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Freiberger Anzeiger - d« ii« Nachmittag, u«d Lalime Zeile °d« - Uhr sttr di-nächst. - , , deren Raum mi. - Tageblatt. — — — - ^7!)I,z 114, Mittwoch, d-n SV. Mat. 1857. , Tagesgeschichte. Dresden, 18. Mai. Herr Bankier Wilhelm Schie hat auch in diesem Jahre wieder die Summe von 30 Thlrn. der Srmenversorgungsbehörde mit dem Wunsche zugehen lassen, daß solche am 18. Mai, als dem Geburtstage Se. Mas. des höchstseligen Königs Friedrich August und dem Einweihungs- tage des von Herrn Schie für arme Israeliten gestifteten Asyls „Henriettenstift", an sechs christliche Arme ohne Unterschied der Konfession vertheilt werden möchten. Berlin, 17. Mai. Der heutige „Staats-Anzeiger" bringt folgende officielle Mittheilung: „Se. Mas. der König haben am heutigen Tage geruht, der königlichen Familie so wie dem königlichen Hofe zu eröffnen, daß mit Allerhöchstseiner Be willigung und unter Zustimmung Ihrer Maj. der Königin des vereinigten Reichs von Großbritanien und Irland die Verlobung Sr. königl. Hoheit des Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen mit Ihrer königl. Hoheit der Prinzessin Victoria Adelheid Marie Louise, ^rincess-Ko^al von Großbritannien und Irland und Herzogin zu Sachsen, stattgefundcn hat. Eine gleiche Ver kündigung ist seitens Ihrer Mas. der Königin von Groß britannien und Irland in Allerhöchstdcrselbcn geheimen Nath erfolgt. Dies für daS königliche Haus, wie für die gesammte Monarchie so freudige Ereigniß wird auf allerhöchsten Befehl Sr. Maj. des Königs hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Berlin, den 16. Mai 1857. Der Oberstkämmerer Sr. Maj. des Königs: Generalfeldmarschall Graf zu Dohna." — Bezüglich der neuenburger Angelegenheit wird versichert, daß die infolge der Sendung des Prinzen Napoleon an den Grafen v. Hatzfeldt ergangenen Instructionen die endliche Bei legung der Sache verbürge». Bekanntlich haben die vier andern Großmächte ein Arrangement zur Erledigung vorgeschlagen, dem der schweizerische Bundesralh bereits betgetreten ist. Die „N. Pr. Z-" glaubt „gut unterrichtet zu sein", wenn sie meldet, daß nun auch preußischarseits das Arrangement angenommen ist unb „daß die einzige Aenderung, die jetzt prenßischerseitS an dem vorgeschlagenen Arrangement noch ^beantragt wird, die Streichung seines Artikels 6 ist (der bekanntlich ,die Zahlung von 1 Mtll. Fcs. seitens der Schweiz an die Krone Preußen stipulirt), so daß die Geldentschädigung also nicht acceptirt ist." Auf diese Weise steht denn Ler Erledigung dieser Angelegenheit, die nun wohl allernächstens zu Ende gebracht sein wird, nichts mehr im Wege. Wien, 13. Mai. (D. A. Z.) Der erste Aufenthalt des Kaisers in Ungarn ist zu Ende; die, Berichte über den enthu siastischen Empfang II. MM. lassen wennig zu wünschen übrig. Der Politiker und Staatsmann geht aber einen Schritt weiter und fragt: welche politische Bedeutung beansprucht die Reihe der dem Kaiser und der Kaiserin gebrachten Feste; welchen Einfluß werden sie auf die Zukunft üben? Ich stellte diese Frage gestern einem Mann, der sich während der letzten acht Tage inmitten der hochadeligen Kreise in Pesih bewegte, und erhielt eine nur wenig günstige Antwort. Der ungarische Adel, scheint es, ist viel starrer als der lfranzösische; in Paris hat derBona- partismus die alten Parteien nahezu annulirl, in Pcsth hat die Centralisation, wie sie gegenwärtig geübt wird, nur sehr spärliche Anhänger unter den alten sungarischen Parteien ge funden, ja sie Hal diese in eine einzige verschmolzen, die man die „nationale" nennen könnte. Der ungaritche Adel stellte sich in großer Anzahl im Schlosse zu Ofen ein, als eS galt, dem Kaiser zu huldigen, der Hofball war einer Ler glänzendsten, die aristokratischen Besucher Les Thöütre parü im Nationaltheater strotzten von Gold und anderm Schmuck; dagegen blieben jene Feste, Lie einen mehr deutschen Charakter haben sollten, Lie Bälle im offner Landhause und im pcsther Deutschen Theater von Ler magyarischen Kaute volve ganz unbesucht. Es mag Lies den Charakter der herrschenden Stimmung im Allgemeinen bezeichnen; in Details einzugehcn, dürfte