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In der Nachmittagssitzung am Freitag sührte Dr. Krone setiva folgende» aus: Wir stehen voll und ganz zum großdeutschen Ge. danken, doch müssen wir uns als politische Bewegung schon jetzt die Frage vorlegen, gibt es eine Realisierung des groß- deutschen Gedankens, und welche Wege führen zu dieser Reali sierung? Nicht um diese Frage morgen zu lösen, sondern um daran zu arbeiten, damit, wenn die Idee einmal reif ist, wir nicht mit Lampen ohne Oel daslehen. Ich sehe nur einen Weg der Realisierung des großdeulschen Gedanken, den auf demo» kratisch-republikanischer Grundlage. 1618 ist der Staat neu geschaffen worden. Die staats bildende» Kräfte lagen damals nicht bei einzelnen Schichten, sondern beim Volke. Das Zentrum hat an dieser Schaffung des Staates milgearbeitet und ihm eine Richtung und Form ge geben, die mit unserer katholischen Auffassung in Einklang steht. Es hat aber auch den heutigen Staat erhalten, als er drohte, zusammcnzubrcchcn. Die Sendung unserer Partei ist noch nicht vorbei. Das Zentrum mutz wirklich im Volke stehen und mutz aus dem gesamten Volke seine politischen Richtlinien holen und ziehen. Hier liegt das Fundament unserer Partei, und hier seine Stärke. Die Richtung, die der Staat heute durch Marx hat, mutz gewahrt bleiben. Wir sehen Kräfte am Werke, die in der bisherigen Tradition des Zentrums Wandel schaffen möch ten. Wir lehnen eine Politik ab, die mit den Begriffen bür gerlich und proletarisch operiert, denn wir wollen das ganze Volk sehen, nicht aber, daß man wieder einen Teil des Volkes in die Staatsnegation treibt. Wir verstehen es tatsächlich nicht, daß es Menschen gibt, die sich rühmen, Nichtpolitiker zu sein, die sich rühmen, nur Wirtschaftler zu sein. Dann sollen sie aber keine Politik machen. Wir wissen ganz genau, daß wir als junges Zentrum sehr wenig zu konkreten Fragen und Ge setzesvorlagen Stellung nehmen können. Es geht uns das Wis sen dazu ab. Es geht um eine grundsätzliche Haltung, die wir haben müssen, und die erlangen wir am besten durch Führer, die fest und sicher in der Tradition sind. Wir wollen alles das, was Tradition war, in unsere Bünde weiter tragen. Zum Schluß erinnere ich an die 10jährige Wiederkehr des Tages des Kriegsbeginns und an die Art, wie er von den verschiedenen Strömungen begangen werde. Auch für uns gibt cs hier eine Stellungnahme, und zwar ist es die, die heute in der Festpredigt zum Ausdruck kam, nämlich, daß wir die sitt liche Verpflichtung haben, die Macht in den Händen zu behalten, denn bei uns liegen die staatsbildenden Kräfte, die die Möglichkeit geben für eine dauernde gesunde Staatspolitik. Wir Windthorstbündler wollen in Ehrlichkeit und Offenheit Mit arbeiten, damit gemäß der Tradition die Sendung des Zen trums Wirklichkeit werde. Die Diskussion befaßte sich zunächst mit einem Versuch, die Begriffe Republik und Monarchie weiter zu klären und sührte in ihrem ferneren Verlauf zu einem überwältigenden Bekenntnis zur demokrati schen Republik. Auch die Frage des Zusammengehens mit an deren republikanischen Gruppen wurde erörtert und in dem Sinne bejaht, datz dieses Zusammengehen in gewissen Augen blicken eine Notwendigkeit sei, und daß dann sämtliche Tüfte leien und Ängstlichkeiten, die sich aus der Verschiedenheit un seres republikanischen Ideals, von dem der anderen Gruppen ergeben, ausgeschaltet werden müßte. Dr. Teipel, Berlin, wandte sich gegen die