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Sächsische Volkszeitung LflenStag oen l i. November 1913 Nr 2ttl — Seite 6 übersichtlicher Reihenfolge alle die Bestiimmmgen zusam- menfaßt, die jeder von dem Wehrbeitragsgesetz Betroffene wissen muß, wenn er sich vor Bestrafung (unter Umständen 6 Monate Gefängnis) schützen will. Zu beziehen durch A. Lachmunds Verlag, Breslau 1, Postfach, und durch die Buch- ',andlungen. Preis 2 Mark, Nachnahme 2,-10 Mark. Eine Antwort auf RoerrnS Broschüre „Zentrum und Kölner Richtung". In einer Rede zu Krefeld am 20. Ott. hat sich Justizrat Dr. Karl Bachem eingehend mit der ge- samten Agitation der „Quertreiber" und insbesondere mit der „Definition" des Zentrums befaßt, welche trotz allem und allem immer wieder von Geheimrat Roeren vertreten wird. Diese Rede ist nunmehr im Sonderdruck erschienen, vermehrt um einige Zusätze, welche die Rede an sich allzu ausgedehnt gemacht haben würden. Sie führt den Titel „Zentrum, katholische W'ltanfchauung und allgemeine Poli tische Lage", und ist gegen 00 Pf. in Briefmarken zu be- ziehen durch die Geschäftsstelle der „Niederrheinischen Volks- zeitung" in Krefeld. Sie geht vor allem aus die prinzipielle Seite der Sache ein und weist nach, daß die Roeren'che „Definition" sowohl von Politischem Standpunkt der Zen- trumSpartci als auch von streng kirchlich-katholischem Stand punkt aus nun einmal falsch und verwerflich ist. Jedem, der sich etwa durch den Widerstand des Zentrums gegen die Roerensche „Definition" in seinem katholischen Gefühl beunruhigt fühlen sollte, kann diese Broschüre nur bestens empfohlen werden, um Klarbeit zu erlangen. Sie gibt im wesentlichen eine Zusammenfassung der Gesichtspunkte, welche zu der bekannten, gegen die Roerensche „Definition" ge- richteten Erklärung des Landesausschusies der preußischen ZentrumSvartei vom 28. November 1909 geführt haben. Kunst. Mstenichaft und Varkrüae I Dresden, 9. Novnnöer. Weshalb Professor Richard Burmeister und Adrian Rapvoidi ihre b»i>en Beerboven'- Abende als populäre bezeichnet haben, ist mir n cht recht klar ge> worden man müßte denn an d'e mäßigeren Emnittspreise denken. Aber trotz dieser unterschied sich die Zubörersch st am vsracii encn So nrbend kaum von der in Konzert» mit den gewo n rn bvheren E nttlttspreisen. Für die breitere Masse des „Volkes' wäre der KLustlerhaussaal doch auch nicht put gewäblt. Gespielt wurden drei Sonaten aus des Meisters erster Schafsensperiode (Nr. 3, 5 und 7). Lin baibleerer Saal mag ja kaum begeiste rst) wirken, aber trotzdem wünschte man sich das Zusammensviel pünktlicher, beim Flügel dazu mehr Zurückhaltung b sonders bei der erst» Sonate. Diele hätte auch in ihrem Adagio weit mehr osprossions vertragen. Mehr aus sich heraus girr err die Künstler, d>e im hiesigen Musik leben nicht '»bekennt sind, in der Frühlings- und in der letzien Sonate. Wenn Bucmeister—Noppoldi sich einmal besser au'ein- ander eingespielt haben werden sind wir eines hohen Genusses gewiß. Or. v. Dresden, S. November. In Aurelio Giorni lernten wir vergangenen Freitag einen Klabie künstler kennen, der als Ausländer vor allem in seiner Interpretation deuischer Musik inter essieren konnte. Schienen die Variationen von BrahmS etwas stocken, so