weder zeit- noch zweck gemäß sein. Selbst die Amnestie und Lie andern HariLschreiben Les Kaisers, welche dringenden Bedürfnissen im Lande abzuhUfen bestimmt sind, erwecken in den genannten Kreisen wenig Aner kennung ; diese werden ihre schmollende Stellung erst dann auf geben, wenn der „Nation" als solcher Concessionen gemacht werden. Soeben wird mir berichtet, daß der Primas dem Kaiser eine Petition überreicht hat, in welcher er darum bittet, daß die Unterrichtssprache an der pesther Universität die ungarische sein soll; eS wird Sie vielleicht befremden, daß der KleruS sich dem nationalen Streben anschließt, allein in Ungarn trägt die Kirche mehr denn sonst irgendwo einen strengnationalen Charakter. War doch der Gründer des Königthums daselbst zugleich der Gründer der Kirche, der „apostolische". Stephan. Der Kölnischen Zeitung schreibt man auS' Wien Vorn 14. Mai: „Großes Aufsehen erregt hier der Selbstmord deS Rittmeisters Baron Reitzenstein. Derselbe war Mitglied der ersten Arcierenleibgarde und nach Pesth beordert worden, da bei dem feierlichen Einzuge II. MM. bekanntlich die ganze Garde paradirte. Am Tage nach dem Einzuge war er spurlos ver schwunden. In einem an den Commandanten der Garde, Feldmarschall Grafen WratiSlaw, gerichteten Schreiben, dem auch sein Testament beilag, erklärte er, daß bedeutende, durch unglückliche Börsenspeculationen herbetgeführte Verluste ihn zum Selbstmorde getrieben haben. Vor kurzem fand man nun in der That seinen Leichnam in der Donau. Er hinterläßt, trotz der an der Börse erlittenen Verluste, die man mit 40,000 Fl. berechnet, noch immer ein Vermögen von nahe an 30,000Fl." Aus dem Herzogthum Nassau, 13. Mai. Abermals hat die Homburger Spielbank ein Opfer gefordert. Am Sonn abend Abend wurde im Wald zwischen Homburg und Oberursel ein Mann mit Halswunden von einem Förster gesunden. Fast gleichzeitig trafen Knechte von einer Kunst-, Walz- und Oel- mühle bei Oberursel ein, weil das Pferd d«S Reisenden dieses Geschäfts ledig mit blutbeflecktem Sattel zu Hause angelangt war. Es ergab sich die Identität des Verwundeten mit jenem Reisenden, einem wohlhabenden jungen Mann aus Hofheim. Der Inhalt seiner Brieftasche an Werthpapieren schloß jeden Gedanken an Raub aus, doch ergab sich eine Differenz zwischen dem Betrag, den er zurückbrachte, und dem Inhalt seiner Auf zeichnungen. Die Fehlsumme ist an der Bank verspielt worden, und dieser Verlust hat den verzweifelten Schritt deS jungen Mannes hervorgerufen, der Sonntag seinen Wunden erlag. Die Neue Preußische Zeitung schreibt: Privatbritfen auS Paris zufolge haben die betreffenden deutschen Regierungen durch die französische erfahren, daßdie Arbeitseinstellungen an mehren deutschen Orten durch die Geheimbünde in Frank reich veranlaßt, oder, genauer ausgedrückt, daß sie durch Agenten der revolutionären Ausschüsse in Paris und London angezettelt wurden. Wie es heißt, haben sich die verschiedenen Regierungen in Verbindung unter einander gesetzt, um sich die erforderlichen Aufklärungen über die Umtriebe zu verschaffen. Paris, 16. Mai. Die Herstellung einer geradlinigen Eisenbahnverbindung zwischen Paris und der nordöstlichen Schweiz wird französischcrscits mit großer Energie betrieben. Soeben sind, wie dem „Nord" geschrieben wird, vom Ministerium der öffentlichen Arbeiten Verfügungen über die Ausführung der Strecke von Befanyon nach Bern erlassen worden. Eine Zweig bahn nach Vesoul wird die Einmündung einer zweiten großen Linie, durch Lothringen nach Belgien, in die vorgedachte vermitteln. — Der Municipalrath von Paris hat — wie der „Jnd6p." geschrieben wird — am 15. Mai einstimmig beschlossen, zn Ehren Sr. Majestät des Königs von Bayern ein großes Fest zu veranstalten. Dasselbe wird in einem brillanten Ballt ne- stchen, wozu die gesammte Diplomatie und Vit höhern Beamten Ungeladen werden sollen. Die Kosten sind mit 150,000 Fr. angesetzt. — Gestern Abend um 6 Uhr ist Carpentier auf dem Bahn hofe der Eisenbahn von Havre ««gekommen. Er wurde von Herrn Collet, dem Chef der öffentlichen Sicherheit, in Empfang genommen und von einem Agenten und zwei Gendarmen nach Mazas gebracht.