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Wochenblatt für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vcrthcilt. ^ 29. Sonnabend, den 23. Juli 1904. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition IReichenbrand, Pelzmiihlenftraber7r>>, lowie von den Herren I. Oebjer, Barbier Kirsch in Reichenbrand. Buchhändler El-menSBahnerin Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein euigcgengenommen und pro Ispaltige EorpnSzcile mit 10 Pfg. berechnet. Fiir Inserate grSßeren Umfangs und bei öst-rcn Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Bcicinbarung. bewilligt. Bekanntmachung. Gefunden wurden: l Pferdedecke, l Herrcnjackctt, I Dameiijackctt, 1 Schmiege, l Paket Eisenwarcu, 2 Portemonnaies mit Inhalt, I Medaillon mit 2 Photographien, 2 Spazierstöcke, 1 Paar graue Scgeltnchdeckcn und 1 LedeZchürzc. Rabenstci», am 22. Juli 1904. Der Gemcindcvorstand. Wilsdorf. Bekanntmachung. Anschlüsse an das Ortsfernsprcchnetz in Siegmar sind fiir den II. Banabschnitt bis zum 1. August bei dem Postamt daselbst anzumelde». Chemnitz, 9. Juli 1904. Kaiserliche Obcr-Postdirektion. Sichter. Sitzung des Gemcindcratcs zu Reichenbrand vom 19. Juli 1904. Es wird Kenntnis genommen 1. »> von dem Bcrpslichtungsprotokoll des Gc- meindcvorstandcS ans seine 3. Wahlperiode; b) von einem Beschluß der Königlichen Amtshanptmannschast, die Erbannng von Arbcitcrwohnnngcn bctr.; c) von einer Verfügung derselben Behörde, die Errichtung eines Fonds zur Unterbringung mittelloser Lungen kranker in Heilstätten betr., cs wird beschlossen, zu einem zu errichtenden Fonds jährlich 300 Mk. im Haushaltplane einznstellcn; <0 von den Revisions protokollen über die am 7. d. M. durch den Finanz- bcz. SparkasscnauSschnß vorgenonnncncn Revisionen oer^Gelnenidc- und ocr Sparkasse. 2. In Sparkassensachcn wird ein Darlehnsgesuch ans Vorschlag des SparkassenausschnsseS bewilligt und an Stelle des freiwillig ausschcidcndcn Sparkasscn- ausschnßnntglicdcs Herrn Franz Drechsler Herr Gustav AncrSwald gewählt. 3. In Bausachcn beschließt der Gemcinderat, Herrn Helbig mit der vorläufigen Vertretung des Vorsitzenden des Banansschnsscs zu beauftragen; weiter werden die Vorschläge des Banansschnsscs z» den Be bauungsplänen der Oststraste und sür den die Hohcn- stcincr- und Hoferstrastc verbindenden Kommnnikalions- weg zum Beschluss erhoben. Die vom Banansschnst über die Wcitcrführung der Absallwässcr vom K. Grundstück nach der Graben- schlcusc ausgestellten Bedingungen werden genehmigt. 4. Es wird beschlossen, den Teich des Herrn Guts besitzers Albin Jnnghäncl zn öffentlichen Bade- zwccken einznrichtcn, vorerst aber soll der BauanSschnst Erörterungen über die dazu gehörigen Einrichtunge» anstelle» und Kostenanschläge beizichcn. 9. Die von 2 GcmeindcratSmitglicdcrn nachgcsuchtc Entlassung aus ihrer Funktion als GemeindcratS- mitglicd wird genehmigt. 0. Eine Reklamation gegen die Gemeindeabgaben findet vorschlagsgcmässc Erledigung. Sitzung des Gemcindcratcs zu Rabcustein vom 19. Juli 1904. 1. wird Kenntnis genommen: von der Erledigung einer Unterstützung durch das Ableben des Empfängers; von einer Entscheidung des Magistrats zu Görlitz; von einer Verfügung der König!. Amtshanptmannschast, die Erleichterung bei Bauten von Arbcitcrwohnhänsern im Falle gemeinnütziger Bautätigkeit bctr. 2. werden in einem Falle die Arzt- und Apothekcr- kostcn, in zwei Fällen je eine laufende wöchentliche Unterstützung bewilligt und zwei Unterbringungen in Versorgung bcz. Korrektion nachgchcnds gutgchcißcn. 