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Hochschulspiegel
- Bandzählung
- 3.1965
- Erscheinungsdatum
- 1965
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- A 812
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Chemnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770833978-196500007
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770833978-19650000
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- oai:de:slub-dresden:db:id-1770833978-19650000
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Projekt: Bestände der Universitätsbibliothek Chemnitz
- Saxonica
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Hochschulspiegel
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Band
Band 3.1965
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- Ausgabe Nr. 1, Januar -
- Ausgabe Nr. 2, Januar -
- Ausgabe Nr. 3, Februar -
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Band 3.1965
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reren ihren Anteil zu leisten haben. Natürlich behält jeder Wissenschaft ler die Freizügigkeit im eigenen Teil gebiet, aber er muß seine Entschei dungen im Rahmen der Notwendig keiten treffen, die sich aus dem Ge samtvorhaben ableiten. Sowohl die Planverteidigung als auch die Bean tragung der Arbeitskräfte und finan ziellen Mittel erfolgt nicht mehr auf Institutsbasis, sondern zur Grund einheit dafür ist die Arbeitsgruppe geworden. Die Arbeitsgruppen haben einen Vorsitzenden, der sie auch in der Senatskommission Forschung vertritt. Die Neuorganisation zahlt sich be reits durch eine Vervierfachung des Vertragsvolumens mit der Industrie seit vorigem Jahr aus. Für WB und große Werke, wie etwa den Partner der Bauelemente-Gruppe, den VEB Keramische Werke Hermsdorf, ist es natürlich ein ausschlaggebender Un terschied, ob sich mit einem Thema zwei Assistenten und drei Diplo manden oder ein Kollektiv von 30 Wissenschaftlern verschiedener Teilgebiete (und der zugehörigen Diplomanden) befassen. „Erst da durch haben wir uns in den Stand gesetzt, ,groß‘ zu arbeiten, nicht nur den momentanen Lückenbüßer zu unserer Hochschule sehen; die das Grundstudium einschließen würde. Das Pädagogische Institut haben wir ja schon ,eingemeindet‘. Charakte ristischer als das genannte besondere Komplexthema, das mir, wie gesagt, sehr wichtig ist, erscheint mir aber für unser Profil die Einbeziehung der Gesellschaftswissenschaftler in die naturwissenschaftlich-technischen Komplexthemen. Nach meiner Auf fassung sollte jedes größere For schungsthema, zum Beispiel einen ökonomischen Teil enthalten. In einigen Fällen, so im Komplex .Auto matisierung von Be- und Verarbei tungsmaschinen 1 , sind die Ökonomen maßgeblich mit vertreten.“ Und wie steht es mit den Sozio logen? An denen fehlt es noch. Die Gesellschaftswissenschaft wird ge rade neu formiert. Dabei wird auch die Soziologie aufgebaut. Sie wird sich dann mit der Lage der Produk tionsarbeiter in der technischen Re volution befassen, das heißt mit jener Beschäftigungsgruppe, die am direk testen mit der modernen Maschinerie in Berührung kommt. Ihr Profil wird also von vornherein vom spezifischen Anliegen der TH bestimmt, so daß ein unmittelbares Zusammenwirken möglich ist. Leitungen anderer Hochschulen und Universitäten. Vielleicht wird auch anderswo — in den entsprechenden Relationen — die Festigkeit gewisser Vorurteile und Vorbehalte gegen über grundlegenden Neuerungen überschätzt? Vielleicht unterschätzen wir die geistigen Entwicklungs prozesse in den Kreisen unserer Hochschullehrer und Forscher, ken nen zumindest nicht differenziert ge nug