bewiesen d e folgend» zwei L'ede von Schubert, daß der junge Italiener GefühlSmomente ganz prächtig herauSzuarbeuen vermag, Schumanns Kreislertana, dieses äußerst schwierige Werk erfuhren eine feine Gestaltung. In de» Spielers eigener Kom position verriet sich der geborene Musiker. Dieser Achtzehnjährige, der außer einer glänzenden Technik auch die Gabe künstlerischer Auffassung besitzt, wenn er den brutschen Ton auch noch nicht immer trifft, wird, falls nicht alle« täuscht, se'n n Weg gehen, der ihn zum Lorbeer führt v. I DreSde«. Konzerlmitteilungend er Firma H. Bock, Heute. Mittwoch, den 12. November. >/,8 Uhr. im Künstlerbaule Klavierabend von Conrad Hannß. — Karten bei tz. Bock, Prager Straße S, und an der Ab» kaffe. ! Konzerte. Arrangement und Eintrittskarten: A. Ries, König!. Hof-Muftkalien-Handlung, Konzertdirektton u. Pianomagazin (Inh. F. Plöiner), Seestraße 21 (Eingang N ngstraße). Mittwoch, 12. November. Uhr. Emmi, Rhode, Klavier, und Slngeltca Rummel, Gesang. Konzert. Palmen garten Mittwoch, 12. November, >/,3 Uhr. Magda Weil, Violine. Konzert. Mitwirkung: Sändor BLs. Klavier. Gewerbehaus, kleiner Saal. Handel und Verkehr st Sck,tach»v>,„vre1f« aus vrm -Slroiose zu Dre-d«» om 10. November 1913 nach amtlicher Marliprets sür Schlacht- «ul- 5V dich- lrteb Bezeichnung Lebend- jSchtacht- gattung Gewicht «tbck Ml. j Mk. Ochsen 172 I «ollstetlchtge, auSgemästete höchsten SchtachtwerteS dis zu s Jahren . 5,-53 »S-S8 2. Junge fleischige, nicht auSgemästete, — ältere auSgemästete n. Mästlg genährte pmge, — gut genährte 46—18 40-l3 88-90 ältere . . 82-38 285 «. Gering genährt- seden Alters . 35-SS 75 80 Lullen. l. Bolliletichige ausgewachsene, höchsten EckOnckOwerteS 5l-5:> 02-88 2. Volllletlchtge jüngere 47—50 87 «0 Mässtg genährte längere und gut ge nährte ältere 48-46 82-85 llnlbe» und 219 «. «erlüg genährte I. «ollstetschtge auSgemästcteNaiven höch- ttlche 61-53 92 -t6 sten TchlachtwerteS ?. Bollfletichtge, aiiSgemästetc stütze höch. sten Schlachtwerter bis zu 7 Jahre» 44-46 85-87 Nettere aurgemästete stütze u. gut ent wickelte längere stühe und stalben . . 40-43 7S-82 «. Gut genährte stühe u. mäh gen. Kalben 36-39 75-78 Srester . . . 5, Mäistg und gering genährte stühe »nd gering genährte stalben . . , Gering genährieS Jungvieh tm Alter von 8 Monaten b>S zu t Jahre , . , kMber , . 2g«! t. Dovpellendcr . 0 25 120-12k 2. Belle Mast, und Saugkälber , , > 54-8» lv5-:57 8. Mittlere Mast- und gute Saugkälber '0-82 11.0->02 «. Geringe Kälber . , 52-58 82—98 Schale 82« I. Mastlämmcr und jüngere Maslhamine' 50—52 >00-102 2, «eitere Masthammel . . , , 8. Mässtg genährte Hammel und Schale «8-47 88-84 Schweine 2512 «Merzlchafet. . . Bollfketsch. der feineren «asten u, deren 40-42 77-84 Kreuzungen im Alter btS zu l>/, Jahr 58 59 77—78 2. stielt,chwctne 59-80 7g 79 3. Fleischige «. Gering entwickelte 58 57 54-55 7b 76 78-74 5, Sauen und Sber, ....... 51-55 SS—73 zusammen «Il9 Ausnabmepreiie über Notiz Geschäftsgang: Bei Rindern, Kälbern und Schweinen langsam, bei Schafen mittel. — Ueberstand: Rinder IS (davon Ochsen 7, Bullen 12). Schweine 114. — Bon dem Auftrieb sind 48 Rinder und 86 Schafe österr.