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Neichenbrand, Siegmar, Neustadt, Rabenstein und Rottluff Sonnabend, den 21. Juni ISI3 Kaube, Lehrer. Rottluff, am 12. Juni 1913. Der Gemeindeoorstand. Fernsprecher 325. Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. der Apfelbäume, dessen dichtes Gezweig ein schützendes Dach bot, und suchte die Sorgen des Alltags zu vergessen. Großmutter war in ihrem Element, sie durfte ununter brochen erzählen, schaurige Geschichten und lustige aus alten Zeiten. Lorenzen, ein schweigsamer Mann, dessen Nacken die schwere Arbeit vor der Zeit gebeugt hat und dessen Haar die Sorgen früh gebleicht, saß da mit seinem Pfeiflein, schaute den Tabakswolken nach und über sein eisengraues, verwittertes Antlitz, das man so sehr selten lachen sah, huschte so etwas wie ein Sonnenblick durch Aprilwolken. Stine, ein hochaufgeschossenes, noch etwas zu schlankes Jüngferlein von kaum siebzehn Lenzen, war ganz Ohr, und ihre großen, klugen Augen wandten keinen Blick von den Lippen der Erzählerin. Ihr Kindergemüt glaubte noch an alles, was die Alte da berichtete und selber für lautere Wahrheit hielt, die Geschichte vom Junker Johann mit dem Gesicht im Nacken, vom Schulzen Bergmann, der um Mitternacht einen Sarg über dem Schornstein gesehen und seinem Nachbarn den sicheren Tod prophezeit, von der alten Sieverten, die den Bauern das Vieh verhext, und was es noch alles mehr war. Ewald, der heute in seinem Sonntagsstaat, dem blauen, eingewebten Rock und den blank gewichsten Stiefeln, gar nicht übel ausschaute — er war ein schön gewachsener junger Mann mit frischem, braunem Gesicht, klaren, grauen Augen und hoher Denkerstirn — hörte nur mit halbem Ohr hin und ließ, wie so gern zu Feierstunden, seine Gedanken in weiter Ferne, in fremden Landen spazieren gehen. „In dem Krauskopf steckt etwas besonderes!" hatte der Lehrer Holm früher so oft von ihm gesagt und immer lebhaft bedauert, daß er ihm nicht Privatunterricht geben durfte. Was half es? Er mußte von seinem achten Lebens jahr an auf dem Moorhof arbeiten wie ein Knecht, die bittere Notwendigkeit verlangte es. Mit seinem zwanzigsten Jahr hatte er noch keine Eisenbahn gesehen, überhaupt noch herzlich wenig von der weiten Welt. Wie gern wäre er zum Militär gegangen, weit fort, wie Hans Hinrichsen, sein bester Freund, aber er war ja hier auf dem Moorhos unentbehrlich. Darum kam er durch Reklamation frei. Der Vater litt oft monatelang an Rheumatismus, den er sich beim Torfstechen im kalten Wasser geholt. Da mußte er denn alles allein besorgen, und darum war er vom Soldaten stand, den er über alles schätzte, losgekommeu. — — — „Siehste, Nachbar Hinrichsen!" ruft Lorenzen jetzt aus, die Pfeife aus dem Munde reißend und sich hastig erhebend, um dem alten Freund vom Eichhof, der an seinen Acker grenzt, zu begrüßen. — Ein Mann von riesenhafter Gestalt mit tief auf die Brust herabwallendem rotblonden Vollbart und ein Paar blauen, funkelnden Augen, so recht eine Germanengestalt, Meldungen im Fundamt Rabenstein. Verloren: 1 Portemonnaie mit Inhalt, 1 Kapuze, 1 goldenes Anhängsel. Gefunden: 1 Gebiß. Der Gemeindevorftand zu Rabenstein, am 19. Juni 1913. Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichenbrand, Kaufmann Emil Winter in Rabenstein und Friseur Thiem in Rottluff entgegen- Smommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 15 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Amfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags » Uhr, bei den Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Bereinsinserate müssen bis Freitags nachmittags 2 Ahr eingegangen sein und können nicht durch Telephon aufgegeben werden. Kirchliche Nachrichten. Parochie Reichenbrand. Am 5. Sonnt, p. Trin. den 22. Juni 1913 Vorm. Vs9 Uhr Predigt- , dienst. Ausflug des Jungfrauenvereins nach Augustusburg— Kesberg; Abfahrt ab Siegmar 6 Uhr. Sammeln ^46 Uhr am Montag Abend 8 Uhr Jungfrauenverein im Gasth. Reichenbd. ^Dienstag Abend 8 Uhr Johannisfeier auf dem Gottesacker, ^"swnsnerein. Mittwoch Nachm. 2 Uhr Kinderschule in Siegmar. ^Donnerstag Abend 8 Uhr Nähabend. Die Nachbarn vorn Heideland. Roman von Ludwig Blümcke. (Nachdruck verboten.) 1. Auf Pfingsturlaub. Wie eine Oase mitten in der Wüste lag Peter Lorenzens Bauernhof da mit seinen Obstbäumen, der uralten Linde, dem von Schilf und Rohr umrauschten Teich und dem sauberen Gemüsegarten, in dem auf wohlgepflegten Rabatten bunte Blumenpracht wohltuende Abwechselung in das Einerlei von Kohl und Rüben brachte. Ringsum dehnte sich meilen weit eine öde Heidelandschaft aus. Man sah weder Hügel noch Baum, noch Strauch, nur Heidekraut, Buchweizenfelder, ein paar Tonnen kümmerliches Saatland, eine magere Wiese und weite Flächen Torfmoor. Das Moor und der Garten ernährten Peter Lorenzen. In diesem schaltete und waltete als unumschränkte Herrscherin seine Tochter Ernestine, und in jenem quälte er sich nun schon ein Menschenalter lang in saurer, saurer Arbeit jahr aus, jahrein, ohne einen Schritt weiter gekommen zu sein. Sein Sohn Ewald, ein rüstiger Bursche von zweiundzwanzig Jahren, half ihm tatkräftig und besorgte daneben auch noch die Ackerwirtschaft. Die vier mageren Kühe und was sonst noch an Haustieren und Geflügel da war, versah ein uraltes, taubes Großmütterlein, das eigentlich in gar keiner ver- wandschaftlichen Beziehung zu Lorenzens stand, aber doch von allen mit Großmutter angeredet wurde und auch für alle mütterlich sorgte, trotz ihrer achtzig Jahre. Sie war vor zehn Jahren, als man die Bäuerin zur ewigen Ruhe getragen, hierher gekommen, weil sie es für nötig hielt, hatte zu trösten verstanden, wie niemand anders und hatte der kleinen Stine Herz erobert, daß diese um keinen Preis fortan ohne sie hätte sein mögen. Es war um die Zeit, als aus dem Moorhof die Apfel bäume zu blühen und in der Linde am Teich die Drosseln zu schlagen pflegten. — Und heute verkündeten die Glocken vom Dorfkirchlein den Tag des Herrn, einen Tag der Ruhe nach harter Wochenarbeit. Ach, wie sehnte man sich immer nach dem Sonntag, wie tat seine Stille so wohl! Da saß dann die ganze Familie um den einsamen Tisch unter einem Volksbibliothek zu Reichenbrand betr. „Ein Buch hat oft auf eine