ihre Position zu den verschie denen sozialen Aspekten des wis senschaftlich-technischen Fortschritts in unserer Gesellschaft? Vielleicht treiben wir manche dringliche Auf gabe gerade in Leitungsfragen allzu zaghaft voran in dem Wunsche, nicht zuviel Aufregung zu stiften, wo sich gai' keine widrigen Stürme mehr er heben würden, manchmal eher das Gegenteil? Kurz: Vielleicht ist es möglich, in manchen Punkten schnel ler neue, den Erfordernissen der wis senschaftlich-technischen Revolution besser entsprechende Ordnungen zu schaffen! Wir wissen sehr wohl, es gibt auch Erfahrungen, die zumindest auf den ersten Blick gegen solche Vermutungen sprechen. In Rostock zum Beispiel verlief eine Diskussion über die Frage, ob eine Mathema- tisch-Naturwissenschaftliche Fakul- auch Seiten,- die dieser oder jener bedauern könnte. .Freiheit der For schung* im alten, individualistischen Sinne — jeder wählt sich sein Gebiet und innerhalb seines Gebietes die je weils nächste Aufgabe selbst — ist anachronistisch geworden. (Übrigens sah sie aus der Nähe und von unten, nicht aus der Geheimratsperspektive, betrachtet, auch gar nicht so idyllisch aus, wie sie rückblickend gemalt wird.) Bei Berufungen zum Beispiel müs sen wir streng auf die Erhaltung der Arbeitsgruppen achten. ,Ein neuer Chef — ein neues Institutsprofil’, oft übrigens eine Tragödie für die Assi stenten, die mit ihrer Promotion am alten Profil hingen, kann nicht mehr gelten. Die technische Revolution ist eben ein objektiver Prozeß, und wir müssen ihren Anforderungen ge horchen, freilich ohne engherzig zu werden. Die Persönlichkeit des Wis senschaftlers wird dadurch keines wegs negiert, sie muß nur eine qua litativ neue Ausdrucksform finden, die den heutigen Bedingungen des wissenschaftlichen und gesellschaft lichen Fortschritts entspricht.“ Bewegt uns zum Schluß noch fol gendes Problem: Als wir uns im Anschluß an das Gespräch noch eini- Nur noch elf Komplexthemen Fast überall führte die Perspektiv plandiskussion im Hochschulwesen zu neuen Überlegungen und Initiati ven auf dem Gebiet der Planung, Leitung, Organisation und Ökonomik der wissenschaftlichen Arbeit. Wie inzwischen deutlicher zu erkennen ist, sind viele der jetzt beschlossenen Festlegungen überhaupt nur dann im erforderlichen Tempo realisierbar, wenn gerade auch für die Leitungs tätigkeit die einstweilen oft nur un verbindlich tangierten Konsequen zen gezogen werden. Das ist um so aktueller, als die Hochschulen, für die das Ziel 1970 bekanntlich letzten Endes eine zu kurze Perspektive darstellt, unmittelbar bereits an die Konzeption für das folgende Jahr zehnt denken müssen. Die Pro gnose, auf welche Entwicklung der Produktivkräfte und der gesell schaftlichen Verhältnisse cs dabei zu realisieren gilt, wo die Angelpunkte für die entscheidenden Weichenstel lungen liegen, wird uns in diesen Spalten künftig immer wieder inter essieren; wir werden daran mit arbeiten, vor allem immer wieder den Gedanken der Wissenschaftler und Studenten, der Hochschul- und FD.I-Leitungen selbst Raum geben. Wir werden versuchen, besonders dort überall zur Stelle zu sein, wo es schon mehr als neue Ideen, wo es schon neue praktische Erfahrungen gibt, die sozusagen den Horizont auf reißen für den nötigen Weitblick in die Zukunft. Daher unser Besuch in Ilmenau (siehe Forum Nr. 16). Daher für diesmal unser Besuch in Karl- Marx-Stadt. Professor Weißmantel begann übrigens genau wie sein Freund und Kollege Professor Philippow, der Forschungsprorektor von Ilmenau, mit der These, daß eine richtige For schungsorganisation heute die gleiche Bedeutung hat wie die Forschung