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des Werkes ist die Sparsamkeit der kompositorischen Mittel, die Durchsichtigkeit der ganzen Faktur. Das subtile Werkchcn hat vier Sätze. Zwei beschwingte Motive (nacheinander in der Oboe bzw. Flöte zum ersten Mal vorgestellt) bieten die Grundlage für das amüsante, geistvolle musikalische Spiel des ersten Satzes (Allegro), in den eine kleine, melodiöse Andante-Episode cingeschobcn ist, die noch einmal, verkürzt, vor dem pointierten Schluß auftaucht. Innige Gc- fühlskräfte bestimmen den Charakter des gesangvollen langsamen Satzes (Andante). Wiederum zwei rhythmisch profilierte Grundgedanken (der erste von der Klarinette angestimmt, sofort von der Oboe wiederholt, der zweite, wenig später, in der Flötenstimmc erklingend) prägen die feinsinnige Durchführungsarbeit des schcrzohaften dritten Satzes (Allegro molto). Rondo artig verspielt, heiter daherplappcrnd gibt sich der Schlußsatz (Allegro vivo), in dem es zu starken dynamischen Kontrastwirkungen kommt. Wie im ersten Satz des Quartetts ist auch in das turbulente Finale eine kantable Episode wirkungsvoll eingefügt. Joseph Haydns drei Quartette op. 54 stammen ebenso wie seine Quartette op. 55 und op. 64 aus den Jahren 1789 bis 1790. Sie gehören zu Haydns beliebtesten Werken dieser Gattung. Da sie dem Wiener Tucbgroßhändler Tost, der selbst ein ausgezeichneter Geiger war, gewidmet sind, zeigen sich in ihnen ziemlich hohe technische Anforderungen besonders an die 1. Vio line. Bedeutungsvoll erscheint in diesen Werken daneben der Einfluß, den Mozart auf Haydns Schaffen ausübte. Dieser Einfluß äußert sich vor allem in der motivischen Arbeit. Im Gegen satz zu früheren Quartettwerken Haydns, in denen hauptsächlich mit Themengruppen gearbeitet wurde, bestimmt jetzt häufiger ein Hauptthema, aus dem die übrigen Themen abgeleitet wer den, die Entwicklung der einzelnen Sätze. Das Quartett op. 54 Nr. 3 in E-Dur bringt als l.Satz ein liebenswürdiges, farbenreiches Allegro. Es wird abgelöst von dem ernsten Largo cantabile des 2. Satzes, in dem zum größten Teil die beiden Violinen auf der einen und Viola und Violoncello auf der anderen Seite paarweise musizieren. Der Mittelteil dieses Satzes in a-Moll mit seinem leicht ungarischen Kolorit wird von der mit reichen Verzierungen ausgestatteten 1. Violine geführt. Nach dem graziösen Menuett und dem Trio klingt das Werk in einem energischen, raschen Finalsatz aus. Drei Quartette, op. 59, aus dem Jahre 1806, stehen am Anfang einer Reihe von Streichquartet ten aus Ludwig van Beethovens mittlerer Schaffensperiode. Der Meister widmete sie dem musikliebenden russischen Fürsten Andrej Rasumowski. Daher heißen diese Werke Rasumowski- Quartette. Sie gehören zu Beethovens bedeutendsten Leistungen. In den Quartetten, die durch einen eigenwilligen Stil und hohe technische Ansprüche an die Ausführenden gekennzeichnet sind, verarbeitete der Komponist russische Volksweisen. Das erste Rasumowski-Quartett in F-Dur beginnt sogleich mit dem beschaulichen Hauptthema des 1. Satzes (Allegro). Dieses Thema wird uns zunächst durch das Violoncello vorgcstellt und darauf von der 1. Violine übernommen, die es ausdrucksvoll steigert und zu einem Höhe punkt führt. Neue Gedanken, die von der Achtel-Phrase des Hauptthemas abgeleitet und die sem innerlich verwandt erscheinen, treten hinzu. Nach dem weichen Gcgenthcma kommt es dann zu dem außerordentlich reich gestalteten, erstaunlichen Durchführungsteil, der sich mit ständig neuen, eigenwilligen Wendungen immer mehr verdichtet. Der 2. Satz (Allegro vivace e sempre schcrzando) zeichnet sich im Gesamteindruck durch eine heitere Beweglichkeit aus, bringt aber, bevor er mit einer kräftigen Schlußkadenz abgeschlossen wird, ebenfalls wieder eine unerhörte Fülle der verschiedenartigsten, einander in unaufhörlichen Verwandlungen ablösenden Themen und Motive. Das als 3. Satz folgende Adagio molto e mesto stellt eine der innigsten und ergreifendsten Schöpfungen Beethovens dar. Mit einer schmerzlichen Kantilene der 1. Violine beginnend, bleibt der ganze Satz einer schwermütigen Stimmung verhaftet, wenn auch zeitweilig ein wunderschöner melodischer Gedanke tröstungsvoll und beruhigend erscheint. Eine Kadenz der 1. Violine leitet zum Schlußsatz des Quartetts (Allegro) über. Die Entwicklung des Finales wird von drei thematischen Hauptgedanken getragen, deren wichtigster das als „Theme russe“ bezeichnete, zuerst vom Violoncello vorgetragene erste Thema ist, das Beethoven einer russi schen Volksliedsammlung entnahm und das in dem mitreißenden, Rondo- und Sonatenform verschmelzenden, virtuosen Finalsatz in vielfältigen, bewundernswerten Gestaltungen vorgeführt wird. D./U. Härtwig Vorankündigung: Nächster Kammermusikabend im Anrecht D Mittwoch, 7. November 1962, 19.30 Uhr \ t I t t I « 4 • i 1 » I 1. Kammermusikabend 1962-63