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1877. wackere Steuermann des deutschen StaatSschiffes das Ruder Reichsministeriums. wie so muß jetzt doch die Stellung des Kanzlers durc eine Ergänzung der Verfassung näher und besser bestimmt werden und da wäre es wohl zu wünschen, man dächte gleich über Fürst Bismarck hinaus an eine normale, ge- wirkliches und vollständiges Reichsministerium schaffe mit einem Haupt, dem Kanzler? Dann könnte der Kanzler auch einen Vizekanzler, einen Stellvertreter haben, dessen Politik mit der seinigen wie überhaupt mit der seiner Ministerkollegen im Wesentlichen übereinstimmen würde. Der Kanzler Fürst Bismarck könnte dann längere Zeit die Geschäfte und die Verantwortlichkeit dafür seinem Stell vertreter übergeben, ohne mit einem solchen Urlaub die ganze Regierungsmaschinerie ins Stocken zu bringen. Sol Tischkin t jetm Wochtnlag Tbknd« S Uhr für dm andrni Tast. Preis viertel jährlich 2 Mark 25 Ps., zweimonatlich I M. 50 Pf. u. einmonatl. 75 Pf. als Lohn seiner Erfolge eine Ausnahmestellung in Anspruch nahm, die Niemanden neben sich dulden wollte, um aller „Friktion" enthoben zu sein. Aber in die Verfassung hätte über den Reichskanzler und seine Befugnisse Ausführlicheres gehört, weil dies Amt ein Theil der Verfassung und nicht blos für ein einziges Mal das des Fürsten Bismarck ist. so darf man sie doch nicht sich bringen, sondern ledig- und sorglose Handhabung dieser Umstand kein Grund und verderbenbringend zu auch diese seltenen Fälle sind, auf Rechnung der Impfung an ich und allein auf die schlechte rerselben; es kann aber auch ein, die Impfung als unnütz Inserat» werden bi« Bormittig« II Uhr für nächste Nummer angenommen und die gespaltene Zeile oder derm Naum mit l L Pf. berechnet. bröckelt und löst sich auf — wie Vieles davon wird diesem Dass es so sein mußte, daß die ganze Maschine in diesem P^ß verfallen, wenn Bismarck nicht mehr seinem Dasein Theil unvollständig geblieben, sieht man aus der Ungewiß- Mit dem Gesetz der Nothwendigkeit geht dieser heit und Verwirrung, in welche die oberste Regierungs- P^zch vor und werden die Verhältnisse auf eine natürliche region gerathen, seitdem von dem Rücktritt Bismarcks die Einfachheit zurückgeführt, die deren normale Entwickelung Rede ist. Wenn er geht, fällt auch der Reichskanzler, wie sich zf^n muß. Die Kraft unseres Nationallebens er bisher existirte; Fürst Bismarck muß entweder bleiben, dafür Bürge! oder er muß definitiv abdanken. Wenn er bleibt, bleibt Zur Kanzlerkrisis. Haben wir uns bisher, und zwar aus einiger Ueber- zeugung, dem allgemeinen Bedauern angeschlossen, daß der LV. Jahrgang. Donnerstag, den 12. April erklären, man sorge nur, daß mit aller Vorsicht und pein licher Gewissenhaftigkeit bei Entnahme von Lymphe ver fahren werde. Es empfiehlt sich daher, die Lymphe, wenn irgend möglich nur von Jmpfinstttuten zu nehmen, oder nur von vollkommen gesunden Kindern, die nicht unter 5 Monaten alt sind, und die nachweislich gesunde Eltern haben; überaus gefährlich und bedenklich scheint die Ent nahme von Lymphe von unehelichen Kindern, eine sorg fältige Untersuchung sogenannter Stammimpflinge ist uner läßlich. Bei einer strengen Beobachtung aller dieser Kautelen wird eine Übertragung der Syphilis zu den unerhörten Seltenheiten gehören. Man hat auch eingewendet, daß andere Hautausschläge übergeimpft werden können und hat dies Beispielsweise vom Nesselfieber behauptet; doch schwebt auch diese Be hauptung wie so manche andere, vollkommen in der Lust. Auch sollen andere epidemische Krankheiten wie besonders Masern und Scharlach seit Einführung der Schutzpockm- impfuug einen bösartigeren Charakter angenommen haben und viel häufiger tödtlich verlaufen. Auch diese Ansicht beruht auf scheinbar reeller Basis; die Erscheinung furd^ aber sehr leicht ihre Erklärung. Nicht die fraglichen Krank heiten selbst haben einen bösartigeren Charakter angenommen, daß deshalb die Todesfälle jetzt zahlreicher wären; weil aber seit Einführung der Schutzpockenimpfung Kinder an Pocken fast nicht mehr sterben, ist die Zahl derer, welche an Scharlach, Masern rc. erkranken resp. sterben »üw um