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Wochenblatt für Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 244. Reichenbmnd, Siegmar, Neustadt und Rabenstein. ^ 34 Sonnabend, den 22. August 1908. . Erscheint jeden Sonnabend nachmittags. Anzeigen werden m der Expedition Meichenbrand, Nevoigtstraße 11), sowie von den Herren Friseur Weber in Reichcnbrand und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegengenommen und pro Ispaltige Petitzeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbarung, bewilligt. Anzeigen-Annahme in der Expedition bis spätestens Freitags nachmittags ki Uhr, bei de« Annahmestellen bis nachmittags 2 Uhr. Bekanntmachung. Es wird zur Kenntnis gebracht, daß die Gemeindeanlagenreste vom 1. Halbjahr ISV8 heute dem vollstreckungsbeamten zur Einziehung übergeben worden sind und daß die Bezahlung dieser Reste und der geordneten Gebühren nur an diesen zu erfolgen hat. Der Dollstreckungsbeamte expediert jeden Wochentag von 8 bis 10 Ahr vormittags und 2 bis 3 Ahr nachmittags im Rathause. Rabenstein, am 21. August 1908. Der Gemeindevorstand. WilSdorf. Meldungen im Fundamt. Gefunden: Mehrere Handschuhe und ein Trauring. Ravenstein, am 21. August 1908. Der Gemeindevorstand. WilSdorf. Bekanntmachung. Am 15. dieses Monats ist der 4. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes für das laufende Fahr fällig. Derselbe ist bis spätestens zum 15. September 1908 an die hiesige Gemeindekassenverwaltung abzuführen. Es wird dies mit dem Bemerken bekannt gemacht, daß nach Ablauf dieser Frist gegen Säumige das Mahn- bez. Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitel werden wird. Neustadt, am 14. August 1908. Der Gemeindevorstand. Geißler. Die Sparkaffe zu Neustadt eines Monats bewirkt verzinst Einlagen mit 3 V« 0 g. Für Einlagen, welche bis zum 3. werden, erfolgt Verzinsung für den vollen Monat. Die Sparkasse expediert täglich vormittags von 8 —12 Ahr und nachmittags von 2 — 6 Ahr. Sonnabends ununterbrochen von 8 — 3 Ahr. Durch die Post eingehende Einlagen werden sofort expediert. Amtliche Mitteilungen Sitzung des Gemeinderats Rabenstein vom 18. August 1908. Anwesend: Der Gemeindevorstand und 20 Mitglieder. 1. Die Anterbringung einer hilfsbedürftigen ortsangehörigen Ehe frau in das Krankenhaus wird genehmigt und eir Erstattungsanspruch von auswärts anerkannt. 2. Kenntnis wird genommen von einigen Mitteilungen in Armen ischen. von dem Eingang der Kostenanschläge und Pläne zum Ausbau der Chemnitzer Straße, von einer Eingabe des Radsahrerverctns „Vor wärts". Anbringung, von Warnungstafeln betr.. M^einer Vcrfüauna " 'cksmfMst, ^i>er Fachschrift „Kreis- Abstimmung vergeben. 7. Ein Gesuch um Rückerstattung von Vergnügungsabgaben wird abgelehnt. 8. Dem Bauausschutz wird die Beschaffung eines Schauers für die Schncepflügc übertragen, auch selbständige Entschließung wegen Auszahlung einer Straßenbausicherheit nach Befund der vorzunehmen den örtlichen Besichtigung übettasscn. ^ Denkens auch an die Schnelligkeit dn Feder zu gewöhnen. Dem Bedürfnisse, in verhältnismäßig kürzester Zeit mit wenigen flüchtigen Zeichen die eigenen Gedanken und die eines andern schriftlich sestzu- legcn, kommt die Stenographie entgegen. Der hiesige Stenographen- oercin Gabelsberger stellt es sich zur Aufgabe, stenographieunkundige Damen in einem Winterkurse in den Elementarkenntnissen der Schnell schrist zu unterrichten. Eine Reihe von Anmeldungen ist hierzu be- reits eingcgangen, und es werden diejenigen Damen, welche noch an dem Kursus teilnehmen wollen, höflichst gebeten, sich zu der am nächsten Dienstag, den 25. August, abends '/s9 Ahr im oberen Zimmer von Kühn's Restauration stattfindenden 1. Abungsstunde einzufinden. Die Freundinnen. Original-Roman von Irene v. Hellmuth. (Fortsetzung) lNachdnuk verboten.) Leon lachte laut auf. „Du bist schlau, Tante! Du möchtest den Alten gern los sein, was? Na, ich verdenke es dir