ganze Lebenszeit gebildet oder verdorben". Deshalb ist es nötig, aller Energie dafür zu sorgen, daß schlechte Lektüre dem Hause fernbleibt. Aber gute Bücher zu ^fbreiten ist namentlich die Aufgabe der Volksbibliotheken. jAuch in diesem Jahre sind nur gut ^pfohlene Bücher unserer nunmehr 1316 Bände zählenden Volksbibliothek einverleibt worden, und es !» zu hoffen^ daß sich der Leserkreis, wie bisher, immer mehr erweitert zum Segen des einzelnen und "k Gemeinde. Es wurden gekauft: verzog: Die Wiskottens, Biebig: Me Wacht am Rhein, Seraphin: Die Einwanderer, Rosegger: Adsegen, Gottsucher, Heidepeters Gabriel, Ewiges Licht, von Polenz: Büttnerbauer, Der Pfarrer von Breitendorf, Der Grabenhäger, Sudermann: Die Ehre, Geißler: Das Moordorf, Die goldnen Arme, Die Inseln im Winde, Anzengruber: Letzte Dorfgänge, Böhlau: Ratsmädelgeschichten, Brüger: Gottfried Kämpfer, Eschenbach: Das Gemeindekind, Ansühnbar, Jensen: Vor der Elb- ^ündung, Wildenbruch: Die Meister von Tanagra, Frenssen: Die Sandgräfin, Dahn: Felicitas, Weltuntergang, Spielhagen: Sturmflut, Baierlein: Bei den roten Indianern, Daiber: Geschichten »us Australien und Funke: Anter den Lorvados. „ Die Bibliothek befindet sich im Schulgebäude und ist geöffnet Sonntags vorm. 11—12 Ahr. M dem Kataloge vom Jahre 1904 erscheint am 29. Juni ein Nachtrag, das Stück 10 Pfg. Parochie Rabenstein. Sonntag, den 22. Juni: 9 Ahr Predigtgottesdienst mit Beichte und hl. Abendmahl. Pfarrer Weidauer. Vorm. 11 Ahr Kinder- gottesdienst. Hilfsgeistlicher Friedrich. Abends 8 Ahr ev. Jünglings verein im Pfarrhause. (Vortragsabend). Dienstag, den 24» Juni: Johannisfeier. V48 Ahr Trost andacht in der Kapelle des neuen Friedhofes zu Rabenstein. 8 Ahr Trostandacht auf dem Friedhof zu Rottluff und musikal. Feier auf dem alten Gottesacker zu Rabenstein. Wochenamt vom 23.-29. Juni Pfarrer Weidauer. Bolksbad betreffend. An den am Wege nach dem hiesigen Volksbad angrenzenden Wiesen- und Feldgrundstücken ist in Mer Zeit von Kindern und auch Erwachsenen durch Betreten dieser Grundstücke nicht unbeträchtlicher bladen entstanden. Nach 8 3 der hiesigen Badeordnung ist das Betreten der angrenzenden Grundstücke verboten und "erden Übertretungen dieses Verbots unnachsichtlich bestraft. Die das Volksbad besuchenden Personen werden im Interesse des Fortbestehens desselben "tUcht, Zuwiderhandelnde zur Anzeige zu bringen. Reichenbrand, am 20. Juni 1913.Der Gemeindevorstand. Gemeinderatswahk. Nachdem die am 28. Dezember 1912 erfolgte Wahl des Herrn Landwirtes Karl Müller als Ersatzmann für die I. — höchstbesteuerte — Klasse der Ansässigen aufsichtsbehördlich aufgehoben worden ist, macht sich die Neuwahl eines Ersatzmannes aus der I. — höchstbesteuerten — Klasse der Ansässigen und zwar auf die Zeit bis mit 31. Dezember 1914 nötig. Die Wahl findet Donnerstag, den 26. Juni 1913, nachmittags 5 bis 8 Ahr im Gasthofe „Zum grünen Tal" hierselbst statt und werden alle stimmberechtigten ansässigen Gemeindemitglieder geladen, sich zur Vornahme dieser Wahl einzufinden, mit der Bedeutung, daß die bis 8 Ahr an der Wahlurne noch nicht Abgefertigten