-ungarischer Herkunft. tr Dresden, lo. November. Brodakteadeeis« in Dresden. Preise <n Mark. W»tt>»> Schön. Stimmung: Ruhig. Weizen, pro 1000 Ic-- netto: feuchter und beschädigter 149 bis 161. brauner neuer (74—78 kx) 174—180, do. neuer (77 bis 78 kx> 182-184, russischer rot 217—227. Kansas 225—230. Argentinier 228-2 8. Dulu'h springt I 227 -228. Manitoba 3 und 4 219—225 Roggen, pro 1006 kA netto feuchter und be schädigter 140-144, tnlSnd (71—72kx) 154-156. do. (73 74 kx) 158-166. russischer alter . Sand (71 74 kx) >57-162. Berste, pro 1000 kx netto: sächsische 173-183, schlesische 182 -192, posener 182—192, böhmische 183-203, Futtergerste 130—150, Hafer, pro 1000 Kg netto: sächsischer, aller 161—167, do, N-uhafer 160-W8, feuchter u. beschädigter 137-152, schlesischer, alter 161—167, russischer , amerikanischer 161 l66. Mais, pro 1000 K«r: Einquantine, alt, 188 — 193, neuer . Rundmais 115-147, amerik, 119—157 La Plata gelb. 145—147, Erbsen pro 1000 Kg netto: Saat und Futter 175—196. Wicken sächsische 180—200. Buchweizen, inländ. 200—210, fremder 220 bi« 225 Oelsaaten, Winterraps, scharf, trocken, 275—2,0, do. trocken 270—275, do. feucht 255—265. Leinsaat, pro 1000 K^ netto: feine 250 bis 255, mittlere 230-210, La Plata 235, Bombay 255. Nllböl vro 100 k? mit Faß, raff. 73,00. Rapskuchen (DreS. Marken) lange 13,50, Leinkuchen, pro 100 kg (Dresdner Marken), l. 16,50, ll. 16,00. Malz, pro 100 Kg netto ohne Sack 29,50—81,00. Weizenmehl, l. Marlen, pro 100 kg netto ohne Sack (DreSd. Marken): KaiferauSzuq 85,00—86,50, GrießlerauSzug 34,00 bis »4 50. Semmelmehl 33,00—33.50, Bäckermundmehl »1.50-82.00, «rietzlermundmehl 24,00-25.00. Pohlmehl 20.00-21,60. Roggen. mehl pro 100 Kp- ohne Sack Dresdner Marken): Nr. 0 26,00-26,60 Nr. 0/1 25,00-25.59. Nr. 1 2460-24,50, Nr. 2 21,09-22.00 Nr. 3 19.50—20,69. Futtermehl 13.29-14,09. Weizenkleie grobe 10,0-1—10,40. seine 9,69-10,00. Roggenkleie 11.40 bi» 11,80. Die für Artikel pro 100 Ke: notierten Preise verstehen sich für Geschäfte unter 5000 kg. Alle andern Notierungen gelte« für Geschäfte von mindestens 10000 K.». Spielpl«« der Theater in Dresden König!. OvernhauS Mittwoch: Madame Butterfly. Anfang L llhr. Donnerstag: Coeur>AS. Anfang 8 Nhr. König!. Echausptellwns (Ostra-Allee) Mittwoch: Das Konzert Anfang 8 Nhr. Donnerstag: Mein sttteund T'ddh Anfang 8 Uhr. Albert-Theater M tiwoch: Die fünf Frankfurter. Anfang '/.9 Uhr Donnerstag: Das stärkere Band. Anfang >/«9 Uhr. Reffdenztbeatee Mittwoch und Donnerstag' Ball bei Hof. Anfang 8 Uhr. Sarrasant Theater Jeden Tag Vorstellung. Anfang 8,20 Uhr. BaittetsS Zentraltheater Anfang 8 Uhr, Muienballe Löbtau Auf. 8 Uhr. Vcktoria-Salon Anfang 8 Uhr. U.-T.-Lichtsp.,WatsenhauSst 3-11. Königshof Strehlen Ans. 8 Uhr. ' Spielpl«« der Theater i> Leipzig Neues Theater. Mittwoch: Der Freischütz. Donnerstag: Wollenstem« Tod. — Al'e 4 Theater Mittwoch: Die goldene Locke. DonnerSlag: Der fidele Bauer. — Operetten-Tbeater. Mittwoch: Filmzauber. Donnerstag: DaS Farmermädchen. — Schauspielhaus. Mittwoch: Der ungetreue Eckehart. Donners tag: Der lebende Leichnam. kine «Isliksts §upps: Ein Wnrjci von DF/46QI» kamilien-Suppv zu Iv Pfg. wird fein zerdrückt, mit etwas kaltem Wasser sorgfältig zu dünnem Brei angerührt und in stark Liter siedendes Wasser gegossen. Nach dem Wiederanikochen 20—25 Minuten bet kleinem