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DRESDNER PHILHARMONIE Pfingstsonntag, den 18. Mai 1975, 17.00 Uhr Pfingstmontag, den 19. Mai Dresdner Zwinger 1975, 1-7.00 uhr >18.30 Uhr Kongreßsaal DHM JOSEPH HAYDN 1732-1809 DIE SCHÖPFUNG Oratorium für Soli, Chor und Orchester Text nach Miltons „Verlorenem Paradies" von Lidley, ins Deutsche übertragen von Gottfried van Swieten Dirigent: GMD Prof. Martin Flämig Solisten: Gabriel, Eva: Barbara Hoene, Dresden, Sopran Uriel: Hans-Jürgen Wachsmuth, Halle, Tenor Raphael, Adam: Hermann Christian Polster, Leipzig, Baß Chor: Dresdner Kreuzchor Einleitung und Rezitativ (Raphael, Uriel, Chor) Arie (Uriel) mit Chor Rezitativ (Raphael) Solo (Gabriel) und Chor Rezitativ (Raphael) Arie (Raphael) Rezitativ (Gabriel) Arie (Gabriel) Rezitativ (Uriel) Chor Rezitativ (Uriel) Rezitativ (Uriel) Chor mit Soli (Gabriel, Uriel, Raphael) Rezitativ (Gabriel) Arie (Gabriel) Rezitativ (Raphael) Rezitativ (Raphael) Terzett (Gabriel, Uriel, Raphael) Terzett (Gabriel, Uriel, Raphael) mit Chor Rezitativ (Raphael) Rezitativ (Raphael) Arie (Raphael) Rezitativ (Uriel) Arie (Uriel) Rezitativ (Raphael) Chor Terzett (Gabriel, Uriel, Raphael) Chor ERSTER TEIL Die Vorstellung des Chaos Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde Nun schwanden vor dem heiligen Strahle Und Gott machte das Firmament Mit Staunen sieht das Wunderwerk Und Gott sprach: „Es sammle sich das Wasser" Rollend in schäumenden Wellen Und Gott sprach: „Es bringe die Erde Gras hervor" Nun beut die Flur das frische Grün Und die himmlischen Heerscharen Stimmt an die Saiten Und Gott sprach: „Es sei'n Lichter an der Feste“ In vollem Glanz steiget jetzt Die Himmel erzählen die Ehre Gottes ZWEITER TEIL Und Gott sprach: „Es bringe das Wasser" Auf starkem Fittiche schwinget sich Und Gott schuf große Walfische Und die Engel rührten ihre Harfen In holder Anmut stehn Der Herr ist groß in seiner Macht Und Gott sprach: „Es bringe die Erde hervor" Gleich öffnet sich der Erde Schoß Nun scheint in vollem Glanze der Himmel Und Gott schuf den Menschen Mit Würd’ und Hoheit angetan Und Gott sah jedes Ding Vollendet ist das große Werk Zu dir, o Herr, blickt alles auf Vollendet ist das große Werk DRITTER TEIL Rezitativ (Uriel) Duett (Eva, Adam) und Chor Rezitativ (Adam, Eva) Duett (Adam, Eva) Rezitativ (Uriel) Schlußchor mit Soli Aus Rosenwolken bricht Von deiner Güt’, o Herr und Gott Nun ist die erste Pflicht erfüllt Holde Gattin! Dir zur Seite <D glücklich Paar! Und glücklich immerfort Singt dem Herrn alle Stimmen ZUR EINFÜHRUNG Dreißig reiche Schaffensjahre hatte Joseph Haydn am Hofe von Fürst Nikolaus Esterhazy in scheinbarer Abgeschiedenheit vom bürgerlichen Emanzi pationskampf, der das damalige Europa in Atem hielt, verbracht, ehe er erst mals mit dem bereits zu beeindruckender Höhe gelangten bürgerlichen Musik betrieb in London in Berührung kam. Das Musikleben Englands war demo kratisiert wie kaum anderswo in Europa. Haydn empfing neben vielfältigsten Ehrungen eine Fülle wertvoller Anregungen. Mit der Komposition der zwölf Londoner Sinfonien, der ersten Gipfelleistung klassischer Sinfonie-Kompostionen, krönte