Kritiker, die aus unserem Bekenntnis zur Repu blik und zur schivarz-rot-goldenen Fahne ein Bekenntnis zum sozialdemokratischen Staat machen wollen. Was wir Republik nennen, ist etwas ganz besonderes, ist aus uns selbst heraus- gewachscn, und wir hängen mit unserm ganzen Herzblut daran. Mit hinreißenden Worten zeichnete Redner ein Bild von der Schönheit des christlich-demokratisch-republikanischen Staats ideals und schloß seine Ausführungen mit einem Hoch auf die junge deutsche Republik, das von der Versammlung begeistert ausgenommen wurde, und einen nicht endenwollenden Beifalls sturm auslöste. Gegen 6)4 Uhr schloß darauf der Leiter, Stu dienassessor Wiesner, die Versammlung. » Sonnabend vormittag sprach in 1 Mündigem Vortrag Dr. Hammacher über die „Aufgaben der deutschen Außenpolitik". Er führte u. a. aus: Ich fasse bemüht die Aufgaben der deutschen Außenpolitik derart zusammen, indem ich sage, die Aufgaben, die notivendig sind, sind deutscher und dann europäischer Natur Ich glaube annehmen zu dürfen, datz die Aufgaben Deutschlands not wendig darin liegen, 1. di« Freiheit für das deutsche Volk zu erringen und 2. den Frieden Europas mit zu sichern. Zur deut schen Außenpolitik gehört die Idee der Reichseinheit, des Reichs gedankens und der Wahrung der Reichseinheit. Diese Reichs einheit ch notwendig für den Frieden der Völker Europas. Da mit verbinde ich den Reichseinheitsgedanken mit dem Gedanken und der Idee des Abendlandes, der dafür eintritt, datz die Völker Europas eine innere Kultureinheit sind und auch sckon im Mittelalter gewesen sind. Diese Idee mutz für uns eine har monische Klarheit auslösen, weil wir uns verbunden fühlen mit der vorhin erwähnten Enzyklika des Papstes und mit der Kul turmacht des Katholizismus. Mag die Idee des Abendlandes auch als „Völkerbund", als „Vereinigte Staaten Europas" oder als „Europäismus" bezeichnet werden, wenn wir die Neichsein- heit bewahren wollen, dürfen wir nicht nur nach Westen schauen, sondern müssen auch Verständnis dafür haben, datz Westen und Osten aneinander grenzen, daß sie sich gegenseitig bedingen, in wechselseitigen Beziehungen stehen, von einander abhängig sind und sich gegenseitig unterstützen müssen. Gerade hier im Osten Deutschlands nehmen wir auch Veranlassung, auf die ernste Lage im Osten zu schauen. Drüben in den großen Gebieten der rus sischen Steppen ist das große X, von dem wir ahnen können, datz dieses große Unbestimmte uns und Europa einmal gefährlich werden kann, daß dieses große Unbestimmte des russischen Flachlandes einmal mit einem starken aktiven Faktor an der Südküste des Schwarzen Meeres sich verbinden könnte. Wenn wir die deutsche Außenpolitik der letzten Jahre ver folgen, dann sehen wir, daß sie nicht ohne Erfolg geblieben ist. Wenn wir jetzt in London einen Schritt weiter kommen, ivenn das Sachverständigengutachten vorliegt, dann sind wir von der Notwendigkeit durchdrungen, daß in erster Linie der wirtschaftliche Wiederaufbau Deutschlands und der europäischen Länder erfolgen und die politische Einheit des deutschen Volkes wieder hergestellt werden müsse. Wenn wir so weit kommen, ist das ein Erfolg langer geduldiger Arbeit. Wir leben noch viel zu viel in der Zeit der geistigen Machtpolitik, wir müssen hinüber in die machtvolle G e i ste s p o l i ti k. Wenn die öffentliche Meinung des Auslandes jetzt anfängt zu unseren Gunsten umgestimmt zu werden, so danke» wir das nicht zuletzt dem Zentrum. Wir