selbst, eine sehr produktive These, wie sich in beiden Fällen zeigt. Sie bringt zum Ausdruck, daß im Zeit alter der Produktivkraft Wissen schaft jedes größere Forschungsvor haben mit einer perspektivischen ökonomischen Entscheidung von oft beträchtlicher Größenordnung ver bunden ist. „Als wir im vorigen Herbst an den Perspektivplan unse rer Technischen Hochschule gingen, waren wir von der Sache selbst ge zwungen, auch nach neuen Organi sationsformen zu suchen. Wir haben in der deutschen Hochschultradition positive Ansatzpunkte, die auf kei nen Fall verlorengehen dürfen. Die Einheit von Lehre und Forschung, damit die große Rolle, die die Hoch schulforschung für die Ausbildung und jetzt auch für die Wirtschaft, da - mit wiederum für die Einheit von Lehre und Praxis spielt, hat in der ganzen Welt Anerkennung und Nachahmung gefunden. Andererseits gibt es Traditionen, die sich jetzt hemmend auswirken müssen. Im Hinblick auf die Wissenschaftsorga nisation sind das vor allem die stark betonten Fakultäts- und Fachrich tungsgrenzen, die Zersplitterung der Kräfte in eine Vielzahl kleiner, mit unter selbst innerhalb der Fachrich tungen sehr souveräner Institute. Dadurch wird das Zusammengehen der Wissenschaftler bei der Entwick lung der für die technische Revolu tion so entscheidenden wissenschaft lichen Grenzgebiete behindert.“ Im kapitalistischen Ausland spricht man vom Departmentsystem als Lö sung und praktiziert es stellenweise auch in verschiedenen Varianten. Professor Weißmantel hat sich das in Japan angesehen, wo es sich als recht -fruchtbar erwiesen hat, die vielen kleinen Institute zu einem großen Verband mit Abteilungen zusam menzulegen. Es bewährt sich dort auch insofern, als der große ökono mische Aufwand für Installationen, Ausrüstungen. Geräte in solchem Rahmen viel rationeller eingesetzt werden kann. „Allerdings kann ich in dieser Form — von den ohnehin ganz anderen sozialen Grundlagen, aus denen sie hervorging, einmal ab gesehen — auch organisatorisch kein Allheilmittel, keine Ideallösung sehen, zumal das Departmentsystem nach den bisherigen Erfahrungen die Grenzen der Fachrichtungen (z. B. der Physik) auch nicht überschreitet, vielleicht sogar genauso verfestigt, wie es vordem mit den an Zahl ge ringeren Fakultätsgrenzen geschehen war. Insofern ist sie für eine Tech nische Hochschule, die es mit Kom plexen der gezielten Grundlagenfor schung, weniger mit Erkundungsfor schung in den Grenzen einzelner, auch größerer Disziplinen zu tun hat, als Ganzes besonders unannehmbar, obgleich es sicherlich nicht schaden kann, sie zur Kenntnis zu nehmen.“ Diesen Standpunkt finden wir, nebenbei bemerkt, schon allein des halb bemerkenswert, weil wir an an deren Hochschulen dem Gerücht be gegneten, än Karl-Marx-Stadt würde gerade so etwas wie das Department system verwirklicht. Der Begriff scheint eine gewisse Anziehungskraft auszuüben. Selbst wer darüber schreibt, um Einwände geltend zu machen, setzt ihn groß in die Über schrift. In Karl-Marx-Stadt jeden falls wird eigentlich etwas ganz an deres gemacht. Die dortige Lösung ist viel weniger institutionell als sachlich motiviert. Vor allem aber ist sie ganz organisch aus unserer so zialistischen Hochschulentwicklung, aus ihrer fortschreitenden Integra tion in unser volkswirtschaftliches Gesamtgeschehen erwachsen. Es wäre genauso gekommen, wenn es kein Departmentsystem gäbe. Die Arbeit an einer Hochschule für Maschinenbau verlangt in besonders hohem Maße das elastische Zusam menwirken verschiedener Fach gebiete; die Leitung muß jederzeit in der Lage sein, Verschiebungen in den Forschungsobjekten