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Nummer 289 — 29. Jahrgang Skfckjeint kmal wdchll. mit illustr. Gratisvellagen.Heimat und well' und der Miiderbetlage .Frohmut'. sowie den Texlbeiiagei, ,EI. Benno-Blatt'. .Unterhaltung und Wissen'. »Die Welt de« grau", .«erzliichcr Ratgeber'. »Das gute Buch'. .Ftlmrnu!» schau'. Monatiicher Bezugspreis 3 einschl. Bestellgeld, Einzelnummer 10 z, Sonnabend- u. Sonntagnummer »0 HauvtlLrtslleiter: Dr. T. DeSczyk, Dresden. Sonntag, den 14. Dezember 195H BsrlasSort, LreSdti» üla,es,«„Preise! Dis lgest>altene Petitzeile SO FamRei» anzeigen u.Stellengesuche SO Die pslitretlamezclle. SS mn» Breil. I -s. Für Anzeigen außerhalb de« BerbrcitungSgebleteO SO die pclitrellamezelle I .ltO^t. Vriesgeb Sit 1 Im Fall» höherer Gewalt erlischt jede Verpslichtung aus Lieserung sowl» ErMung v. Anzelgei, - Austrügen u. Leistung v. Schadenersatz» Seschlistlicher Teil: graut Buugari», Dresden. 0»r»ch>i«tSftr0«. »raitn.Berlagi Germania.«^«, sllr Verlag und Druckerei.Filiale Dresden. Dresden.«.>. Polterstraß«I?. FernrulSioiL. Voltichecktomo Dresden ?7oz. BanOonto Eeadtbank Dresden Rr. n>7>» Für chrtstttche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen VolkSzrttnna DreSden.Altlladi t. Dolierstratzc 17. a-rnru« 2MU »nd »INI 2. Frankreichs neues Kabinett Konzentration der Mitte von (Mron bis Chautemps Ohne Mehrheil in -er Kammer Paris, 13. Dezember. Uin 2.20 Uhr früh, also 320 Uhr deutscher Zeit, Ist das Ministerium Steeg endgültig gebildet worden. Wie Havas mit teilt, gehören dem Kabinett u. a. an: Ministerpräsidium und Kolonien: Steeg, Senator (Radikal): Inneres: Leygues, Ab geordneter (Liuksrepublikaner): Justiz Chüron, Senator (Rcpubl. Bereinigung): Auswärtiges: Briand, Abgeordneter (Sozialrepublikaner): Finanzen: Germain Martin, Abgeord neter sNadikale Linke): Krieg: Louis Barthou, Senator sDemokr. u. Radikale Vereinigung): Marine: Albert Sarraut, Senator (Radikal): öffentlicher Unterricht: Chautcmps, Abgeordneter sRadikol): öffentliche Arbeiten: Da lädier, Abgeordneter lRadikal): national« Wirtschaft (Handel und In dustrie): Lauche» r, Abgeordneter (Radikale Linke): Luft fahrt: Painlev . Abgeordneter (Sozialrepublikaner). Das neue Kabinett umfaßt insgesamt 30 Mitglieder gegen 31 des oorangegangenen Kabinetts Dardicu und zwar: 18 Mi nister und 12 Unterstaaissekretäre, davon sind 0 Senatoren »nd 21 Abgeordnete. Auf die Parteien verteilen sich die Mitglieder wie folgt: 3 Mitglieder der Radikalen Senatsfräktion (Steeg, Sarraut, Mouniö). ein Mitglied der Senatsfraktion der repu blikanische» Vereinigung. Fraktion Poincar,'- (CHL-ron), zwei Mitglieder der Senatssraktion der demokratischen und radi- Kalen Vereinigung (Barthou und Boret), zwei Mitglieder der sozialrepublikanischen Kammerfraktion (Briand und Painlcvd), ein rechtsstehender französischer Sozialist, Richtung Chabrun kFrö-ürie Brundt), ein Mitglied der unabhängigen Linken (Auguste Bruiu'-t), 8 radikale Abgeordnete (u. a. Ehautemps und Daladier), 5 Mitglieder der radikalen Linken (u. a. Lou- cheur und Germain Marlin). 6 Liuksrepublikaner (u. a. Ley- gues und Renü Coty), ein Mitglied der radikalen und sozialen Lins-Fraktion Franklin Bouillon (Richd). ein bei keiner Par tei eingeschriebener Abgeordneter tCautru). Ministerpräsident Steeg will sein Kabinett heute vormit tag um 10 Uhr den, Präsidenten der Republik vorstellen. Die Regierung wird voraussichtlich am kommenden Dienstag vor dem Parlament erscheine,,. * Das Kabinett Steeg hat in der Kammer nur eine Minderheit hinter sich. Ob es gelingt, diese Minderheit zu einer Mehrheit zu erweitern, muh sich erst zeigen. ImSenat verfugt das Kabinett dagegen über eine sichere Mehrheit, lieber