Feuer kochen lassen. Isflss» vsnlsngv susiIi'ÜLirlivk KilKliKI» ksn,ilien-8uppv. — 22 - der herzoglichen Livreen gehalten war. Bielke servierte auch den Tee, wenn Prinzeß Renate ihren freilich recht spärlich besuchten Einpfangstag hatte. Sonst gestattete man sich den Luxus einer so vornehmen Bedienung nicht. Da genügte die Bedienung des Hausmädchens, Meta mit Namen. Man hatte die Suppe vergessen, die meist nur ans phantastischen Be standteilen hcrgerichtet war. Dann gab es etwas Fleisch und Gemüse und zu. letzt eine süße Speise, die ebenfalls von einer sehr sparsamen Küche zeugte. Prinzeß Renate besaß zu allen Untugenden auch noch die des Okizes. Haupt- sächlich am Essen sparte sie, wo und wie sie nur konnte. Das geschah haupt sächlich, um sich den Luxus eleganter Kleider ermöglichen zu können. Sie liebte es, sich möglichst vorteilhaft zu kleiden. Das geschah natürlich znm großen Teil auch ans Kosten ihrer Schwester. Prinzeß Lolo mußte meist die abgelegten Sachen ihrer Schwester tragen. Höchst selten bekam sie einmal ein billiges Waschkleidchen. Prinzeß Renate motivierte das damit, daß Prinzeß Lolo doch nur unachtsam mit ihren Klei dern umgehe und alles hernnterreiße. Selbstverständlich hielten die abge tragenen Kleider nicht so viel, wie neue, aber diesen Umstand ignorierte die zärtliche Schwester. Es vertrug sich sehr Wohl mit ihrem Stolze, daß sie von der Pension, die den Schwestern zu gleichen Teilen znkam, den weitaus größ ten Teil für sich verbrauchte. ' Prinzeß Lolo wußte das — aber sie verlor nie ein Wort darüber. Selbst wenn sie es gewagt hätte, ihrer Schwester Vorhaltungen darüber zu machen, so hätte sie es nicht getan. Sie war ein viel z» vornehmer Charakter, viel vornehmer als die stolze Schwester. Und mit ihren achtzehn Jahren kannte sie noch keinerlei Eitelkeit. Sie trug die abgelegten Kleider ihrer Schwester wie etwas Unabwendbares — wie ihr ganzes Schicksal, ohne sich davon im innersten Herzen Niederdrücken zu lasse». Fräulein von Birkhuhn wußte indes mit ihren geschickten Händen auch diese abgelegten Kleider so zierlich für ihren Liebling herznrichten und nm- znändern, daß sie dennoch der anmutigen, jngendfrischen Erscheinung ein hübsches Aussehen verliehen. Die bescheidene Mahlzeit wurde wie immer schweigend eingenommen. Prinzeß Renate musterte unausgesetzt mit ihren kalten Augen die junge, so viel schönere und anmutigere Schwester, ob sie nicht einen Anlaß zmn Tadel fand. Bei dem geringsten Versehen strafte sie Prinzeß Lolo in der Weise, daß sie ihr die ohnehin kärglich bemessene Kost teilweise entzog. Das unter stützte zugleich Prinzeß Renates Sparjämkeitsgelüste und ihren Groll auf dis jüngere Stiefschwester. Prinzeß Renate war nicht hübsch. Ihr Gesicht war im Gegenteil sehr gut geschnitten und erinnerte an die Antike. Aber die Augen blickten zu scharf und z» kalt, und um den Mund lag ein verkniffener häßlicher Zug, der sie noch alter erscheinen ließ als sie war. Auf ihre klassischen Züge bildete sie sich viel ein und hob sie stets hervor als Zeichen einer edlen Rasse. Sic suchte auch ihre immer mehr entschwindende Schönheit mit allen Mitteln festznhaltcn und verausgabte für kosmetische Salben und Mixturen mehr, als sic verantworten konnte. Die einzigen