimmung des damaligen Prinzeil Johann und des Bischofs Mauermann, zustande kam, so lag das in den damaligeil Verhältnissen. Es kam zn jener Zeit der katho lische Grundbesitz kaum in Betracht. Weiter fand jener Paragraph die Zustimmung der beiden hervorragenden Vertreter der Katholiken sicher mir deshalb, weil bereits bei Beratung jenes Gesetzes in Aussicht gestellt wurde, der Staat werde die Hälfte des Normal- anfwandes für die katholischen Kirchen nnd Schulen mit Rücksicht ans die Beitragspslicht des, katholischen Grundbesitzes für die evangelisch-lutherische Kirche und Schule, auf die Staatskasse übernehme». Es ist dies auch tatsächlich durch die Verordnung vom 21. Oktober 1841 geschehen. Leider kam diese gerechte und billige staatliche Entschädigung der Katholiken durch die neue Verordnung vom 4. April 1870 wieder in Wegfall. Es entstand also erst durch die Beseitigung der so lange Jahre gewährten Entschädigung für die Katholiken der Grund, ans die Abänderung des rs 3 des Parochiallasten gesetzes hinznwirken. Es ist somit die Sachlage gegen damals eine ganz andere geworden. Der katholische Grundbesitz hat sich bedeutend vermehrt, die Beitragspflicht für evan gelisch-lutherische Kirchen und Schulen ist geblieben. Die Uebernahine der Hälfte des Aufwandes für die katholischen Kirchen und Schulen aber ist in Wegfall gekommen. Bezüglich des zweiten Petitions-Punktes, betreffend die Besitzverändernngsabgaben, welche voll und ganz den evangelisch-lutherischen Kirchen- und Schnlkassen znfließen, riet der Herr Kultusminister den Petenten die Anrufung einer Entscheidung des Oberverwaltnugsgerichtes an. Die Katholiken hofften aber umsomehr diesen Weg nicht be schreiten zu müssen, als ja »och heute zwei sich diametral entgegenstehende Entscheidungen des Kultus ministeriums zu Recht bestehe». In der Lausitz gilt noch heute in einigen Gemeinden die vom Kultusminister früher ausgesprochene Entscheidung, daß die Abgaben Person- licher Natur seien und daher den Kassen der Konfessionen znfließen müssen, während in den Erblanden diese Abgaben als dingliche erklärt worden sind, die demzufolge in die Kasse der evangelisch-lutherischen Mehrheit fließen. Eine Ansicht kann aber doch nur die richtige sein, und man sollte meinen, daß schon deshalb für die Regierung aller Anlaß gegeben sei. die Sache ans eigener Entschließung in be friedigender Weise zn regeln. Was die von der Regierung empfohlenen Vereinbarungen zwischen den verschiedenen Konfessionsgemeinden anlangt, so hat die vom hochwürdigsten 'Bischof angeführte erfolgte Ablehnung eines solchen Entgegen kommens in Bautzen gezeigt, daß auf diesem Wege kaum viel zu erreichen sein dürfte. Der Herr Kultusminister nahm es übel, daß die Petition von dem Schweigen der Regierung über ihre Ansicht zu dem dritten Beschwerdepnnkt Notiz nahm. Dieser Punkt behandelt die unerklärliche Tatsache, daß nämlich die Steuern, welche von Aktiengesellschaften und sonstigen juristischen Personen ans dein Gewerbebetriebe gezahlt werden, ausschließlich oder doch nahezu ausschießlich der ev.-lnth. Kirchen- und Schulgemeinde zufließen. Und weil sich die Regierung bereits im letzten Landtage über diesen Punkt der Petition vollständig auöschwieg, so wurde dieses in der neuen Petition besonders also vermerkt: „Man wird wohl nicht fehl gehen, wen» man annimmt, daß man da- gegen absolut keinerlei Gründe anznbringen wußte. Aktien gesellschaften lassen sich eben nicht ohne weiteres als zur evangelisch-lutherischen Kirche gehörig er- klären!!" Nun durfte man doch annehmen, daß der Herr Kultus- minister dieses Versehen der Regierung, sich^zn diesem Punkte zn äußern, wieder gut machen werde. Statt dessen hielt er diesen Satz für das Kultusministerium, ja sogar für sich selbst persönlich in hohem Grade verletzend. Nie- mand wird das wohl mehr bedauern, als die Petenten, denen es absolut fern lag. verletzen zn »vollen. Aber