3. solle» künftig, infolge der durch die König!. Amtshanptmannschaft anher ergangenen Verordnung des Reichskanzlers, zur Bekämpfung der Tuberkulose, bcz. zur Unterbringung Ortsangchörigcr in Lungen heilstätten 300 Mk. alljährlich in dem Haushaltplan ab 1909 zur Einstellung gelangen. 4. erfolgt die Benennung zweier »cnerbautcn Straßen mit „Parkstraße" und „Bnrgstraße". Letztere soll mit Linden bepflanzt werden. 9. wird beschlossen, den unteren Teil der Post- straße, an der Kreuzung mit der Kirchstraße, gemäß dem Beschlüsse des Banansschnsscs herzustellen, und den übrigen div. Vorschlägen desselben Ausschusses zuznstimme». 0. werden die Gemeinde- re. Rechnungen auf 1903 nach dem Bericht und dem Anträge des Finanzaus schusses richtig gesprochen und der Rechnungsführer entlastet. 7. genehmigt man einige Ausleihungen nach den Beschlüssen des Sparkasscnausschnsscs. 8. sollen in einer Bansache unter den obwaltenden Umständen besondere Bedingungen nicht gestellt werden. 9. wird die Aufstellung eines OrtSgcsetzes, Ent schädigung bei Ticnstrcisc» betr., dem Fmanzansschuß zur Beratung und Berichterstattung überwiesen, 10. einem Beamten zur Wiederherstellung seiner Gesundheit ei» 3wöchcntlichcr Urlaub bewilligt. 11. werden Einschätzungen, Reklamationen und Crlaßgcsnche erledige; auch 12. noch Kenntnis genommen: von der Umbezirkung von 8,2 Nittergutsareal in den polit. Gemcinde- vcrband; von der erfolgten ministeriellen Genehmigung des TeilbebaunngSplans L; von der kreishauptmann- schaftlichcn Entscheidung, die Nichtgenchmigung des II. Nachtrags zum Anlagcn-Ncgulativ betr., und end lich von dem Stande der Verhandlungen über de» Vertrag, die Uebernahmc einer bleibende» Verbind lichkeit durch Einlegung von Rohrleitungen in öffent liches Areal bctr. Ortsverein Rcibenstein. Begünstigt von prächtigem Wetter konnte der Ortsverein seinen diesjährigen Ausflug unternehmen. Als Ziel hatte er sich das Logenhaus in Hohenstein- Ernstthal gewählt, das in seiner Gesamtheit Inte ressantes in Fülle bietet. Trotz der gleichzeitig statt- sindenden Schützenfeste in Rabenslein und Rottluff, an welchen OrtSvcreins-Mitglieder zahlreich beteiligt waren, hatte» sich immerhin 70 Personen ein Stell dichein im Logenhaus gegeben, um dort in fröhlichem Kreise einige vergnügte Stunden zu verbringe». Daß die Veranstaltungen des Ortsvereins sich der Gunst der Mitglieder erfreuen, bewies vor allen, auch die Anteilnahme der alten Herren, die cs sich nicht versagt hatten, mit hinaus zu ziehen in die Ferne. Bei Tanz und launigen Reden, bei harmloser Lustig keit verflogen gar zu schnell die wenigen Stunden. Doch Schkint die Sonne noch so schön, Einmal musl sic nntergeh'n! So verklang denn auch bald der letzte Geigenton und das reizvolle Lokal entleerte sich. Frohgemut wanderte man zum Bahnhof in der vollen Ileberzcugung, daß dieser Tag sich würdig den sonst in, Ortsvcrein verlebten Vergnügungen anschlicßen kann. Die Sühne des Fischers. Original »Erzählnnli von Ludwig Blümcke. (2. Fortsetzung.) tNuchdrock