Rechnung zu tragen. Heute arbeitet das Institut für Technische Physik, das Professor Weißmantel leitet, beispielsweise sehr eng und intensiv mit dem In stitut für Bauelemente der Schwach stromtechnik zusammen. Auf der anderen Seite hat es in Forschung und Ausbildung auch Verpflichtungen in Richtung auf den Maschinenbau im engeren Sinne — etwa auf dem Gebiet der Verschleißforschung an Maschinenelementen —, und hier gibt es andere Partner. Die Organisations form muß beides nebeneinander und außerdem schnelle Veränderungen in der Gewichtung des jeweiligen Krafteinsatzes gestatten. In diesem Sinne wurde nun bei der Perspektiv planung im vorigen Jahr versucht, die gesamte Forschungsarbeit schwer punktmäßig in wenigen Komplex themen zusammenzufassen, die mit dem Perspektivplan der Volkswirt schaft übereinstimmen und dem be sonderen Profil der Hochschule am besten entsprechen. Dabei zeigte sich, daß alle wesentlichen Vorhaben bis 1970 — sie erschienen bislang in Gestalt von über 100 kleinen The men — nicht mehr als 11 Schwer punktthemen zuzuordnen sind. Die Themen heißen etwa „Halbleiterbau elemente“ oder „Reibung, Schmie rung und Verschleiß“ oder „Getriebe forschung“. Professor Weißmantel: „Bisher gab es natürlich auch schon eine Zusam menarbeit auf diesen Gebieten, aber es waren lose Kontakte zwischen den Instituten, die weder strukturell noch finanziell in ihrer Bedeutung hervor gehoben wurden. Jetzt haben wir zu jedem Thema eine ständige Arbeits gruppe gebildet. Da ist unser Institut eben beispielsweise besonders stark engagiert in der Arbeitsgruppe Halb leiterbauelemente, in der außerdem die Institute für Bauelemente der Schwachstromtechnik, für Physik, für Chemie und eine kleine Gruppe der Technologen vertreten sind.“ An „Reibung, Schmierung und Ver schleiß“ arbeiten das Institut für Physik von der Grundlagenforschung (1. Fakultät), das Institut für Ma schinenelemente und Schmierung (2. Fakultät) und die Institute für Technologie und für Plasttechnologie (3. Fakultät) zusammen. Die „an gewandten“ Institute sind oft nur in einem Komplex verteten, während die Institute der „Grundlagen"- Fakultät naturgemäß meist in meh- spielen, sondern voll kalkulations fähiger Partner der Industrie für deren wissenschaftlich - technische Perspektive zu werden. (Übrigens bringen wir in solchen an uns inter essierten Betrieben auch unser in- genieurpraktisches Semester be deutend besser unter.) Jetzt müs sen wir schon bremsen, damit uns Kapazität bleibt, um die vom Staats sekretariat für Forschung und Tech nik neuerdings stärker an uns heran getragenen großen Probleme der ge zielten Grundlagenforschung, die die theoretische Seite unserer Komplex themen darstellen, zu bearbeiten.“ Praktisch würde demnach in Karl- Marx-Stadt die traditionell so tief verankerte „klassische“ Fakultäts organisation aufgegeben und etwas für unser Hochschulwesen, übrigens erst recht für das westdeutsche Hoch schulwesen, völlig Neues an deren Stelle gesetzt? Ja, soweit es die Forschung an geht, meinte Prof. Weißmantel. Da gegen sei die Gliederung nach Fakul täten und Fachrichtungen nach wie vor die geeignete Form für den Er- ziehungs- und Ausbildungsprozeß, der durch eine Analogie zu dieser Forschungsorganisation sicher stark in die Richtung einer zu engen und vor allem verfrühten Spezialisierung gedrängt werden würde. Auch der Halbleiter-Elektroniker muß ein ech ter, allseitig verwendbarer Elektro niker, der Halbleiter-Physiker ein Vollphysiker sein. „Bei uns durchdringen sich also gegenwärtig zwei verschiedene Lei tungsstrukturen, und ich darf sagen, in sehr fruchtbringender