vieles größere geworden; denselben Verdächtigungen wie die genannten Krankheiten war auch der Typhus und andere Krankheiten ausgesetzt. Dies wären in kurzen Worten die Gründe, welche die Jmpfgegner gewöhnlich gegen die Jmpfsache zur Geltung zu bringen versuchen, und gebe ich es dem geehrten Leser anheim, sich sein eigenes Urtheil über die ganze Angelegenheit zu bilden, möge er selbst prüfen, in wie weit die vorgebrachten Gründe ihre Berechtigung haben, in wie weit sie auf dem Boden der Wahrheit und der VorurtheilSlosigkeit sich bewegen. Zum Schlüsse erlaube ich mir noch in Kürze eines Verfahrens Erwähnung zu thun, nach welchem ein preußischer Kollege, dessen Name mir entfallen ist, seine fast die Zahl 1000 erreichenden jährlichen Impfungen vornimmt. Vor Beginn der Jmpsperiode sucht sich derselbe sechs vollkommen gesunde nachkommen zu können. Wenn heute schon die junge Reichs- Der Fürst Bismarck hat nichts davon wissen wollen-1 ordnung wie auseinander zu fallen scheint, weil der Fürst Ihm konnte man diese Abneigung zu Gute halten, weil er^«^ Platz aufzugeben im Begriff steht, wie erst noch später, wenn im Vertrauen auf seinen Genius der Schlen drian noch größer geworden sein wird? In der Krisis, in die wir seit Jahresfrist mit unserem inneren politischen Leben getreten sind, bildet dieses Ereig- niß nur eine Stromschnelle mehr. Das Erkünstelte zer- .r auch °-ra»w°-«ich lü, °l-»-Mg d-r R-,ch«,«I.; Ej„U,r, iider Pocke« mdÄchichpockei'impfmia bleibt er nicht, so muß nach der Verfassung em neuer k Reichskanzler vom Kaiser ernannt werden. Alles Andere iri ist verfassungswidrig und überhaupt unnatürlich. An m Stelle des Fürsten, der etwa ein Jahr lang auf Urlaub ^er nicht allein damit begnügen sich die Jmpfgegner, ginge, einen halben Kanzler für die inneren, einen anderen ^^„ch^ sie behaupten vielmehr, daß sie einen direkt halben für die äußeren Geschäfte einzusetzen, von denen schMich^ Einfluß auf die menschliche Gesundheit ausübe ; jeder doch verantwortlich sein müßte — das wäre die sie behaupten, daß sie die Kinder an sich krank mache, ja Proklamation einer Zweiseelen-Politik, mit der wir sechs den Tod herbeiführeil könne. Nun, wenn man Etwas be- Jahre nach Errichtung des deutschen Reiches in die ehe- huptet, muß man auch in der Lage sein, es beweisen zu ^»„können, sonst bleibt die Behauptung eben nur eine Be- malige ReichSwirthschaft zurückfielen. Was wären denn . Daß gewisse Nachtheile entstehen können, ist auch solche zwei halben Kanzler anders denn zwei Reichs- einzuräumen, keineswegs aber, daß sie entstehen müssen Minister, nur daß sie nicht einem einheitlichen Ministerium und wirklich immer entstehen. Ich werde hierauf noch angehörten ? Liegt es da nicht nahe, daß man lieber ein zurückkommen. Vorläufig bleibt noch festzustellen, wie häufig und wie groß die Nachtheile sind und wie sie sich vermeiden lassen. Die Sorgfalt und die Gewissenhaftigkeit wird hier den Jmpfarzt leiten müssen wie überall bei seinen ärzt lichen Handlungen. Er wird sich kaum zu Schulden kom men lassen, an zu jungen, schwachen kränklichen Kindern die Impfung vorzunehmen, ebenso wird er Kinder während der Zahnperiode ausschließen, wird das Jmpfgeschäft nur bei günstiger Jahreszeit vornehmen. Der Verlauf der ge impften Pocken bei sonst gesunden Kindern, der sich jetzt nach Millionen beurtheilen läßt, ist ein fast durchweg guter, in sehr vielen Fällen sogar ohne die geringste Störung des und Tageblatt. " Amtsblatt für die königlichen nnd städtischen Behörden zn Freiberg und Brand. Verantwortlicher Redakteur: Julius Braun in Freibergsdorf. waaere Steuermann des deutschen StaatSschiffes das Ruder sunde Vecfassungsbestimmung in diesem wichtigen Punkte, aus den Händen legen will, so wird man uns nicht ver- um dem aufwuchernden büreaukratischen Jntriguenspiel in argen, die brennende Frage auch einmal von der anderen der Neichsregierungs-Region noch im ersten Versuch ein Seite zu betrachten. Denn daß wir in diese Stromschnelle Ende zu setzen. mit unserem Verfassungsleben gerathen mußten, darüber Wer, der ein Her, für die Wiedererhebung unserer konnte man sich bei einigem klaren Blick für