müssen etivas moderner im Sinne eines tüchtigen Kaufmannes werden. Die deutsche Politik muß die Einstellung des Auslandes mehr beobachten. Es geht jetzt ein Sehnen nach Frieden durch alle Völker. Und wenn wir Katholiken für den Frieden werben, dann tun wir das, weil wir Deutsche, weil wir Katholiken sind. Wir dürfen in der Propaganda für den Pazifismus nicht über die Grenzen hinaus gehen, weil wir als Deutsche Pf lichten gegenüber dem eigenen Volke haben und diesen Pflichten gegenüber der Nation gerecht werden müssen. Es ist eine Notwendigkeit für den Frieden Europas, daß das deutsche Volk eine starke Volkspersönlichkeit wird. Ein weiteres Mittel der deutschen Außenpolitik ist die Selbstdisziplin, Einordnung, treue Gefolgschaft. Wir haben ge klagt, daß das deutsche Volk keine Führer habe. Eine Gegen frage: hat das deutsche Volk immer treue Gefolgschaft geleistet? Sich dem deutschen Volk und dem Reichskanzler zur Verfügung gestellt? Dann wäre vielleicht am Rhein manches Elend erspart geblieben. Darum müssen wir Mittel zur deutschen Außen politik finden und ein Mittel davon ist eben die treue Gefolg schaft. Aber ein Volk, das durchsetzt ist von Gegensätzen, real politisch, ständisch, gesellschaftlich, ist unfähig, die Politik ge schlossen zu führen. Und da das eben nicht möglich ist, kommt vielleicht eine andere Möglichkeit in Betracht. — Ein aktives Mittel zur deutschen Außenpolitik ist die starke, selbstbewußte, zielsichere, abgeklärte, redliche Persönlichkeit. Redner wies bei dieser Gelegenheit hin auf die redliche, feste Persön lichkeit unseres Reichskanzlers, zeichnete ein Bild seines ge raden Charakters und gab der Genugtuung Ausdruck, daß er aus dem Zentrum hervorgegangen ist. Als nüchtern und klar denkende Meschen wollen wir nach Osten und Westen schauen und uns bewußt sein, daß uns Liebe und Achtung besser Hilst, als Haß und Hader und Streit. Der katholische Volksteil muß sich der deutschen Politik zur Ver fügung stellen und helfen, den Frieden Christi im Reiche Christi wiederherzustellen, tun wir das. so handeln wir im Sinne der päpstlichen Enzyklika. Nachdem der Versammlungsleiter dem Redner herzlichste Worte des Dankes gewidmet hatte, wurde ein Telegramm vor gelesen, das die Reichstagung an Reichskanzler Marx sandte: „Die in Glatz aus allen Teilen des Reiches versammelten Vertreter des Reichsverbandes der deutschen Windthorstbünde grüßt im Bewußtsein der dem neuen deutschen Staat von in nen und außen drohenden Gefahr den verantwortlichen und pflichtbewußten Leiter der deutschen Politik, dankt ihm und spricht ihm ihr rückhaltloses Vertrauen aus." In der Diskussion war es wieder Reichstagsabgeordneter Ioos, der vorzügliche Klarstellungen gab. » Das Ergebnis der Verhandlungen in Wartha und Glatz fand Ausdruck in folgenden am Sonntag gefaßten Resolutionen: 1. „Die Reichstagung des Verbandes der deutschen Windthorstbünde wiederholt mit Nachdruck ihr Hildesheimer Bekenntnis zu dem in Weimar begründeten deutschen Staat und sieht es als eine besondere Pflicht der Bünde an, diesen Staat innerlich <und äußerlich zu stärken und im Herzen des deutschen Volkes immer tiefer zu befestigen. Die nationale Einigung aller Deutschen zu einem föderalistischen Groß- deutschland ist ihr ein heißerstrebtes Ziel. Sie betont von neuem auch die sittliche Verpflichtung zur Mitarbeit an den Aufgaben des neuen Staates im Sinne der Vertiefung des Volksgemeinschastsgefühls und der Sicherung und Lebendig erhaltung des demokratischen und sozialen Gedankens bei der Führung der Reichsgeschäfte. Angesichts der unverminderten Hartnäckigkeit, mit der die Feinde des neuen Staates offen und geheim, mit Gewalt und List ihr Zerstörungswerk fortsühren, betrachtet sie die zielbewußte Zusammenarbeit aller derer, die den Weimarer Staat bejahen und Anhänger der Republik sind, als ein Ge- bot der Stunde und empfiehlt allen Bünden höchste Wachsam- keit und Energieentfaltung." 