v«botkn). „O, daß ich doch auch malen könntet" rief Han- sine eines Morgens begeistert aus, als sie in dem kleinen Stübchen, das der junge Brodersen bewohnte, die eben angcsertigten Skizze» betrachtete. Da stand der alte Hendrik auf dem einen Bilde neben seinem Fischwagen mit der großen Ledcrtasche in der Hand und der Pfeife im Munde. Da sah man auch Jens' Schiff und weiter hinten — wahr haftig, das mußte Jens selber sein! Das junge Mädchen konnte dieses Wunderwerk von dcS Kunstmalers Hand gar nicht genug anstaune». Fast wie ein höheres Wesen kam Hansine der stille, blaffe Man» vor mit den schwärmerischen Augen, die sic immer so seltsam anschautcn, als wollten sie in ihr Herz Hineinblicken. Ach, in ihrer Unschuld ahnte sie cs nicht, daß dieser Künstler auch nur ein unvollkommenes Menschen kind war, daß in seinem Herzen nicht nur hehre Ideale lebten, daß auch wilde Leidenschaften darin tobten. Und noch viel weniger ahnte sie, daß gerade sie es war, die diese Leidenschaften entfesselt hatte. Wie konnte sie es in ihrer Schlichtheit und Demut sich denn auch denken, daß sie den so hochbegabten, reichen Künstler bezaubern und hinreißen mußte! Da lief er in seinem weißen Anzuge, dem großen Schlapphnt auf dem Kopfe, mit einer Hast an, Strande, als hätte er ei» fernes Ziel zu erreichen. Und doch hatte er kein Ziel, den» er machte immer wieder kehrt und lief denselben Weg, den er gekommen war, zurück. Das sah Hansine mit Verwunderung von Olufsens Fenster, an dem sie stand, um nach des Geliebten Schiff Ausguck zu halten. Nun warf der Maler sich in den Sand nieder und schaute zum blauen Himmel empor. Was er da vor sich hin sprach, hörte niemand, die rauschenden Wogen verschlangen die Klagelaute des Mannes, in dessen Brust ein heißer Kampf tobte zwischen Ver nunft und Liebe. Dieses Mädchen mit den wunderbaren blauen Augen, diese vollendete Schönheit, dies einfache Bauern kind liebte er über alles. Viele Mädchen hatte er kennen gelernt, viele Schönheiten bewundert, doch noch niemals hatte ihn weibliche Schönheit so hingcrissen, wie hier, in dem öden Nordsecbade. Ruhe hatte er hier zu finde» gehofft, Erholung wollte er suchen nach rastloser Arbeit, nun sollte ihm dieses Mädchen begegnen, unter einem Dache sollte er mit Hansine wohnen. „Ich muß mein Herz bezwingen, ich darf sie nicht lieben, die Standcsrücksichtcn verbiete» es mir. Sie ist zn einfach, zu ungebildet, oh, nie dürste ich cs wagen, sie in meine Bekanntenkreise einzuführe», sie paßt nur unter Bauern und Fischer." Das sagte sich Detlef immer wieder. Aber das war nur die Sprache der kaltberechnenden Vernunft, nicht des Herzens Worte waren es. Die lauteten ganz anders. Immer von neuem tönten sie sinnverwirrend: „Setze Dich hinweg über kleinliche Standesrücksichten. WaS sind alle klugen Bekannten gegen dieses Mädchen? Seine Liebe ist das höchste, das schönste auf der Welt. Nimm Hansine zum Weibe. Du bist reich, baue Dir hier eine Villa, leb ganz Deinem Weibe und Deiner Kunst, kümmere Dich nicht um die übrige Welt, so wird sich Dir ei» Paradies höchster Glück seligkeit erschließen." „Ja, ich will es!" rief Detlef plötzlich ganz laut, sprang auf aus dem Sande und eilte wieder in wilder Hast am Strande auf und nieder. Hansine saß mit einer Handarbeit in der schattigen