die Gebrech- Nation hat, würde die hohen Verdienste Bismarcks darum lichkeit unserer Reichsorganisation längst keinem Zweifel irgendwie verkennen wollenI Wenn er heute aber ins hingeben. Abgesehen von der hohen Verdienstlichkeit des Privatleben sich zurückzuziehen wünscht, so mag man ihm ge- Fürsten Bismarck, die ihm als wirklichem Schöpfer des rechter Weise nach so viel aufreibender Arbeit die Ruhe neuen Deutschlands eine ganz ausnahmsweise Autoritäts- des Alters gönnen und in Hinsicht auf die Sache, die er stellung gab, war sein Kanzlerposten eine für jede andere mit starker Hand schaffen half, es für nöthig finden, von Person völlig unhaltbare, geradezu ungeheuerliche Position, seiner Person auch absehen zu lernen. Fürst Bismarck hat Man kann sich nicht genug wundern, wie flüchtig und neben- durch die Macht seiner Persönlichkeit nach oben wie nach sächlich die Stellung und Bedeutung des Reichskanzlers in unten beim besten Willen eine Art Lähmung in der natür- der Verfassung beurtheilt wurde. Ein einziger Artikel ^chen Entwicklung unserer inneren Neichsverhältnisse be spricht davon und zwar wie gelegentlich von dem „Vor- wirkt, weil das Augenmerk mehr auf ihn als auf die sitzenden im Bundesrathe", dem die Leitung der Geschäfte bleibenden sachlichen Einrichtungen gerichtet war und über zusteht und den der Kaiser ernennt. Schon ost genug sijuem persönlichen Mittelpunkte derjenige der realen Ver haken auch wir hervorgehoben, daß sich das allenfalls dem Hornisse oft außer Acht gelassen wurde. Einmal mußte Fürsten Bismarck gegenüber rechtfertigen lasse, weil er diese Rückkehr zur Betrachtung der Dinge anstatt derüber- nicht durch sein Amt, sondern durch die moralische und I ragenden Person doch erfolgen, und es wird Niemand eine politische Bedeutung seiner Person eine so eminente Stellung Gleichgiltigkeit gegen den Fürsten darin finden, wenn sich im Reiche einnehme. Aber für jeden Anderen war diese der von ihm geschaffenen Sache zu Liebe die Ration dem Stellung in seinem wie im Interesse der Nation und der bestimmten Einfluß seiner Persönlichkeit entrückt sieht, ehe Geschäfte nur denkbar als Haupt eines verantwortlichen six verlernt hat, ohne diese führende Hand ihrer Aufgabe Allgemeinbefindens, auch erreicht das Fieber nur in den seltensten Fällen eine exzessive Höhe. Als vereinzelt sind die Fälle anzuiehen, in denen eine rosenartige Erkrankung eintritt, es können indeß diese vereinzelten Fälle im Ver gleiche zu den Millionen günstig verlaufenden nicht in Frage kommen; deshalb die ganze Schutzpockenimpfung über den Haufen werfen zu wollen, wäre dasselbe, als wenn man wegen einer einmal vorgekommenen Entgleisung keinen Eisenbahnzug mehr benutzen wollte. Man hat auch be hauptet, daß die Impfung zu dauernden Störungen der Ernährung und Konstitution führe; bei gesunden Impflingen kommt eine solche dauernde Störung nie vor, ist auch noch nie beobachtet worden, dagegen gebe ich zu, daß kränkliche Kinder, wie nach jeder andern Fieberkrankheit, so auch nach der Impfung zur Skrophulose, ja selbst zur PhthistS oder Lungenschwindsucht disponirt werden. Indeß ist dies« Erscheinung noch lange kein Grund, die Schutzpockenimpfung über Bord zu werfen, im Gegentheil sie ermahnt uns nur mit um so gröberer Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt an unsere Aufgabe zu gehen. Man warte lieber einige Jahre mit der Impfung bis die Kinder kräftiger geworden sind und sich mehr erholt haben ; ein Aufschub wäre allerdings zur Zeit einer Epidemie nicht statthaft. Eine direkte Uebertragung von Schwindsucht durch Lymphe ist bis heute noch nie und nirgends beobachtet und der Beweis für diese von den Jmpfgegnern aufgestellte Be hauptung noch nicht erbracht worden. Nur von einer ein zigen Krankheit ist die Möglichkeit der direkten Uebertragung von einem Menschen auf den andern durch Lymphe kon- statirt, und diese Krankheit ist die Syphilis. Indessen find Diejenigen in großem Jrrthum befangen, welche meinen, daß die Syphilisübertragung sogar häufig vorkomme; im Gegentheil erfolgt dieselbe nur sehr selten und es ist ja auch ein großes Glück, daß dies der Fall ist. So traurig