sie werden sich ebenso nach dem Grund fragen, worin etwas Verletzendes sowohl für die Regierung als gar für die Person des Herrn .Kultusministers liege; bei objektiver Prüfung ist nichts solches zn entdecken. Da der Herr Kultusminister aber auch diesmal es vorzog, mit einigen Redewendungen dem Kern der Frage ans dem Wege zn gehen, so gewinnt es fast den Anschein, daß das Ver letzende in der Verlegenheit begründet ist, welche die hohe Regierung fühlt, wenn sie »ach den rechtliche» Gründen für diese Verordnung gefragt wird. Während bei den Grundbesitz- und BesitzverändernngS- abgaben hierfür doch immerhin die jetzige Gesetzgebung als Begründung dient oder doch als anwendbar betrachtet wird, so ist für die Abführung der Abgaben der Aktiengesellschaften und juristischen Personen an die Mehrheitsgemeinden keine gesetzliche Bestimmung geltend gemacht worden. Wohl ist znzngeben. daß die Bestimmung an sich paritätisch lautet, insofern als gegebenen Falles auch den kath. MehrheitSgeineinden diese Abgaben znfließen würden. In der Wirklichkeit würde es aber nur der Fall sein, »venu beide Konfessionen in annähernd gleichen Zahlenverhältnisse beständen. So ist es aber von vornherein ausgeschlossen, daß die Katholiken in den Erb landen überhaupt jemals Mehrheitsgemeinden erlangen, während es in der Lausitz nur eine einzige kath. Mehr- heitsgemeinde mit einer Aktiengesellschaft gibt. Man sieht hieraus also, daß von einer wirklichen Parität nicht gesprochen werden kann. Hierzu kommt aber, daß gerade die meistens indu striellen Aktiengesellschaften den Katholiken große Opfer anflege», als durch die Herbeiziehnng kath. Arbeiter seitens solcher Unternehmungen der Aufwand für ihre Kirchen und Schulen fortwährend steigt. Es wäre also nur ein Akt der Billigkeit und ansgleichender Gerechtigkeit, wenn die von den Aktiengesellschasten gezahlten Abgaben nach Ver hältnis der Mitglieder der betr. Kirchengemeinde bez. nach Verhältnis der Schulkinder verteilt würden, »nie dies ja auch mit Recht mit der vom Staat den Schulgemeinden überlassenen Häste der Staatsgrnndstener geschieht. Uebrigens soll ja gern anerkannt werden, daß die Staatsregiernng den katholischen Kirchen- und Schulgemeinden in wohlwollender Weise Unterstützungen gewährt hat. Aber das sind eben nnr Zeichen von Wohlwollen, die aber auch so gut versagt werden können. Deshalb ist es den Petenten kaum z» verargen, »venu sie feste gesetzliche Bestimmungen Schweizer Brief. Ans dem weiten Gebiete der Elektrotechnik geht es mit Riesenschritten vorwärts, ein Problem nach dein anderen wird gelöst. Wohl keinem dieser Probleme wird zur Zeit wenigstens in der Schweiz so großes Interesse entgegen gebracht, als dem der Umwau dlnng des Dampf- betriebes der Eisenbahnen in elektrischen Betrieb. Es ist dies begreiflich, wenn man erwägt, von welch außer ordentlicher Bedeutung diese Umwandlung für die Schweiz wäre. Fürs erste hat das Land keine Kohlen nnd ist mit seinem Kohlenbedarf vollständig auf das Ausland ange wiesen. Durch die Einführung des elektrischen Betriebes für die Eisenbahnen würde cs jedoch unabhängig von dem ausländischen Kohlenmarkt. Fürs anöere hat die Schweiz reichlich genügend Naturkräfte, um durch deren Ausnützung die nötige elektrische Kraft zu erzeugen. So wird es denn allseitig mit Genugtuung begrüßt, daß das Problem der Verwendung elektrischer Kraft zum Betriebe der Normal- bahnen rascher vorwärts schreitet, als man noch vor kurzer Zeit zu hoffen gewagt hat. Seine Lösung in der Schweiz steht bevor. Der Maschinenfabrik Oerlikon bei Zürich, welche schon seit Jahren Versuche mit dem elektrischen Bahnbetrieb gemacht hat, scheint nunmehr die Lösung der Aufgabe geglückt zu sein, sogar bezüglich der Bergstrecken der Normalbahnen, und das ist für die Schweiz vor allem wichtig, ist man zu befriedigenden Resultaten gelangt. Es würde mich zu weit führen, wenn ich ganz speziell auf