er sein mehr als einhundert Werke umfassendes instrumentalsinfonisches Schaffen. Gleichzeitig wandte er sich unter dem Eindruck der Aufführung Händelscher Oratorien der Vokalsinfonik zu, die fortan ins Zentrum seines schöpferischen Wirkens rückte. Das Textbuch der „Schöpfung", das Haydn von London mit nach Wien genommen hat, soll sogar ursprünglich Händel zugedacht gewesen sein. Die Verankerung des Textes der „Schöpfung" im Deismus des 18. Jahrhunderts ist unbestritten. Der Deismus führte die religiösen Glaubensvorstellungen auf eine „natürliche Religion” zurück, wodurch der Glaube der Vernunft unterworfen wurde und vom religiösen Wunderglauben nur das Urwunder „Schöpfung" übrig biieb. Diese Auffassung hatte im fortgeschrittenen England kräftigen Auftrieb erhalten und förderte in Frankreich die Herausbildung einer selbständigen bür gerlichen Ideologie. Männer wie Voltaire, Rousseau u. a. bekannten sich zum Deismus, so daß er im Bunde mit dem französischen Materialismus als Mit streiter bei der Beseitigung der religiösen Hindernisse auf dem Wege der bür gerlichen Revolution erscheint. Die Deisten ließen die Vorstellung von Gott als Weltschöpfer gelten, stellten aber jedweden Einfluß Gottes auf den in der Natur der Sache selbst begründeten Lauf der Welt in Abrede. Kein Wunder deshalb, daß die konsequentesten Deisten aus den revolutionären Auseinan dersetzungen als Atheisten hervorgingen. In dieser Sicht wird deutlich, weshalb Haydns„Schöpfung" (1798) nur mehr den Gipfel einer Reihe von Schöpfungs-Kom positionen bildet und weshalb sie vom Tage ihres ersten Erklingens an von der gesamten fortschrittlichen Welt begeistert aufgegriffen wurde und eine bei spiellose Verbreitung fand. Gewiß, Haydn standen für die Bewältigung dieser Aufgabe wesentlich andere Mittel zur Verfügung, als sie Händel noch gegeben gewesen wären. Unter Haydns eigenen Händen waren die neuen musikalischen Ausdrucksprinzipien des Sinfonischen zu bis dahin unerreichter Höhe gediehen, so daß ihn der an künstlerischen Bildern reiche, wechselhafte, die unterschiedlichsten Emotionen bewegende und gedanklich zum Grundanliegen der Epoche vorstoßende Text nach seinen Londoner Erlebnissen faszinieren und zur Komposition regelrecht zwingen mußte. Denn in der Sinfonik verkörperte sich das revolutionäre Neue. Es fand Ausdruck in der Kunst der Abstufungen, der nuancenreichen Schattie rungen, des belebten, wechselnden Ausdrucks, des Hell-Dunkel nicht nur im Kontrast, sondern in den Übergängen im Werden und Vergehen. Wie kein zweiter beherrschte Haydn diese Kunst, als er auf den Text der Schöpfung aufmerksam wurde. Dem Orchester fielen neue Aufgaben zu. Es wuchs damit über die herkömmliche Begleiterrolle für Chor und Solisten hinaus in eine eigen ständige musikalische Gestalterfunktion hinein. Eine organische Einheit von Chor und Orchester, vokaler und instrumentaler Musik galt es nunmehr bei Wahrung weitgehender gestalterischer Selbständigkeit zu schaffen, so daß Haydn nicht nur hinsichtlich der inhaltlichen Aussage, sondern auch im Hinblick auf die musikalische Technik vor einer epochalen Aufgabe, der Synthese von