Weise, denn die horizontalen, die Querverbindun gen, die sich aus der Forschungs organisation ergeben, strahlen ja letz ten Endes doch auch wieder in die Lehre zurück, besonders in der ab schließenden Ausbildungsphase, aber in manchen Punkten bis in die Hält man sich zusammenhängend vor Augen, was in Karl-Marx-Stadt in unser Hochschulleben eingeführt wurde, so kommt das — trotz aller Kontinuität und Achtung vor der Tradition — einer kleinen Revolution gleich. Denkt man an unsere altehr würdigen Universitäten und an nicht wenige ihrer Professoren, so erscheint die Kürze der Zeit, die dieser Vor gang hier in Anspruch nahm, er staunlich. Wie haben sie das durch gesetzt? Wie sind sie so schnell mit allem fertig geworden? Natürlich stellten wir diese Frage. Antwort: „Wir hatten uns auf Widerstände und Schwierigkeiten gefaßt gemacht, wenn auch nicht auf so große, wie sie sich an alten Uni versitäten, auch an der Technischen Universität Dresden, wo sich die Fakultätsverhältnisse ziemlich ver härtet haben, zeigen würden. Aber ich muß Sie enttäuschen. Zu unserer eigenen Überraschung hat es über haupt keine nennenswerten Kämpfe gegeben; es stand nur die sachliche Zweckmäßigkeit dieser oder jener konkreten Lösungsvorschläge zur Debatte. Sicher spielt mit, daß wir eine junge Hochschule sind. Viele der Professoren kennen sich aus der Zeit des Studiums in Dresden. Aber auch die älteren Professoren und Ab teilungsleiter, die ja meist aus der Industrie waren, zeigten kein Bedürf nis, ihre Institute etwa als eigene Fürstentümer zu betrachten und zu verteidigen. Mir scheint, diese Über raschung, die wir erlebt haben, spricht dafür, daß das Problem schon längere Zeit reif zur Lösung war, daß unser Vorgehen Reagieren auf schon vorhandene Einsichten und Be dürfnisse war.“ Das ist allerdings sehr aufschluß reich, ist, wie uns scheint, ein Denk anstoß für die Leitungen, auch für die Partei-, Gewerkschafts- und FDJ- tät mit wenigen großen, gut aus gerüsteten und besetzten Hauptfach richtungen nicht viel erfolgreicher ar beiten könnte als mit der über kommenen vollen Palette kleiner, nach heutigen Maßstäben zum Teil zwerghaft kleiner Institute, zunächst im Sande. Aber dort gab es auch nicht die solide ideologische und theo retische Vorbereitung, die in Ilmenau, wie wir in der vorigen Ausgabe schilderten, den Durchbruch ermög lichte. Prof. Weißmantel meinte in die sem Zusammenhang: „Natürlich hat es keinen Zweck, organisatorische Modelle zu konstruieren und dann verwirklichen zu wollen. Unsere jetzige Struktur sieht auf den ersten Blick recht kompliziert aus. Sie funk tioniert offenbar nur deshalb, weil sie tatsächlich den Bedürfnissen der wissenschaftlichen Arbeit von heute gerecht wird. Die Hierarchie alten Stils löst sich ohnehin allmählich auf, weil sie keinen rechten Boden mehr findet. Vormachtstellungen in der Wissenschaft sind unmodern gewor den. Für mein Empfinden ist die Kol legialität der Partner in der wissen schaftlichen Diskussion, auch über die ,Titelgrenzen 1 hinweg, an unserer Hochschule schon recht gut ent- wickelt. In den Arbeitsgruppen kommt es vielfach vor, daß das eine Institut durch seinen Direktor, ein anderes vielleicht durch einen Assistenten vertreten wird. Aber da nimmt niemand ein Blatt vor den Mund, jeder vertritt seine Belange, wie es für die Zusammenarbeit er forderlich ist. Das Ganze würde lei den, wenn der Physiker gegenüber dem Schwachstromtechniker zurück- hielte, nur weil der .ranghöher* ist. Unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß es vor allem auf das Zusammen führen der Kräfte ankam. Gewiß hat diese ganze