die Sache eingehen wollte, nur das sei noch erwähnt: Der Ueber-ang vom Dampfbetrieb zum elektrischen kann sich allmählich vollziehen und nur entsprechend der Möglichkeit. Kraftquellen zu erstellen; die für den elektrischen Betrieb hergerichteten Strecken können nach wie vor mit Dampf- Lokomotiven befahren werden. Mit verhältnismäßig geringen Kosten können die einzelnen Strecken für den elektrischen Betrieb hergerichtet werden. Die jetzigen Lokomotiven nnd das gegenwärtige Rollmaterial müsse» nicht beseitigt, sondern können voll ausgcmitzt werden. Die gesamten Bahn- einrichtnngen nnd damit geivaltige Summen nationalen Vermögens bleiben erhalten. Wenn alle diese Erwartungen auch die einer Ersparnis von ca. 20"/„ der Betriebsausgaben bei elektrischem Betriebe, der Normalbahnen sich erfüllen, so bedeutet die in nicht zn ferner Zeit zu erwartende Ein führung dieses Betriebes einen gewaltigen Fortschritt für die Eidgenossenschaft. In dieser Frage sind gewiß alle Parteien und alle Gegenden der Schweiz einig, »veil alle in gleicher Weise dabei interessiert sind. In einer anderen Frage, welche jetzt ebenfalls ans der Tagesordnung steht, ist dies nicht der Fall. Es betrifft dies die Errichtung einer Zentral- notenbank, einer Nationalbank, wie sie genannt werden soll. Diese Errichtung ist schon zweimal an der Sitzfrage gescheitert, d. h. man kann sich nicht einigen, wo die Bank ihren Sitz haben soll. Zürich und Bern stehen sich da feindlich gegenüber, jede dieser Städte beansprucht die Bank für sich und keine will nachgebcn. Es herrscht da ein ähnliches Verhältnis wie seinerzeit bei Errichtung des deutschen Reichsgerichts zwischen Berlin und Leipzig. Um nun das Zustandekommen einer Schweizerischen Zentral- Notenbank, welche für die kommerziellen Interesse» der Eidgenossenschaft von großer Bedeutung ist. nicht wiederum zu gefährden, soll bei dem dem Volke vorznlegenden Gesetz- entwürfe die Entscheidung über die Sitzfrage vollständig ausgeschieden werden. Diese Frage soll vielmehr einem besonderen Bundesgesetze Vorbehalten sein. Dagegen erheben sich nun einmütig die Züricher Zeitungen aller Schattierungen, ebenso die Zeitungen der Ostschweiz. Sie fürchten, daß die Entscheidung durch BundeSbeschlnß gegen Zürich ans- fallen könnte. Der Grnndto» aller Einwendungen ist klipp nnd klar: Lieber keine zentrale Notenbank als nicht in Zürich! Zugegeben muß allerdings werden, daß Zürich als größtes Gcnieinwese» nnd bedeutendste Handels- und In- dnstriestadt der Schweiz das erste Anrecht ans den Sitz der Bundesbank hat. Merkwürdigerweise soll die Hanptopposition gegen Zürich von Basel ausgehen, das es seinem Prestige als Handelsplatz glaube schuldig zn sein, mit aller Ent schiedenheit die Verlegung des Banksitzeü nach Zürich bekämpfen zn müssen. Sollte dabei vielleicht ein klein wenig Eifersucht mit im Spiele sein'-' Diese »nnß eben überwunden werden, »vo es sich »in einen so bedeutenden Fortschritt handelt, wie es die Errickitnng einer zentralen Notenbank für die Schweiz ist. Basel ist doch eine Stadt des Fortschritts; dies hat r« jetzt »nieder gezeigt, indem es die Einsührnng des Stimmzwanges bei Wahlen in die Hand genommen. Es haben sich allerdings verschiedene Stimmen erhoben gegen einen Zwang, »vo es sich um ein schönes Recht handelt. Doch sie vermochten die Mehrheit nicht zn über zeugen. Es mußten natürlich auch Geldbußen festgesetzt werden für diejenige», welche der Wahl sernbleiben. Einen Stein des Anstoßes bildet min für viele die Haftandrohung für den Fall, daß die Geldbuße nicht bezahlt wird. Diese Bedenken sind begreiflich; doch »venu man will, daß das Gesetz die beabsichtigte Wirkung ausübt, so »nnß man auch dieses Hilfsmittel notgedrungen mit in den Kauf nehmen. Vorhin habe ich Basel eine Stadt des Fortschritt« ge nannt; früher hieß es immer das frommc 'Basel. Diesen Namen erhielt es hauptsächlich wegen seiner MissionStätig