die Lebensfähigkeit dieses Ministeriums schon jetzt etwas zu sage», wäre verfrüht, aber immerhin darf man betonen, das; die letzten acht Tage der Ministerkrise viele Parlamentarier davon überzeugt habe», dasz die Diktatur der Parteien ein Verhäng nis für die innerpolitische Entwickelung ist. Vom deutschen Standpunkt aus gesehen, dars das Kabinett Steeg begrüßt werden. Es war «in offenes Ge heimnis, das; Auszenminister Briand im Kabinctt Tardieu bei der Fortentwickelung seiner Verständigungspolitik und bei der Aufroilung der Frage der Schaffung einer europäischen Union auf Widerstände gestoßen ist. Mit diesen Widerständen hat er jetzt nicht mehr zu rechnen. Briand kann, wenn er will, mit diesem Kabinett eine mutige Handlung dadurch vollziehen, daß er die Stockung, die in der deutsch-französischen Verständigung fcstznstellcn ist, beseitigt. Aufskan-sversuch in Spanien Ole Garnison der Pyrenäen-Festung Laca revoltiert Keine weittragenden Fylgen Madrid, 13. Dezember. In der spanischen Grenzfestung Iaca in den Pyrenäen ist ein Aufstand ausgebrochen. An dem Ausstand ist die 1500 Mau» starke Besatzung van Iaca unter der Führung des Oberstlentnants Mangada beteiligt. Außerdem soll der als Oie- publikaner bekannte, kürzlich aus dem Gefängnis entwichene Fliegcrmajor Franco sich in Iaca befinde». Die Oieoierung gibt eine Mitteilung über den Aufstand ans. in der berichtet wird, dasz die Aufständischen versucht haben, nach der Prcminzstadt Hucsca zu marschieren. Sie wurden jedoch van Kräflen, die den Engpaß von Aperbe unge fähr 25 Kilometer nordwestlich Huesca besetzt haben, in ihrem Vormarsch aufgehalten. Die Regierung hat sofort die erforder- Ilchen Maßnahmen ergriffen und den Vormarsch auf Iaca an- geordnct. Der Aufstandsversuch bleibt vollkommen örtlich be schränkt. überall in Spanien herrscht Ruhe. Die Regierung ist -ntschlosscn, die Schuldigen unbarmherzig zu bestrafen, « Das; dies« Militärrevolte, wie auch die vorhergehenden Streikbewegungen ohne Folgen fiirdasganze Land bleiben werden, legt der folgende Bericht unseres Madrider Mitarbeiters dar, der vor dem Bekanntwerden der Militär- revoltc geschrieben ist: Im Zentrum der spanischen radikalen Intelligenz, im Ateneo, ist wieder einmal eine große Versammlung abge halten worden, in der mehrere Prosessoren, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens die Mißstände im Lande und die Monarchie in heftigen Ausfällen geißelten. Der „El De bäte" ineint dazu ironisch, daß im Ateneo, wi» immer, die größten Helden taten in Worten vollbracht werden, deren Bedeutung sich aber in Luft auslöse. Es gehört zu deu Charaktereigenhciten des Spaniers, daß er sich leickt an schönen Worten berauscht, aber ebensoleicht vergißt, die Worte in Taten umzusetzen. Es ist in Spanien in den letzten Monaten soviel von Revolution und vom Sturz der Monarchie die Rede gewesen, daß man alle die Ge rüchte, die aus Madrid in die Welt hinausgesandt werden, nicht mehr allzu ernst nehmen will. In der Tat kehrt das Leben in Spanien, wenigstens äußerlich, wieder zur Normalität zurück. Natürlich gilt es noch viele Klippen zu überwinden, ehe die Ordnung im Königreich wiederhergestellt sein wird. Der W ä h- rungsverfall ist nicht behoben, die Lebenshaltungskosten steigen, und der Arbeiter und kleine Beamte sieht sich außer stande, mit seinem kärglichen Lohn nusztikommeil. Die revo lutionäre Propaganda fällt auf einen günstigen Boden. Das bolschewistische „Sindicato Unico", dessen Führer unter der Dik tatur Primo de Riveras nach Moskau geflohen waren, versteht es immer von neuem, die Arbeiter auszuhctzen, und bald hier, bald dort wird Generalstreik erklärt. Nach einer kurzen Ruhepause ist setzt wieder in