nicht im mindesten. Ja, wenn wir nur schon so weit waren. Aber ich meine, dazu müßte ich vor allen Dingen anders ausschen. In dem abgetragenen Anzug kann ich ja dem verwöhnten Mädchen nicht gefallen, meinst du nicht auch? Sie steht mich manchmal so — so geringschätzig an. Und der Alte will gar nicht heransrückcn. — Wie wärs, wenn du mir die Mittel vör- strccktcst, damit ich mich vorteilhafter kleiden kann? Ich denke, du riskierst nichts dabei, Tante. Ich werde dir alles mit Zinse» zurückzahlen, wenn ich dazu in der Lage bin." „Hm", machte sie gedehnt. „Na, wir wollen sehen, was sich tun läßt. Die Geldmittel sind zwar bei mir auch etwas knapp, aber eigentlich hast du recht, du siehst nicht elegant aus. Und wenn man sich um die Erbin einer Million be werbe» will, dann muß schon etwas dabei riskiert werden. Aber wenn unser Plan gelingt, und du einmal Millionär bist, dann vergiß auch deine arme Tante nicht, hörst du?" „Gewiß nicht, liebe Tante, verlaß dich darauf", beteuerte er schmunzelnd. „Wie ich schon sagte, das aufgcwendete Kapital soll reichliche Zinsen tragen. Du bist die Erste, die etwas bekommt. Du bist auch die einzige im ganzen Hause, mit der man ein vernünftiges Wort reden kann. Du verstehst mich wenigstens, deshalb unterhalte ich mich auch am liebsten mit dir. War das nicht eine seltsame Uebcr- einstimmung der Gedanken, als du mir rietest, ich sollte mich um die kleine Maja bewerben? Ich hatte das Mädchen doch schon vom ersten Tage an ins Auge gefaßt." Diese Lobeserhebungen schmeichelten offenbar der alten, eitlen Dame sehr. „Ja, — und was ich noch sagen wollte", begann sie »ach einer kleinen Weile, „wenn wir Sylvia für unfern Plan gewmKn rönnen, ffö WSre'däs "sehr gut! Maja gibt viel auf ihr Urteil und wenn deine Schwester so nebenbei eine Bemerkung cinsließcn ließe, wie: „Mein Bruder ist ein braver Mensch, ein vortrefflicher Charakter, er hat nur Pech gehabt — und dergleichen mehr, oder wenn sie ihr eine Andeutung machte, daß du verliebt bist, dann würde die Sache sehr gefördert. Lieber Gott, wie viele Menschen machen ihr Glück durch eine reiche Heirat! Warum solltest du es nicht können? Du bist doch ein stattlicher Kerl und wenn du erst in einem neuen Anzug steckst, kann es nicht fehlen. Dein zukünftiger Schwiegervater wird dann schon sorgen, daß du einen Posten bekommst, wo du dich nicht zu sehr anzustrengen brauchst. In seiner großen Fabrik findet sich gewiß etwas dergleichen!" „O, Tante, du bist so klug und gut, wie ich noch keine Frau getroffen", rief Leon begeistert und führte galant die mageren Finger an seine Lippen. Die Dame wurde dadurch immer mitteilsamer. „Du bist viel klüger als deine Schwester", versicherte sie, „Sylvia hat ihr Glück mit Füße» von sich gestoßen. Einen Freier, wie Hugo v. Trostberg abzuweisen, ist schon Heller Wahnsinn. Aber ich weiß schon, was dahinter steckt —" Sie brach rasch ab, denn in diesem Augenblick trat Sylvia ins Zimmer und die Tante bemächtigte sich ihrer sogleich, um sie für ihren Plan zu gewinnen. „Dein Bruder hat mit dir zu sprechen", begann sie ohne weitere Umschweife und nickte dem Neffen ermutigend zu. Sylvia sah fragend von einem zum andern und Leon begann: „Es dürfte dir kein Geheimnis geblieben sein, daß ich in deine Freundin rettungslos verliebt bin. Es läßt mir keine Ruhe mehr, Tag und Nacht denke ich nur an sic. Und — da meinte die Tante, du könntest etwas bei der Sache tun, wenn du mich gelegentlich ein wenig heraus streichen wolltest, oder so nebenbei bemerken, wie es um mich steht. Willst du Sylvia?" Er hatte bittend ihre Hand ergriffen, doch die Schwester machte sich mit einer raschen, ungeduldigen Bewegung frei. „Nein!" rief sie fest und bestimmt, „auf meine Beihilfe rechne nicht!" „Na, da siehst du, wie liebenswürdig meine Schwester ist!" rief Leon, sich an die entrüstet dreinblickende Tante wendend. Er lachte laut und hart auf — während aus seinen Augen ein Blitz