Worte, die sie bei Tisch sprach, waren tadelnde Bemerkunae» iilu-n die Schwester. — 23 — „Sitze doch endlich gerade, Lolo!" „Nimm nicht so viel Fleisch, daS ist ungesund." „Willst du dir von der süßen Speise einen Berg aufladen?' „Du hast schrecklich vulgäre Angewohnheiten. Ich werde dir einmal wieder den Nachtisch auf einen Monat entziehen müssen. Du wirst entsetzlich dick.' So und ähnlich lauteten die Ermahnungen, deren Ton unsagbar lieblos war. Prinzeß Lolo aß sich schon seit langer Zeit nie mehr satt bei Tische, und es war sehr verwunderlich, daß sie trotzdem so blühend und gesund anssah. Dieses blühende Aussehen ärgerte Prinzeß Renate ungemein. Wenn sie auch die Schwester als „zu dick" und „vulgär" aussehend be- zeichnete, hätte sie doch viel darum gegeben, deren jugendkräftige, edelgeglie derte Formen zu besitzen, denn sie selbst war viel zu hager, um schön zu sein. Prinzeß Lolo bot freilich einen um so herzcrfreuendercn Anblick. Aber wenn das gute Birkhühnchen nicht gewesen wäre und die ebenso gute Köchin, dann hätte das arme Prinzeßchen recht schmale, blasse Wangen gehabt, und das junge Blut wäre kaum so frisch und gesund durch die Adern Pulsiert. Diese beiden treuen Seelen, die Prinzeß Lolo liebten, hielten heimlich manchen Leckerbissen, manches frische Ei und kräftige Stück Fleisch für ihr Prinzeßchen bereit. Und der Parkwächter Bielke stellte oft ein Körbchen mit Waldbeeren in das „Tiisknlum". Das war ein kleines Borkenhäuschen im Park, in dem Lolo schon als Kind gespielt hatte und das sie auch jetzt aufsnchte. Auch heute stand Prinzeß Lolo nichts weniger als gesättigt vom Tisch auf mit dem Vorsatz, gleich nach her hinunter in die Küche zu huschen und zu sehen, ob die Köchin, Frau Bange- mnnn, noch etwas für sie in der Speisekammer hatte. Prinzeß Renate pflegte sich nach Tisch in ihren Salon znrückznziehcn. Dieser Salon war natürlich das hübscheste Zimmer im ganzen Hause. Alle einigermaßen ansehnlichen Möbel waren darinnen ausgestellt worden. Auch das für sic bestimmte Schlafzimmer mit einem kleinen, anstoßenden Garderoberanm war viel besser möbliert als znm Beispiel das ihrer Schwester. Diese und Fräulein von Birkhuhn mußten mit einer Zimmereinrich tung fürlieb nehmen, wie sie in guten Häusern vielleicht Dienstboten zukam, Ehe Prinzeß Renate ihre Schwester entließ, erteilte sie ihr noch einen Ver weis, weil sie zu geräuschvoll vom Tische avfgestanden sein sollte. „Wirst du dir nie diese vulgären Bewegungen abgewöhnen? Es ist unglaublich, wie du dich benimmst. Und dein Haar hängt dir wieder so wirr um den Kopf herum — es ist einfach unerhört," sagte sie mit unnachahmlich kränkendem Tonfall. Sie ärgerte sich, daß ihr glanzloses, straffes Haar nicht in so anmutigem, natürlichem Gelock ihr Gesicht umgab, wie das der Schwester Deshalb hatte sie immer etwas daran auszusetzen. Prinzeß Lolo faßte erschrocken nach ihrem .tzciar. „Ich habe cs vor Tisch erst ganz fest cingeflochten, Renate." „Das bezweifle ich. Du siehst aus wie ein Struwwelpeter. Aber natür lich, du kannst nie eine Ermahnung hinnehmen, ohne dich ungezogen zu ver- antworten. Das weiß ich schon. Fräulein von Birkhuhn Prinzeß Lolo wird heute abend zur Strafe ans ihrem Zimmer speisen — und Fleisch be- kommt sie nicht."