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gen Toccata, Aria I und II und Capriccio als auch Thematik und Motivik, ja sogar die Mu sizierhaltung weisen auf diese Zeit, allein die „Machart" kennzeichnet das Werk als echten Strawinsky. Am Anfang aller vier Sätze und innerhalb des dritten Satzes begegnen in verschiedenen Mo difikationen vier weitgespannte Akkorde; sie stehen stellvertretend für eine Intrada. Der erste Satz (Toccata) schreitet nach den eröff nenden Akkorden zügig voran. Das Orchester beginnt mit einer Variante des Hauptthemas, von den Trompeten im Terzabstand gespielt. Das Hauptthema geht auf jenes gefällige Dop pelschlagmotiv zurück, mit dem Boccherini sein Bekanntes Menuett-Thema eröffnet. Das an- Ichließende Seitenthema erschließt den Ton raum nach der Höhe. Es wurde aus dem C-Dur-Dreiklang entwickelt. Im Mittelteil do miniert im Orchester über weite Strecken eine kantable, rhythmisch punktierte Linie. Es schließt sich eine Reprise an, die den ersten Teil des Satzes variiert. Die notengetreue Wiederholung der Intrada eröffnet auch den zweiten Satz (Aria I). In mäßigem Tempo trägt sofort die Solo-Violine, assistiert von den Violoncelli, das Thema, eine weitgespannte Kantilene, vor. Dieser Satz ist Bach sehr verpflichtet; fast durchweg kammer musikalisch durchsichtig instrumentiert, ist er wie der dritte Satz (Aria II) melodiös und wohlklingend. Der abschließende vierte Satz (Capriccio), in freier Rondoform geschrieben, steigert die mu- sikantische Haltung der Toccata durch sehr schnelles Zeitmaß, ausgeprägte Motorik und schnelles Laufwerk. Strawinskys Vorliebe für metrische Verschränkungen und ausgeprägte rhythmische Gestaltung läßt den Satz zu einem überzeugenden Finale werden, dessen Ansprü che an den Solisten enorm sind, obwohl der Höreindruck das nicht vermuten läßt. Der Komposition seiner Sinfonie Nr. 7 d-Moll o p. 70 widmete Anton in Dvorak besondere Sorgfalt, wollte er sich doch — bei gleichzeitigem Blick auf seinen Freund und Gönner Johannes Brahms — zu den Höhen Beethovens emporschwingen. In einem Brief Dvoraks lesen wir: „Soeben beschäftigt mich eine neue Sinfonie, und wohin immer ich mich wende, habe ich nichts anderes im Sinn als eben meine Arbeit, welche aber auch so sein soll, daß sie die Welt in Bewegung ver setzt, und sie wird es auch, so Gott will, tun." Das Werk entstand in der verhältnismäßig kurzen Zeit von Ende 1884 bis Mitte März 1885 und erklang zum ersten Mal unter der Leitung des Komponisten am 22. April 1885 im Londoner Konzertsaal St. James Hall. Es spielte das Or chester der dortigen Philharmonischen Gesell schaft. die den Komponisten 1884 zu ihrem Ehrenmitglied ernannt hatte und der die neue Sinfonie auch gewidmet worden war. Die Diri genten Hans Richter, Hans von Bülow und Ar thur Nikisch waren dann in der Folgezeit die ersten namhaften deutschen Interpreten der siebenten Sinfonie, die in ihrem Stimmungs gehalt die düsterste und leidenschaftlichste un ter den Dvoräkschen Sinfonien ist und in rela tiv geringem Maße Züge tschechischer Volks tümlichkeit aufweist. Fraglos gehört die „Siebente" zu Dvoraks be deutendsten Schöpfungen, ihr Pathos, ihre in haltliche und formale Größe, ihre dramatische Straffheit und stilistische Geschlossenheit las sen die Nähe Beethovens spüren. „Die Sinfo nie d-Moll ist ein Werk von gewaltiger sinfo nischer Konzeption und Form, dabei von einer seltenen Kraft und ungewöhnlichem Ernst des Inhalts, ein Werk, das vor allem von Gefühlen eines harten, männlichen Trotzes, leidenschaft lichen Sehnens und energischen Ringens nach innerer Klarheit genährt wird. Der erhabene Geist der Kunst Beethovens und Brahms' führt hier Dvoraks schöpferische Phantasie zu diesem von Genialität erleuchteten Aufschwung . . ." (O. Sourek). Knapp und schlicht instrumentiert ist der in Sonatenform gestaltete erste Satz (Allegro mae stoso). Das Hauptthema löst sich aus dem pp der Hörner und dem Tremolo der Bässe. Brat schen und Celli intonieren das männlich-trot zige Thema. Die drohende Spannung erfährt eine leidenschaftliche Steigerung, doch be schwichtigend greift das zarte, gesangliche Sei tenthema ein. Wieder aber verdichtet sich die Stimmung zum Tragischen. Nach glanzvoll auf strahlendem Triumph verklingt der Satz schließ lich in matter, gebrochener d-Moll-Resignation. Mit einem der schönsten und innigsten musika lischen Gedanken Dvoraks beginnt der in drei teiliger Liedform angelegte zweite Satz (Poco Adagio), der nach den Kämpfen und Auseinan dersetzungen des Einleitungssatzes eine Situa tion der Ruhe, des neuen Kräfteschöpfens be schwört. Dieser Stimmung entspricht auch der gefühlvolle Gesang des Waldhorns im mittle ren Satzteil. Das Scherzo (Vivace), einer der herrlichsten sinfonischen Sätze des tschechischen Meisters überhaupt, bringt ein folkloristisch geprägtes, tänzerisches Thema in den Violinen und Brat ¬ schen, dessen an sich freundliche Grundhaltung durch eine melancholische Gegenmelodie der Celli und Fagotte ein wenig ins Traurig-Unruhe volle gewendet wird. Sorgenlos dagegen gibt sich das Trio: In der friedvollen Naturschilde rung vermeint man Vogelgesang, den Horn- ruf der Jäger, den Gesang der Schäfer zu ver nehmen. Die Wiederholung des Hauptteiles rundet den Satz ab. Im sonatenförmigen Finale (Allegro) schließ lich gelingt die Befreiung von den düsteren Spannungen und Kämpfen der vorausgegan genen Sätze. Gleich das ohne jegliche Vorbe reitung einsetzende energische Hauptthema weist darauf hin. Ein weiterer, noch markante rer heroischer Gedanke (im Marschrhythmus) verschmilzt mit dem ersten Thema zu einem gewaltigen Strom. Im triumphalen D-Dur be schließt eine großartige Coda die Sinfonie. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Die Einführung in die Metamorphosen von Jan Raupp schrieb Detlev Kobela für die Plattentasche der Eterna-Einspielung des Werkes (1979) ; der Beitrag über Strawinskys Violin-Konzert entstammt dem Konzertbuch Orchestermusik, hrsg. von H. Schaefer, Leipzig 1974. Spielzeit 1979 80 — Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Druck: GGV, Prod.-Stätte Pirna, 111-25-12 ItG 009-40-80 EVP: 0,25 M SONDERKONZERT anläßlich des V. Festivals der sorbischen Kultur