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Auszug aus dem Original-Bericht über die Forschungsreise der nordamerikanisehen Haridelskommission naeh Sücl-j/imeriha. II. Argentinien. (Fortsetzung aus November-Nummer.) (Nachdruck verboten-) A rgentinien hat einen Flächeninhalt von 1 212 600 Quadratmeilen, ist sechsmal gröfser als Frankreich, zehnmal gröfser als England, und ist 2 /s so grofs als die Vereinigten Staaten von Nordamerika. Das ganze Gebiet und die Bevölkerung verteilt sich auf folgende fünf Distrikte: Andine 296 000 Quadratmeilen, 395000 125000 316 000 80 600 Zentral-Provinzen Gran Cliaro . . Patagonien . Mesopotamien . 990 000 Köpfe, 2 290 000 50 000 „ 3i'000 „ 600000 „ Zusammen .... 1212600 Quadratmeilen, 3960000 Köpfe. Im Norden des Landes fliefst der La Plata, mit einem Stromgebiet (mit seinen Nebenflüssen) von 1560000 Quadratmeilen. — Bei Buenos- Ayres ist der La Plata 28 Meilen und hei Montevideo 65 Meilen breit. — Die Tiefe dieses mächtigen Flusses wechselt zwischen 16 — 36 Fufs. — Der ganze westliche Teil des Landes ist vom Andengebirge begrenzt, über welches 12 Pässe nach Chile führen; der bekannteste Pafs, Uspallata, liegt 12 878 Fufs über dem Meeresspiegel. Argentinien besitzt über 60 000 Quadratmeilen Wald, bestanden mit allen kostbaren Holzarten, wie Quebrarlu, Gedern u. s. w. Das Gesamt gebiet der Republik läfst sich einteilen in: In Gebrauch .... 392 188 Quadratmeilen, Wälder u. s. w. . . . 250 099 „ Unbenutztes Land . . 570 313 „ 1 212 600 Quadratmeilen. Das Klima in Argentinien ist sehr verschieden. Die in der gemäfsig- ten Zone liegende Ebene wird auf 800000 Quadratmeilen geschätzt und ist ohne Zweifel der gesündeste Teil von ganz Südamerika. In Buenos- Ayres erreicht die Temperatur im Sommer ca. 74 Grad, im Winter ca. 53 Grad Fahrenheit. Die Bevölkerung beträgt 3 952 000, oder 3,56 pro Quadratmeter. Die fremden Elemente, besonders Italiener, übersteigen '/s der ganzen Bevöl kerung; ferner sind dort: 125000 Franzosen, 85000 Deutsche, 55000 Engländer. Die drei Hauptstädte des Landes sind: Buenos-Ayres mit 663 000, Rosario mit 93 000 und Cordova mit 42 000 Einwohnern. Buenos-Ayres ist die wichtigste und schönste Stadt des Landes und Paris Südamerikas; es ist der Sitz der Regierung und die Metropole des Landes. Für die Landwirtschaft bietet Argentinien die gröfsten Vorteile: Ein herrlicher, fruchtbarer Boden, mildes, schönes Klima, grofse, freie Land strecken, Nähe der Seeküste und schiffbaren Flüsse.. Erst seit 1890 fingen diese Vorteile an, Aufmerksamkeit zu erregen; bis dahin war in Argentinien hauptsächlich Viehzucht betrieben worden. Während vor 15 Jahren nur ca. 180 000 Acres Kulturland existierte, erhöhte sich das selbe bis 1891 auf 7'/ 2 Millionen und bis heute auf ca. 15 Millionen Acres. Hauptprodukt ist Weizen, und man kann sagen, dafs die Argen tinier mit ihrer Fähigkeit, dieses Getreide zu erzeugen, die ganze Welt in Erstaunen gesetzt haben. Die Wichtigkeit Argentiniens als Weizen produzierendes Land geht am besten aus der Thatsache hervor, dafs Argentinien, welches vor wenigen Jahren noch gezwungen war, Weizen zu importieren, seit 1893 sich den Rang als drittwichtigstes Land unter den für die Weizenproduktion in Be tracht kommenden Ländern der Welt errungen hat. Kein anderes Land der Erde ist imstande, billigeren Weizen zu produzieren