zur Teilnahme an der Wahl nicht zugelassen werden können. Der Wahlakt ist öffentlich und die Stimmzettel-Abgabe hat in Kuverts, welche von der Gemeinde geliefert werden, zu erfolgen. Der zu Wählende ist auf dem im Termine abzugebenden Stimmzettel so genau anzugeben, daß über dessen Person kein Zweifel übrig bleibt. Stimmberechtigt und wählbar sind nur solche Gemeindemitglieder, welche in der für die letzte ordentliche Wahl aufgestellten Liste Aufnahme gefunden haben, sofern sie die Berechtigung hierzu noch besitzen. Einwendungen gegen das Wahlverfahren sind nach 8 51 der rev. Landgemeindeordnung binnen 14 Tagen nach der Stimmenauszählung und zwar bis 19. Juli 1913, nachmittags 6 Uhr bei der Kgl. Amtshauptmannschaft Chemnitz anzubringen. Oel- und Lackfarben — Karbolineum — Tafel- und Sichelleim — Pinsel — Bohnerwachs Schablonen — Stahlspane — Seifen — Putzmittel — Obstbaum-Karbolineum — Baumwachs - empfiehlt - Sofer Straße 29. Wochenblatt für Reichenbrand, den 15. Juni 1913. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Reichenbrand vom 14. Juni bis 29. Juni 1913. Abarten: Dem Fabrikarbeiter Arno Oswin Allmann 1 Sohn, ^sgebote: Der Fabrikarbeiter Max Willy Großer, wohnhaft in Schönau mit Selma Anna Spindler, wohnhaft in Reichenbrand. Erschließungen: Der Bäcker Franz Rudolf Oesterreich mit Ella Ma Klemm, beide wohnhaft in Grünhainchen; der Friseur Emst Oswald Pester, wohnhaft in Lhemnitz, mit Martha Lina Fiedler, »Wohnhaft in Reichenbrand. Abefälle: Die Auguste Pauline verwitwete Rudolph geborene Wehlhorn, 71 Jahre alt; der Werkmeister Friedrich Paul Wahl, ^Jahre alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Neustadt vom 12. bis 19. Juni 1913. eliurten: Dem Hobler Hermann Eurt Rupf 1 Sohn. deschließungen: Der Fabrikant Martin Leopold Scheil in Neustadt »Mt der Else Gerson in Dresden. ^rbefälle: Guido Rudolf Grunert, 2 Monate, 16 Tage alt. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rabenstein vom 12. bis 19. Juni 1913. gürten: Dem Eisendreher Fritz Willy Krause 1 Tochter; dem Werkführer Kurt Lamillo Schubert 1 Sohn; dem Kernmacher tzAnst Theoder Weisflog 1 Sohn. Mgebote: Der Revolverdreher Willy Max Müller, wohnhaft in Rottluff, mit Alma Anna Müller, wohnhaft in Rabenstein. Der Mendreher Walter Hermann Hofmann, wohnhaft in Neustadt, mit Akne Anna Kämpfe, wohnhaft in Rabenstein. Der Zimmerer Wax Walther Seidel, wohnhaft in Harthau, mit Frieda Kämpfe, Wohnhaft in Rabenstein. "Schließungen: Der Handschuhstricker Walther Heinrich Steiner Magdalene Kätchen Heusinger, beide wohnhaft in Rabenstein, ^er Maurer Otto Reinhold Ehrt mit Hulda Alma Schlick, beide v^hnhaft in Rabenstein. Nachrichten des Kgl. Standesamtes zu Rottluff vom 13. Juni bis 19. Juni 1913. ^lgebote: Der Oberbeleuchter Kurt Ewald Hildenbrand in Lhemnitz Helene Lina Schmeling in Rottluff. h. Nottluff. In seiner letzten Sitzung hat der hiesige Schul- tz^stand beschlossen, in diesem Jahre kein Schulfest zu veranstalten, z„Aehr im Anschluß an das nächstes Jahr von, Kirchenvorstande Rabenstein in Aussicht genommene Parochial-Heimatsfest eine »^Ulfeier abzuhalten.