2. „Die in Glatz versammelten Vertreter der Windthorst bünde bekennen sich als lebendige Christen aus der Kraft ihres Glaubens und- im Bewußtsein der natürlichen und historischen Aufgaben Deutschlands zu einer aktiven Politik der Verständigung und Versöhnung der Völker Europas. Sie sehen in einer solchen Politik zugleich die beste Gewähr für den Bestand des Reiches und eine Bürgschaft für die Erfüllung des großdeutschen Gedankens." Um 11 Uhr versammelten sich nochmals sämtliche Teilneh mer der Tagung sowie eine ganze Anzahl Glatzer Bürger zu der Schlußsitzung, die im „Glatzer Hof" stattfand. Die Schlußrede hielt Frau Ministerialrat Weber, die sich zum zweitenmal der weiten Fahrt nach Schlesien unterzogen hatte: „Wir stehen," so führte sie ungefähr aus," am Ende einer Tagung, die sich mit den verschiedensten Fragen, vor allem über die Fr-rge Volk und Staat auseinandergesetzt hat. Heute wollen wir aus all den Arbeitsgedanken heraus einen großen Ge danken als den letzten noch einmal neu in uns erstehen lassen: das ist der Gedanke des deutschen Vaterlandes. Der heutige Tag ist der Tag der Toten. Es ist ein Trauersonntag, weil die- ses Reich zerstückelt wurde und ohnmächtig und unfrei vor uns liegt und an diesem Tage haben die Toten einen Mahnruf für uns: Wir arbeiten für Deutschland! Die Toten rufen uns zu: Seid einig! Ich weiß, daß die einen, weil sie das Vaterland lieben, zunächst an den Frieden denken und die anderen, ebenfalls weil sie das Vaterland lieben, an die Freiheit. Mber über alles hinweg müssen.wir das Vaterland stellen. Arbeiten am Vaterlande ist deine Pflicht, je mehr du an deinem Traume hängst und je mehr du Ideale hast. Das Vaterland wird seine Freiheit niemals wiederfinden, wenn nicht das Christentum das Volk durchdringt und die so zialen Gegensätze ausgleicht. Wie schwer ist es bei spielsweise, heute ein Gesetz zu machen, das die Gruppen gleich mäßig und nicht nur eine Gruppe belastet. Den einen Willen hat die Jugend: nicht Bürger, nicht Proletarier, sondern Volk zu sein und in und mit dem Volke den Staat zu finden und dem Staat zu geben, was des Staates ist. Im Namen des Va terlandes und im Namen des Christentums deutsches Volk, deut sches Christentum, sei einig, einig, einig!" Bausteine für das Realschule und Internat zu Dresden werden fortlaufend vergeben. Lin jeder Leser unserer Zeitung möge für die Aus bildung unserer geistigen Führer in unserer sächsischen Diaspora nach seinem gegenwärtigen Rönnen einen Betrag, ganz gleich in welcher Höhe, auf das untenstehende Postscheckkonto einsenden. Nach Eingang der Sendung erhält jeder Spender eine mit dem künstlerischen Entwurf des geplanten Gymnasialgebäudes versehene Urkunde über die Erwerbung seines Bausteines, wir hoffen, daß an diesem großen Werk sich jeder Ratholik beteiligen wird. Die Beträge wolle man einsenden auf das Postscheckkonto Dresden der Sächsischen Volks zeitung unter dem Aennwort „Baustein für St. Benno-Gymnasium".