als Argentinien. Wenn man bedenkt, dafs heute erst 15 Millionen Acres für die Land wirtschaft überhaupt unter Kultur stehen, dafs aber wenigstens noch 240 Millionen Acres guter Weizenboden zur Verfügung stehen, so kann man ermessen, welche ungeheure Ausdehnung dem W T eizenbau dort noch be vorsteht. — Aber Weizen ist nicht das einzigste Produkt dieses Landes. Mais, Leinöl, Klee, Bohnen, Gerste, Kartoffeln werden mit grofsem Erfolge angebaut. Mais ist das zweitwichtigste Produkt und kann leicht in allen Teilen der Republik gezogen werden. — Die Hauptmifsstände, gegen die der Landwirt dort zu kämpfen hat, sind: die häufige Dürre, die Heu schreckenplage, Hagel und Spätfrost. Der Mangel an guten Wegen er schwert die Zufuhr zu den Produktionszentren, der Mangel an eigenen I Lagerspeichern, an Elevatoren und Fruchtspeichern sind grofse Nachteile ! für die Landwirte, welche meist Fremde — Italiener — sind, ein Nomaden volk, welches zur Weizensaison kommt, und — wenn dieselbe vorüber J ist — zurückkehrt, um daheim nochmals zu ernten. Die wichtigste Industrie Argentiniens ist die Schaf- und Rindvieh- . zucht. — Der Viehbestand der Republik wird gegenwärtig geschätzt auf j 80 Millionen Schafe, 25 Millionen Stück Rindvieh und 5 Millionen Pferde. — Die Farmer sind beständig auf die Verbesserung ihrer Herden bedacht, und die Wolle nimmt jährlich zu an Qualität und Quantität. — Es ist nichts Ungewöhnliches mehr, für einen guten Stier 3—5000 Dollars zahlen j zu müssen. — Argentinische Wolle kommt hauptsächlich in Frankreich und I Deutschland auf den Markt. Die Steigerung in der Wollproduktion erläutern folgende Zahlen: 1860, 14 Millionen Schafe ergaben 45 Millionen Pfund 1870, 41 ii n „ 137 1880, 61 n ii ii 215 „ „ 1892, 80 „ ^ „ 304 1893, 80 ii ii ii 334 „ ,, 1894, 80 ii ii n 423 „ „ 1895, 80 ii ii » 452 „ * „ Seit 1891 ist also die Anzahl der Schafe dieselbe geblieben, der Woll- ertrag aber um 150 Millionen Pfund gestiegen, ein Beweis für Verbesse rung und Fortschritt in Zucht und Pflege. Der Gesamt - Aufsenhandel Argentiniens belief sich 1886 auf 165 Millionen Dollars und stieg bis 1895 auf 214 Millionen Dollars. Am Einfuhrhandel nach Argentinien nahm England stets den ersten Platz ein, hat aber in den letzten Jahren, ebenso wie Frankreich — an Terrain verloren, während die Einfuhr aus Deutschland, Italien und den Vereinigten Staaten gestiegen ist Del* Geschäftsverkehr. Die fremden Länder, welche in Argen tinien ausgedehnten Handel treiben, haben viele ansässige Agenten etabliert, welche imstande sind, Fabrikanten persönlich zu vertreten. Alle leiten den Importeure sind ausländische Firmen. Fabrikanten, welche Geschäfte mit Argentien machen wollen, thun am besten, ihren eigenen mit den nötigen Vollmachten versehenen Reisenden hinauszusenden. Das Kreditsystem, wie es in Argentinien herrscht, übt auf seinen Importhandel einen grofsen Einflufs aus. — Der Farmer zunächst kauft alles, was er braucht, auf Kredit; Zahlung wird nur im Verhältnis seiner Ernte geleistet; tritt Mifsemte ein, so ist der Kaufmann gezwungen, den Kredit bis zur nächsten Ernte auszudehnen. Der Kaufmann seinerseits kauft wieder vom Grossisten oder Importeur gegen 6—12monatlichen Kre dit, ebenfalls mit Prolongation, wenn eine Mifsernte solches nötig macht. Die Folge ist nun, dafs auch der Importeur einen ausgedehnten Kredit