Entwicklung ges vom Institut für Technische Phy sik zeigen ließen, war selbst im „eigenen Haus“ des Prorektors von den zwei Assistenten, die die Füh rung übernahmen, nur einer über die neue Form der Forschungsorganisa tion an der Hochschule informiert. Und wie weit wird der perspekti vische, auch für die gesellschaftlichen Prozesse an unseren Hochschulen be deutungsvolle Gehalt einer solchen Maßnahme, ihr Platz in den größe ren Zusammenhängen unserer öko nomischen und sozialen Gesamtent wicklung geistig reflektiert? Selbst aus Ilmenau bekamen wir bereits die Rückmeldung, manche würden viel leicht erst aus unserem Artikel den umfassenderen Sinn dessen heraus lesen, was sie in den vergangenen zwei Jahren so intensiv beschäftigt hat. Im Grunde ist doch erst dieses „Drüberstehen“ die Voraussetzung für echtes, das heißt bewußtes Mit planen, Mitregieren der vielen jun gen Wissenschaftler, der Arbeiter und technischen Angestellten. Wir stellen last not least die Fragen — und wir adressieren sie an die FDJ-Leitun- gen: Was erfahren die Studenten von diesen Prozessen? Wir erfahren sie davon? Wer informiert sie? Alles, was an der Hochschule vorgeht, muß sie interessieren, denn es wirkt auf ihre Ausbildung, ihre Persönlich keitsentwicklung zurück. Vielleicht sollte man unsere Artikel gleich dem kommenden ersten Studienjahr in die Hand drücken, um den neuen Studenten von vornherein den Blick fürs Ganze ihrer Bildungsstätte an zugewöhnen. Rudolf Bahro Die vorliegenden Aufzeichnun gen über das Gespräch mit Prof. Dr. Weißmantel, dem Prorektor für For schung an unserer TH, wurden in „Forum“ Nr. 18/65 als zweiter Bei trag der Artikelreihe „Vorlauf“ ver öffentlicht. Grundlagenausbildung. Es stammen jedenfalls Diplomarbeiten und große Belege ausschließlich aus den Kom plexthemen, können also auch über Fakultätsgrenzen hinwegreichen. Die Fachleute lernen, eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Und was noch wichtiger ist: Die Diplomanden und Doktoranden der an einem Komplex beteiligten Institute arbeiten not wendigerweise unmittelbar zusam men und halten ständig engen Kon takt. So wachsen sie von vornherein in die für Wissenschaft und Praxis heute unabdingbare Gemeinschafts arbeit hinein. Im Betrieb zum Bei spiel müssen Physiker, Elektroniker, Konstrukteure und Technologen Zu sammenwirken, wenn etwas heraus kommen soll. Verschiedene Schwierigkeiten, die es in unserer Republik beim Anlau fen neuer Wirtschaftszweige wie der Halbleitertechnik gab, erklären sich unter anderem daraus, daß Physiker, Chemiker, Elektroniker noch nicht ge nügend Kollektivität gelernt hatten. Aber die können sie nicht dadurch lernen, daß wir sie ihnen predigen, sondern wenn wir an der Hochschule die Bedingungen schaffen, unter denen sie sie praktizieren können bzw. müssen. Wir haben das rege mit der FDJ diskutiert, und wir kön nen feststellen, daß sich die fort geschrittenen Studenten interessiert zeigen.“ Wir fragten, wie denn die an der Technischen Hochschule vertretenen Gesellschaftswissenschaftler in diese Forschungsorganisation, auch in die Erziehung zur Gemeinschaftsarbeit, einbezogen sind. „Auch in unseren Augen eine wichtige Frage“, kom mentierte Prof. Weißmantel. Eines der elf Komplexthemen lautet „Historiographie der Naturwissen schaft und Technik“, eine Problema tik, die sich als sehr fruchtbar für das geistige Leben an der Hochschule erweist. Sie sei sehr geeignet, den Techniker an die Philosophie heran zuführen. „Ich würde übrigens gern eine ganze philosophisch-gesell schaftswissenschaftliche Fakultät an
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