Valencia di« Parole des Generalstreiks vrokiamicrt worden. und in den Zusammenstößen mit der Polizei und mit der Gen darmerie hat cs mehrere Tote und Verwundete gegeben. Tie gemäßigten Arbciteroereinigungcn, die sozialistische „Union de Trabjadores" und das „Sindicato Libre", das 1023 als Gegen gewicht gegen die Diktatur des „Sindicato Unico" ins Leben gerufen wurde, verlieren die Führung über die Arbeitcrmassen, die immer mehr radikalen Strömungen verfallen. Aber mit Ausnahme Kataloniens und der Baskischen Provinzen ist Spanien kein Industrieland, und so darf die Bedeu tung der Arbeitorunruhcn nicht überschätzt werden. Valencia ist die Heimt bekannter spanischer Re publikaner. Der kürzlich verstorbene Dichter und Feind des Königs, Blasco Jbanez, der Autor des Schmähromans gegen die Deutschen „Die drei Apokalyptischen Reiter", und der radikale Arbeiterführer Kaston Lcrranx sind Valencier. Barcelona war stets das Zcnirum der spanischen Anarchisten und Syndikalisten, fast bei jeder Verschwörung und bei jedem Atten tat führen die Fäden nach Barcelona, auch heute befindet sich der Sitz des „Sindicato Unico" nicht in Madrid, sondern in Barcelona. Die Negierung des Eencrol Verenguer wird gedrängt, dag Versprechen der Wiedereinführung verfass'ingsinäßigcr Zu stände zu erfüllen. Nun sind endlich die Corteswahlen auf den 1. März an gesetzt worden. Aber fast gleich zeitig wurde auch eine Regierungskundgebuiig verössentlicht, in der es heißt, dasz General Vcrenguer gar nicht daran denke, einer anderen Negierung Platz zu mache», sondern daß er auch mit den Cortes, sollten sie zusammeutrcten, weiter regieren werde, das heißt mit andere» Worten, das, auch diesmal, wie das in Spanien immer der Fall war. die Wahlen „von oben" gemacht werden sollen Es ist niemals vorgekommcn, daß ein Minister präsident nicht ein ihm gefügiges Parlament aus den Urnen zu zaubern verstanden hätte. Beiden Wahlen hat stets der Zweck die Mittel geheiligt, und zwar alle Mittel, einschließlich der Fälschung von Wahlzetteln, das Auf- marschiereii von roten Seelen usw. Mit dielen Mißbrauchen sollte aufgeräumt werden, aber man ist jetzt zur Ueberzeuguug gekommen, daß alles beim alten bleiben wird. Da nnn die republikanische Opposition eingcsehcn hat, daß sie keine Hoffnung ans ein kommendes Parlament setzen kan», so ist bei ihr das Interesse für die Cortes ein wenig in den Hintergrund gedrängt Sie versucht setzt die Armee mit ihrer Propogauda zu gewinnen. Der Erfolg ist ei» geringer, jedoch heißt es, daß einige Infanterieregimenter nicht mehr so königstreu wie früher seien. Trotzdem alle bisherigen Revo- llitionsversuche im Keime erstickt werden konnten, so lassen sich die Unheilprophctcu durch den Mißerfolg nicht abschrecken »nd bestehen ans der Unvermeidlichkeit einer Staatsumwälzung. Viel leicht behalten sie einmal Recht, aber-die Aussichten für eine sieg reiche Revolution sind sehr geringe, es wird voraussichtlich bei Worten ohne erste Taten bleiben« N!?t Mil ohne „Mit ohne mos kann der Soldat nicht über der» Kasernenhof (gehen?" fragt in der Anekdote der Feld« webel seine Rekruten. (Die Antwort soll lauten: Mil einer Tabakspfeife ohne Deckel.) An diesen Scherz au» der Instruktionsstunde must man denken, wenn man von der Vertagung des Reichstags liest. „Mit ohne was kann das deutsche Volk nicht über das Jahresende hinweg kommen?" — wenn man so gefragt hätte, hätte bisher noch in jedem Jahre die Antwort lauten müssen: Mit einem We i h n a ch t s f e st ohne Regierungs krise. Aber diesmal geht es doch „mit ohne!" — Nach zehn Tagen parlamentarischer „Arbeit", die freilich nicht überreich an Leistungen war, hat sich der Reichstag bis 3. Februar vertagt. Freilich