des Haffes auf das Mädchen schoß, das hoch aufgerichtet vor ihm stand, ohne mit der Wimper zu zucken. „Und weshalb willst du nicht?" fragte Frau v. Schmett- witz mit gerunzelter Stirn. „Weil ich es für kein Glück halte, nur des Geldes wegen geheiratet zu weiden. Maja ist viel zu gut dazu. Sic ist mir viel zu lieb, als daß ich ihr nur mit einem einzigen Worte zurcden möchte, dich zu wählen — dich, von dem man nicht einmal weiß " Sie brach jäh ab. Leon pflanzte sich drohend vor dem Mädchen ans. „Was weiß man nicht?" zischte er. „Mädchen ich rate dir, halte deine Zunge im Zaum oder es könnte dir übel bekommen! Rede mir nicht gegen meinen Plan — sonst —" „Willst du mich vielleicht schlagen?" Er besann sich und entgegnete um vieles milder: „Du reizest mich aber auch in unverantwortlicher Weise. Versprich mir wenigstens, nichts Nachteiliges bei Maja über mich zu sagen. Es ist ohnehin schlimm genug, daß dir die Freundin lieber ist als der eigene Bruder. Sieh, es wäre ja ein großes Glück für uns alle, wenn Maja mich nähme. Wir nagen ja hier am Hungertuch. Unser Geld ist einmal hin, da muß man sehen, wieder neues Kapital in die Familie zu bringen. "Las ist doch'nkeyts Schlechtes! Anvdre tun es auch! Aber Ihr mit Euren veralteten Begriffen von Ehre und Rechtlichkeit! Dabei kann man verhungern. Frei lich ist man dann keinen Finger breit von dem vorgezeichneten Wege abgewichen, aber was hilft das? Heutzutage gilt nur der etwas, der Geld hat. Die andern werden unter drückt und niedergeworfcn. Ich aber, — ich will auf der Höhe stehen." „So sieh zu, daß du hinauf kommst, aber ich helfe dir nicht dabei. Meine geliebte Maja soll dir nicht zum Opfer sollen!" „Was das wieder für eine Redensart ist", brauste Leon auf. „Ich will doch deine „geliebte Maja" nicht fressen. Auf den Händen würde ich sie tragen. Und habe ich denn gar nichts in die Wagschale zu werfen? Gilt mein altadeligcr Name nichts?" Sylvia lachte spöttisch auf. „Dein altadeliger Name! Wer kann sagen, ob du ihn da draußen nicht besudelt hast?" „Mädchen", schrie er wild, „bringe mich nicht zum äußer sten. Ich habe mich schlecht und recht durchgeschlagen, habe oft Hunger gelitten, während hier mein ganzes Erbteil ver loren ging." Er lenkte wieder ein, immer noch in der Hoffnung, Sylvia umstimmen zu können. „Bedenke doch, Schwester, daß ich nichts Unrechtes tue, wenn ich Maja zu gewinnen suche. Das ist nun nial das Los der reichen Mädchen, daß sie des Geldes wegen ge heiratet werden. Ob Maja nun einen andern nimmt oder mich, bleibt sich gleich. Nur daß dabei dir und dem Vater etwas zu Gute käme. Und als deine Schwägerin oder Schwester stände sie dir doch näher wie als Freundin Sie würde sicher auch für dich sorgen, denn wenn du keinen Pfennig Mitgift bekommst, wird sich schwerlich ein Mann für dich finden." lieber Sylvias schönes Gesicht huschte flüchtig ein glück liches Lächeln. Doch sprach sie kein Wort und wandte sich zum Gehen. Als sich die Türe hinter der schlanken Gestalt geschlossen hatte, fragte Leon mit lauerndem Blick: „Was meintest du denn vorhin Tante, als du bemerktest, daß hinter Sylvias Benehmen etwas stecke? Weshalb wies sie Hngo von Trostbcrg ab? Weißt du es?" Frau v. Schmcttwiy nickte eifrig. „Ja, gewiß weiß ich es. Und wenn du noch ein wenig Geduld hast, so kannst du vielleicht den sehen, den Sylvia liebt. Er ist ein berühmter Sänger, und wenn er im Theater anftritt, soll jedesmal das Haus ausverkauft sein. Die Leute sind wie toll, und jeder ist nur froh, wenn er für sein gutes Geld einen Platz bekommt. Aber trotz seiner Berühmt heit ist er doch keine siandsgcmäße Partie für die Tochter des Hauptmanns v. Schnicttwitz. — Ein Komödiant! Ich habe deinen Vater schon des öfteren gewarnt; er hütet Sylvia ja auch, aber ob er es aus die Tauer kann, ist fraglich. Das Mädchen ist schlau, sie entwischt, so oft sic kann, und ihre „geliehte Maja" unterstützt sie nach Kräften. Ich tue