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Pit. 10 O^erlausitzer ^eimatreltriiag S59 1852 an mit Ettmiiller oft zusammenführte, pflegten beide inündlichen Gedankenaustansch, nachdem Wagner schon Ect- müllers (Schriften über Sie llsibelnngen durchstudiert Hane. Gegen Ende 1852 wurde Wmgner mit seiner umfangreichen Nibelungen-Dichtung- fertig und las Weihnachten im VPlle- schen Familienkreise an drei Abenden und zwar bis tief in die Nacht hinein seine drei Nibelungen-Dramen ohne das Vor spiel vor. Das !Werk, das in kleiner Auflage gedruckt und an Freunde versandt wurde, hat wohl auch Ettmiiller erhalt.n, der cs eifrig durchstudiert haben wird, und auf den es eine außerordentliche Wirkung ausübtc. Er fühlte sich durch Wlig- ner angeregt, selbst ein Nibelungen-Drama zu schaffen. Wir wissen nicht, ob er den Gedanken lange mit sich herumgetcw/n und erst spät zur Niederschrift gekommen ist, oder ob er Sie Handschrift hat jahrelang liegen lassen; erst im Jahre 1870 erschien sein Sigufried, Schauspiel in fünf Handlungen. Im Buchhandel ist es nicht zu haben. Ettmiiller behandelt Sen Stoff, den Wagner zu vier Dramen auseinandergezogen hatte, in einem Draina. Er benutzte, wie DTagner, den Stab reim. Aber während dieser ihn lose und oft wechselnd ge brauchte und sich dadurch freie Bahn für den Gesang schuf, dichtete er für den sprechenden Schauspieler und lehnte sich darum an den jambischen Vers dec Klassiker an, er verlän gerte den jambischen Vers nm einen Fuß und wandte inier- halb des nun sechsfüßigen Verses den Stabreim an. Als Bei spiel sei der Ausruf des sterbenden Sigufried angeführt: „Ich war Euch treu, ich traut Euch, so nun trogt Ihr mich!" Es befinden sich innerhalb des sechsfüßigen Verses drei be tonte Wörter mit gleichem Anlaut. So hat denn Ettmiiller erfolgreich und anregend auch auf weitere Kreise gewirkt. VON clef VO? xvircl In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts war einer der angesehensten und gelesensten Geographen Johann Gün ther Friedrich C a n n a b i ch. Geb. am 21. April 1777 zu Sondershausen, studierte er seit 1794 in Jena Theologie und Philosophie — da hörte er auch bei unserem großen Lands- maunc Fichte —, ivar dann mehrere Jahre in Hannover und Hesteu-Darmstadt Hauslehrer, bekleidete 1807—1819 das Rcktorenamt der Lateinschule in Greußen bei Sondershausen, war hieraus von 1819—1836 Pfarrer in Niederbösa und 1836—1848 Pfarrer in Bendeleben. Dann trat er in den Ruhestand und zog nach Sondershausen. Hier starb er im 82. Lebensjahre 1859. Schon frühzeitig zeigte er große Nei gung zu erdkundlichem Studium, die er durch Fußwande rungen in fernere Gegenden des Vaterlandes und fleißiges Arbeiten erweiterte. Kurz nach den Freiheitskriegen entfaltete er eine große Tätigkeit auf dem Gebiete der Geographie und veröffentlichte eine große Zahl von erdkundlichen Abhandlungen und Büchern. Eines seiner beliebtesten und wiederholt auf gelegten Bücher war sein „Lehrbuch der Geographie nach den neuesten Friedensbestimmnngen", das wohl in mehr als 100 000 Exemplaren verbreitet wurde. In seiner zehnten, berichtigten und vermehrten, im Jahre 1825 erschienenen Auflage be richtet er über unsere Oberlanfitz folgendes I: >) t. Band, S. 270 ff. „Der Lausitzer Kreis oder die Provinz Lausitz. Von der vormaligen Ntarkgrasschast Lausitz, welche in die Ober- und Niederlausitz eingeteilt wurde, hat das Königreich