ist es nicht das Verdienst der Herren Abgeordneten, wenn es diesmal ohne Weih nachtskrise abgegangen ist. Es ist allein das Verdienst des Kanzlers, der es mit wirklicher staatsmännischer Kunst verstanden hat, ans der Not eine Tugend zu machen und diesen Reichstag zu zwingen, in Erkenntnis seiner Arbeitsunfähigkeit der Negierung die Hände freizugeben „Linksentwicklung" des Kabinetts? Der N e ch t s o p p o s i t i o n, die um jeden Prei» den Sturz dieses Kabinetts der Sachlichkeit erzwingen wollte, um den Nationalsozialisten den Weg zur Macht sreizumachen, ist dieses Ergebnis austerordentlich unan genehm. Alles war vergebens! Vergebens, dast man die Landvolk-Abgeordneten ihrem alten Führer Schiele ab spenstig machte, vergebens, dast man die Wirtschastspartei mit dem warnenden Hinweis auf den Preisabbau aus der Front der Regierungsparteien herausgelockt hat, ver gebens, dast man mit stärkstem moralischen Druck di» Ehristlich-Sozialen zum Umfall zu bewegen versuchte. Die Notverordnung, die das Sanierungsprogramm in Kraft gesetzt hat. hat der Reichstag nicht aufznheben gewagt. Nun suchen die betrübten Lohgerber im Lager Hit lers und Hngenbergs, denen die Felle in so unangenehmer Weise davcmgeschwammen sind, aus dieser ihrbr Nieder lage wenigstens einen Agitationsstoff zu gewinnen. Sie erzählen dem lauschenden Volke, die Weihnachtskrise sei „um den Preis der L i n k s e n t iv i ck l n n g des K a« binetts vermieden worden". Aber sie bleiben den Be weis dafür schuldig. Die Antwort gibt diesen tüchtigen Agitatoren, die glauben, die Wahrheit sei ein dressiertes Krokodil, dos mon »ach Belieben tanzen lassen Kami, der ehemalige dentschnationale Parteisichrer Gras West er r p. Er schreibt in den „Leipziger Neuesten Nachrichten": „Der Negierung Vrüning wird rwrgcirwrfcn, duß sie sick in Abhängigkeit von der.Sazialoeiilakratte begebe» und aus diesem Grunde ihren Refarmplan wesenttich verschlechtert Hube. Tie- jcnigen, die um laiitesicn diesen Vorwurf erheben, tragen .'iucn erheblichen Teil der Vcrcmttvorluug dafür, daß das Kabinett zur Durchführung ihrer- Neformplancs der Stimme» der Sozial demokratie bedurfte. Ria» darf »ickl vergetico, daß die Ratio- nolsozialislen seit der Wahl nam tl. September stets jede Unter stützung des Kabinetts Brüning und deu Zusammenschluß mit ihm sowohl öfseuilich wie in den Vorbesprechungen ausdrücklich und entschieden aagelehnt habe» .. Im Reich aber ist jetzt ge rade die Sozialdemokratie durch die Drohung des Zen- lrums, die Prenßenhoalition zu sprengen und durch die Sorge vor einer Nechtrdiktaiur in einer Lage, bei der man viel eher davon sprechen kann, das; sie von Br ü - ning abhängig sei als umgekehrt. Dem entspricht der Inhalt der beide» großen Rolverord- uungen vom 28. Juli und 1. Dezember. Wohin man blickt, ent halten sie Maßnahmen, durch die Wünsche und Forderungen der Sozialdemokratie aufs schwerste verletzt werden.... In de» Be mühungen um die Zustimmung ihrer Wähler hat nun die Sozial demokratie das sehr verständliche Bestreben, die Erfolge, die sie mit Abänderungen der Notverordnung vom Juli und bei der Gestaltung der jetzigen Notverordnung erzielt habe» will, in ein möglichst günstiges Licht zu stellen. Bei ruhiger und nüchterner Prüfung zeigt sich, daß Vrüning grundsätzlich in keinem Punkt und praktisch doch nur in sekr geringem Maße nachgegeben hat." Eine deiittliclzere und klarere Antwort kann man aus das läppische Gerede van der Linksentwicklung des Kabinetts wohl nicht geben. Mit Recht weist Gras Westarp darauf hin, dast die Rechtsparteien, die heute von den an- Keule: Aus Leipzig Helmat und Welt (IN. Wochenbeilage) Unterhaltung und Wissen Das gute Buch Turnen, Sport und Spiet