Sachsen bloß die größere Hälfte der Oberlausitz behalten. Die ser Anteil wird von der schwarzen Elster, der S p r c e und der Neiße durchflossen. Er ist in dem südlichen Teile gebirgig, aber fruchtbar, stark bevölkert und zeichnet stch durch Industrie aus. Das Gebirge senkt sich gegen Norden immer mehr und verliert stch in Ebenen, die in dem nordwestlichen Teile einen Sandboden haben. Er enthält 38^ Ouadrat- meilen und 195 000 Einwohner. Darin: Bautzen oder Budissin, wohlgebaute Hauptstadt, aus einem Berge, an dessen Fuße, im Tale, die Spree vorbü fließt, über welche eine ansehnliche steinerne Brücke läuft, hat ein Gymnasium, ein Predigerkollegium, wichtige Tuch-, Bar chent-, Kattun-, Strümps- und Lederfabriken, mit den Vor städten 1400 Häuser und 11 000 Einwohner. Zn den vorzüg lichsten Gebäuden gehören die beiden Landhäuser, worin die Stände ihre Versammlungen halten, die. Dechanei oder das Kapitel, und die Stifts- oder Hauptpfarrkirche zu St. Peter, worin die Protestanten und die Katholiken ihren Gottesdienst halten, weswegen die Kirche durch ein Gitter geteilt ist, ferner das schöne Rathaus und das große Gewandhaus P. Ain E lde des Granitfelsens, auf welchem die Stadt liegt, steht das Schloß Ortenburg. Bei der Stadt ist eine Tabaksfabrik und ein Kupferhammer. Jährlich werden hier sechs wichtige Wolleumärkte gehalten. Überhaupt treibt die Stadt einen be deutenden Handel. Schlacht 1813. H o ch k i r ch e n, Dorf, wo 1758 die Preußen von den Ostreichern überfallen wurden. Kamenz, Stadt an der schwarzen Elster und am Fuße des Hutberges, hat Tuch-, Lein-, Barchent-, Strumpf- und Leder fabriken, 530 Häuser und 3500 Einwohner. Löbau, Stack auf einem Basaltberge, am Löbauer Wasser, hat einen Ge sundbrunnen, 300 Häuser und 2500 Einwohner, welche stic ken Leinwandhandel treiben und bedeutende Leinweberei unter halten. Königsbrück, Stadt an der Pulsnitz, welche die Lausitz von dem Nkeißnischen Kreise scheidet, hat aus einer Anhöhe ein großes und schönes gräfliches Schloß, 200 Häuser und 1000 Einwohner, welche sehr geschätztes Töpsergeschirr und Figuren verfertigen. Sie ist der Hanptort der gleich namigen, dem Grafen von Hohenthal gehörigen Standesherr- schaft. M a r i e n st e r n , Cistercienser-Nonnenkloster, wel ches ansehnliche Besitzungen mit 5500 Untertanen hat. Dahin gehört auch die Stadt Bernstadt, an der Pließnitz, mit Tuchfabriken, 500 Häusern und 1600 Einwohnern. Pulß nitz, Stadt an der Pulßnitz, hat 240 Häuser und 1500 Einwohner, welche Leinwand- und Bandhandel treiben. Aucb vie hiesigen Töpferwaren und Pfefferkuchen stehen im Ruf. Alt- und Neu-Eib an, zwei Dörfer, davon das erste 600 Häuser mit fast 5000 Einwohnern und 400 Weber meistern hat. Ntan verfertigt viele Leinewand, die nach Eng land, Spanien und Italien geht. In Alt-Eybau wohnen auch. viele Rade- und Stellmacher. Ebersbach, Dorf an der böhmischen Grenze, hat gegen 800 Häuser und 5000 Ein wohner, welche sich mit Leinweberei beschäftigen. In guren Jahren waren hier 1790 iWeberstühle, welche wenigstens 50 000 Stück Leinwand lieferten. Seifhennersdorf, Dorf, dicht an der böhmischen Grenze, hat 4000 Einwohner, worunter viele Leinweber und Bleicher find. Neukir ch , Dorf in einem Tale, an der Miesenitz, ist eine Nteile lang 2) Dies wurde 1882, da es den Z.itvcrhältniffen nicht mehr ent sprach, abgerissen und an seiner Stelle das heutige Gebäude errichtet.